Definition und Beispiele zum informellen Sektor


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

23 Seiten, Note: 2+


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Informeller Sektor – Definitionen und Begriffsbestimmungen

3. Entstehung des informellen Sektors – Gründe und Entwicklung

4. Verteilung des informellen Sektors in der Welt

5. Informeller Sektor in Südamerika (Zahlen und Fakten)

6. Beispiele aus dem informellen Sektor in Südamerika
6.1 Armut – Hauptproblem von Peru.
6.2 Eine ganz normale Familie in Kuba - Ein Reisebericht

7. Kritik und Problematik des informellen Sektors

8. Fazit

9. Quellen und weiterführende Literatur

1. Einleitung

In den meisten Industrieländern werden die Ausdrücke „Arbeitslosigkeit“ und „Unterbeschäftigung“ synonym verwendet. In den Entwicklungsländern ist die Arbeitslosigkeit eine offene und eventuell statistisch erfasste Beschäftigungslosigkeit, für die es auch einigermaßen verlässliche amtliche Zahlen gibt. Die Unterbeschäftigung ist dagegen eine weitgehend in Statistiken nicht erfasste Größe, daher spricht man oft auch von Teilarbeitslosigkeit oder versteckter Arbeitslosigkeit. Die Betroffenen können nur unter bestimmten Voraussetzungen (Jahreszeiten, Aufträge, bestimmte Teile des Jahres etc.) arbeiten. In beiden Fällen gilt: Arbeitslosigkeit bedeutet Verdienstausfall, und kein Verdienst ist mit dem Problem der Armut verbunden. Weiterhin sind unzureichendes und schlecht organisiertes Ausbildungssystem, hoher Analphabetismus und regionale soziale Strukturen für die Beschäftigungslosigkeit verantwortlich. Diese Probleme haben zum größten Teil dazu beigetragen, dass sich vor allem in den Entwicklungsländern eine Form der Arbeit jenseits der formellen Erwerbstätigkeit entwickelt hat. Diese Erwerbstätigkeiten werden im informellen Sektor zusammengefasst. Neben informeller Arbeit spricht man auch oft von Schattenwirtschaft oder alternativer Ökonomie, jedoch immer gemeint sind nicht formell erfasste Erwerbstätigkeiten. Von der Schwarzarbeit und den Alternativbetrieben über Nachbarschaftshilfe und Selbsthilfe bis zur alltäglichen Hausarbeit gibt es eine breite Palette an Tätigkeiten des informellen Sektors.

2. Informeller Sektor – Definitionen und Begriffsbestimmungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der informelle Sektor ist ein zusammenfassender Begriff für überwiegend kleinbetrieblich organisierte Arbeit in Produktion und Handel, zumeist wenig staatlich reguliert oder statistisch erfasst, eine quantitativbedeutende Form der wirtschaftlichen Tätigkeiten in den Städten fast aller Entwicklungsländer. Oft wir der informelle Sektor als Reaktion auf eine unzureichende Akzeptanz formeller Institutionen betrachtet. Er bildet nach einer häufig vertretenen Auffassung die „ Ökonomie der Armen“. Diese Umschreibung des Begriffs soll suggerieren, dass vor allem arme Bevölkerungsgruppen unter Zugangsproblemen zu den für ihre Transaktionen zweckmäßigsten Institutionen leiden.

Die Grenzen des informellen Sektors sind oft unbestimmbar, so dass es schwierig ist, eine operationale Definition des Begriffs [„Informeller Sektor“] zu finden.

Daher wird gerne auf die Charakterisierung der ILO zurückgegriffen, die 1984 folgende Aspekte in den Vordergrund stellt:

- Vorhandensein geringer Eintrittsschranken
- Verwendung einheimischer (lokaler) Ressourcen
- Dominanz von Familienunternehmen
- Dominanz kleiner Betriebsgrößen
- Einsatz relativ arbeitsintensiver und angepasster Technologien
- Erwerb der benötigten Fähigkeiten außerhalb des formellen Schulsystems
- Nutzung unregulierter und dem freien Wettbewerb unterworfener Märkte

Weiterhin ist der informelle Sektor gekennzeichnet durch:

- Arbeitsintensive Produktion
- Keine soziale Sicherheit (staatliche)
- Schlechte Bezahlung und geringer gewerkschaftlicher Organisationsgrad

Außerdem als informell wird ein Sektor der Wirtschaft bezeichnet, der im Verborgenen blüht und weder von der Steuer erfasst noch von anderen gesetzlichen Vorschriften oder Auflagen geregelt wird.

Tabelle 1: Ausprägung des informellen Sektors

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.payer.de/entwicklung

Um die Zugehörigkeit von Wirtschaftssubjekten zum informellen Sektor zu charakterisieren, wird in manchen Untersuchungen auch die Illegalität ökonomischer Aktivitäten als Abgrenzungskriterium herangezogen. Illegale Aktivitäten hängen oft mit informellen Vereinbarungen zusammen bzw. sie beruhen aufeinander, jedoch ist dies nicht immer der Fall. Aus diesem Grund kann man die Illegalität nicht als operationale Eigenschaft von Informalität auffassen, denn in der Realität sind sowohl illegale formelle Arrangements als auch zahlreiche legale informelle Vereinbarungen zu finden.

Auch wenn der informelle Sektor anders strukturiert ist als ein mittleres Unternehmen in einer Gewerbezone, unterliegen die Verhaltensweisen bestimmten Regeln und Normen, selbst wenn diese nicht schriftlich festgehalten sind.

Die meisten Tätigkeiten des informellen Sektors entsprechen nicht den Normen und Regeln der formellen Wirtschafts- und Rechtsordnung, vor allem wenn man Arbeitsbedingungen und Entlohnung betrachtet, doch in der Regel handelt es sich auch nicht um Tätigkeiten, die strafrechtliche Tatbestände erfüllen oder arbeits-, gewerbliche oder steuerliche Vorschriften bewusst umgehen.

In vielen aktuellen Schriften und Berichten verschiedener Organisationen, die sich mit der Thematik des IS beschäftigen, wird oft auch über Bedeutung und Präzision des Begriffs diskutiert. Vor allem der Begriff der „Formalität“ wird immer unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet, und es wird immer wieder versucht zu klären, was damit gemeint ist. Selbst in komplexen und durchorganisierten Systemen -zum Beispiel einer Aktiengesellschaft- werden wichtige Entscheidungen (Finanzen und Personal oder Machtfragen) vorab in informellen Zirkeln geklärt. Demnach bedeutet die Formalität ein Regelwerk, dessen man sich bedient, um seine Interessen durchzusetzen, das man aber auch im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten umgehen kann.

Der Ausdruck „Sektor“ erweckt den Eindruck eines geschlossenen, mit anderen Branchen vergleichbaren Wirtschaftszweiges.

Die folgenden Definitionen zeigen, wie sonst der IS in der Fachliteratur gesehen wird:

- Ein Residuum, das übrigbleibt, wenn man alle Wirtschaftstätigkeiten vom modernen, formellen Sektor abzieht
- Unterschied zwischen dem traditionellen, auf Subsistenzwirtschaft beruhenden Sektor und der modernen Wirtschaft
- Eine Art Zwischenstufe: die Gesamtheit aller Erwerbstätigkeiten und Überlebensstrategien, die in Reaktion auf die begrenzte Absorptionsfähigkeit des formellen Sektors entstanden sind.

Bei der Suche nach zutreffenden Definitionen kam man in den letzten Jahren kaum voran, auch wenn diese spezielle Ökonomie der Entwicklungsländer schon gut bekannt ist und einen wichtigen Wirtschaftszweig der jeweiligen Länder darstellt.

Der durch die ILO im Jahr 1972 erstellte Beschäftigungsbericht Kenia liefert noch heute die Mindestkriterien für informelle, erwerbwirtschaftliche orientierte Tätigkeiten:

- Fehlen einer gesetzlich gültigen und privatrechtlich verbindlichen Geschäftsgrundlage
- Kein Zugang zu bestimmten Märkten, Subventionen und Hilfsprogrammen
- Erheblich höhere Kapitalkosten, daher auch höhere Arbeitsintensität

Um die Merkmale des informellen Sektors zu illustrieren, stelle man sich zum Beispiel eine Straßenverkäuferin vor, die eine bis zwei Sorten Früchte und gerüstete Nüsse verkauft. Sie arbeitet in unmittelbarer Nähe ihres Hauses, weil sie sich nebenbei noch um den Haushalt und ihre 6 Kinder kümmern muss, die ihr auch bei der Arbeit helfen. Außerdem ist sie Mitglied in einer traditionellen Spar- und Kreditvereinigung, so dass sie etwas Geld sparen oder bei unerwarteten Ausgaben sich eine finanzielle Unterstützung holen kann. Sie arbeitet jetzt auf eigene Rechnung, obwohl ihr ihre ältere Schwester am Anfang finanziell geholfen hat. Aus diesen Beispiel ergeben sich folgende Kennzeichen des IS:

1. verschiedene Erwerbstätigkeiten gleichzeitig und rasche Abfolge solcher Tätigkeiten
2. Einheit von persönlichem und „Geschäfts-“ vermögen“
3. Kinderarbeit
4. personalisierte Beziehung zu Geschäftspartnern
5. Großfamilie als Finanzier und Mitarbeiter
6. soziale und erwerbswirtschaftliche Motive fließen in einander über.

[...]

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Details

Titel
Definition und Beispiele zum informellen Sektor
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Geographisches Institut)
Veranstaltung
Südamerika - Strukturen und Entwicklungsprobleme
Note
2+
Autor
Jahr
2002
Seiten
23
Katalognummer
V5588
ISBN (eBook)
9783638134224
ISBN (Buch)
9783638777216
Dateigröße
585 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Definition, Beispiele, Sektor, Südamerika, Strukturen, Entwicklungsprobleme
Arbeit zitieren
Arthur Benisch (Autor:in), 2002, Definition und Beispiele zum informellen Sektor, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/5588

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