Laserpointer-Kamera-System mit hoher Zeigeeffektivität und -effizienz


Diplomarbeit, 2005

134 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1 Stand der Technik
1.1 Zeigeeffektivitat und Zeigeeffizienz
1.2 Bisherige Beitrage zu LPKS
1.3 Stiftbasierte Eingabetechniken
1.4 Verfugbare kommerzielle Losungen

2 Entwicklung eines neuen LPKS
2.1 Konzeption des neuen LPKS
2.2 Technische Basis
2.2.1 Verwendete Hardware
2.2.2 Software zur Bildverarbeitung
2.2.3 Videoschnittstelle
2.3 Softwaretechnische Umsetzung
2.3.1 Laserpunkterkennung
2.3.2 Rektifizierung von Laserpunktkoordinaten
2.3.3 Zeigegestenerkennung
2.3.4 Kontextextraktion
2.3.5 Zusammenfuhrung von Nutzereingaben und Kontext
2.3.6 Visualisierung im Interaktionsprozess
2.4 Dokumentation des Programmcodes

3 Anleitung zur Benutzung des LPKS
3.1 Inbetriebnahme des LPKS
3.2 Individualisierung des LPKS

4 Quantitative Evaluierung des LPKS

5 Zusammenfassung und Ausblick

A Ergebnisse der Durchsatzanalysen

B Ausgewahlte Quelltexte

C Wichtige Funktionen der LPKS - Skriptsprache

Literaturverzeichnis

Index

Abbildungsverzeichnis

2.1 Zusammenhang zwischen Schwierigkeitsindex und Bewegungsdauer nach ISO-Norm 9241-9 (Achsenbeschriftungen wurde erganzt)

2.2 ,,Antick-Aufgabe in einer Richtung“ nach [ISO9]

2.3 ,,Spurfolge-Test in einer Richtung“ nach [ISO9]

2.4 „Multidirektionale Antick-Aufgabe“ nach [ISO9]

2.5 Schematischer Aufbau eines Laserpointer-Kamera-Systems

2.6 Der Dwell-Mechanismus zum Auslosen eines Mausklicks

2.7 LPKS nach Kirstein und Muller [Cars98]

2.8 Mittlere Bewegungszeit je Durchgang nach [Ji-Y02]

2.9 Vergleich von Eingabegeraten nach [Dunc02]

2.10 Standartabweichung in Abhangigkeit von der Entfernung zur Projek- tionsflache nach [Brad02]

2.11 Darstellung der Fehlerwinkel nach [Peck01]

2.12 LPKS nach J. Davis und X. Chen [J. D02]

2.13 Schematischer Aufbau des LPKS nach [Mich01]

2.14 Modifizierter Laserpointer nach [Mich01]

2.15 Distanzfunktion zur Berechnung der Mauszeigerbeschleunigung nach [Mich01]

2.16 Streichen fiber eine ,,Action Bar“ nach [Terr99]

2.17 Screenshot aus ,,CrossY“ nach [Geor04]

2.18 Kopieren eines Bildausschnitts nach [Ken 05]

2.19 Bewegen eines Icons nach [Ken 05]

2.20 Gegentiberstellung von Beobachtungsraum (b) und Bewegungsraum (c) anhand einer Scrollleiste nach [Rena04]

2.21 Gegenuberstellung von Beobachtungsraum (a) und Bewegungsraum (b) anhand einer Nachrichtenbox mit Buttons nach [Rena04]

3.1 Verbesserung des Dwell-Mechanismus durch adaptive Zeigerbeschleu- nigung, Dwell-Bereich und Zeigerdarstellung

3.2 Vorschlag fur das Auslosen von Mausklicks auf der Basis des Dwell- Mechanismus

3.3 Strichbasierte Interaktion durch den ,,Flow-Mechanismus“

3.4 Laserpunkterkennung durch den Vergleich von Bildpunkten mit der aktuellen Laserfarbe

3.5 Modellierung des Bildhintergrunds durch einen Akkumulator

3.6 Der Inhalt des Akkumulators IAcc ergibt sich aus der gewichteten Uberlagerung von Kamerabildern

3.7 Erzeugen eines Differenzbildes Imff aus aktuellem Kamerabild und Hintergrundbild

3.8 Erzeugen der ,,Bewegungs-Maske“ M durch Thresholding

3.9 Anwendung der ,,Bewegungs-Maske“ M auf die ,,Score map“ S und anschliefiende Bestimmung der Laserpunktkoordinaten

3.10 Beispiel fur eine im Rahmen des WOI erfolgreich vorhergesagte La- serpunktposition

3.11 Pradiktion einer Laserspur bei steigender Fortbewegungsgeschwindig- keit des Laserpunktes

3.12 Rektifizierung eines perspektivisch verzerrten Bildes

3.13 Gegenuberstellung eines nicht verzerrten Bildes mit einem tonnenfor- mig verzerrten Bild

3.14 Skizzen der 12 unterstutzten Zeigegesten

3.15 Klassifikation von Strichgesten basierend auf der mittleren Bewegungs- richtung GM dir einer Zeigehandlung

3.16 Informationsaustausch mit einem Control innerhalb des LPKS-Prozess.

3.17 Informationsaustausch mit einem Control uber Prozessgrenzen hinweg.

3.18 Ubersicht liber verfugbare Mauszeiger unter Microsoft Windows. ...

3.19 Bestehende LPKS implementieren den Dwell-Mechanismus meist fest in Software

3.20 Mit Hilfe eines Skript-Prozessors konnen in die Wirkungskette des neuen LPKS variable Interaktionsmechanismen eingebunden werden.

3.21 Ein Skript zum Bewegen und Ausfuhren von Icons auf dem Desktop.

3.22 Umkreisen und Verschieben von Icons auf der Basis umkreisender Zeigegesten

3.23 Das neue LPKS bringt eine aus Kreisen bestehende Mausspur zum Einsatz

3.24 Umrahmungen von Bedienelementen und die Mausspur werden jeweils auf ein transparentes Fenster gezeichnet

4.1 Nach dem Start des LPKS wird der Karten-Reiter ,,Calibration“ an- gezeigt

4.2 Der Button zum Starten der Bildanalyse

4.3 Wiedergabe des Kamerabildes

4.4 Der Button zum Anzeigen von Einstellungsmoglichkeiten

4.5 Das Fenster wird um den Optionsdialog erweitert

4.6 Die Optionen im Detail

4.7 Einstellungsmoglichkeiten des Videoformats

4.8 Einstellungsmoglichkeiten von Kameraparametern

4.9 Der Dialog zur Rektifizierung der Projektionsflache

4.10 Markieren der Projektionsflache durch Verschieben der Ecken des ro- ten Vierecks

4.11 Die rektifizierte Projektionsflache

4.12 Automatische Kalibrierung der Schwellwerte ThM und ThScore

4.13 Laserpunkt mit Mausspur und Window of Interest

4.14 Fortschrittsanzeige zur Kalibrierung der Laserpunktfarbe

4.15 Der Laserpunkt bei sehr kurzer Verschlusszeit der Kamerablende. . .

4.16 Die Bewegungsmaske M mit Laserpunkt, darunter die Mausspur. . .

4.17 Der Dialog zur Anzeige der erkannten Zeigegesten

4.18 Das Button zum Starten des Skripteditors

4.19 Ubersicht liber die funktionalen Bereiche des Skripteditors

4.20 Spezifizierung des zu erstellenden Statements

4.21 Auswahl eines Operanden aus der Liste der zur Verfugung stehenden Variablen und Parametern

4.22 Auswahl einer Operation fur den Statement-Typ ,,If-Then-Else“. ...

5.1 Screenshot der separat angefertigten Software zur Durchfuhrung der Durchsatzanalysen nach ISO-Norm 9241-9

5.2 Durchsatzanalyse von Computermaus und LPKS-Interaktionstechniken mittels ,,Antick-Aufgabe in einer Richtung“

5.3 Analyse des effektiven Durchsatz von Computermaus und LPKS- Interaktionstechniken mittels „Antick-Aufgabe in einer Richtung“. . .

5.4 Durchsatzanalyse von Computermaus und LPKS-Interaktionstechniken mittels ,,Multidirektionale Antick-Aufgabe“

5.5 Analyse des effektiven Durchsatz von Computermaus und LPKS- Interaktionstechniken mittels Multidirektionale Antick-Aufgabe“.

5.6 Durchsatzanalyse von Computermaus und LPKS mittels Tunneltest

Tabellenverzeichnis

2.1 Beispiele fur den Durchsatz von Eingabegeraten, die durch unter- schiedliche Extremitaten gesteuert werden nach [ISO9] 5

2.2 Ergebnisse des Balkentests nach [Brad02] 21

3.1 Statistik zum Quelltext des neuen LPKS 67

5.1 Parametrierung des Dwell-Mechanismus 84

5.2 Parametrierung des modifizierten Dwell-Mechanismus 84

5.3 Parametrierung des Flow-Mechanismus 85

5.4 Parametrierung und resultierende Schwierigkeitsindizes der Versuchs- anordnungen nach ISO-Norm 9241-9 85

5.5 Vergleich der Durchsatze unterschiedlicher LPKS 89

A.1 Ergebnisse der Durchsatzanalyse ,,Antick-Aufgabe in einer Richtung“ nach ISO-Norm 9241-9, inklusive der Geradenparameter a und b. . . . 93

A.2 Ergebnisse der Durchsatzanalyse Multidirektionale Antick-Aufgabe“ nach ISO-Norm 9241-9, inklusive der Geradenparameter a und b. . . . 93

A.3 Ergebnisse der Durchsatzanalyse ,,Nachfuhren in einer Richtung“ nach ISO-Norm 9241-9, inklusive der Geradenparameter a und b 93

C.1 Funktionen die vom Skriptprozessor im Rumpf eines If-Then-Else Statements ausgefuuhrt werden kounnen

Quelltextverzeichnis

3.1 Auslesen der Position eines Icons in einem Listview-Control 57

B.1 Erganzungen der OpenCV-Bibliothek: highgui.h 95

B.2 Erganzungen der OpenCV-Bibliothek: cvcap.cpp 95

B.3 Entstehung der Funktion iTransformCoordinates() aus einem Kom- mentar der OpenCV-Funktion ,,cvWarpPerspectiveQMatrix“ 97

B.4 Erstellen der ,,score map“ S fur die anschliefiende Lokalisierung des Laserpunktes: iLASERRECOGNITION.cpp 97

B.5 Lokalisierung des Laserpunktes in der ,,score map“ S: iLASERRECO­GNITION.cpp 99

B.6 Funktionen fur das Einrichten und den Zugriff auf einen gemeinsamen Prozess-Speicher: iMISC.cpp 99

B.7 Kontextextraktion am Beispiel des Toolbar-Controls: iWINDOWS.cpp 101

B.8 Eine Funktion zum Ermitteln des Handles des aktuellen Mauszeigers: iPOINTER.cpp 103

B.9 Eine Funktion zum Ersetzen der Windows-Mauszeiger mit einem trans- parenten Cursor: iPOINTER.cpp 104

1. Einleitung

Laserpointer erfreuen sich grofier Beliebtheit im Einsatz als optische Zeigestabe. Ins- besondere im Lehrbereich dienen sie, im Zusammenspiel mit Projektionsflachen, als performante Zeigeinstrumente. Unter Einwirkung technologischer Innovationen der modernen Rechentechnik erschliessen sich den Laserpointern auch in diesem nicht- industriellen Kontext zunehmend neue Einsatzmoglichkeiten. Bisher beschaftigten sich bereits zahlreiche Forschungsunternehmungen mit den Moglichkeiten den Funk- tionsumfang der Laserpointer vom blofien Zeigeinstrument zum Werkzeug komple- xer Mensch-Maschine-Interaktion zu erweitern. Die bis dato durchgefuhrten Unter- suchungen zielten in der Regel auf den Einsatz von Laserpointern als drahtlosen Computermausersatz ab. Hierbei werden die Reflektionen des Laserstrahls auf einer Projektionsflache von Kameras aufgenommen und die Zeigehandlungen mit Hilfe gestenerkennender Software in Steuersignale fur Computer umgewandelt. Die Mo- tivationen fur den Einsatz von Laserpointern als Computereingabegerat sind viel- faaltig. Zum einen stellt das Zeigen mit Hilfe von Laserlicht eine sehr direkte und effiziente Form der Interaktion mit Projektionsflachen dar. Zum anderen sind not- wendige Hardwarekomponenten wie Projektoren und Kameras heute bereits in vie- len Prasentations- und Lehrraumen vorhanden. Der Wunsch liegt nahe, Laserpoin­ter in geeignete Schnittstellen der Mensch-Computer-Interaktion zu integrieren und von den schnellen Zeigehandlungen zu profitieren. Eine weitere Motivation stellt der Einsatz von Laserpointern in kollaborativen Umgebungen dar. Zahlreiche For- schungsgruppen implementierten bereits Laserpointer-Kamera-Systeme (LPKS) mit dem Fokus auf,, Single Display Groupware“. Es wird hierbei untersucht, inwieweit der simultane Einsatz mehrerer Laserpointer bei Verwendung eines einzigen Bildschirms der Gruppenarbeit zutraglich ist.

Die bereits existierenden LPKS werden in der Praxis durchweg von Problemen wie dem des Handzitterns (engl. ,,hand jitter“) in ihrer Leistungsfahigkeit beeintrachtigt und dadurch in ihrer Gebrauchstauglichkeit eingeschrankt. Es ist das Ziel der vorlie- genden Arbeit, die Leistungsfahigkeit von LPKS in dem vorgestellten Nutzungskon- text zu verbessern. Unter Verwendung aufwandsarmer Hardware sollen die Groafien Zeigeeffektivitat und -effizienz gegentiber bestehenden Lbsungen deutlich gesteigert werden. Das zu entwickelnde LPKS soll prinzipiell geeignet sein, eine Computermaus funktionell zu ersetzten. Besondere Fahigkeiten von Sehvermogen und Motorik wer- den nicht vorausgesetzt, sie sollten aber zumindest durchschnittlich ausgepragt sein.

Diese Diplomarbeit beschaftigt sich zunachst mit den Begriffen Zeigeeffektivitat und -effizienz, sowie einer Moglichkeit diese quantitativ zu beurteilen. Im Anschluss wird der aktuelle Stand von LPKS vorgestellt und kritisch bewertet. Es wird ein Kon- zept zur Verwirklichung der oben genannten Zielstellung vorgestellt und die Schritte zur technischen Umsetzung eines neuen LPKS dokumentiert. Abschliefiend folgt die Analyse und Bewertung der Leistungsfahigkeit des entwickelten Systems.

2. Stand der Technik

2.1 Zeigeeffektivitat und Zeigeeffizienz

Diese Diplomarbeit beschaftigt sich in ihrem Kern mit der Analyse, der techni- schen Umsetzung sowie dem Vergleich von Ideen die Interaktion auf der Basis von Laserpointer-Kamera-Systemen effizient und effektiv zu gestalten. Insofern ist es angebracht, die Bedeutung der Begriffe „Effektivitat“ und ,,Effizienz“ in Bezug auf LPKS naher zu beleuchten sowie Moglichkeiten zu ihrer quantitativen Bestimmung aufzuzeigen.

Effektivitat und Effizienz sind eng miteinander verknupft. Die Effektivitat bezeichnet das Verhaltnis von einem erreichten Ziel zu einem definierten Ziel. Demnach ist ein Verhalten effektiv, wenn es ein vorgegebenes Ziel erreicht. Ein Verhalten ist wenig effektiv, wenn das Ziel nicht oder nur teilweise erreicht wird. Darauf aufbauend bezeichnet das Effizienzkriterium das Verhaaltnis des zur Zielerreichung notwendigen Aufwands zum definierten Nutzen des Verhaltens. Ein Verhalten wird also dann als effizient bezeichnet, wenn es sowohl tatsachlich zur Erreichung des Nutzens fuhrt (Effektivitat) als auch den daftir notwendigen Aufwand mbglichst gering halt.

Die Recherche nach geeigneten Methoden zur quantitativen Bestimmung der Grb- fien Zeigeeffizienz und Zeigeeffektivitat fuhrt aufgrund zahlreicher Verweise in der Fachliteratur, wie [Miik01], [Sara99], [I. S01], [I. S03] und [Zhai04], unweigerlich zur europaischen ,,Norm EN ISO 9241-9:2000, Ergonomische Anforderungen fur Burota- tigkeiten mit Bildschirmgeraten, Teil 9: Anforderungen an Eingabemittel - ausge- nommen Tastaturen“ [ISO9].

Die Anwendbarkeit der ISO-Norm 9241-9 auf Laserpointer als Eingabegerate ist bedingt gegeben. Die Norm bezieht sich in Kapitel 1 Anwendungsbereich“ auf er- gonomisch hinreichend gut erforschte Eingabemittel und benennt diese:

„Dieser Teil von ISO 9241 enthalt Anforderungen und Empfehlun- gen fur die Gestaltung von Eingabemitteln aufier Tastaturen. Er schliefit nur Gerate ein, fur die in ausreichendem Mafie ergonomische Erkennt- nisse vorliegen. Dieser Teil von ISO 9241 gilt fur mehrere Arten von Eingabemitteln, die fiir einen stationuren Gebrauch vorgesehen sind. Er gibt auf ergonomischen Faktoren basierende Anleitung fur folgende Ein- gabemittel: Muuse, Pucks, Joysticks, Rollkugeln, Tabletts und Overlays, Beruhrungsbildschirme (Touchscreens), Griffel und Lichtstifte. Er gibt Anleitung fur die Gestaltung dieser Gerate, die fur typische Buroaufgaben genutzt werden, so dass die Leistungsgrenzen und Fahigkeiten der Benut- zer berucksichtigt werden. Dieser Teil von ISO 9241 sieht Verfahren zur Ermittlung der Konformitat durch Beobachtung und durch Messung der physikalischen Eigenschaften der verschiedenen Gerate vor.“

Unter den oben genannten Geraten sind Lichtstifte in ihrer Form und Bedienungswei- se den Laserpointern am ahnlichsten. Lichtstifte sind stiftformige, kabelgebundene Computereingabegerate. Sie werden uber den Bildschirm gefuhrt und registrieren die Helligkeit sowie die Position von Bildpunkten. Sie lassen sich daher wie ein Plas- tikstift auf einem Touchscreen bedienen. Da Lichtstifte und Stifte zur Bedienung von Touchscreens direkt auf der Bildoberflache gefuhrt werden, ermoglichen sie auf Anhieb eine exakte Positionierung des Cursors. Nutzer eines Laserpointers konnen hingegen die gewunschten Bildschirmkoordinaten aus grofierer Entfernung zur Pro- jektionsoberflache praktisch nur durch Nachfuhren des Eingabegerates erreichen. Zudem erscheinen Bildschirminhalte fiir Nutzer eines LPKS aus grofierer Entfer- nung zur Bildflaache zunehmend kleiner. Dennoch koannen Laserpointer nichtzuletzt aufgrund ihrer Form und des optischen Funktionsprinzips zumindest im entfernten Sinne den Lichtstiften zugeordnet werden. Wie die Beitrage [Ji-Y02], [Brad02] und [Dunc02] wird auch diese Diplomarbeit sich zur Evaluierung der Leistungsfahigkeit von LPKS auf die ISO-Norm 9241-9 stutzen.

Die ISO-Norm 9241-9 fuhrt in Kapitel 6 die Gestaltungsanforderung ,,Durchsatz“ ein:

„Eingabegerdte, die fur direktes Zeigen, Auswuhlen und Ziehen ge­nutzt werden, sollten so gestaltet sein, dass Benutzer innerhalb des Be- reichs der Aufgabengenauigkeit, fur den das Gerut vorgesehen ist, den in Tabelle 2.1 angegebenen Durchsatz erzielen konnen. “

Der Begriff Durchsatz wird in Anhang B „Priifen von Effizienz und Effektivitat“ wie- der aufgegriffen und letztendlich als die Metrik zur Evaluation von Zeigeeffektivitat

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.1: Beispiele fur den Durchsatz von Eingabegeraten, die durch unterschied- liche Extremitaten gesteuert werden nach [ISO9].

und -effizienz vorgestellt. Der effektive Durchsatz TP (auch TPe) ist eine genormte Metrik zur Bewertung von Zeigegeraten (siehe Formel 2.1). Er vereint sowohl Zeige- geschwindigkeit als auch Zeigegenauigkeit in einem einzigen Wert und wird in Bits/s angegeben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Bewegungszeit MT ist die Dauer vom Beginn einer Zeigehandlung bis zu ihrem Ende. Unter IDe ist der effektive Schwierigkeitsindex (,,Index of difficulty“) zu ver- stehen. Er ist ein Mafi fur die Zeigegenauigkeit, die dem Nutzer zu Durchfuhrung einer Zeigehandlung abverlangt wird. IDe wird in bits angegeben und berechnet sich wie folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

D bezeichnet die Distanz vom Beginn einer Zeigehandlung bis zu ihrem definierten Ziel. We ist die effektive Ausdehnung des Zielobjektes entlang der Bewegungsachse:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

SDX ist die Standartabweichung der Zielkoordinaten, wiederum gemessen entlang der Bewegungsachse. Somit ist We ein Mafi fur die Prazision der durchgefuhrten Zeigehandlungen.

Wie aus Formel 2.1 ersichtlich, stehen Schwierigkeitsindex und Bewegungsdauer in einem linearen Zusammenhang. In Abbildung 2.1 ist IDe uber MT aufgetragen. Der Anstieg der Geraden entspricht dem Durchsatz TP.

Uber dem Schwierigkeitsindex IDe definiert die ISO-Norm 9241-9 des Weiteren die ,,Aufgabengenauigkeit“. Sie ist ein Mafi fur die Genauigkeit, die fur Zeige-,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.1: Zusammenhang zwischen Schwierigkeitsindex und Bewegungsdauer nach ISO-Norm 9241-9 (Achsenbeschriftungen wurde erganzt).

Auswahl- oder Zieh-Elementaraufgaben gefordert wird und durch den Schwierig­keitsindex quantifiziert wird.

Die Aufgabengenauigkeit kann demnach in drei Genauigkeitsstufen klassifiziert wer- den:

- niedrig: bei einem Schwierigkeitsindex kleiner oder gleich 4,
- mittel: bei einem Schwierigkeitsindex grofier als 4 und kleiner oder gleich 6,
- hoch: bei einem Schwierigkeitsindex grofier als 6.

Auf den praktischen Zusammenhang zwischen Zeigeeffektivitat und Durchsatz bzw. Zeigeeffizienz und Durchsatz geht die Vorschrift nicht weiter ein. Es ist jedoch of- fensichtlich, dass der Durchsatz die Grofien Effektivitat und Effizienz in sich vereint. Sowohl Zeigeeffektivitat als auch Zeigeeffizienz skalieren mit dem Durchsatz.

Der Ursprung der Metrik des Durchsatzes liegt im Fitts’schen Gesetz aus dem Jahr 1954, veroffentlicht von Paul Fitts. Es besagt, dass die Dauer einer Zeigehandlung um ein Ziel zu erreichen eine lineare Funktion (Formel 2.4) ist, die von der Distanz zum Ziel und der Grofie des Ziels abhangig ist. Das Fitts’sche Gesetz ist somit als ein Model menschlicher psychomotorischer Fahigkeiten zu betrachten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Anstieg b bestimmt wie stark die Bewegungszeit MT mit dem Schwierigkeits- index ID skaliert. Die Verschiebung a kann interpretiert werden als eine konstante Verzogerung, verursacht etwa durch die Zeit die ein Mensch benotigt um eine Taste an seinem Zeigegerat zu drticken. a und b mussen experimented bestimmt werden. ID ist hier der (nicht effektive) Schwierigkeitsindex und wird wie folgt berechnet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

W ist die Ausdehnung des Zielobjektes entlang der Bewegungsachse und D nach wie vor die Distanz vom Beginn einer Zeigehandlung bis zu ihrem definierten Ziel.

Der mathematische Zusammenhang zwischen dem Fitts’schen Gesetz 2.4 und der Berechnungsvorschrift 2.1 nach der ISO-Norm 9241-9 gestaltet sich einfach: Die Glei- chung 2.4 geht fur [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], sowie Umstellen nach TP in die Gleichung 2.1 uber.

Es lasst sich trefflich streiten, inwiefern es sinnvoll ist, die Verzogerung a allgemein Null zu setzen und somit die Regressionsgleichung [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] zu vereinfa- chen.

Der sehr aufschlussreiche Artikel [Zhai04] von Shumin Zhai stellt daher die Ausle- gung des Fitts’schen Gesetzes in der ISO-Norm 9241-9 in Frage und prasentiert eine Ubersicht uber die teilweise verwirrende Vielfalt von unterschiedlichen Auslegungen der Fitts’schen Rechenvorschrift.

Der viel zitierte I. Scott MacKenzie bereichert diese Diskussion in seinem Beitrag [I. S01] aufierordentlich, indem er die Division von IDe durch MT in der Formel 2.1 zu einer Division von Mittelwerten erklart:

According to ISO 9241-9, throughput is obtained from the division of means, not from the slope reciprocal in a regression model.

Shumin Zhai halt diese Interpretation in seiner Arbeit [Zhai04] folgendermafien for- melmafiig fest:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei Betrachtung der Berechnungsvorschrift fur den Schwierigkeitsindex ID nach For- mel 2.5 wird ersichtlich, dass die Durchsatzmetrik auf die Laserpointer-Interaktion nicht vorbereitet ist. Aufgrund der Distanz r des LPKS-Nutzers zur Bildoberfla- che erscheinen ihm sowohl D als auch W mit zunehmendem Abstand kleiner. Be- dienelemente prasentieren sich dem Betrachter also unter einem kleineren Raum- winkel [Wiki05c] . Durch eine Verringerung des Raumwinkels nimmt die dem Nutzer abverlangte Zeigegenauigkeit zu. Aufgrund der begrenzten menschlichen visuellen und psychomotorischen Fahigkeiten sinkt der Durchsatz, da die Quote der nicht zum Ziel fuhrenden Zeigehandlungen und somit die Bewegungszeit MT ansteigen. Da D und W aber gleichermafien mit dem Abstand r skalieren, bleibt der Schwierig­keitsindex ID unverandert. Bei Verwendung des effektiven Schwierigkeitsindex IDe nach Formel 2.2 kann es mit zunehmendem r zu einer wachsenden effektiven Aus- dehnung We kommen. In diesem Fall sinkt der Schwierigkeitsindex paradoxerweise mit zunehmender Entfernung des Nutzers zur Bildoberflache. Um das in der vorlie- genden Diplomarbeit entwickelte LPKS quantitativ zu evaluieren, wird die Formel 2.7 zur Berechnung des Durchsatzes herangezogen. Zur Gewahrleistung der Eindeu- tigkeit und Reproduzierbarkeit der Ergebnisse werden aufierdem stets die Parameter a und b sowie der Abstand r zwischen Laserpointer und Bildflache angegeben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die ISO-Norm 9241-9 informiert in ihrem Anhang B liber magliche einheitliche Ver- suchsanordnungen zur Ermittlung des Durchsatzes von Eingabemitteln. Drei von diesen Anordnungen werden an dieser Stelle kurz vorgestellt:

Die ,,Antick-Aufgabe in einer Richtung“ (Abbildung 2.2) dient zur Bewertung von Zeigebewegungen entlang einer Achse, wie etwa zum Auswahlen von Informationen in Spalten und Reihen. Zwei Rechtecke der Breite W und einem Mitte-zu-Mitte- Abstand D sollen vom Benutzer 25-mal abwechselnd, maglichst schnell und prazise angeklickt werden. Der Test beginnt, sobald der Benutzer den Zeiger das erste Mal in ein Rechteck bewegt und die Schaltflache betatigt hat. Die Auswahl des Zielobjekts kann entweder manuell durchgefuhrt werden (z.B. durch Betatigen einer Taste) oder automatisch erfolgen (z.B. durch eine systemseitige Erkennung des Zeigers innerhalb des Zielbereichs). Der Zielabstand D als auch die Zielbreite W sollten gleichmafiig verandert werden, so dass der effektive Schwierigkeitsindex Werte von 1 bis 6 Bit annimmt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der ,,Spurfolge-Test in einer Richtung“ (Abbildung 2.3) wird angewendet zur Be- wertung der Aufgabe ,,Folgen eines Pfades zwischen zwei Punkten“, wie etwa dem Ziehen eines Objekts.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.3:”Spurfolge-Test in einer Richtung“ nach [ISO9].

Die Aufgabe besteht darin, ein Objekt (z.B. einen Kreis) der Breite B zwischen zwei parallelen Linien der Lange D und dem Abstand K, ohne Beruhrung der Be- grenzungslinien, zu bewegen. Beruhrt das Objekt eine Begrenzungslinie, wird der Versuch abgebrochen und muss neu begonnen werden. Die benotigte Zeit um das Objekt erfolgreich von einem Ende der Spur zum anderen zu bewegen, wird auf- gezeichnet. Schwierigkeitsindex und effektiver Schwierigkeitsindex werden hier nach den Formeln 2.8 bzw. 2.9 berechnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die „Multidirektionale Antick-Aufgabe“ (Abbildung 2.4) kann angewendet werden, zur Bewertung einer Zeige-Bewegung in verschiedenen Richtungen, wie etwa zum Auswahlen verstreut angeordneter Icons. Die Versuchsperson wird aufgefordert, den

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.4:”Multidirektionale Antick-Aufgabe“ nach [ISO9].

Zeiger quer uber einen Kreis zu fortlaufend nummerierten Zielobjekten zu bewegen. Die Zielobjekte werden so angeordnet, dass die Bewegungen in etwa dem Durchmes- ser des Kreises entsprechen. Die Zielobjekte, zu denen der Benutzer vorrucken sollte, werden optisch hervorgehoben. Der Test beginnt, wenn die Versuchsperson auf das oberste Zielobjekt zeigt, und endet, wenn der Nutzer wieder am obersten Zielobjekt angelangt ist.

Abschliefiend zum Kapitel ,,Zeigeeffektivitat und Zeigeeffizienz“ noch einige Anmer- kungen zur Bedeutung der Durchsatz-Metrik im Kontext der LPKS. Der Durch- satz TP ist eine elementare Grofie, da er sich auf elementare Zeigehandlungen be- zieht. Eine Verallgemeinerung auf die Gesamtheit der komplexen Zeigehandlungen die zur Bedienung von Computern notwendig sind, ist jedoch denkbar. Da Betriebs- system und Anwendungssoftware aber entscheidenden Einfluss auf die produktive Eingabeleistung des Anwenders ausuben, ist der Durchsatz eines Eingabegerates allein bezuglich der letztendlichen Bedienbarkeit eines Computersystems nicht aus- sagekraftig. Auch der Fragenkatalog zur Ermittlung der Benutzerzufriedenheit im Anhang C der ISO-Norm 9241-9 zielt explizit auf Eingabegerate, nicht jedoch auf die Gesamtheit der Interaktionsschnittstelle, bestehend aus Hardware und Softwa­re. WIMP-Schnittstellen[1] sind geradezu auf Computermause und damit auf die ,,Point & Click“[2] -Interaktion zugeschnitten: Zeiger mussen sehr genau uber graphi- schen Bedienelementen positioniert und gehalten werden. Klicks und Doppelklicks mussen ausgelost werden. Die derart segmentierte ,,Point & Click“-Interaktion wi- derstrebt der stiftbasierten Interaktion, da diese eine fliefiende und strichbasierte Eingabe bevorzugt. Die Antick-Aufgaben der ISO-Norm 9241-9 setzen aber gera- de diese segmentierte Interaktion voraus. Strichbasierte Eingaben konnen senkrecht zur Bewegungsachse eine ungleich hohere Zeigegenauigkeit erreichen als bei Bewe- gungen entlang der Bewegungsachse. Die Spurfolge-Tests der ISO-Norm 9241-9 sind daher besser geeignet die Leistungsfahigkeit von stiftbasierten Eingabegeraten zu evaluieren.

Das folgende Kapitel 2.2 gewahrt nun einen Einblick in den aktuellen Stand der Forschung zu LPKS.

2.2 Bisherige Beitrage zu LPKS

Zahlreiche LPKS wurden bereits entwickelt. Die hier vorgestellten Systeme bestehen stets aus den Komponenten Laserpointer, wenigstens einer Kamera, einer Projekti- onsflache, mindestens einem Projektor sowie einem oder mehreren Computern (siehe Abbildung 2.5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.5: Schematischer Aufbau eines Laserpointer-Kamera-Systems

Der Beitrag [Dan 01] hat es sich zum Ziel gesetzt, auf der Basis eines LPKS, eine moglichst kostengtinstige und vollstandige Umgebung zur Interaktion mit grofien Projektionsflachen zu schaffen. Angelehnt an die gangige Praxis von Gruppenmee- tings, soll es mehreren Personen ermoglicht werden, nacheinander in Wechselwirkung mit einer Projektionsflache zu treten. Zum Einsatz kommen ein roter Laserpointer zum Preis von etwa $15, ein Projektor mit der Auflosung 1024x768 und eine Kame- ra (,,WebCam“) zum Preis von $500. Die Frage, wodurch sich der verhaltnismafiig hohe Preis fur die verwendete Kamera begrundet und sich mit der Zielsetzung ein besonders kostenghnstiges System zu entwerfen vereinbaren lasst, wird von diesem Artikel nicht beantwortet. Die Kamera liefert nur etwa 7 Bilder pro Sekunde (fps), praktischerweise uber das Netzwerkprotokoll TCP/IP. Dadurch ist es moglich die Kamera unabhangig von einem Rechner frei im Raum zu installieren. Die Laser- punkterkennung erfolgt durch die Suche nach dem hellsten Punkt im aufgenomme- nen Bild. Wird kein Punkt mit besonders hoher Intensitat gefunden, so kommt ein Faltungsfilter zum Einsatz. Der Faltungsfilter wird zunachst in einem Fenster um die letzten erkannten Koordinaten des Laserpunktes herum appliziert. Bei Misser- folg wird das Fenster vergrdfiert. Die automatische Helligkeitssteuerung von Kameras neigt dazu, sich auf eine Flache bzw. einen Mittelwert der Intensitat im Bild zu ka- librieren. Das fuahrt dazu, dass der Laserpunkt sich in seiner maximalen Intensitaat von anderen hellen Punkten im Bild nicht mehr unterscheidet. Dieser Effekt wird mit ,,Saturation“ bezeichnet. Folglich wurde entschieden, die automatische Hellig- keitsregulierung abzuschalten und diese manuell einzustellen. Die Helligkeit wird im gunstigsten Fall soweit herabreguliert bis ausschliefilich der Laserpunkt sichtbar bleibt. Die maximale Aufldsung der Kamera wird nicht explizit genannt. Der Ar­tikel berichtet allerdings von Fehldetektionen des Laserpunktes, verursacht durch eine zu geringe Aufldsung der Kamera. Als Ldsung wird vorgeschlagen, den Zustand des Lasers (sichtbar und nicht sichtbar) gemittelt uber 5 aufeinanderfolgende Bilder zu detektieren. Der durch Projektor und Kamera verursachten Bildverzerrung wird durch einen Rektifizierungsalgorithmus entgegengewirkt. Dieser Algorithmus wird vorab kalibriert durch die Auswertung der Positionen von 25 projizierten Punkten.

Das implementierte Erkennungsmodul zur Auswertung von Zeigehandlungen kennt funf Zustande des Laserpunktes bzw. Ereignisse, die sich davon ableiten lassen:

1. LaserOn(X,Y): Der Laserpunkt konnte an der Position (X,Y) lokalisiert wer- den.

2. LaserOff(X,Y): Der Laserpunkt konnte nicht lokalisiert werden. Die letzten ermittelten Koordinaten des Laserpunktes waren (X,Y).

3. LaserExtendedOff(X,Y): Der Laserpunkt konnte innerhalb einer definierten Zeitspanne nicht lokalisiert werden. Die letzten ermittelten Koordinaten des Laserpunktes waren (X,Y).

4. LaserMove(X,Y): Der Laserpunkt wurde lokalisiert und hat seine Position ge- andert. Die aktuellen Koordinaten sind (X,Y).

5. LaserDwell(X,Y): Der Laserpunkt wurde an der Position (X,Y) lokalisiert. Die Koordinaten haben sich innerhalb einer definierten Zeitspanne TDwell (,,dwell time“) in einem Toleranzbereich (Dwell-Bereich) bewegt bzw. der Laserpunkt hat in seiner Fortbewegung eine definierte Geschwindigkeit nicht tiberschritten (siehe Abbildung 2.6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.6: Der Dwell-Mechanismus zum Auslosen eines Mausklicks.

Basierend auf dem Betriebssystem Linux kommt die XWeb Umgebung zum Einsatz. XWeb ermoglicht das Erstellen von graphischen Nutzerschnittstellen , bestehend aus informationsabhangigen graphischen Interaktoren („Widgets“). Diese Widgets sind in ihrem Aufieren und ihrer Bedienung auf die jeweils zu manipulierende Information zugeschnitten. Unter anderem wurden folgende Interaktoren implementiert: Button, Enumeration, Scroll-Leiste, Textfeld und Liste. So werden die Buttons aktiviert, durch die sequentielle Abfolge der Ereignisse LaserDwell(X,Y) und LaserOff(X,Y). Die Eingabe in ein Textfeld erfolgt wahlweise mittels ,,Graffiti“-Handschrifterkennung oder per Spracherkennung durch den ,,XWeb speech client “. Felder zur Eingabe von Zahlen wurden so gestaltet, dass zusatzlich zu dem aktuellen Zahlenwert angren- zende Zahlenwerte uber ein zusatzliches Menu zur Auswahl eingeblendet werden. So kann die Eingabe von Daten beschleunigt werden. Interaktoren, die den Fokus zur Eingabe erhalten, geben dem Nutzer ein Selektionsecho indem sie deutlich sichtbar umrandet werden. Weiterhin signalisieren verschiedene Cursor den aktuellen Zu- stand der Nutzereingabe (Texteingabe, Dwell, Scrolling, u.a.). Es werden erhebliche Latenzen, verursacht durch die Laserpunkterkennung, dokumentiert. Sie storen den Interaktionsprozess nachhaltig. So vergehen bis zu 200 ms fur eine einzige Positions- bestimmung des Laserpunktes. Die prinzipielle Erkennungsrate des Laserpunktes sei aber besser als die Erkennungsrate des LPKS in [Cars98]. Besserung versprechen sich die Autoren durch die Verwendung einer hoher auflosenden und schnelleren Kamera. Angesichts der genannten Latenz von 200 ms, welche das System praktisch unbe- dienbar machen mussen, sollten die Autoren besser in schnellere Algorithmen und modernere Rechentechnik investieren! Die Autoren Olsen und Nielsen halten fest, dass die Ereignisse LaserOn und LaserOff einer effektiven Interaktion nur bedingt nutzlich sind. Wird der Laserpointer direkt auf die Projektionsflache gerichtet und dann eingeschaltet, so ist fur den Menschen nicht exakt absehbar an welcher Posi­tion der Laserpunkt auftauchen wird. Bedingt durch das Zittern der menschlichen Hand, welche das Eingabegerat halt, ist die Position an der der Laserpunkt nach dem Ausschalten des Lasers verschwindet ebenfalls einem grofien Fehler unterwor- fen. In einem Test benotigen Nutzer unter Verwendung des LPKS wesentlich mehr Zeit (215 s) zur Losung einer vorgegebenen komplexen Aufgabe als die Nutzer einer Computermaus (90 s). Die Aufgabe bestand darin, eine in Software simulierte, pro- grammierbare Rasensprenkleranlage zu bedienen. Mangels Reproduzierbarkeit ist dieser Test fur die vorliegende Diplomarbeit unbrauchbar.

[Flor03] beschreibt ein ,,Multiple Laser Pointer“ (MLP) -System. Es ermoglicht den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Laserpointer und siedelt sich im Umfeld der „ col­laborative groupware“ an. Der Artikel bewertet die Eingabegerote Computermaus und Tastatur in diesem Kontext als untauglich, wenn es um die direkte Manipula­tion von Bildschirminhalten geht. Um die Identitat der einzelnen Interaktionsteil- nehmer feststellen zu konnen, wird das Licht der Laserpointer moduliert (Pulsco- demodulation). Die Modulation wird durch in die Pointer eingebaute Mikroprozes- soren bewerkstelligt. Praktisch gesehen, werden also unterschiedlich blinkende La- serpointer verwendet. Weiterhin sind an jedem Pointer Tasten angebracht, welche drahtlos mit dem Computer kommunizieren konnen. Die Bildrate der verwendeten Kamera betragt 30 fps. Bei zweifacher Uberabtastung (,,Oversampling“) betragt die Blinkrate der Laserpointer also etwa 15 Lichtimpulse pro Sekunde. Zusatzlich wer­den zur Modulierung des Laserlichts fehlerkorrigierende Codes verwendet. Da die von der Kamera gelieferte Auflosung (z.B. 640 x 480) der tatsachlichen Auflosung des Desktops (z.B. 1024x768) gewohnlich bei weitem nachsteht, kommt es zu ei- nem Verlust an Auflosung. Dies zieht Ungenauigkeiten bei der Positionsbestimmung des Laserpunktes auf der Projektionsflache nach sich. Daher kommt die haufig ver- wendete Subpixel-Interpolation zum Einsatz. Dabei werden die Koordinaten des Laserpunktes durch Analyse seiner Helligkeitsverteilung in eine hohere Auflosung umgerechnet. Von zukunftigen Betriebssystemen erhoffen sich die Autoren die di- rekte Unterstutzung fur mehrere gleichzeitig verwendbare Zeigegerote. Tatsachlich ist dies aber schon unlongst moglich. Die DirectInput-Schnittstelle der Firma Mi­crosoft ermoglicht den parallelen Betrieb mehrerer virtueller Computermause. Das Computerspiel ,,Die Siedler“ unterstutzte schon vor Urzeiten den Zweispielerbetrieb durch zwei Zeigegerote an einem Computer.

Der Beitrag [Flor04] vergleicht die Leistungsfahigkeit eines MLP-Systems mit der einer Computermaus bei der Interaktion in Benutzergruppen variabler Grofie. Zum Einsatz kommen eine Projektionsfldche (275 cm x 215 cm) und eine Kamera so- wie ein Projektor mit einer Auflosung von jeweils 640 x 480 Bildpunkten. In einem Test markieren 24 Teilnehmer in 12 Gruppen variabler Grofie (1-3 Personen) einen moglichst kurzen Pfad durch ein Labyrinth. Von den Testteilnehmern werden die Laserpointer als kollaboratives Werkzeug geschatzt, die Computermaus allerdings wegen ihrer hoheren Prazision bei der Ausfuhrung von Zeigehandlungen bevorzugt. Die Autoren betonen die Bedeutung von optischen Riickmeldungen, welche deutlich Aufschluss geben uber die aktuelle Position des eigenen Laserpunktes. Das verwen- dete Testverfahren zur Evaluierung der Leistungsfaohigkeit des entwickelten MLP- Systems macht den Vergleich der Ergebnisse mit denen anderer Implementierungen leider unmooglich.

Kirstein und Muller [Cars98] konnen, zumindest dem Stand der verftigbaren Lite- ratur zufolge, als Pioniere der LPKS bezeichnet werden. 1998 stellten sie ihr soft- waretechnisch als verteilte Anwendung konstruiertes LPKS vor (Abbildung 2.7). Das System baute auf dem Betriebssystem Linux, dem Mbone Video Conferencing Tool „vic“ zum Aufnehmen der Bilder, dem ,,vic-client“ zum Remote-Empfang der Bilder und einem Intel Pentium 133 als rechnerische Basis auf. Die Laserpunkterkennung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.7: LPKS nach Kirstein und Muller [Cars98]

wird gestutzt durch eine Bewegungsanalyse, realisiert uber einen gleitenden Durch- schnitt liber dem Bild und anschliefiender Subtraktion des aktuellen Bildes. Die Positionsbestimmung des Laserpunktes erfolgt durch einen Mustervergleich im Hi- stogramm der V-Werte (Helligkeitswerte) des Bildes und anschliefiender Korrelation des Bildes mit einem Referenzmuster. Das System bildet das aus [Dan 01] bekannte Ereignis LaserDwell(X,Y) (Dauer: 2,5 Sekunden) auf einen Tastendruck der Maus ab. Das Ereignis LaserOff(X,Y) wird auf das Losen der Maustaste abgebildet. Das vorgestellte LPKS verursacht 20% Prozessorlast, bei 20 verarbeiteten Bilder pro Se- kunde. In einem als Testumgebung angelegten Malprogramm betragt die Fehlerrate der Laserpunkterkennung 50%. Das prazise Zufahren auf einen vorgegebenen Punkt auf der Arbeitsoberflache wird als besonders schwierig erachtet.

Wollen wahrend eines Vortrages mehrere Personen abwechselnd mit Maus oder Tas- tatur eine Prasentation steuern, dann kann Platzmangel vor der Projektionsoberfla- che zu einem Problem werden. Der Lasung dieses Problemstellung hat sich das MLP System in [Ji-Y02] verschrieben. Die Autoren experimentieren mit Laserpointern mit den Ausgangsleistungen 1mw (roter Laser) und 5mw (griiner Laser). Die im Verlaufe des Projektes verbesserte Version des vorgestellten LPKS basiert auf der Pyro Web­Cam (640 x 480, 30 Hz), dem Betriebssystem Windows NT, einem Projektor mit 700 Lumen und einer Projektionswand mit den Abmafien 1,83m x 1,22m. Die Laserpunk­terkennung erfolgt durch Suche nach dem hellsten Punkt im Kamerabild. Offenbar hat sich daher die Verwendung eines griinen Lasers mit grofierer Ausgangsleistung (5mW) als gunstig erwiesen, da dieser wesentlich heller erscheint und sich somit besser vom Hintergrund abhebt. Ab einem Einfallswinkel des Lasers von 85° zur Projektionsnormalen wird die Laserpunkterkennung aufgrund der einhergehenden Streckung des Punktes unmoglich. Abermals wird die Helligkeit des Kamerabildes auf ein Minimum reduziert. Soweit technisch moglich, ist die Einstellung einer kurzen Belichtungsdauer ebenfalls empfehlenswert. Zur Identifizierung verschiedener Laser- pointer kommt auch hier moduliertes Laserlicht zum Einsatz. Das Blinken der Laser wird mit der Bildfolge der Kamera synchronisiert um Fehldetektionen zu reduzieren. Die Problematik des Handzitterns erfreut sich auch hier besonderer Aufmerksam- keit. Es kommen besonders grofie graphische Bedienelemente zum Einsatz. Die Be- wegungen des Laserpunktes werden durch einen Kalmanfilter geglottet (siehe auch [Greg95]) . Vorgeschlagen wird auch, eine spezielle Handauflage zur Stabilisierung der Hand bzw. des Laserpointers zu erreichen. Die Abbildung des Kamerabildes auf die Koordinaten des Desktops erfolgt durch Koordinatentransformation (perspek- tivisches Mapping), welche mit Matrizenmultiplikation zu bewerkstelligen ist. Der Artikel stellt fest, dass blinkende Laser zu einer kurzeren Lebensdauer der Laser- pointer fuhren und iberhaupt schlechter sichtbar sind als Laser mit unmoduliertem Lichtausfall. Zur Verringerung von stoorenden Latenzen in der Bilderkennung werden 3 Losungen diskutiert und wieder verworfen:

- Kamera im Graustufen-Modus betreiben: Die zu analysierende Datenmenge pro Zeiteinheit sinkt, da die Bilder mit weniger Bits kodiert werden konnen.
- Auflosung der Kamera verringern: Schlecht, da ein grofierer Fehler bei der Ermittlung der Laserpunktkoordinaten die Folge ist.
- Kompression der Bilder: Kritisch, da Kompressionsartefakte den Informations- gehalt der Bildfolgen schmoalern.

Es wurde beobachtet, dass das Zittern des Laserpunktes beim Losen einer Taste storker ausfollt als beim Drucken einer Taste am Laserpointer. Daher wird vorge­schlagen, das ButtonDown Ereignis direkt zum Auslosen eines Klicks zu verwenden. Dieses Vorgehen ist sicherlich nur sinnvoll, wenn der Laserpointer wie ein Lichtstift direkt auf dem Bildschirm gefuohrt wird. Vergleichend wurde die Leistungsfoahigkeit der Interaktion auf Basis eines Lasers und auf Basis einer Computermaus quan- titativ evaluiert. Die Computermaus wurde neben der Projektionswand zusotzlich auch in Verbindung mit einem 19“ Monitor eingesetzt. Erfreulicherweise kommt hier das Testszenario ,,Multidirektionale Antick-Aufgabe“ nach ISO-Norm 9241-9 zum Einsatz. Es wurde von 12 Teilnehmern jeweils 10 mal bewaltigt. Fur den Schwie- rigkeitsindex IDe ergeben sich die Werte 2,58 Bits, 3,17 Bits und 3.75 Bits. Die mittlere Verzogerung betragt fur den Laser 846,78 ms, fur die Maus auf dem Grofi- bildschirm 769,72 ms und fur die Maus auf dem 19“ Monitor 741,06 ms. Fur die Fehlerrate ergeben sich 32,16% fur den Laser, 20,46% fur die Maus auf dem Grofi- bildschirm und 20,31% fur die Maus auf dem 19“ Monitor. Der nach der Formel 2.1 berechnete Durchsatz betragt 3,04 Bits/s, 3,98 Bits/s und 4,09 Bits/s. Demnach betragt der Durchsatz des Laserpointers in diesem Test 75% des Durchsatzes der Computermaus.

Im Verlauf der Tests wurde bei Verwendung des Laserpointers ein deutlicher Anstieg der Bewegungszeit (Abbildung 2.8) und dadurch ein Abfall des Durchsatzes beob- achtet, offensichtlich ein Ermudungseffekt. Es wird vorgeschlagen die Problematik des Handzitterns und dem einhergehenden Verlust an Zeigegenauigkeit durch die Entwicklung intelligenter Interaktionsmechanismen zu kompensieren. Zum Beispiel durch sich selbst anordnende Objekte (,snapping objects“).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.8: Mittlere Bewegungszeit je Durchgang nach [Ji-Y02]

Der Artikel [Dunc02] stellt LPKS in Frage, die keine zusdtzlichen, den Interaktions- prozess unterstutzenden Buttons am Laserpointer vorsehen. Dieser Umstand wurde die Limitierungen der LPKS gerade hervorheben. Unter Verwendung kostenaufwen- diger Hardware (3 Schwarz/Weifi Kameras zu je $75, 3 Projektoren, eine Linux Work­station mit 3 Videokarten) fuhren die Autoren Versuche mit einem um zusatzliche Taster erweiterten Laserpointer durch. Anhand der Anordnungen ,,Antick-Aufgabe in einer Richtung“ und ,,Spurfolge-Test in einer Richtung“ wird die Leistungsfahigkeit von Laserpointer, Standartmaus und einem Interlink RemotePoint RF miteinander verglichen. Der Laserpointer wird dabei im Abstand von 1,5 m von der Projekti- onsflache (1,5 m x 2 m) gehalten. Bei variierendem Schwierigkeitsindex (,,Index of Difficulty“) wurde die ,,Response Time“ berechnet. Ob es sich dabei tatsachlich um die Reaktionszeit RT) oder die im Kontext von fitts’schen Zeigehandlungen eher erwartete Bewegungszeit MT Movement Time“) handelt, bleibt offen. Die in die- sem Artikel verwendeten Notationen und Variablenbezeichnungen bereiteten teilwei- se Schwierigkeiten, da sie unerklart sind. Abgesehen von zwei wenig aussagekraftigen Grafiken, bleiben die Testergebnisse im Dunklen (Abbildung 2.9). Die Resultate sta- tistischer Signifikanztests werden hingegen in aller Breite dokumentiert. Im Ergebnis der Tests liegen Laserpointer und Maus jedenfalls bezuglich ihrer ,,Mean Response Time“ gleichauf und platzieren sich deutlich vor dem Interlink RemotePoint. Bei Verwendung des Laserpointers sei das vielbeschriebene Handzittern wenig stoarend aufgefallen, da keine Tests durchgefuhrt wurden, die explizit ein Ruhighalten des Laserpunktes verlangt hatten. Das in diesem Artikel nur peripher wahrgenommene Handzittern scheint wenig verwunderlich, angesichts der geringen Entfernung des Lasers zur Projektionsflaache.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.9: Vergleich von Eingabeger¨aten nach [Dunc02]

Die Arbeit [Brad02] widmet sich insbesondere der Analyse von technischen und menschlichen Limitierungen bei der Interaktion mit Hilfe von Laserpointern. Dazu werden verschiedene Tests mit verschiedenen Bauformen von Laserpointern durch- gefuhrt. Die technische Basis bilden eine Sony DigiCam, ein Intel Pentium 3 (Tak- trate 450 MHz) und eine Winnov Videokarte. Als Projektionsflache dient das druck- sensitive ,,SMART Board“ der Firma SMART Technologies. Video fur Windows (VfW) wird als Softwareschnittstelle zur Akquirierung der Bilder von der Kamera verwendet. Das Testsystem verarbeitet bei einer Kamerabild-Auflosung von 320 x 240 Bildpunkten etwa 18-20 Bilder pro Sekunde. 17 Testpersonen partizipieren in zwei Experimenten, wobei jeweils vier verschiedene Bauformen von Laserpointern zu Anwendung kommen (zwei Laserpointer von konventioneller Bauart, ein PDA mit eingebautem Laserpointer (Symbol SPT 1700) und einer Laserpistole). Im ers- ten Experiment soll ein Ziel moglichst schnell angefahren werden und der Zeiger anschliefiend so ruhig wie moglich gehalten werden. Der im PDA eingebaute Laser- pointer erweist sich hier erwartungsgemafi am stabilsten, da er beidhandig gehalten werden kann (Abbildung 2.10). Die Standartabweichung des Laserpunktes von defi- nierten Zielkoordinaten waahrend der Phase des Ruhighaltens nimmt linear mit der Entfernung des Pointers zur Projektionsflaache zu.

Measurement of Deviation across devices

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.10: Standartabweichung in Abhangigkeit von der Entfernung zur Pro- jektionsflaache nach [Brad02]

Das zweite Experiment basiert auf der Auswertung Fitts’scher Zeigehandlungen. Im Durchsatztest ,,Anticken in einer Richtung“ mussen zwei gegentiberliegende Balken wechselseitig moglichst schnell und prazise selektiert werden. Das Symbol SPT 1700 wird in diesem Test als Laserpointer erster Wahl verwendet, da er stabil in der Hand liegt und somit die Auswirkungen des Handzitterns verringert. Die Tasten des Symbol SPT 1700 werden genutzt. Sie signalisieren, wann sich der Laserpunkt an der gewunschten Position uber einem Balken befindet. Gegenubergestellt wird die Interaktion mit Hilfe einer Computermaus, dem Tippen direkt auf das ,,SMART Board“ und einer Interaktionstechnik namens ,,Semantic Snarfing“, bei der mit Hil­fe des Laserpointers Bildschirminhalte markiert und auf einem PDA vergrofiert zur weiteren Interaktion dargestellt werden. Die Breite der Balken wurden mit 27, 53 und 107 Pixel bemessen, welche auf der Projektionsflache 3,81 cm, 6,99 cm und 13,97 cm entsprechen. Der Abstand zwischen den Balken betrug 107, 213, und 427 Pixel, welche 13,97 cm, 27,94 cm und 55,88 cm entsprechen. Die Testpersonen sit- zen 1,52 m von der Projektionsflache entfernt und konnen ihre Arme dabei bequem auf einem Tisch ablegen. Wie auch in [Ji-Y02] wird der Durchsatz TPe hier nach der Formel 2.1 berechnet. In diesem Test schnitt der Laserpointer gemessen an der Zeigegeschwindigkeit als Letzter ab (Abbildung 2.2). Gemessen an Durchsatz und Fehlerrate, landete der Laser auf dem vorletzten Platz. Der Touchscreen erzielt er- wartungsgemafi die besten Ergebnisse. Die Mittelwertbildung der Koordinaten von Zeigehandlungen zur Stabilisierung des Mauscursor wird als kritisch eingestuft, da sie sich negativ auf die Zeigegeschwindigkeit auswirkt. Es wird vorgeschlagen, die Filterung nur bei langsamen Zeigerbewegungen einzusetzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2.2: Ergebnisse des Balkentests nach [Brad02]

Der Artikel resumiert, dass LPKS aufgrund des Handzitterns ungeeignet sind zur Interaktion mit kleinen Bildschirminhalten. Das Semantic Snarfing“ wird daher als ergaanzende Interaktionstechnik empfohlen.

Im Kontext von Kurzvortragen zu wissenschaftlichen Aktivitaten untersucht [Xian05] drei Techniken der HCI auf ihre Akzeptanz bei sowohl vortragenden Personen als auch dem Publikum. Verglichen werden die Interaktionformen mit Hilfe von Com- putermaus und Tastatur, die Laserpointerinteraktion und die Interaktion mit Hilfe von Handgesten. Es kommen modifizierte Laserpointer mit zusatzlichen Tasten zum Einsatz. In einem Versuch stellen sechs Personen ihre aktuellen Forschungsvorha- ben vor und werden dabei von 30 Zuschauern in den Kategorien Gesamteindruck der Prasentation, Inhaltliches Verstandnis der Prasentation, Effizienz des Vortrages und Attraktivitat der Prasentation insgesamt bewertet. Die durch Handgesten ge- steuerten Vortrage gewinnen mit Abstand in allen Kategorien, am deutlichsten in der Kategorie Attraktivitat. Die durch einen Laserpointer gesteuerten Prasentatio- nen platzieren sich in allen Kategorien vor der Maus-Tastatur Kombination. Von den 30 Zuschauern favorisierten 70% die Interaktion auf Basis der Handgesten, 27% entschieden sich fur den Laserpointer und 3% fur die Maus-Tastatur Kombination. Zwei der Vortragenden bevorzugten die Handgesten und einer den Laserpointer zur Steuerung der Prasentation. Als besonderer Vorteil der Verwendung eines Laser- pointers gilt die Maglichkeit des Sprechers, sich jederzeit frei im Raum bewegen zu koannen und den Interaktionsprozess dabei mit sehr kleinen Finger- und Handbewe- gungen zu steuern. Der Bewegungsfreiheit sind praktisch allerdings Grenzen gesetzt. Auch dieser Artikel verweist auf die geminderte Zeigegenauigkeit bei Verwendung des Laserpointers aus grafieren Entfernungen. Wegen des kleinen, sich sehr schnell bewegenden Laserpunktes konnten die Zuschauer dem Fokus des Interaktionsprozes- ses nicht immer folgen.

[Peck01] widmet sich sehr ausftihrlich der quantitativen Analyse menschlicher Ein- flusse auf die Effizienz der Laserpointerinteraktion. Insbesondere werden die Aus- wirkungen des Handzitterns, die Dauer zur Positionierung des Laserpunktes in ei- nem Zielbereich sowie der Drift des Laserpunktes von einer anvisierten Koordinate wahrend des Ausschaltens des Lasers untersucht. Tests finden sowohl auf Basis ge- braauchlicher Laserpointer als auch auf der Basis eines in einen PDA eingebauten Laserpointers statt. Die Versuchspersonen werden angehalten, auf ein akustisches Signal hin den Laserpunkt uber ein vorgegebenes kreisformiges Ziel zu bewegen und den Laser nach Ertanen eines zweiten Signals am selben Ort wieder auszuschalten. Die Autoren stellen fest, dass der mittlere Fehlerwinkel (Abbildung 2.11) des Laser- strahls bei einer Entfernung von 10 Fufi zur Projektionsflache etwas kleiner ist als bei einer Entfernung von 5 Fufi.

Moaglicherweise ist dies durch eine haohere mentale Konzentration der Testpersonen zu erklaaren. Da die mittlere Abweichung des Laserpunktes von seinen Soll-Koordinaten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.11: Darstellung der Fehlerwinkel nach [Peck01]

mit steigender Entfernung von der Projektionsflache zunimmt, konnte eine erhohte Konzentration seitens der Probanden durch den grofieren sichtbaren Fehler verur- sacht sein. Auch dieser Artikel restimiert, dass das Design eines Laserpointers die Zeigeeffizienz beeinflusst. Stabil in der Hand liegende Pointer oder solche die mit beiden Handen gegriffen werden konnen, liefern insbesondere eine hohere Zeigege- nauigkeit.

J. Davis and X. Chen [J. D02] stellen ein MLP-System vor, welches fur grofiere Nutzerzahlen geeignet ist und mit der Grofie der Projektionsfldche skaliert (Abbil­dung 2.12). Zum Einsatz kommt eine von acht Rdickprojektoren angestrahlte Lein- wand (6 Fufi x 2 Fufi), 8 NTSC Kameras sowie acht SGI Origin Workstations zum Erfassen der Kamerabilder und Detektieren der Laserpunkte.

Diese acht Workstations sind verbunden mit einer SGI Onyx2 Workstation (195 MHz), welche die Auswertung der Zeigehandlungen vornimmt. Auf der Projekti- onsflache messen die Autoren einen Laserdurchmesser zwischen 3 und 12 Pixel und entschliefien sich, den Mittelpunkt der Laserreflektionen als aktuelle Koordinate des Zeigers zu werten. Weiterhin wird festgestellt, dass es aufgrund der Grofie des La- serpunktes ausreichend sei, nur etwa 30% der gesamten Bildflache zur Feststellung der Zeigerkoordinaten zu durchsuchen. Konkrete Aussagen zur Funktionsweise der Laserpunkterkennung werden allerdings nicht gemacht. Auch ist es leider typisch fur den Grofiteil der hier vorgestellten Literaturquellen, dass kaum Details zur techni- schen Umsetzung der verwendeten Gestenerkennung zu finden sind. Eine Identifi- zierung einzelner Interaktionsteilnehmer durch ihr Eingabegerat findet nicht statt. Vielmehr werden die einzelnen, aus den erkannten Laserpunktkoordinaten bestehen- den Vektorzuge mit Hilfe von jeweils einem Kalman-Pradiktor voneinander separiert. Tester dieses LPKS bevorzugten es, direkt auf der Leinwand zu schreiben, da diese Technik eine effizientere Interaktion ermoglicht.

Motiviert durch die „nicht zufriedenstellende Bedienbarkeit“ grofier Projektionsfla- chen mit Hilfe von Standartzeigegeraten (Maus, Trackball, Touchpad, Trackpoint) entwickelte [Mich01] ein LSPK um von den Vorzugen der ,,Stiftmetapher“ zu profi- tieren. Zum Einsatz kommen eine 6,5 m x 1,6 m messende Leinwand, drei Ruckpro- jektoren, drei Grafikkarten und drei Kameras, verbunden mit jeweils einem Bilder- kennungsrechner. Die Bilderkennungsrechner kommunizieren uber LAN mit einem zentralen Bildrechner (Abbildung 2.13). Es kommt ein modifizierter Laserpointer mit zusatzlichen Tasten zum Einsatz (Abbildung 2.14). Innovativ ist die Idee, den

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Abbildung 2.13: Schematischer Aufbau des LPKS nach [Mich01]

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Abbildung 2.14: Modifizierter Laserpointer nach [Mich01]

Laserpointer mit Hilfe eines Uberbrtickungskontaktes zu aktivieren. Somit kann das beim Ein- und Ausschalten des Gerates besonders starke Handzittern signifikant re- duziert werden. Die Tastensignale werden drahtlos an einen Rechner ubertragen. Die Algorithmen zur Laserpunkterkennung werden durch Verwendung einer Fensterme- thode (,Window of interest“, WOI) beschleunigt. Der implementierte Algorithmus zur Rektifizierung der Kamerabilder wird durch Zeigen mit dem Laser in die Ecken der Projektionsflache kalibriert. Eine fortlaufende Helligkeitskorrektur stellt die kor- rekte Laserpunkterkennung auch bei wechselnden Umgebungslichteinflussen sicher. Die Problematik des Handzitterns wird hier mit einer adaptiven Mausbeschleuni- gung angegangen. Die Beschleunigung des Mauszeigers wird dabei mit Hilfe einer nichtlinearen Distanzfunktion (Abbildung 2.15) in Abhangigkeit der Entfernung des Zeigers zur aktuell erkannten Laserpunktkoordinate bestimmt. Eine effiziente Bedie-

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2.15: Distanzfunktion zur Berechnung der Mauszeigerbeschleunigung nach [Mich01]

nung des LPKS sei noch aus acht Metern Entfernung zur Projektionsflache moglich. Spitze Winkel bis 25 Grad zur Projektionsebene werden als unproblematisch erach- tet. Ohne den Einsatz des WOI verarbeitet das System zehn Kamerabilder in einer Sekunde. Mit WOI seien fragliche 1000 verarbeitete Bilder pro Sekunde moglich.

Auf die effektive Interaktion zwischen einem Lehrer und seinen Studenten zielt der Artikel [Rich00]. Ein LPKS kommt ausschliefilich fur die Interaktion des Lehrers mit der Projektionsflache zum Einsatz. Die technische Basis bilden ein PC mit Intel Pen­tium 2 (300 MHz) und 128 MB Arbeitsspeicher, eine ComputerEyes/PCI Videokarte, eine Kamera (320 x 240, 30 fps) und eine Leinwand die sich sowohl fur die Front- als auch Ruckprojektion eignet. Die Ruckprojektion wird bevorzugt, da so die Sicht der Kamera auf die Projektionsflache nicht durch Personen verdeckt werden kann. Eine denkbar einfache Technik zum Auslosen eines Mausklicks wird vorgestellt: Der an- geblich ,,erste Zeitpunkt“ in dem der Laserpunkt fur die Kamera sichtbar wird, dient zum Erfassen der Koordinaten fur den Klick, ein anschliefiendes Aus- und wieder Einschalten des Lasers in raumlicher Nahe der anfanglich gespeicherten Koordinaten losen den Mausklick aus. Da die Position des ersten Erscheinens des Laserpunktes auf der Projektionsflache fur den Menschen weitestgehend ungewiss ist, kann die- se Technik nur sinnvoll sein, wenn der Lehrer direkt mit dem Laserpointer auf die Leinwand zeichnet.

Ein unkonventioneller und gleichwohl interessanter Ansatz die Laserpunkterkennung bereits auf Hardwareebene zu untersttitzen, wird von den Franzosen J. B. de la Ri­viere und P. Guitton [Jean01] dokumentiert. Da hier ausschliefilich rote Laserpoin- ter zum Einsatz kommen, verwenden sie Graustufen-Kameras und versehen diese zusatzlich mit einem Rotfilter. Somit kann die Verarbeitung der Kamerabilder be- schleunigt werden, da zum einen die Graystufenbilder aufgrund der geringeren Grbfie ihres Speicherabbildes schneller verarbeitet werden kbnnen und zum anderen eine eventuelle Separation von Farbkanalen entfallt.

Die vorgestellten Beitrage zur Forschung um LPKS deuten bereits an, dass eine ef­fektive und effiziente Mensch-Computer-Interaktion auf der Basis von Laserpointern von zwei wesentlichen Faktoren abhangt:

1. Zum einen muss der Informationsfluss im Dialog zwischen Anwender und Com­puter moaglichst zuverlaassig und konsistent gewaahrleistet werden. Dazu zaahlt eine funktionierende Laserpunkterkennung, die rechentechnische Wiedererken- nung von Zeigehandlungen und natuarlich sinnvolle Ruackmeldungen an den An- wender in Form von einer oder mehreren Modalitaten (visuell, auditiv, taktil, siehe auch [Tors02]).

2. Zum anderen bedarf es einer ausgereiften Technik zur eigentlichen Interakti- on mit Bildschirminhalten. Die Herausforderung ist es, die Zeigehandlungen derart auf Befehle in Software umzusetzen, dass sich im Kontext des jeweils aktuellen Bildschirminhaltes ein fur den Menschen zielorientiertes, fehlerto- lerantes und flussiges Bedienerlebnis einstellt. Denkbar ist die Kombination spezieller Zeigehandlungen mit intelligenten graphischen Bedienelementen.

Wahrend die bisher prasentierten Forschungsunternehmungen zu LPKS sich vorran- gig dem ersten der beiden oben skizzierten Faktoren widmeten, beschaftigt sich das folgende Kapitel 2.3 mit speziellen stiftbasierten Eingabetechniken.

[...]


[1] WIMP steht fur Windows, Icons, Menus, Pointer

[2] Unter ,,Point & Click“ ist hier das Positionieren (,,Point“) des Mauszeigers und dem anschliefienden Auslosen einer Aktion durch einen Tastendruck (,,Click“) zu verstehen.

Ende der Leseprobe aus 134 Seiten

Details

Titel
Laserpointer-Kamera-System mit hoher Zeigeeffektivität und -effizienz
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Angewandte Informatik)
Note
1.3
Autor
Jahr
2005
Seiten
134
Katalognummer
V56013
ISBN (eBook)
9783638508193
ISBN (Buch)
9783638934848
Dateigröße
3107 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Laserpointer-Kamera-System, Zeigeeffektivität, HMI, laser pointer interaction, Zeigegenauigkeit, Zeigerbeschleunigung, Raumwinkel, Rektifizierung, Psychomotorische Belastung, Zeigegestenerkennung, Neurnales Netz, Lichtstift, Fitts’sches Gesetz, Dwell-Mechanismus, Multidirektionale Antick-Aufgabe, Durchsatz T P, Flow-Mechanismus, ISO-Norm 9241-9, Handzittern, Graphical user interface, alternative presen- tation control techniques, pen-based user interfaces, Fitts’ law, Laserpointer, OpenCV, Human factors in computing systems, Human on-line response to target expansion, pointing device performance, ISO 9241, Semantic poin- ting, Dynamische Zeitanpassung, laser pointer interaction technique, Mobile Devices for Control, pointing device for handheld information terminals, Mensch & Computer, Laserbasierte Interaktionstechnik für Projektionswände, Video Based Gesture Recognition for Human Computer Interaction, drag-and-drop on wall-size displays, Scott MacKenzie, pen gesture, Human-Computer Interaction, INTERACT, ACM Press, Proceedings of GI, Kalman Filter, Predictive Tracking, Shumin Zhai, Laser Pointers as Collaborative Pointing Devices, Utilisation de pointeurs laser pour l’interaction avec de grands ´ecrans, Multi-User Laser-Based Interaction on Large Tiled Displays, Intel OpenCV, Remote Pointing, Human factors in computing systems, Signalanalyse und -erkennung, Introduction to the Kalman Filter, crossing-based drawing, UIST, Collaboration with Group Pointer Interacti- on, Computer Graphics International, Tracking Multiple Laser Pointers, Pointers to Ponder, DoxyGen, Touch-typing, SIGCHI
Arbeit zitieren
Dipl. Ing. Mario Pilz (Autor:in), 2005, Laserpointer-Kamera-System mit hoher Zeigeeffektivität und -effizienz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56013

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