Die terroristischen Angriffe vom 11. September 2001 (9/11) auf das World Trade Center in New York und auf das Pentagon in Washington veränderten die Welt. Der Kampf gegen den Terrorismus ist Bestandteil der täglichen Nachrichten geworden und dennoch scheint die Gefahrenlage sich in den letzten Jahren nicht bedeutsam verbessert zu haben.
Ökonomen fürchten um die wirtschaftlichen Konsequenzen weiterer Anschläge signifikanten Ausmaßes und streben die Fragen zu beantworten, wer in Zukunft wie – und ob überhaupt – die Risiken und finanziellen Schäden am effektivsten tragen kann und sollte.
Ausdrücklich wurde nach den Ereignissen vom September 2001 von vielen staatliche Unterstützung als notwendig erachtet und insbesondere von der Versicherungsindustrie eingefordert. In einem – durchaus die Komplexität der Thematik widerspiegelnden – kontroversen Zeitraum bis November 2002 entwickelte die US-Legislative das Terrorism Risk Insurance Act (TRIA) als Teil eines nationalen Programms mit der Zielstellung „To ensure the continued financial capacity of insurers to provide coverage for risks from terrorism“ (US Congress). Durch ein befristetes staatliches Rückversicherungsmodell zum Wohle der amerikanischen Konsumenten und der Versicherungsindustrie sollte ein Transformationszeitraum ermöglicht werden, der einen adäquaten Umgang mit den durch Terrorismus hervorgerufenen Risiken nach Auslaufen des Gesetzes ermöglichen sollte.
Die vorliegende Arbeit beschreibt zunächst den US-amerikanischen Versicherungsmarkt vor und nach „9/11" und zeigt, in welcher Form der Gesetzgeber mit TRIA auf die festgestellte Marktsituation reagierte.
Der Hauptteil der Arbeit reflektiert anschließend die Problematik der Versicherung terroristischer Risiken. Sie diskutiert die Frage, ob der private Versicherungsmarkt für Terrorismusrisiken nach dem 11. September 2001 wirklich versagte und deshalb ein staatliches Eingreifen nötig machte.
Als Ursachen für und gegen staatliches Eingreifen werden
das Phänomen sich selbst erfüllender Prophezeiungen,
die (unterstellte) geringe Kapazität des privaten Versicherungs-Sektors,
das Problem des Pricing (also der Bestimmung der Höhe gerechtfertigter Versicherungsprämien),
das Samariter-Dilemma
und Fragen der Steuererhebung und der zeitlichen Diversifikation angesprochen,
um hieraus jeweils ableitend die Beweggründe für den Staatseingriff im Falle des TRIA zu eruieren und den Raum potentieller Alternativen aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Veränderung des Marktes für Versicherungen gegen Terrorismusrisiken
in den USA
2.1 Die Situation vor dem 11. September 2001
2.2 Die Situation nach dem 11. September 2001
2.3 Die Implementierung des Terrorism Risk Insurance Act 2002
3. Problematik der Versicherbarkeit von Terrorismusrisiken
3.1 Versagte der Markt nach dem 11. September 2001 wirklich?
3.2 Gründe für und gegen staatliches Eingreifen
3.2.1 Die sich selbst erfüllende Prophezeiung
3.2.2 Geringe Kapazität des privaten Sektors
3.2.3 Das Problem des Pricing
3.2.4 Das Samariter-Dilemma
3.2.5 Steuererhebung und zeitliche Diversifikation
4. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
1. Einleitung
Die terroristischen Angriffe vom 11. September 2001 (9/11) auf das World Trade Center in New York und auf das Pentagon in Washington veränderten die Welt nachhaltig. Der Kampf gegen den Terrorismus ist nahezu Bestandteil der täglichen Nachrichten geworden und dennoch scheint die Gefahrenlage sich in den letzten Jahren nicht bedeutsam verbessert zu haben auch wenn der US-amerikanische Präsident George W. Bush nicht müde wird, auf erreichte Fortschritte hin-zuweisen (vgl. Bush 2005).
Ökonomen fürchten insbesondere um die wirtschaftlichen Konsequenzen weiterer Anschläge signifikanten Ausmaßes und streben die Fragen zu beantworten, wer in Zukunft wie – und ob überhaupt – die Risiken und finanziellen Schäden am effektivsten tragen kann und sollte. Aus-drücklich wurde nach den Ereignissen vom September 2001 von vielen staatliche Unterstützung als notwendig erachtet und insbesondere von der Versicherungsindustrie eingefordert.
In einem – durchaus die Komplexität der Thematik widerspiegelnden – kontroversen Zeitraum bis November 2002 entwickelte die US-Legislative das Terrorism Risk Insurance Act (TRIA) als Teil eines nationalen Programms mit der Zielstellung „To ensure the continued financial capacity of insurers to provide coverage for risks from terrorism“ (US Congress 2002). Durch ein befristetes staatliches Rückversicherungsmodell zum Wohle der amerikanischen Konsumenten und der Versicherungsindustrie sollte ein Transformationszeitraum ermöglicht werden, der einen adäquaten Umgang mit den durch Terrorismus hervorgerufenen Risiken nach Auslaufen des Gesetzes ermöglichen sollte.
Die vorliegende Arbeit prüft die Fragen, die sich aus der Thematik ergeben und gliedert sich wie folgt:
Im zweiten – der Einleitung nachstehendem – Abschnitt schließt sich eine Darstellung des US-amerikanischen Versicherungsmarktes vor und nach 9/11 an und zeigt, in welcher Form der Gesetzgeber mit TRIA auf die festgestellte Marktsituation reagierte.
Der dritte Teil der Arbeit reflektiert sodann die Problematik der Versicherung terroristi-scher Risiken, um hieraus jeweils ableitend die Beweggründe für das staatliche Eingrei-fen in den privaten Versicherungsmarkt im Falle des TRIA zu eruieren.
Die Arbeit wird im finalen Abschnitt mit einer Zusammenfassung und Schlussbetrach-tung der Erkenntnisse schließen.
2. Veränderung des Marktes für Versicherungen gegen Terrorismusrisiken in den USA
Die Anschläge des 11. Septembers hatten gravierende Auswirkungen auf die amerikanische Versicherungswirtschaft im Speziellen sowie die gesamte Volkswirtschaft im Allgemeinen. Das Terrorism Risk Insurance Act (TRIA) wurde verabschiedet
„to establish a temporary Federal program that provides for a transparent system of shared public and private compensation for insured losses resulting from acts of terrorism, in order to—
(1) protect consumers by addressing market disruptions and ensure the continued widespread availability and affordability of property and casualty insurance for terrorism risk; and
(2) allow for a transitional period for the private markets to stabilize, resume pricing of such insurance, and build capacity to absorb any future losses, while preserving State insurance regulation and consumer protections” (US Congress 2002, Sec. 101 (b)).
Inwieweit die Maßnahmen dieses Gesetzes der Marktsituation entsprachen wird im Folgenden thematisiert.
2.1 Die Situation vor dem 11. September 2001
Historisch betrachtet waren die bei einzelnen Ereignissen verursachten Schäden in ihrer absolu-ten Höhe vor 9/11 relativ gering und die Schadensereignisse unkorreliert. Daher wurde ihrer bei der Preisfindung allgemeiner Policen nicht eigens gedacht, trotz der Erfahrungen des Anschlages auf das World Trade Center im Jahre 1993 mit einer Autobombe, welche 6 Tote forderte und 725 Millionen USD in versicherten Schäden verursachte, oder der Bombenexplosion in Oklahoma City 1995, die 168 Menschenleben forderte (vgl. Kunreuther et al. 2003, 3). Diese betrugen weniger als ein Vierzigstel der am 11. September 2001 verursachten versicherten Schäden, die sich nach aktuellen Schätzungen auf 32,5 Billionen USD kumulieren (vgl. Hubbard and Deal 2004, 12-15 und Schaad 2002, 3).
Terrorismusrisiken wurden in der Regel prämienfrei in den Standardversicherungsverträgen zur Deckung von Gewerbe-, Gewährleistungs- und einfacher Haushalts- oder Hausratsversiche-rungen eingebunden (vgl. Kunreuther and Michel-Kerjan 2005, 44) beziehungsweise solche Verträge enthielten keine expliziten Ausschlussklauseln.
Neben den bis dato verwindbaren Schadenshöhen ist diese Geschäftspolitik dadurch erklärbar, dass die Versicherer erwarteten, ein hypothetischer gewaltiger, terroristischer Anschlag hätte ausschließlich mit Unterstützung einer ausländischen Macht erfolgen können. Dieses hätte aber zumindest eine kriegsähnliche Handlung dargestellt. Die aus Kriegshandlungen und kriegs-
ähnlichen Operationen resultierenden Risiken sind in Versicherungspolicen jedoch seit der Zeit des Vietnamkrieges explizit ausgeschlossen. Obwohl Präsident Bush bereits am 20. Sep-tember 2001 feststellte, „[on] September the 11th, enemies of freedom committed an act of war against our country” (Bush 2001), musste die Versicherungsindustrie aus politischen Gründen nunmehr ex post 9/11 erkennen, dass dieser Weg praktisch öffentlich nicht gangbar war, und ver-zichtete daher darauf, sich auf die Ausschlussklauseln zu berufen (vgl. Brown et al. 2004, 868f).
Wenn die Versicherer in diesem Moment indessen den Staat als einen lender-of-last-resort in Anspruch zu nehmen und für die Zukunft (bei der nunmehr allgegenwärtigen Angst weiterer Anschläge) Beihilfen durch die Regierung zu erreichen beabsichtigten, konnten sie zudem nach den verheerenden Anschlägen rational nicht anders argumentierten, als dass derartige Risiken und Schadensausmaße, wie sie 9/11 darstellte, zuvor unvorhersehbar gewesen seien (vgl. Smetters 2005, 4-8), obgleich „the events of 11 September with their massive casualties of innocent people of all ages came as no surprise to those of us who study terrorism and warned of an ominous changing nature of transnational terrorism“ (Sandler and Enders 2002, 7).
2.2 Die Situation nach dem 11. September 2001
Verantwortlich für die versicherten Schäden zeigten sich nach den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon 150 Versicherer und Rückversicherer. Letztere wurden überdies durch weitere Ausfälle erheblich belastet, welche durch eine Reihe natürlicher Katastrophen (Erdbeben, Hurrikans) der vorausgegangenen Dekade sowie der eingesetzten Baisse am Kapital-markt verursacht wurden. In diesem Umfeld entschieden die Rückversicherer ihre Engagements bezüglich der Deckung von Terrorismusrisiken drastisch zu reduzieren oder ganz einzustellen, wodurch das Angebot an solchen Versicherungen stark zurückging.
Infolgedessen mussten die Erstversicherer nicht nur ihre aktuellen Engagements tragen, sondern standen desgleichen dem Problem gegenüber, keine hinreichende Deckung durch Rückversiche-rungen erhalten zu können für den Fall eines weiteren Anschlages. Daher warnten sie, ohne staat-liche Unterstützung könnte der private Versicherungssektor allein die Unsicherheiten, die mit weiteren großen Terrorattacken verbunden seien, nicht tragen. Diese würden irreparable Folgen haben. Da eine Versicherung durch die Erstversicherer nicht möglich schien, beantragten und erreichten diese bis Februar 2002 in 45 US-Bundesstaten die Genehmigung, Terrorismusrisiken ganz aus allen gewerblichen Versicherungsverträgen ausschließen zu können. (Vgl. Kunreuther and Michel-Kerjan 2005, 44-46 und GAO 2002, 3-7).
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- Arbeit zitieren
- Dipl.-Volkswirt Stephan Bartke (Autor:in), 2005, Versicherung gegen Terrorismus - Das Beispiel des US-amerikanischen Terrorism Risk Insurance Acts 2002, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56017
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