Die Vermittlung medizinischen Wissens im Mittelalter erschließt sich einem in ungemein vielfältiger Form, und zwar gleichermaßen textsortenspezifisch als auch thematisch. So sind uns bereits seit althochdeutscher Zeit entsprechende Belege in Form von Arzneibüchern, Rezeptsammlungen und Traktaten überliefert. In einem Großteil höfischer Literatur lässt sich die Rezeption dieses Wissens bei der Behandlung von Krankheit und Leiden wieder erkennen. So ist der arme Heinrich in Hartmann von Aues gleichnamiger Versnovelle mit Aussatz behaftet und erhofft sich vom Wissen der Ärzte im berühmten Salerno Heilung. Auch im Eneasroman des Heinrich von Veldeke wird Eneas im Kampf von einem vergifteten Pfeil am Arm verletzt. Die Eisenspitze bleibt im Knochen stecken und lässt den Arm anschwellen. Erst ein herbeigerufener kundiger Arzt entfernt mittels einer Zange den vergifteten Splitter und behandelt die Wunde mit Theriak und Diptam. Im Iwein des Hartmann von Aue wird der gleichnamige Held von der melancholia ergriffen und - wahnsinnig und schwarz am ganzen Körper - nur durch Anwendung einer Zaubersalbe geheilt.
Im Folgenden soll anhand zwei der bekanntesten Werke der höfischen Literatur - Wolfram von Eschenbachs Parzival und Gottfried von Straßburgs Tristan - sowohl Verletzung und Leiden der jeweiligen Protagonisten dargestellt als auch die unternommenen Heilungsversuche vor dem Hintergrund der damaligen medizinischen Wissensrezeption beleuchtet werden. Zu Beginn zeichnet ein historischer Abriss die Entwicklung der Medizingeschichte von der Antike bis zum Spätmittelalter nach. Besondere Berücksichtigung findet in diesem Zusammenhang die Überlieferung antiker Traditionen, wobei das Augenmerk besonders auf das Wirken von Hippokrates und Galen gelegt wird. Nach einem kurzen Überblick über die im Mittelalter vorherrschenden Erklärungen zur Krankheitsentstehung werden die in den beiden Werken behandelten Verwundungen und Krankheiten anhand von Textbeispielen ausführlich dargestellt. Es folgt eine nähere Beschreibung hinsichtlich der Differenzierung der angewandten Heilungsversuche und Therapien. Im weiteren Verlauf werden die in den beiden Werken eingesetzten Heilmittel und Methoden detaillierter betrachtet und im Anschluss daran die Quellen der geschilderten Heilungsversuche dargelegt. Abschließend sollen in Bezug auf die Darstellung medizinischer Sachverhalte Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den beiden Werken aufgezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Entwicklung der Medizingeschichte von der Antike bis zum Spätmittelalter
- Erklärungsansätze zur Krankheitsgenese im Mittelalter
- Darstellung von Krankheit und Leiden in höfischer Literatur
- Im Parzival: Anfortas' Siechtum und Urjahns Verletzung
- Im Tristan: Tristans Verwundung
- Art der Heilungsversuche
- Im Parzival
- Im Tristan
- Charakterisierung der eingesetzten Heilmittel und Methoden
- Im Parzival
- Schlangengifte
- Wasser der Paradiesflüsse
- Zweig der Sibylle
- Pelikanblut
- Herz und Karfunkelstein des Einhorns
- trachontê
- Nardensalbe
- Theriak
- Giftspeer
- Gewürze und Dufthölzer
- Bettlager
- Im Tristan
- Einstich in den Brustraum
- Wundsegen
- Aderlass
- Im Parzival
- Die Quellen der beschriebenen Heilungsversuche
- Der Lucidarius
- Die Physica der Hildegard von Bingen
- Das Circa instans
- Die Chirurgia des Abu l'Quasim
- Aderlassregeln
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Heilwissen in der höfischen Epik anhand von Wolfram von Eschenbachs Parzival und Gottfried von Straßburgs Tristan. Sie verfolgt das Ziel, die medizinischen Kenntnisse und Heilpraktiken des Mittelalters im Kontext der höfischen Literatur aufzuzeigen und zu analysieren, wie diese in den beiden Werken umgesetzt werden.
- Entwicklung der Medizingeschichte von der Antike bis zum Spätmittelalter
- Erklärungsansätze zur Krankheitsgenese im Mittelalter
- Darstellung von Krankheit und Leiden in höfischer Literatur
- Analyse der Heilungsversuche und der eingesetzten Heilmittel
- Bedeutung medizinischer Quellen für die Darstellung von Heilwissen in den beiden Werken
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und skizziert den Forschungsstand zur Darstellung von Heilwissen in höfischer Literatur. Das erste Kapitel zeichnet einen historischen Abriss der Medizingeschichte von der Antike bis zum Spätmittelalter nach, mit besonderer Betonung auf die Werke von Hippokrates und Galen. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Erklärungsansätze zur Krankheitsentstehung im Mittelalter vorgestellt. Das dritte Kapitel analysiert die Darstellung von Krankheit und Leiden in den beiden Werken Parzival und Tristan anhand von Textbeispielen. Das vierte Kapitel befasst sich mit den Heilungsversuchen, die in den beiden Werken beschrieben werden, und untersucht die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der angewandten Therapien. Im fünften Kapitel werden die in den beiden Werken eingesetzten Heilmittel und Methoden detailliert betrachtet. Das sechste Kapitel beleuchtet die Quellen der beschriebenen Heilungsversuche, darunter der Lucidarius, die Physica der Hildegard von Bingen, das Circa instans, die Chirurgia des Abu l'Quasim und Aderlassregeln.
Schlüsselwörter
Höfische Epik, Mittelalter, Medizingeschichte, Heilwissen, Parzival, Wolfram von Eschenbach, Tristan, Gottfried von Straßburg, Krankheit, Leiden, Heilung, Heilmittel, Methoden, Quellen.
- Citation du texte
- Stefanie Vauteck (Auteur), 2005, Die Darstellung von Heilwissen in höfischer Epik an Beispielen: "Parzival" und "Tristan", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56207