„Das Subsidiaritätsprinzip ist ein gesellschaftspolitisches Prinzip, nach dem übergeordnete gesellschaftliche Einheiten (bes. Staat) nur solche Aufgaben an sich ziehen dürfen, zu deren Wahrnehmung untergeordnete Einheiten (bes. Familie) nicht in der Lage sind.“1 Das heißt, in erster Linie sollten kleinere soziale Gefüge, wie Familie oder Nachbarschaft, Notlagen einzelner Individuen auffangen. Erst wenn sie dazu nicht mehr in der Lage wären, sollten größere Einheiten, wie beispielsweise die Gemeinde, Hilfe leisten. Es geht weniger darum, die vollständige Verantwortung für ein Individuum zu übernehmen, sondern vielmehr darum, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Im Rahmen der katholischen Sozialethik ist der Hilfebedürftige also auch in die Pflicht genommen, Verantwortung für sich selbst zu tragen. Die staatlichen Organe sollten nicht unnötig in das Leben von Menschen oder die Tätigkeiten kleinerer öffentlicher Gefüge eingreifen. Diese Thematik ist gerade auch in Anbetracht der aktuellen Föderalismusdebatte von Belang. Welche Kompetenzen bleiben den Ländern vorbehalten? Wie wird beispielsweise die Zahlung von ALG II auf Kommunen, Länder und Bund verteilt? Wird das Föderalismusprinzip durch zunehmende Zentralisierungstendenzen untergraben?
Inwieweit ist das Subsidiaritätsprinzip in der Lage der heutigen Gesellschaft einen Beitrag zur Lösung sozialer Probleme zu leisten? Sind subsidiäre Elemente in der Politik erkennbar? Im ersten Teil der Darstellung werde ich anhand der von Arno Waschkuhn ausgewählten Beispiele ein ideengeschichtliches Grundgerüst der katholischen Soziallehre nachzeichnen. Die Entwicklungslinie geht vom hochmittelalterlichen Scholastiker Thomas von Aquin, in dessen Weltbild Gott die zentrale Rolle gespielt hat zum, frühneuzeitlichen Rechtsphilosophen Johannes Althusius über, dessen Staatskonzept auf der säkularisierten Naturrechtstheorie basierte. Abschließend stellt er Oswald von Nell – Breuning als zeitgenössischen Vertreter der Soziallehre vor, der maßgeblich an der Abfassung der „Quadragesimo anno“ beteiligt war und das Subsidiaritätsprinzip in seinen Schriften näher erläutert hat. [...]
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1 Die Zeit. Das Lexikon. Band 19. Hamburg 2005. S. 226
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Subsidiarität als Grundkateqorie in der Ideenqeschichte und katholischer Soziallehre
- Thomas von Aquin
- Johannes Althusius
- Sozialenzyklika „Quadragesimo anno"
- Oswald von Nell — Breuning
- Die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips und seiner Relationen für die Gesamtqesellschaft
- Subsidiarität und Sozialpolitik
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Subsidiaritätsprinzip und seiner Bedeutung für die heutige Gesellschaft. Sie untersucht die historische Entwicklung des Prinzips von Thomas von Aquin bis zur „Civil Society" und beleuchtet seine Relevanz für die Sozialpolitik. Die Arbeit analysiert, inwieweit Subsidiarität einen Beitrag zur Lösung sozialer Probleme leisten kann und ob subsidiäre Elemente in der heutigen Politik erkennbar sind.
- Die historische Entwicklung des Subsidiaritätsprinzips
- Die Relevanz des Prinzips für die Sozialpolitik
- Die Rolle des Staates und der Zivilgesellschaft im Kontext von Subsidiarität
- Die Herausforderungen des Subsidiaritätsprinzips in der heutigen Gesellschaft
- Die Frage nach der Umsetzbarkeit des Subsidiaritätsprinzips in der Praxis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Subsidiaritätsprinzip als gesellschaftspolitisches Prinzip vor, das die Aufgabenverteilung zwischen übergeordneten und untergeordneten Einheiten regelt. Sie beleuchtet die Relevanz des Prinzips im Kontext der aktuellen Föderalismusdebatte und der Herausforderungen der sozialen Sicherungssysteme.
Das zweite Kapitel zeichnet ein ideengeschichtliches Grundgerüst der katholischen Soziallehre nach, beginnend mit Thomas von Aquin, der die göttliche Ordnung als Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens sah. Es werden die Konzepte von Johannes Althusius, der eine föderalistische Herrschaftsstruktur favorisierte, und die Sozialenzyklika „Quadragesimo anno" von Papst Pius XI. beleuchtet, die das Subsidiaritätsprinzip als Orientierungshilfe für eine solidarische, christliche Gesellschaft hervorhob. Abschließend wird Oswald von Nell — Breuning vorgestellt, der das Subsidiaritätsprinzip als Zuständigkeits- oder Rechtsprinzip definierte, das sich sowohl gegen individualistische als auch kollektive Einseitigkeit wehrt.
Das dritte Kapitel untersucht die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips für die Sozialpolitik. Es beleuchtet die Kritik am Sozialstaat und die Notwendigkeit einer stärkeren Rolle der freien Träger der Wohlfahrtspflege. Der Autor argumentiert, dass Subsidiarität nicht zu einer Privatisierung sozialer Risiken führen darf, sondern eine aktive staatliche Förderung von informellen Netzwerken und Selbsthilfegruppen erfordert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Subsidiaritätsprinzip, die katholische Soziallehre, die Sozialpolitik, den Sozialstaat, die Zivilgesellschaft, die Föderalismusdebatte, die Herausforderungen der sozialen Sicherungssysteme, die Rolle des Staates und der freien Träger der Wohlfahrtspflege sowie die Frage nach der Umsetzbarkeit des Subsidiaritätsprinzips in der Praxis.
- Quote paper
- Tillman Wormuth (Author), 2005, Zu: "Was ist Subsidiarität? Ein sozialphilosophisches Ordnungsprinzip: Von Thomas von Aquin bis zur „Civil Society“" , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55474
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