Vorbereitung auf einen Arbeitsaufenthalt in Frankreich durch ,,Reiseliteratur"?


Seminararbeit, 2001

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Hauptteil
II. 1. Sprache
II. 1.1. Die Bedeutung und Funktion der Sprache in Deutschland und Frankreich
II. 1.2. Der Umgang mit Informationen
II. 1.3. Die Funktion der Sprache im Geschäftsleben
II. 2. Zeit
II. 2.1. Die Einstellung zur Zeit
II. 2.1. Der Umgang mit der Zeit
II. 2.3. Die Bedeutung der Zeit im Berufsleben

III. Schlusswort

IV. Literatur

I. Einleitung

In meiner Hausarbeit im Rahmen des Proseminars ,,Interkulturelle Kommunikation in der Arbeitswelt" habe ich versucht, herauszufinden, inwiefern sogenannte ,,Reiseliteratur" über Frankreich dazu dienen kann, deutsche Mitarbeiter angemessen auf einen Arbeitsaufenthalt in Frankreich vorzubereiten. ,,Angemessen" würde bedeuten, dass die Hauptunterschiede zwischen der deutschen und der französischen Kultur, die besonders in der Berufswelt von entscheidender Bedeutung sein können, in der Reiseliteratur nicht nur angesprochen, sondern differenziert dargestellt werden. Sicherlich sind diese Unterschiede nicht so gravierend und so auffällig wie beispielsweise die Unterschiede zwischen Deutschland und den asiatischen Kulturen, doch gerade die Feinheiten in den Denk- und Verhaltensweisen sind es, die darüber entscheiden, ob die Verständigung zwischen Deutschen und Franzosen klappt oder nicht. Nicht die Unterschiede an sich, sondern das fehlende Bewusstsein für mögliche Verschiedenheiten, kann hierbei zu Missverständnissen führen.

Bei meiner Untersuchung bin ich in zwei Schritten vorgegangen. Zunächst habe ich versucht, die wesentlichen kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich auf der Grundlage von Sekundärliteratur herauszuarbeiten. Selbstverständlich sind die Denk- und Verhaltensweisen, die jeweils einer der beiden Kulturen zugeordnet wurden, nicht übertragbar auf alle Mitglieder der jeweiligen Kultur, es ging hierbei lediglich um die Feststellung von Tendenzen. Dabei bin ich auf die hierfür relevanten kulturellen Dimensionen des Anthropologen Edward T. Hall, Zeit und Kontext, eingegangen.

Der zweite Schritt bestand darin, dass ich vor diesen Hintergrund entsprechende Reiseliteratur über Frankreich untersucht habe. Es ging dabei nicht darum, die Bücher an sich in Frage zu stellen. Ziel war es vielmehr, herauszufinden, inwieweit der Inhalt dieser Literatur mit der zuvor erarbeiteten theoretischen Grundlage übereinstimmt, und inwieweit diese demnach geeignet ist, einem Mitarbeiter aus der deutschen Kultur den Einstieg in die französische Lebensweise und Arbeitswelt zu erleichtern.

II. 1. Sprache

II. 1.1. Die Bedeutung und Funktion der Sprache in Deutschland und Frankreich

Man kann durchaus behaupten, dass in Frankreich die Sprache an sich eine größere Rolle spielt als in Deutschland. Dies hat vorwiegend geschichtliche Gründe. Denn einst war Französisch die Sprache, die an den Höfen Europas gesprochen wurde. Darüber hinaus war sie die Sprache der Diplomatie. Während seiner Zeit als Kolonialmacht verlangte Frankreich von seinen Kolonialverwaltern, Französisch zu lernen und bestand außerdem darauf, dass der Unterricht in allen Kolonialschulen in Französisch abgehalten wird. Auch heute ist und bleibt für die Franzosen ihr eigenes Land das Zentrum der Macht. Warum also sollten sie eine Fremdsprache lernen? (s. Hall, S. 94 )

Die große Bedeutung, die der Sprache in Frankreich zugemessen wird, hat jedoch nicht nur mit dem Gefühl der Macht zu tun. Es verbirgt sich mehr dahinter, denn ,,mehr als irgendein Volk drückt Frankreich sein Wesen in seiner Sprache aus. Französisch ist die Sprache der Diplomaten und Inbegriff für kultivierte Lebensart. Gehobene Schichten ganzer Völker haben sich des Französischen befleißigt. Der Umgang mit Menschen und mit menschlicher Kultur geht in Französisch feiner, eleganter und unverbindlicher vonstatten als in einer anderen Sprache." (Herterich, S. 28, 1984)

Frankreich identifiziert sich demnach über seine Sprache, die gleichbedeutend ist mit seiner Kultur. Die Verteidigung des Kulturguts Sprache vor fremdsprachlichen Einflüssen, besonders des Englischen, wird besonders hier großgeschrieben: ,,Bezeichnend für Frankreich sind die Aktivitäten der neben der bekannten "Académie Francaise" existierenden Vielzahl von Sprachorganisationen, denen die Sorge um die französische Sprache übertragen wird. So gehört ebenfalls die Sprachförderung des Französischen im Ausland zu einer wichtigen Aufgabe französicher Staatspolitik." (Litters, S. 58, 1995)

In drei der ausgewählten Bücher über Frankreich wird sowohl gesagt, welche Bedeutung die Sprache für die Franzosen hat, als auch erklärt, welche Gründe das hat. So schreibt Josef Ebner in Frankreich, mon amour:,,Die Sprache gilt als der eigentliche Träger der Kultur; (...) Sie ist Garant und Beleg für die Zugehörigkeit zur Nation (...) und gleichzeitig das Band, das alle die eint, die zusammen die ,,weltumspannende" Frankophonie bilden. " (Ebner, 1999, S.217)

Auch in Kulturschlüssel Frankreich von Evelyn Passet wird der Zusammenhang zwischen Sprache und Nationalbewusstsein aufgegriffen: ,,In Frankreich stiftet die Sprache mindestens so stark nationale Identität wie die Revolution von 1789, (...). Französisch ist die Sprache, mit deren Hilfe Frankreich geeint wurde. Dies gilt sowohl für die Ausbreitung der Macht, als auch für die Verbreitung der Ideen von Rationalismus und Humanismus." (Passet, 1999, S.47/48)

Ulrich Wickert bringt das Verhältnis der Franzosen zu ihrer Sprache in Frankreich - die wunderbare Illusion auf den Punkt, indem er erklärt, warum sie eine gewisse Scheu vor Fremdsprachen haben: ,,Die Sprache spielt in Frankreich eine eigene Rolle.

Sie ist ein bewusster Teil der kulturellen Identität, während sie für die Englisch oder Deutsch sprechende Welt - außerhalb des literarischen Rahmens - eher als Instrument der Wissensvermittlung dient. Die Identität fürchtet der Franzose unbewusst aufzugeben, wenn er in eine andere Sprache wechselt, während der Deutsche in einer Fremdsprache nur die Möglichkeit sieht, die Kommunikation fortzusetzen." (Wickert, 2000, S.369)

In Die Franzosen pauschal von Nick Yapp und Michel Syrett wird lediglich gesagt, dass ,,ihre Muttersprache die Franzosen untereinander verbindet". Diese Aussage trifft jedoch, wenn man es so allgemein formuliert, auf viele Völker zu und gibt deshalb das Verhältnis der Franzosen zu ihrer Sprache nur unzureichend wieder. (s. Yapp/Syrett, 1997, S. 121)

Ein weiterer wichtiger Aspekt, auf den die Autoren Wickert und Passet eingehen, sollte an dieser Stelle ebenso genannt werden. In Frankreich ist die Sprache, wie bereits gesagt wurde, eng verbunden mit der nationalen Identität. Die Haltung gegenüber Ausländern hängt in hohem Maße davon ab, wie gut diese die französische Sprache beherrschen.

Passet formuliert es so: ,,Beherrschen sie die Sprache halbwegs, so eröffnen sich einige Chancen. Doch als vollwertigen Menschen werden die Franzosen sie erst akzeptieren, wenn Sie sich nicht nur fehlerlos, sondern auch akzentfrei ihrer Sprache bedienen." (Passet, S.57) Laut Wickert habe jemand, der die Sprache nicht beherrsche, kein Anrecht, in die kulturelle Gemeinschaft aufgenommen zu werden. In Frankreich habe jemand, der die Landessprache nur gebrochen spreche, geringere Chancen, auf Verständnis als in Deutschland oder in den USA. Beherrsche er sie aber perfekt, so wären Klassen- und Rassenschranken kein Hindernis mehr. (s. Wickert, S. 371)

Es geht ganz klar hieraus hervor, dass jemand, der auf längere Zeit in Frankreich leben und arbeiten möchte, sich nicht auf seine Englischkenntnisse verlassen sollte, sondern sich auch intensiv mit der französischen Sprache und dem in Frankreich üblichen Kommunikationsstil befassen sollte.

Bemerkenswert und für Deutsche oft schwer zu verstehen an der Funktion der Sprache in Frankreich ist darüber hinaus dies: ,,Sprache ist Selbstzweck, Konversationsgegenstand, Ausdruck der Höflichkeit, Beweis des Bildungsniveaus. Oft entfernt sich das gesprochene Wort von dem Tatbestand, den es ausdrücken soll." (Herterich, S. 28)

Dies ist meiner Ansicht nach ein ganz wichtiger Aspekt: Die Sprache spiegelt

in Frankreich nicht nur Macht, Kultur und Bildung wider, sie hat auch eine Daseinsberechtigung, wenn sie keine Informationen vermittelt. Darin unterscheidet sich die Aufgabe der Sprache in Frankreich erheblich von der, die sie in Deutschland zu erfüllen hat. Generell kann man sagen, dass Deutsche mehr Informationen bereitstellen, als die meisten Menschen aus anderen Kulturen für nötig halten. Besonders die Franzosen ärgern sich häufig über diese Informationsdichte und fühlen sich dadurch herabgesetzt. ,,Meinen die etwa, wir hätten keine Ahnung?" hört man oft als Reaktion auf die ausführlichen Erläuterungen der Deutschen. (s. Hall, S. 49/ 50)

Die unterschiedliche Verwendung von Informationen in der deutschen und in der Französischen Sprache ist also ein Punkt, auf den näher eingegangen werden muss.

II. 1.2. Der Umgang mit Informationen

Dem Anthropologen Edward T. Hall zufolge können Kulturen tendenziell zwei Kommunikationsstilen zugeordnet werden. Es handelt sich dabei um den low-context- und den high-context- Stil.

Bei dem ersten werden Informationen vorwiegend explizit, d. h. auf direkte Art und Weise vermittelt. Typisch für den Kommunikationsstil des low context ist eine starke Fixierung auf detaillierte Informationen und ein besonders hoher Bedarf an Erklärungen. Oftmals wird die mündliche Kommunikation durch schriftliche Dokumentationen wie z.B. Protokolle, Aktennotizen oder Gebrauchsanweisungen verstärkt.

Bei dem high-context-Stil werden Informationen hauptsächlich implizit, d. h. durch Andeutungen weitergegeben. Auffällig ist hierbei die starke Orientierung an Gesamtzusammenhängen sowie der häufige Einsatz von Mimik und Gestik.

Nach Hall können die deutsche und die französische Art zu kommunizieren demnach jeweils einem der beiden Kommunikationsstile zugeordnet werden. Der eher indirekte und informelle Kommunikationsstil der Franzosen entspricht diesem Ansatz nach dem Stil des high context. Der deutsche Kommunikationsstil dagegen, der auf direkter und formaler Informationsvermittlung beruht, kann als low-context-Stil bezeichnet werden. (s. Litters, S. 64/65)

Veranschaulichen lässt sich dies an einem Beispiel. Das Rauchverbot lautet auf Französisch: ,,Il est recommandé de s`abstenir de fumer, merci." (wörtlich übersetzt: ,,Es ist empfohlen, sich des Rauchens zu enthalten, danke.) In Deutschland heißt es jedoch schlicht: ,,Rauchen verboten". (s. Wenner, S. 2) Dieses einfache Beispiel zeigt, dass die Information in der Deutschen Sprache viel expliziter ausgedrückt wird. Im Französischen hingegen wird das Verbot in eine höfliche Floskel verpackt.

In dem Zitat von Wickert in Kapitel II. 1.1. wurde bereits angedeutet, worin sich die Aufgabe der Sprache in Frankreich von der in Deutschland am meisten unterscheidet: Im Umgang mit Informationen. Wickert geht noch ein wenig näher auf diesen Punkt ein, denn er schreibt, dass es in Frankreich meist um die ,,rhetorisch richtige Verwendung der Sprache" gehe. Dies könne man z.B. an so manchen französischen Zeitungsartikeln oder Reden erkennen, die zwar stilistisch auf hohem Niveau seien, jedoch wenig Inhalt vermitteln würden. Auch ,,interessant klingende Interviews mit französischen Politikern, die, ins Deutsche übersetzt, hohl und leer schienen" gibt er als Beispiel dafür an. (s. Wickert, S. 369) Vielleicht hätte an dieser Stelle angemerkt werden sollen, dass die im Französischen interessanten Interviews im Deutschen einen anderen Eindruck gemacht haben, weil Franzosen zu einem indirekteren Kommunikationsstil neigen als Deutsche. Das französische Interview war wahrscheinlich nicht vollkommen inhaltslos, vermutlich wurden die Informationen jedoch zwischen den Zeilen, mit Hilfe von Andeutungen, die schwierig ins Deutsche zu übersetzen sind, vermittelt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Vorbereitung auf einen Arbeitsaufenthalt in Frankreich durch ,,Reiseliteratur"?
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Veranstaltung
Proseminar "Interkulturelle Kommunikation in der Arbeitswelt"
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
18
Katalognummer
V56452
ISBN (eBook)
9783638511186
ISBN (Buch)
9783638943338
Dateigröße
545 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vorbereitung, Arbeitsaufenthalt, Frankreich, Reiseliteratur, Proseminar, Interkulturelle, Kommunikation, Arbeitswelt
Arbeit zitieren
Diplomübersetzerin Helena Schneider (Autor:in), 2001, Vorbereitung auf einen Arbeitsaufenthalt in Frankreich durch ,,Reiseliteratur"?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56452

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