Rezeption des Aufsatzes "Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorien" von Ulrich Menzel


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Klärung zentraler Begriffe
2.1 Der Begriff der Entwicklungstheorie
2.2 Der Begriff der Entwicklung
2.3 Der Begriff der Unterentwicklung

3. Das Scheitern der „großen Theorie“
3.1 Ausgangspunkt der Diskussion
3.1.1 Die politische und wirtschaftliche Differenzierung der Dritten Welt
3.1.2 Auflösen des einheitlichen Interessengegensatzes zwischen Erster und Dritter Welt
3.1.3 Revisionsbedürftigkeit des Zentrum- Peripherie- Modells
3.1.4 Die richtige Strategie- weltmarktintegrativ oder binnenmarktorientiert?

4. Aufstieg und Niedergang der großen Theorien
4.1 Wandel der Entwicklungstheorien im 20. Jahrhundert
4.1.1 Modernisierungstheorien
4.1.2 Das Scheitern der Modernisierungstheorie
4.1.3 Dependenztheorie
4.1.4 Das Scheitern der Dependenztheorie

5. Das Ende der Entwicklungstheorien

6. Das Ende der Einen Welt und die Unzulänglichkeiten der kleinen Theorien

7. Warum wir Entwicklungstheorien brauchen
7.1 Entwicklungstheorien für die „nachhaltige Entwicklung“
7.2 Kultur als Entwicklungsthema
7.3 Ungleiche Entwicklung als Begründung für Entwicklungstheorien

8. Fazit

Bibliographie und Webliographie

1. Einleitung

Prof. Dr. Ulrich Menzel[1] hat 1992 mit seinem Aufsatz Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorie (Menzel, 1992) seine Aussagen von 1983, die er in Der Differenzierungsprozess in der Dritten Welt und seine Konsequenzen für den Nord- Süd- Konflikt und die Entwicklungstheorie (Menzel, 1983) tätigte, radikalisiert und damit eine entwicklungstheoretische Debatte ausgelöst. Es gibt wohl kaum einen bedeutenden Entwicklungstheoretiker der sich in der nachfolgenden Zeit nicht zu Menzels aufgestellten Thesen geäußert hat. In der Zeitschrift der Deutschen Stiftung für internationale Zusammenarbeit (DSE), „Entwicklung und Zusammenarbeit“ (E + Z), sind zwischen 1995 und 1999 viele dieser (kritischen) Äußerungen in Form von fast 30 Artikel erschienen. Mit dem Buch Neue Ansätze zur Entwicklungstheorie (Thiel, 2001) ist 2001 die zweite Auflage einer Zusammenfassung dieser Artikel auf den Markt gekommen. In diesem Zusammenhang meldet sich Menzel eines drittes Mal zu Wort und geht noch einen Schritt weiter, indem er nun über Das Ende der Einen Welt und die Unzulänglichkeiten der kleinen Theorien (Menzel, 2001) schreibt.

Im ersten Aufsatz Zur Neubewertung der Entwicklungstheorie (Thiel, 2001) des besagten Buches stellt Reinold Thiel, mit Bezug auf Menzel, folgende Frage: Wenn also die große Theorie gescheitert war, wie sollte es mit dem Nachdenken über Entwicklung und die Dritte Welt weitergehen (Thiel, 2001, S. 9)? Diese Frage wird in der o. g. gebundenen Fassung aus den verschiedensten Perspektiven durch die verschiedensten Autoren der unterschiedlichsten entwicklungstheoretischen Herkunft diskutiert. Wirtschaftswissenschaftler, Politologen ja sogar Ethnologen melden sich zu Wort um ihre Meinung bezüglich des Scheiterns der „großen Theorie“ kundzutun.

Das Ziel dieser Arbeit wird es nun sein, den gedanklichen Werdegang Ulrich Menzels in den vergangenen 20 Jahren nachzuvollziehen. Wie kommt die Entwicklung, von den Aussagen über einen Differenzierungsprozess in der Dritten Welt bis hin zur These, dass Entwicklungstheorien gänzlich versagt hätten, zustande? Aus diesem gedanklichen Werdegang sollen Schlüsse für die Zukunft der Entwicklungstheorie gezogen werden.

Hierzu bedarf es einleitend einer Klärung einiger zentraler Begriffe. Was meinen Begriffe wie Entwicklung und Entwicklungstheorie und welchen Anspruch erheben sie im Bezug auf die Überwindung der Armut der Dritten Welt? Im zweiten Teil wird näher auf Menzels Thesen eingegangen und damit einhergehend auf die beiden großen Entwicklungstheorien- die Modernisierungs- und die Dependenztheorie-, auf die er sich bezieht und die er als Paradebeispiele der gescheiterten „großen Theorie“ anführt. Was verleitet Menzel zu seinen Thesen und wie kommt es zu der Radikalisierung seiner Aussagen? Abschließend sollen einige Überlegungen zur Zukunft der Entwicklungstheorie angestellt werden, die auf ausgewählten Artikeln einiger Autoren des o. g. Buches basieren.

2. Klärung zentraler Begriffe

Menzels Kritik richtet sich gegen die „große Theorie“. Gemeint ist damit in diesem Zusammenhang die Entwicklungstheorie. Der Begriff (Entwicklungstheorie) umfasst eine größere Zahl von Theorien mit unterschiedlichen Gegenstandsbereichen (Mürle, 1997, S. 4). Ein divergierendes Theorieverständnis kann zu Unstimmigkeiten führen, weshalb eine Klärung dieses zentralen Begriffs im Vorhinein sinnvoll ist. Vergleichsweise hier auch Menzels Verständnis von Entwicklungstheorie: „Ich verstehe unter Entwicklungstheorie Aussagen, mit deren Hilfe ... begründet wird, warum es in den Industriegesellschaften Westeuropas, Nordamerikas und Ostasiens zu Wirtschaftswachstum, Industrialisierung, sozialer Differenzierung und Mobilisierung, mentalem Wandel, Demokratisierung und Umverteilung gekommen ist (diese Prozesse nennt man Entwicklung) bzw. warum in den übrigen Teilen der Welt diese Prozesse ausbleiben, nur unvollständig realisiert werden oder lediglich eine Karikatur dieser Prozesse zu beobachten ist.“ (Mürle, 1997, S. 5)

2.1 Der Begriff der Entwicklungstheorie

Entwicklungstheorien sind in erster Linie Theorien über die Ursachen von Unterentwicklung (Nohlen, LDW 1984, S. 171). Die wissenschaftliche Disziplin betreibt eine Analyse der Probleme von Volkswirtschaften (insbesondere) der Entwicklungsländer. Ihre Hauptaufgabe ist es, den Entwicklungsstand eines Landes oder einer Region über Entwicklungsindikatoren zu messen. Dadurch sollen Rückschlüsse auf die tatsächliche Entwicklung ermöglicht werden. Vor diesem Hintergrund werden Entwicklungsstrategien formuliert, die dem Erreichen von Entwicklungszielen dienlich sein sollen (Hemmer, 1988, S. 93).

Entwicklungstheorien können gänzlich unterschiedlichen Inhalts sein und von völlig verschiedenen Bedingungen ausgehen. Welche Theorie im Bereich der Armutsbekämpfung und der Überwindung der Unterentwicklung jedoch die Richtige ist, also den größten Erfolg verspricht, lässt sich, im Gegensatz zu den naturwissenschaftlichen Theorien, nicht sagen. Zwar impliziert der Begriff „Theorie“ einen globalen Gültigkeitsanspruch, jedoch bedingen Theorien gleiche Voraussetzungen, welche innerhalb der Entwicklungsdisziplin nicht gegeben sind- um nur einige Beispiele zu nennen: es existieren geographische, demographische, klimatische, kulturelle etc. Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern der Dritten Welt.

Die hier zu diskutierenden Entwicklungsparadigmen- Modernisierungs- und Dependenztheorie- erheben beide einen universellen Anspruch, missachten jedoch beide grundlegende Faktoren, wie beispielsweise die historischen Zusammenhänge. Ob dies Gründe für ihr Scheitern sind, muss vorerst offen bleiben.

2.2 Der Begriff der Entwicklung

Der Gegenstand der Entwicklungstheorie ist die Entwicklung. Entwicklung ist ein in den verschiedensten Zusammenhängen verwendeter, entsprechend vieldeutiger, definitorisch kaum exakt fassbarer (...) Begriff (Nohlen, HDW, 1982, S. 48). Dies mag daran liegen, dass kaum eine Disziplin den Begriff nicht für sich beansprucht, sei es im biologischen, kulturellen, religiösen oder wirtschaftlichen Bereich. Die Frage- was Entwicklung (im entwicklungstheoretischen Sinne) bedeutet- wurde häufig gestellt und niemals befriedigend beantwortet, so Menzel (1992, S. 49). Es gibt bis heute keine allgemein gültige Definition des Begriffs, die alle relevanten Aspekte erfasst. Die Problematik liegt in der Abhängigkeit von Raum und Zeit und von individuellen und kollektiven Wertvorstellungen (Nohlen, LDW, 1984, S. 171).

Entwicklung unterliegt außerdem dem historischen Wandel (Nohlen, LDW, 1984, S. 171). Durch diese Tatsache ist die Erarbeitung von Entwicklungstheorien, die als Basis für langfristige Entwicklungsstrategien gelten können, nur schwer möglich. Es ist jedoch nicht nur im historischen Wandel die Definitionsproblematik zu sehen, sondern auch im Pluralismus der Theorien. Entwicklungstheorien unterschiedlicher „Herkunft“ stellen unterschiedliche Ansprüche an den Entwicklungsbegriff. Dabei geht es weniger um das was, als um das wie. Entwicklung bedeutet i. w. S. ein Prozess der Entstehung oder Veränderung einer Situation, in diesem Falle die wirtschaftliche Entwicklung eines Dritte- Welt Landes. Wie diese Entwicklung jedoch bewerkstelligt werden soll, darüber wird seit Jahrzehnten gestritten.

Um für diese Arbeit einen Leitfaden zu haben, soll hier eine Definition genannt werden: Entwicklung ist die eigenständige Entfaltung der Produktivkräfte zur Versorgung der gesamten Gesellschaft mit lebensnotwendigen materiellen sowie lebenswerten kulturellen Gütern und Dienstleistungen im Rahmen einer sozialen und politischen Ordnung, die allen Gesellschaftsmitgliedern Chancengleichheit gewährt, sie an politischen Entscheidungen mitwirken und am gemeinsam erarbeiteten Wohlstand teilhaben lässt. (Nohlen/ Nuscheler, HDW, 1982, S. 49)

[...]


[1] http://www-public.tu-bs.de:8080/~umenzel/inhalt/biografie.html, zuletzt abgerufen am 29.02.2004.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Rezeption des Aufsatzes "Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorien" von Ulrich Menzel
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Zur Ethik von Global Governance
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
19
Katalognummer
V56219
ISBN (eBook)
9783638509671
ISBN (Buch)
9783656805342
Dateigröße
552 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rezeption, Aufsatzes, Ende, Dritten, Welt, Scheitern, Theorien, Ulrich, Menzel, Ethik, Global, Governance
Arbeit zitieren
Martina Janssen (Autor:in), 2004, Rezeption des Aufsatzes "Das Ende der Dritten Welt und das Scheitern der großen Theorien" von Ulrich Menzel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56219

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