EINLEITUNG
1.1 Motivation und Anliegen
Die Beschäftigung mit dem Themenkreis Geschlechtssensible Pädagogik (GSP) begann im Rahmen einer Lehrveranstaltung an der Universität Wien. Das Seminar „Bewusste Koedukation“, geleitet von Ilse Schrittesser, weckte zunächst die Aufmerksamkeit für geschlechtsspezifische Disparitäten, die individuelle Handlungs- und Entwicklungsspielräume sowohl für Buben als auch für Mädchen einschränken. Unter Berücksichtigung geschlechterbewusster bzw. geschlechtssensibler Aspekte wurde im Rahmen dieser Lehrveranstaltung eine Interaktionsstudie durchgeführt(1) , worin die seitens koedukationskritischer Stimmen geäußerte Ansicht(2) , LehrerInnen(3) interagierten mit Buben einerseits und Mädchen andererseits unterschiedlich, behandelten sie also nicht „gleich“, und die Annahme, das Erziehungsverhalten von Lehrer/inne/n bestätige und verstärke das geschlechtsspezifische und in unserer Gesellschaft für Buben und Mädchen als typisch geltende Rollenverhalten, im vorliegenden Fall auch anhand der Beobachtungen in einer VS-Klasse, hinterfragt wurde. Die Ergebnisse der Studie führten zu dem Entschluss, diesen Themenkreis eingehender betrachten zu wollen.
Die anschließende Beschäftigung mit einschlägiger Literatur ließ folgende Sachverhalte erkennen:
Bereits in den 70er Jahren wurde im deutschen Sprachraum begonnen, das Bildungswesen geschlechterkritisch zu betrachten, damals ausschließlich, was die Situation der Mädchen betraf, erst ab dem Beginn der 90er Jahre befasste man sich auch mit der Situation der Buben(4) .
[...]
______
(1) Siehe Kap. 4 Interaktionsstudie „Bewusste Koedukation?“
(2) Vgl. u.a. Faulstich-Wieland, Hannelore: Koedukation – enttäuschte Hoffnungen? [....]
(3) In dieser Arbeit wird das sogenannte „Binnen-I“ im Sinne geschlechtergerechten Formulierens verwendet.[....]
(4) Vgl. Paseka, Angelika/Anzengruber, Grete: Geschlechtergrenzen überschreiten? [....]
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- Motivation und Anliegen
- Fragestellungen und Ziele
- Geschlechter-gerechte Sprache
- Richtlinien geschlechtergerechten Sprachgebrauch
- Das generische Maskulinum
- Geschlechter-gerechte Sprache in der Institution Schule
- ANNÄHERUNGEN AN DAS FORSCHUNGSFELD
- Begriffsbestimmungen — Begriffe und Positionen aus geschlechterbewusster Sicht
- Geschlecht
- Geschlecht als soziale Strukturkategorie
- Geschlechterhierarchie
- Geschlechtsspezifische Sozialisation — Geschlechterrolle, Geschlechtsidentität, Geschlechtsrollenstereotypen
- Hegemoniale — subdominante Weiblichkeit
- Doing gender
- Koedukation
- „Bloße" Koedukation (unreflektierte Koedukation)
- Bewusste Koedukation
- Geschlechtssensible, Geschlechterbewusste und Geschlechtsbezogene Pädagogik — Geschlechtergerechte Pädagogik
- Geschlechterhierarchie im Schulalltag — der heimliche Lehrplan
- Der heimliche Lehrplan in den Schulbüchern
- Defizitär, different, anerkannt different, egalitär? Von der Forderung nach Gleichheit zur Entwicklung eines demokratischen Differenzbegriffs
- Geschlecht
- Das Forschungsfeld
- Überblick über den Forschungsstand
- Die Geschlechterthematik in der Erziehungswissenschaft
- Entwicklung der Koedukation
- Von der Mädchenbildung zur Koedukation — Frauen und Bildung in Österreich
- Der Forschungsgegenstand
- Gesetzliche Grundlagen
- Das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern"
- Entstehung, Entwicklung und Ziele des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern"
- Das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung „ in der Lehrerinnenbildung
- Abwehrhaltungen und Widerstände
- Didaktischer Grundsatz „Bewusste Koedukation"
- Aktionspläne
- Aktionsplan 2000
- Aktionsplan 2003
- Gender Mainstreaming
- Gender Mainstreaming in der Schule
- Das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern"
- Zwischenbetrachtung — Zwischenresümee
- Gesetzliche Grundlagen
- FORSCHUNGSDESIGN
- Methodologie und Methode, Begründung und Konsequenzen
- Forschungshypothese
- „BEWUSSTE KOEDUKATION?" - INTERAKTIONSSTUDIE
- Anlage
- Erste Beobachtungssequenz: Ergebnisse
- Zweite Beobachtungssequenz: Ergebnisse
- Erstes Resümee
- GESCHLECHTSSENSIBLE PÄDAGOGIK UNTER DIE LUPE GENOMMEN - FRAGEBOGENUNTERSUCHUNG
- Anlage
- Fragebogendesign
- Probebefragungen
- Vom Entwurf zum fertigen Fragebogen — Veränderungen
- Veränderungen des Fragenprogramms (Themenbereiche)
- Veränderungen des Fragebogenumfangs
- Veränderungen der Itemformulierung
- Veränderungen der Fragenarten
- Veränderungen der Antwortformate
- Veränderungen der Reihenfolge der Fragen
- Auswahl der Stichprobe
- Standardisierung der Befragungssituation — das Setting
- Ansprechen der Proband/inn/en
- Anschreiben und Dank
- Fragebogendesign
- Durchführung der Untersuchung — Auswertung und Ergebnisse
- Kodierung und Dateneingabe
- Die Stichprobe
- Bereitschaft zur Teilnahme — die Rücklaufquote
- Demografische Daten
- Untersuchungszeitraum
- Darstellung der Untersuchungsergebnisse
- Bekanntheit des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern"
- Bewertung der Wichtigkeit des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung „
- Themenbezogene Fortbildung
- Seminarangebote des PI-Wien
- Teilnahme an Seminaren zu Genderfragen
- Interesse der befragten LehrerInnen an Genderfragen und Geschlechtergerechter Pädagogik
- Interesse an Genderfragen im Sinne des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung im schulischen Umfeld
- Interesse an Gleichstellung, -berechtigung, Genderfragen, „
- Interesse an Erziehung zur Gleichstellung als Ja-/Nein-Frage
- Interesse an Literatur zum Thema
- Umsetzung des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung — Projekte, Maßnahmen, Konzepte an Wiener Volksschulen
- Initiativen Oder Projekte zu Geschlechtssensibler Pädagogik, Bewusster Koedukation Oder Buben- bzw. Mädchenarbeit
- Vertrautheit mit den Begriffen Geschlechtssensible Pädagogik, Bewusste Koedukatlon, Erziehung zur Gleichstellung,
- Das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung als relevantes Thema in der Schule
- „Typisch Bub?" „Typisch Mädchen?"
- Fragendesign
- Wahrnehmung von Unterschieden im Verhalten von Buben und Mädchen
- Buben- und Mädchenbilder in der Wahrnehmung der befragten LehrerInnen
- Förderung von Buben und Mädchen
- Geschlechtergerechte Sprache in der Schule
- Gespräche über Genderfragen in der Schule
- Beim Wort genommen — Persönliche Stellungnahmen der befragten Ikhrerlnnen zu Hindernissen und/oder Erfordernissen in der Umsetzung des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern"
- Erforderliche Veränderungen
- Hindernisse in der Umsetzung
- „Was ich sonst noch sagen möchte"
- Dimensionen der Veränderung für eine Erziehung zur Gleichstellung — Ergebnisse aus den persönlichen Stellungnahm der befragten LehrerInnen
- Zweites Resümee
- ERZIEHUNG ZUR GLEICHSTELLUNG - ABER WIE? GESCHLECHTSSENSIBLE PÄDAGOGIK IN DER PRAXIS
- Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern
- Entwicklung von Geschlechterkompetenz
- Ziele und Inhalte Geschlechtssensiblen Unterrichtens — Geschlechter-gerechte Didaktik
- Techniken Geschlechtssensiblen Unterrichtens — Geschlechtergerechte Methodik
- Gender Mainstreaming in der Praxis am Beispiel zweier Wiener Volksschulen
- Integrative Lernwerk-statt Brigittenau
- Hintergründe
- Zielsetzungen, Inhalte, Umsetzungsformen
- Ressourcen
- Ergebnisse, Probleme, Widersprüche
- Partnerschaftliches Arbeiten in der Volksschule
- Hintergründe
- Zielsetzungen, Inhalte, Umsetzungsformen
- Ressourcen
- Ergebnisse, Probleme, Widersprüche
- Integrative Lernwerk-statt Brigittenau
- SCHLUSSWORT
- QUELLENANGABEN
- Literaturverzeichnis
- Andere Veröffentlichungen: Broschüren, Informationsblätter, Verordnungen
- Quellenverzeichnis Internet
- Internetquellen: Personen
- Internetquellen: Institutionen
- ANHANG
- Zusammenfassungen
- Zusammenfassung in deutscher Sprache
- Zusammenfassung in englischer Sprache
- Lebenslauf
- Abkürzungen
- Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
- Datenmaterial: Protokolle, Fragebogen,
- Interaktionsstudie „Bewusste Koedukation?" , I. Beobachtungssequenz
- Interaktionsstudie „Bewusste Koedukation?" , 2. Beobachtungssequenz
- Fragebogen
- Codebook — Kodlerungsregeln für die Auswertung der Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung
- Richtlinien und Forderungen für geschlechtergerechten Sprachgebrauch
- Protokoll zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache — Besuchsschullehrerlnnentreffen an der Pädagogischen Akademie des Bundes in Wien (WS 2004)
- Eigenschaften von Buben und Mädchen in der Wahrnehmung der befragten LehrerInnen — Häufigkelten im Gesamt-überblick
- Persönliche Stellungnahmen der befragten LehrerInnen zu Veränderungen Oder Hindernissen einer Erziehung zur Gleichstellung —
- Grundsatzerlass zum Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung „
- Aktionsplan 2000
- Zusammenfassungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Umsetzung des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" in Wiener Volksschulen. Die Arbeit untersucht, ob und inwieweit eine tatsächliche Gleichwertigkeit, Gleichberechtigung und Gleichstellung von Buben und Mädchen in der Schule erreicht wird. Dabei werden die Auswirkungen der Geschlechter-sozialisation auf die Entwicklung von Buben und Mädchen sowie die Rolle der Schule als Vermittlerin von Geschlechterstereotypen und -hierarchien analysiert.
- Die Bedeutung der Kategorie Geschlecht als soziales Konstrukt und gesellschaftliche Strukturkategorie
- Die Auswirkungen des „heimlichen Lehrplans" auf die Geschlechterverhältnisse in der Schule
- Die Bedeutung von Gender Mainstreaming und geschlechtssensibler Pädagogik für die Entwicklung von gleichberechtigten Lebensentwürfen für Buben und Mädchen
- Die Herausforderungen bei der Umsetzung des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" in der Praxis
- Die Notwendigkeit von geschlechtssensibler Förderung von Buben und Mädchen in unterschiedlichen Bereichen (z.B. sozial, sprachlich, naturwissenschaftlich-technisch)
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer umfassenden Einleitung, die die Motivation und das Anliegen der Arbeit sowie die zentralen Fragestellungen und Ziele darlegt. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Bedeutung geschlechtergerechter Sprache gelegt und die Notwendigkeit, diese im schulischen Alltag zu pflegen, betont.
Im zweiten Kapitel werden wichtige Begriffe und Positionen aus geschlechterbewusster Sicht analysiert, darunter die Kategorie Geschlecht, die Geschlechterhierarchie, die geschlechtsspezifische Sozialisation und das Konzept des „Doing gender". Die Arbeit beleuchtet kritisch die Auswirkungen der Geschlechterhierarchie im Schulalltag und die Rolle des „heimlichen Lehrplans" bei der Reproduktion von Geschlechterstereotypen.
Kapitel 3 widmet sich dem Forschungsfeld und gibt einen Überblick über den Forschungsstand zu Geschlechterfragen in der Erziehungswissenschaft. Die Arbeit zeichnet die Entwicklung der Koedukation in Österreich nach und stellt die gesetzlichen Grundlagen für die Umsetzung des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" dar. Dabei werden auch die Herausforderungen bei der Implementierung dieses Prinzips in der Lehrerinnenbildung und die Abwehrhaltungen und Widerstände gegenüber einer geschlechtssensiblen Pädagogik beleuchtet.
Das vierte Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Interaktionsstudie „Bewusste Koedukation?", die mittels teilnehmender Beobachtung das Interaktionsverhalten von Lehrerinnen mit Buben und Mädchen in einer Wiener Volksschule untersucht. Die Analyse zeigt, dass die Lehrerinnen Buben und Mädchen in unterschiedlicher Weise behandeln und die Inhalte des Unterrichtsprinzips „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" nicht umsetzen.
Kapitel 5 präsentiert die Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung „Geschlechtssensible Pädagogik unter die Lupe genommen", die sich an Wiener VolksschullehrerInnen richtet. Die Ergebnisse zeigen, dass das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern" einem Großteil der Lehrerinnen unbekannt ist. Es wird auch ein geringes Interesse an Genderfragen und Geschlechtergerechter Pädagogik sowie ein schlechtes Gesprächsklima zu diesen Themen festgestellt. Die Untersuchung zeigt, dass die Lehrerinnen häufig geschlechterstereotype Vorstellungen über die Eigenschaften von Buben und Mädchen haben und diese in ihrem pädagogischen Handeln unbewusst reproduzieren.
Kapitel 6 widmet sich der Frage, wie eine geschlechtssensible Pädagogik in der Praxis umgesetzt werden kann. Die Arbeit erläutert die Bedeutung von Geschlechterkompetenz und stellt Ziele und Inhalte Geschlechtssensiblen Unterrichtens sowie verschiedene Techniken und Methoden dar. Es werden Beispiele für die Umsetzung von Gender Mainstreaming in zwei Wiener Volksschulen vorgestellt.
Die Arbeit endet mit einer umfassenden Schlussbetrachtung, die die wichtigsten Erkenntnisse aus der Literaturrecherche und den durchgeführten Untersuchungen zusammenfasst und den formulierten Hypothesen gegenüberstellt. Es wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung von Geschlechtssensibler Pädagogik in Wiener Volksschulen gegeben.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Unterrichtsprinzip „Erziehung zur Gleichstellung von Frauen und Männern", Geschlechtssensible Pädagogik (GSP), Bewusste Koedukation, Gender Mainstreaming, Geschlechterhierarchie, Geschlechterrollenstereotypen, Geschlechterverhältnisse, Mädchenförderung, Bubenförderung, Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen, Schulentwicklung, Schulqualität, Lehrerausbildung, Lehrerinnenbildung, Unterrichtsmaterialien, Schulbücher, Interaktionsstrukturen, Diskriminierung, Gleichstellung, Gleichberechtigung, Gleichwertigkeit, Wien, Volksschule.
- Anlage
- Überblick über den Forschungsstand
- Begriffsbestimmungen — Begriffe und Positionen aus geschlechterbewusster Sicht
- Quote paper
- Mag. Monika Blecher (Author), 2005, Ausgewogen? Buben und Mädchen gleichwertig, gleichberechtigt und gleichgestellt?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/55553
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