Koordinative Spiel- und Fahrformen im Kinderskiunterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung: Warum im Kinderskiunterricht Spielformen so wichtig sind

2. Übungssammlung
2.1. Spielformen zum Anhalten/ Bremsen:
2.2. Kurven fahren
2.3. Ausdrucksstarkes Fahren
2.4. Partnerübungen
2.5. Tanzkurs gefällig?
2.6. Fahren mit Terra-Band und Luftballon
2.7. Spezielle Koordinationsübungen
2.8. Action und Abenteuer

3. Übersicht des Anforderungsprofils der einzelnen Übungen

4. Literaturhinweise

5. Bildnachweis

1. Einleitung: Warum im Kinderskiunterricht Spielformen so wichtig sind

Während in vielen Sportarten die Schulung bzw. das Training von Kindern und Jugendlichen im Kern dem Erwachsenentraining entspricht (sieht man einmal von den zur Motivation und Auflockerung eingestreuten Spielformen ab), so unterscheiden sich im alpinen Skibereich Kinder- und Erwachsenenunterricht grundlegend voneinander. Wurden noch vor wenigen Jahrzehnten Kinder und Erwachsene in gemeinsamen Skikursen unterrichtet, findet man derartige Vermischungen heute kaum noch; nur wenige Skischulen erteilen ihren Gästen auf Anfrage Familienunterricht. Auch die Skilehrverbände der Alpenländer haben sich dieser Tendenz angepasst: Schon früh hat der Schweizer Ski- und Snowboardschulverband (SSSV) mit seinem „Snowli“ - Programm ein spezielles Angebot für Kinder geschaffen und als erstes Alpenland eine eigenständige Ausbildung zum „Kinderskilehrer“ angeboten. Auch der Deutsche Skilehrerverband (DSLV) bietet seinen Mitgliedern seit einigen Jahren eine Expertenschulung im Bereich Kinderskiunterricht und hat mit seinem Programm „Kids on Snow“ eine Marke geschaffen, mit der die Skischulen ihre jungen und jüngsten Gäste gezielt ansprechen können. Der kommerzielle Sektor des Skiunterrichts hat das Potential des Kinderskiunterrichts längst erkannt und zunehmend für sich erschlossen[1].

Worin liegt nun aber der Unterschied zwischen Kinder- und Erwachsenenskiunterricht? Erwachsenenskiunterricht findet größtenteils stark technikorientiert statt. Die Gäste erwarten vom Skilehrer konkrete Handlungsanweisungen und detailierte Bewegungsmuster, die sie befähigen, sich in der zunächst befremdlichen und gefährlich anmutenden Welt des Gleitens und Rutschens zurechtzufinden. Der prototypische Anfänger im Erwachsenenbereich hat demnach zunächst ein großes Bedürfnis nach Sicherheit.

Ganz anders verhält es sich beim Kinderskiunterricht: Das Skifahren kommt Kindern (ganz besonders bis zum 12./ 13. Lebensjahr) als neue Bewegungserfahrung entgegen und wird von ihnen meistens völlig angstfrei aufgenommen. Im Gegensatz zum Erwachsenen erlebt das Kind die Rutsch- und Gleitbewegungen des Skifahrens sehr schnell als völlig natürlich. An diesen Voraussetzungen muss sich guter Kinderskiunterricht orientieren: Anstatt die Kinder mit unnötigen Technikbeschreibungen in ihrem natürlichen Bewegungsumfang einzuschränken, sollte Kinderskiunterricht hauptsächlich induktiv erfolgen. Durch immer neue und gezielt ausgewählte Handlungsaufgaben lernen die Schüler, sich mit dem Ski zu bewegen, erarbeiten selbstständig Bewegungsmuster und Handlungsstrategien. Die Kinder erweitern ihre skifahrerischen Fähigkeiten nicht durch zunehmende Technikkenntnisse, sondern vielmehr durch steigenden koordinativen Anspruch der an sie gestellten Handlungsaufgaben.

Diese Arbeit möchte im Folgenden einige im Kinderskiunterricht bewährte Handlungsaufgaben vorstellen. Wie zuvor bereits erwähnt, beschäftigen sich auch die Skilehrverbände zunehmend mit der Thematik des Kinderskiunterrichts, doch besonders der DSLV lässt dabei Praxisnähe und konkrete Übungsvorschläge vermissen[2]. Diese Arbeit möchte daher versuchen, den Skilehrerinnen und Skilehrern einige Denkanstöße und Ideen mit auf den Skihang zu geben, mit denen sie ihren Skiunterricht bunter und vielseitiger gestalten können.

2. Übungssammlung

2.1. Spielformen zum Anhalten/ Bremsen:

Im Allgemeinen erlernen Kinder im Alter ab vier Jahren das Bremsen und Anhalten recht schnell. Die grundlegende Technik zur Kontrolle der Geschwindigkeit ist dabei der Schneepflug („Pizza - Ski“). Dennoch kommt es gerade im Kleinkinderbereich oft vor, dass die Kinder die Bremstechnik zwar verstanden haben und auch ausführen können, jedoch keinerlei Veranlassung dazu sehen und viel lieber den Hang gerade hinunter fahren und sich bei zu hoher Geschwindigkeit hin fallen lassen. Hier liegt es beim Skilehrer, die Kinder durch gezielt ausgewählte Spielformen erfahren zu lassen, dass Geschwindigkeitskontrolle beim Skifahren durchaus von Vorteil ist. Vier solcher Übungen sollen im Folgenden kurz erläutert werden.

(01) Gegenstände einsammeln

Auf der Piste werden gut greifbare, jedoch nicht allzu große Gegenstände verteilt, sehr gut eignen sich zum Beispiel kleinere Stoffkuscheltiere. Die Kinder haben nun die Aufgabe, den Hang hinunter zu fahren, rechtzeitig vor den Tieren zu bremsen, an den Tieren anzuhalten und diese mitzunehmen. Es ist darauf zu achten, dass die Kinder bei den Tieren wirklich anhalten und sie nicht während der Fahrt aufsammeln. Das Spiel kann variiert werden, indem die Tiere wieder ausgeteilt, in Gruppen sortiert oder an bestimmten Stellen abgelegt werden (mögliche Handlungsanweisungen: „Der Hase möchte jetzt gerne vom Baumstumpf an die Sprungschanze.“ oder „Das Krokodil möchte sich mit der Ente an der Wellenbahn treffen.“).

(02) Hütchenspiel

Auf der Piste werden Plastikpylone verkehrt herum in den Schnee gesteckt. Die Kinder bekommen kleine verschiedenfarbige Bälle oder andere Gegenstände, die sie während der Fahrt in die Pylone verteilen sollen. Sind alle Bälle verteilt, gibt es verschiedene Aufgaben: „Alle blauen Bälle kommen in das dritte Hütchen.“ oder „Im ersten Hütchen soll nur ein Ball liegen, im zweiten zwei usw..“. Die Kinder müssen so immer wieder an den Pylonen anhalten.

(03) Grenzüberquerung

Der Skilehrer positioniert sich mit einer Schaumstoffnudel (bekannt aus dem Schwimmsportunterricht) in der Mitte der Piste und hält die Nudel als Schranke neben dem Körper. Die Kinder fahren nun bis zur Schranke nach unten, halten an und nennen ihren Namen, ihr Reiseziel, zahlen Zoll o.Ä.. Anschließend wird die Schranke geöffnet und die Kinder dürfen passieren.

(04) Verkehrspolizist

Bei dieser Spielform erlernen die Schüler das möglichst schnelle Anhalten. Der Skilehrer spielt den Verkehrspolizisten und vereinbart mit den Kindern zunächst folgende Zeichen: Hält er die Arme nach unten am Körper, dürfen die Kinder fahren; hebt er eine Hand nach oben, müssen alle schnellstmöglich zum Stehen kommen. Der Skilehrer fährt während des Spiels rückwärts vor den Kindern den Hang hinunter, damit er alle Schüler im Blick hat und zugleich von allen gut gesehen werden kann.

2.2. Kurven fahren

(05) Slalom

Vor allem jüngere Kinder können dem Kurvenfahren zunächst nicht viel Freude abgewinnen, macht es doch viel mehr Spaß, die Skipiste möglichst schnell und gradlinig nach unten zu fahren. Auch hier bedarf es daher besonderer Motivation. Eine Möglichkeit ist der Aufbau einer kleinen Slalomstrecke. Hierzu können Fähnchen, Pylone, Kuscheltiere oder andere Gegenstände genutzt werden. Der Slalom sollte anfangs nicht zu eng gesteckt werden und auch nur Kurven mit kleinen Winkeln fordern. Später bietet ein Slalom verschiedene Variationsmöglichkeiten: Unterschiedlich enge Tore, verschiedenartige Radien und natürlich auch ein kleiner Slalomwettkampf mit Zeitnahme bringen Abwechslung.

(06) Straßenbahn

Beim Straßenbahn-Spiel können die Kinder ihre Kurven nicht individuell selbst bestimmen, sondern müssen sich den vorgefahrenen Kurven des Skilehrers anpassen. Dazu übernimmt der Skilehrer die Funktion des Schienenspurgerätes und fährt vor den Kindern den Hang nach unten. Die Kinder sind Straßenbahnführer und folgen dem Skilehrer in dichter Reihenfolge. Dabei darf kein Kind die Spur des Skilehrers (das Gleis) verlassen. Den Schülern bereitet es besonderen Spaß, wenn sie selbst einmal die Funktion des Schienenspurgerätes übernehmen und vor der gesamten Gruppe herfahren können.

(07) Verkehrspolizist

Es handelt sich bei diesem Spiel um eine Erweiterung des unter (04) aufgeführten Spiels. Der Skilehrer fährt nun nicht mehr vor den Schülern nach unten, sondern positioniert sich mit Blick zur Gruppe etwa zwanzig Meter unterhalb seiner Schüler. Zusätzlich zum Anhalten und Weiterfahren zeigt er nun mit Armbewegungen nach rechts und links auch noch die Richtung an, in die die Kinder fahren sollen. Das Spiel kann erweitert werden, indem einige der Kinder ebenfalls die Rolle des Verkehrspolizisten übernehmen. Alle Polizisten stehen dann im Abstand von etwa 30 Metern auf dem Hang. Die abfahrenden Schüler befolgen jeweils die Handzeichen des am nächsten vor ihnen befindlichen Polizisten.

2.3. Ausdrucksstarkes Fahren

(08) Zoo

Die Schüler imitieren beim Skifahren Tiere: Sie flattern wie ein Vogel mit den Armen, springen wie ein Känguru, machen sich groß wie eine Giraffe oder klein wie eine Maus. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt.

(09) Flugzeug

Die Gruppe unternimmt zusammen eine Flugreise. Jedes der Kinder ist ein Flugzeug mit zwei Flügeln (Arme), die Kinder können sich selbst aussuchen, ob sie ein großes Passagierflugzeug, ein Kampfjet, ein Gleitflugzeug o.Ä. sein möchten. Die Flugzeuge fliegen

[...]


[1] Um die Bedeutung des Kindes als Skigast zu zeigen, sei auf den Saisonbericht 2002/ 03 der Schweizer Schneesportschule Brigels-Waltensburg-Andiast (Graubünden) verwiesen: Von ca. 18.200 Halbtagslektionen fielen 79% auf den Kinderskiunterricht, damit trägt der Kindersektor fast 70% zum Gesamtumsatz bei.

[2] Diese Lücke versuchte der DSLV zuletzt mit der kleinen, aber leider sowohl quantitativ als auch qualitativ unzureichenden Publikation „Skiunterricht: Spiele im Schnee“ (Leoprello) zu schließen.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Koordinative Spiel- und Fahrformen im Kinderskiunterricht
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Sportwissenschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
24
Katalognummer
V56029
ISBN (eBook)
9783638508353
ISBN (Buch)
9783638664318
Dateigröße
942 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit ist ein Arbeitsmaterial für den Praxisalltag von SkilehrerInnen. Mit zahlreichen Farbfotos unterlegt beschreibt sie Spiel- und Fahrformen, angefangen vom Ausdrucksstarken Fahren über Tanzen bis hin zum Fahren mit Terra-Band und Luftballon, die sich im Kinderskiunterricht bewährt haben. Der Autor ist Skilehrer im Deutschen Skilehrerverband und im Schweizerischen Ski- und Snowboardschulenverband und unterrichtet an der Uni Jena im Bereich Ski Alpin. Für Fragen: jensjunek@web.de
Schlagworte
Koordinative, Spiel-, Fahrformen, Kinderskiunterricht
Arbeit zitieren
Jens Junek (Autor:in), 2006, Koordinative Spiel- und Fahrformen im Kinderskiunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56029

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