Wer sich mit der Gesellschaft des Zauberbergs befasst, kommt nicht umhin, sich mit einer Problematik zu beschäftigen, die sich durch das Werk Thomas Manns zieht. Es ist dies der Perspektivismus. Die Figuren erscheinen nicht als absolute, fertige Charaktere, die schlicht so sind, wie sie sind - und womöglich auch so bleiben -, sondern sie existieren im Bewusstsein der verschiedenen Haupt- und Nebenfiguren, formen sich dort aus zu Ideen, Prinzipien, Typen, Personifizierungen, bisweilen Individuen. Die Dinge sind nicht einfach, sondern sie spiegeln sich im Bewusstsein des Betrachters.
Was nun gerade Hans Castorp zum idealen Helden des Romans macht, ist seine Bereitschaft, sich im Sinne des 'placet experiri' die verschiedensten Anschauungen und Perspektiven versuchsweise zu eigen zu machen, um sie dann spielerisch anzuwenden und - gelegentlich - zu einem eigenen Standpunkt zu gelangen. "Mit der Neugier eines Bildungsreisenden" nimmt er Eindrücke, Anregungen und pädagogische Bemühungen auf.
An Anregungen fehlt es denn auch nicht. Dem jungen Ankömmling mag wohl scheinen, dass er in einem Schlaraffenland gelandet ist, einem Ort der Abgeschiedenheit und Verantwortungslosigkeit. Wie lebt man an diesem Ort? Dieser Frage werde ich mich im ersten Teil der vorliegenden Arbeit widmen, um mich dann dem Protagonisten, Hans Castorp, zuzuwenden und den Zauber zu untersuchen, den der Berg auf ihn ausübt. Wer ist er, welchen Einflüssen ist er ausgesetzt - und zu wem wird er?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die 'Gesellschaft' des Zauberberg
- "Die grenzenlosen Vorteile der Schande": Leben auf dem Zauberberg
- Krankheit
- Hermetik
- Freiheit
- 'Liederlichkeit'
- Erotik
- Die Berghofgesellschaft als Spiegel der europäischen Vorkriegsgesellschaft
- Hans Castorp
- 'Ein einfacher junger Mensch'?
- Die Effekte des Lebens auf dem Zauberberg
- "Denn alles Interesse für Tod und Krankheit ist nichts als eine Art von Ausdruck für das am Leben": Die Einstellung zum Tod
- Steigerung
- Einflüsse der Hauptfiguren
- Selbstvervollkommnung als Menschheitspflicht: Der Einfluß Settembrinis
- 'Das ist der Osten und die Krankheit': Der Einfluß Clawdia Chauchats
- 'Mein Gott - eine Persönlichkeit!': Der Einfluß Peeperkorns
- Schluss
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die 'Gesellschaft' des Zauberberg, indem sie die Lebenswelt und die Figuren des Romans aus der Perspektive des Perspektivismus beleuchtet. Der Fokus liegt dabei auf Hans Castorps Reise in die 'geistige Landschaft Europas', die durch seine Begegnungen mit den verschiedenen Figuren und deren Anschauungen geprägt wird. Die Arbeit analysiert die Auswirkungen des Lebens auf dem Zauberberg auf Hans Castorp und die Rolle der Krankheit als verbindendes Element der Berghofgesellschaft.
- Der Perspektivismus als prägendes Element der Figurenzeichnung
- Die Lebenswelt des Zauberbergs als abgeschlossener Mikrokosmos
- Die Auswirkungen der Krankheit auf die Gesellschaft und die individuelle Entwicklung
- Die Rolle von Hans Castorp als Protagonisten und sein Umgang mit den Einflüssen der Berghofgesellschaft
- Die Verbindung des Romans mit der europäischen Vorkriegsgesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung legt die grundlegende Problematik des Perspektivismus in Thomas Manns Werk dar und stellt Hans Castorps Rolle als idealen Helden des Romans heraus. Kapitel 2.1 befasst sich mit der Gesellschaft des Zauberbergs und stellt die Internationalität der Bewohner und ihre unterschiedlichen Lebensentwürfe vor. Die Krankheit als verbindendes Element und die Abgrenzung der Gesellschaft nach außen werden beleuchtet. Kapitel 2.1.1 analysiert die Rolle der Krankheit in der Berghofgesellschaft und ihre Auswirkungen auf das Selbstbild der Bewohner. Kapitel 2.1.2 betrachtet die Hermetik des Zauberbergs und die daraus resultierende Selbstbeobachtung und Geselligkeit. Kapitel 2.1.3 widmet sich der Freiheit des Lebens auf dem Zauberberg, während Kapitel 2.1.4 die 'Liederlichkeit' und insbesondere die Erotik thematisiert. Kapitel 2.1.5 untersucht die Berghofgesellschaft als Spiegelbild der europäischen Vorkriegsgesellschaft.
Schlüsselwörter
Der Zauberberg, Thomas Mann, Perspektivismus, Krankheit, Gesellschaft, Berghofgesellschaft, Hans Castorp, Internationalität, Hermetik, Freiheit, Liederlichkeit, Erotik, Selbstbeobachtung, Europäische Vorkriegsgesellschaft.
- Quote paper
- Dietrich Arlart (Author), 2001, Eine Untersuchung der Gesellschaft in Thomas Manns "Zauberberg", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5547