„Nun vernehmt wundersame Dinge von dem Mädchen Sigune“, leitet der Erzähler nach einer einführenden Übersicht über das Gralsgeschlecht und der Rede des Gralskönigs jenen Teil des Titurel ein, der sich mit der eigentlichen Hauptperson des Titurel-Fragments beschäftigt: Sigune.
Sigune taucht als Figur bereits in Wolframs von Eschenbach früherem Werk „Parzival“ auf, spielt dort allerdings nur eine Nebenrolle. Der Held Parzival begegnet ihr in dieser Erzählung insgesamt viermal: das erste Mal, als er aus der Isolation bei seiner Mutter ausbricht und in die Welt hinauszieht; bei dieser Begegnung berichtet ihm Sigune, die Parzivals Cousine ist, von seiner väterlichen Herkunft. Das zweite Mal trifft Parzival sie nach seinem Besuch der Gralsburg Munsalvæsche, wo er versäumt hat, Anfortas die Erlösungsfrage zu stellen. Als Sigune von diesem verhängnisvollen Versäumnis erfährt, verflucht sie Parzival zwar, doch erfährt Parzival durch sie auch die Hintergründe von Anfortas Leiden. Das dritte Mal begegnet Parzival ihr erst viele Jahre später, als er erneut in die Nähe der Gralsburg geraten ist. Nachdem der Ritter ihr voller Kummer von seiner langen erfolglosen Suche nach dem Gral erzählt hat, vergibt Sigune ihm und weist ihm eine Spur zum Gral.
Gegen Ende der Parzival-Erzählung, nachdem Parzival dem kranken Gralskönig Anfortas schließlich die Erlösungsfrage gestellt hat, will er Sigune noch einmal in jener Klause aufsuchen, in der er sie zuletzt gesehen hat, doch findet er sie dort tot auf – neben ihr der Leichnam jenes Mannes, dessen toten Körper sie auch in den vorangegangenen Begegnungen bewacht hat: ihr geliebter Schionatulander.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- HÖFISCHE MINNE
- LIEBE UND UNTERGANG - DIE VORAUSDEUTUNG DER KATASTROPHE
- ZWEI LIEBENDE - GEFANGEN IM HÖFISCHEN ZEREMONIELL
- Die Minnegespräche
- Die Jagd nach dem Brackenseil
- EIN ENDE OHNE AUFLÖSUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Wolframs „Titurel“ als Kritik am höfischen Minnebild. Sie untersucht die Beziehung zwischen Sigune und Schionatulander im Kontext der höfischen Minne und zeigt, wie ihre Geschichte die Grenzen und Widersprüche dieser Ideologie aufzeigt.
- Die Kritik an der höfischen Minne als Ideologie
- Die Darstellung von Liebe und Tod im „Titurel“
- Die Rolle von Sigune als Gegenfigur zur klassischen Minneheldin
- Die Bedeutung der „Jagd nach dem Brackenseil“ als Symbol für die Unvereinbarkeit von Liebe und höfischem Zeremoniell
- Die Ambivalenz der Liebe im „Titurel“
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung führt den Leser in die Thematik des Titurel-Fragments ein und stellt Sigune als Hauptfigur vor. Sie beleuchtet die Geschichte von Sigune und Schionatulander im Kontext von Wolframs „Parzival“ und zeigt die Ambivalenz ihrer Beziehung.
- Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Konzept der höfischen Minne und analysiert die Grenzen und Widersprüche dieser Ideologie.
- Kapitel 3 untersucht die Darstellung von Liebe und Tod im „Titurel“ und zeigt auf, wie die Geschichte von Sigune und Schionatulander die Vordeutung einer Katastrophe darstellt.
- Das vierte Kapitel analysiert die Beziehung zwischen Sigune und Schionatulander im Kontext der höfischen Minne. Es untersucht die Minnegespräche und die Jagd nach dem Brackenseil als Schlüsselmomente, die die Unvereinbarkeit von Liebe und höfischem Zeremoniell aufzeigen.
Schlüsselwörter
Titurel, Wolfram von Eschenbach, Sigune, Schionatulander, höfische Minne, Liebe, Tod, Kritik, Zeremoniell, Ambivalenz, Jagd nach dem Brackenseil.
- Quote paper
- Marcel Egbers (Author), 2004, Wolframs Titurel als kritik am höfischen Minnebild, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55415