Aufstieg und Kaiserwahl des Marcus Didius Iulianus


Seminar Paper, 1996

17 Pages, Grade: 1,3

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Die Kaisererhebung des Didius Iulianus

III. Die Laufbahn des Didius Iulianus

IV. Schlußfolgerung

I. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit widmet sich der Person des Marcus Didius Iulianus, Kaiser im Vierkaiserjahr 193 n. Chr., und soll den Versuch unternehmen, der Frage auf den Grund zu gehen, warum gerade er zum einen als Thronbewerber überhaupt in Frage kam und zum anderen tatsächlich auch zum Kaiser ausgerufen wurde. Dieser Gegenstand soll auf dem Hintergrund der folgenden Überlegungen ausgearbeitet werden : Was hob Iulianus unter eventuellen Mitkandidaten hervor, wie qualifizierte er sich, und was zeichnete ihn aus ? Oder war es eventuell gar eine ganz andere Art und Weise, auf die Iulianus zur Akklamation gelangte ?

Bei der Ausarbeitung jener Probleme soll ein Grundsatz für die Vorgehensweise gelten, der sich auf die gesamte Arbeit erstrecken wird : das zentrale Arbeitsmaterial stellt die antike Überlieferung dar, aus welcher die relevanten Teile herausgefiltert, zusammengetragen und schließlich mit kritischem Bewerten der Sekundärliteratur diskutiert werden sollen. Konkret auf die Thematik dieser Arbeit bezogen, wird sich dies im weiteren Verlauf wie folgt darstellen : im Mittelpunkt der Ausführungen stehen zwei große Themenkomplexe, die Laufbahn und die Kaisererhebung des Didius Iulianus. Zunächst wird eine Schilderung der Akklamation mit Hilfe der eben beschriebenen Vorgehensweise unternommen werden, es schließt sich eine vollständige Rekonstruktion seines dem vorangehenden Werdeganges nach dem gleichen Konzept an. Dies sollte im günstigsten Fall zu einer Lösung der oben aufgeworfenen Frage führen; sollte es nicht zu leisten sein, doch aber erheblich zu ihrer Klärung beitragen.

Grundlegendes Quellenmaterial bilden die Schriften der Geschichtsschreiber Cassius Dio und Herodian sowie die Historia Augusta[1], eine Sammlung von Kaiserbiographien in der Tradition des Werkes Suetons.

Natürlich wird der Quellenwert dieser verschiedenen Überlieferungen von der Forschung unterschiedlich bewertet. Aufgrund der erforderlichen Knappheit und Prägnanz dieser Arbeit ist es jedoch unzweckmäßig und nicht zu bewerkstelligen, ein ausführliches Kapitel hinzuzunehmen, welches sich mit der Quellenkritik im einzelnen beschäftigt. Einige erläuternde Worte, allgemeine Fakten zum Charakter der bereitstehenden Quellen könnten jedoch von Nützlichkeit sein : der Autor Cassius Dio, der ein Zeitgenosse des Iulianus war, gehörte dem Senatorenstand an, was sich natürlich auch in seinen Schriften bemerkbar machen könnte. Sein Werk, welches uns nur in Exzerpten aus dem 11. Jahrhundert vorliegt, wird vom Gros der Forscher als historisch fundiert angesehen. Herodian dagegen, der der Sohn eines Freigelassenen war, wird von den Historikern im allgemeinen nicht die gleiche Bedeutung beigemessen wie Dio, was aus seinem rhetorisch sehr überschwenglichen und auch stark moralisierenden Stil resultiert. Das Werk der H.A. schließlich gibt vor, von 6 verschiedenen Autoren verfaßt worden zu sein – man geht jedoch heute überwiegend davon aus, daß nur eine Person der Verfasser war, der wiederum als Vorlage die nicht erhaltenen Kaiserbiographien eines gewissen Marius Maximus, ebenfalls Zeitzeuge der Severerzeit, benutzte. Der Quellenwert dieser Abhandlungen ist umstritten, da sie sich in ihrer Zuverlässigkeit hinsichtlich der historischen Realität stark unterscheiden.

Außer den literarischen Quellen stehen uns für die zu behandelnde Epoche selbstverständlich auch Münzen und Inschriften zur Verfügung, wobei für die vorhandene Hausarbeit nur eine Inschrift von Relevanz sein wird, die allerdings von sehr hohem Informationsgehalt ist.[2] Als Basis der Ausführungen des entsprechenden Kapitels wurde jedoch nicht die lückenhafte Darstellung der Inschrift in den Inscriptiones latinae selectae verwendet, sondern eine sehr ausführlich ausgearbeitete Version des Althistorikers Pflaum[3], in der die durch Zerstörung entstandenen Lücken sehr detailliert rekonstruiert wurden.

Wesentlich im Hinblick auf die Sekundärliteratur sind verschiedene Aufsätze aus der älteren sowie neueren Forschung, wobei den wohl besten Überblick über die Karriere des Iulianus die soeben erwähnte Darstellung von Pflaum bildet. Des weiteren ist hier, vor allem für Datierungsfragen, auch der Beitrag von Alföldy zu nennen[4]. Was die Aufarbeitung der Kaisererhebung betrifft, so stehen die Arbeiten von Kolb[5] und Hohl[6] im Mittelpunkt, wobei Kolb den Bonus der aktuelleren Darstellung hat. Themenübergreifend sind die Studien von Leaning[7] und der Artikel in der Realencyklopädie, verfaßt von Wotava[8], heranzuziehen, wobei letztere Abhandlung durch die hier doch sehr augenfällige mangelnde Aktualität nicht überbewertet werden sollte.

II. Die Kaisererhebung des Didius Iulianus

Im folgenden Kapitel soll zunächst erläutert werden, wie die Kaisererhebung des Iulianus, die sich im Anschluß an den Tod seines Amtsvorgängers Pertinax vollzog, in den Quellen geschildert wird und die Unterschiede in der Berichterstattung unter Hinzunahme der Sekundärliteratur herausgearbeitet werden.

Wie zu Anfang dargestellt sind selbstverständlich auch diese Thematik betreffend die oben genannten antiken Autoren maßgeblich für die Überlieferung, infolge dessen werden sie auch hier als primäre Informationsquelle herangezogen werden.

Beginnen wir zunächst mit der Berichterstattung des Cassius Dio. Nach ihm befand sich Sulpicianus, der von Herodian als Konsular, Stadtpräfekt und Schwiegervater des Pertinax ausgewiesen wird[9], bereits im Prätorianerlager und warb um den Thron[10]. Dio berichtet weiter, Iulianus habe sich, nachdem er die Nachricht vom Tod des Pertinax vernommen habe, ebenfalls zum Lager begeben, vor dem Lager Position bezogen und begonnen, den Soldaten “Versprechungen zu machen, falls sie ihn zum Kaiser ausrufen würden.”[11]. Wenn man die soeben zitierte Passage im Werk Dios zu der darauffolgenden in Beziehung setzt, in der Dio erstmalig von einem Handel der beiden Kontrahenten spricht, bei dem “Rom selbst und sein ganzes Reich wie auf einem Markt oder in einer Versteigerungshalle angeboten wurden”[12], so könnte man die Angebote des Iulianus, von denen Dio spricht, als finanzielle Angebote ausdeuten, wonach aus der Sicht Dios Iulianus dann derjenige gewesen wäre, der mit dem Feilschen begonnen hätte. Diese Überlegung mag nicht unerheblich für die Rekonstruktion der Geschehnisse beziehungsweise auch für das Bild, welches Dio von Iulianus entwirft sein. Er fährt fort, indem er eine konkrete Summe für das Höchstgebot der beiden Thronanwärter angibt, und zwar 20.000 Sesterzen, wobei er die Prätorianer als zusätzliche treibende Kraft im gegenseitigen Überbieten der Konkurrenten darstellt[13]. Dio vertritt anschließend die Ansicht, daß Sulpicianus den Handel gewonnen hätte, da er das Amt des Stadtpräfekten innehatte, sich, im Gegensatz zu Iulianus, innerhalb des Lagers aufhielt und den Betrag von 20.000 Sesterzen zuerst versprochen habe – dem habe jedoch Iulianus entgegengewirkt, indem er das Angebot auf einmal um weitere 5.000 Sesterzen erhöht habe[14]. Dies und die Tatsache, daß sie eine Rache des Sulpicianus für seinen von ihnen ermordeten Schwiegersohn Pertinax fürchteten, was ihnen Iulianus weisgemacht habe, habe die Prätorianer endgültig davon überzeugt, Iulianus schließlich zum Kaiser zu erklären.

An dieser Stelle soll ebenfalls die Sicht des Geschichtsschreibers Herodian dargelegt werden, welcher sich der Thematik auf die folgende Weise annahm :

Ihm zufolge verstrich nach dem Tod des Pertinax, der, laut Herodians vorangehenden Ausführungen, die Senatsangehörigen am härtesten traf und die Angst vor einer neuen Gewaltherrschaft schürte[15], noch ein Zeitraum von ein bis zwei Tage[16], bis es, analog zu Dios Berichterstattung, zu einem Handel um den Kaiserthron gekommen sei, den Herodian besonders deutlich als Versteigerung herausstellt. Im Unterschied zu C. Dio sind bei Herodian jedoch die Prätorianer die treibende Kraft, da von ihnen die Bekanntmachung ausgeht, die Herrschaft an den Meistbietenden zu übergeben[17]. Eine weitere Abweichung zur Überlieferung Dios wird vereinzelt in der Zeichnung der Rolle des Iulianus bezüglich seines Engagements bei der Ersteigerung der Kaisermacht sichtbar. Iulianus nimmt bei Dio, wie oben dargelegt, eine eher aktive Rolle bei dem Vorantreiben der Auktion oder zumindest des Handels ein, so sind es bei Herodian vor allem seine Frau und seine Tochter, die ihn dazu bewegen, sich zum Prätorianerlager zu begeben und ihm raten, eventuelle Mitbewerber mit höheren Donativen auszustechen[18]. An der Kasernenmauer angekommen, ist es jedoch wieder Iulianus gewesen, der sich durch großzügige Versprechungen hervortut[19]. Seinem Konkurrenten Sulpicianus dagegen kommt durch die oben bereits genannten Befürchtungen der Prätorianer bei Herodian nicht eine dem Iulianus ebenbürtige Rolle wie bei Dio zu[20]. Nachdem die Soldaten daraufhin von Iulianus konkrete Aussagen hinsichtlich der Summen des Donativs fordern[21], verspricht er ihnen eine wohl unerwartet hohe Summe zum sofortigen Erhalt und des weiteren, daß er das Andenken an Commodus, welches durch die damnatio memoriae getilgt worden sei, wiederherzustellen[22]. Herodian schließt seine Darstellung der reinen Kaisererhebung an dieser Stelle - die Prätorianer nehmen die Angebote des Iulianus an und akklamieren ihn zum Kaiser, außerdem verleihen sie ihm den Beinamen Commodus.

Festzuhalten ist, daß Herodians Darstellung der Ereignisse durch die untergeordnete Rolle des Kontrahenten Sulpicianus weniger den Eindruck einer Versteigerung vermittelt. Da die Figur des Iulianus eine recht zentrale Funktion einnimmt, könnte eher das Bild einer Erkaufung des Throns, allein seitens des Iulianus, entstehen. Es könnte auch abschließend noch von Interesse sein hinzuzufügen, daß Iulianus nach Herodian überhaupt nicht in der Lage war, das Donativ an die Prätorianer zu zahlen und sie wissentlich hintergangen habe, als er die Versprechungen machte[23].

Schließlich soll hier in gleicher Weise die Darstellung der Historia Augusta einfließen, um ein vollständiges Bild bezüglich der Quellen zu erhalten. In der Vita des Iulianus setzt, in Übereinstimmung mit Dio, die Darlegung des Thronerwerbs mit der Feststellung ein, daß sich Sulpicianus bereits mit dem Vorhaben, seine Akklamation zu erreichen, bei den Prätorianern im Lager befindet[24]. Iulianus dagegen befindet sich mit seinem Schwiegersohn auf dem Weg zu einer seiner Annahme nach stattfindenden Senatssitzung, als er auf zwei Militärtribunen trifft, die beginnen, ihn davon zu überzeugen, daß er dem Beispiel des Sulpicianus folgen solle[25]. Bemerkenswert ist, daß der Autor der H.A. sogar einfügt, Iulianus habe Zweifel und Einwände den Tribunen gegenüber gehabt[26] ; eine Anmerkung, die bei den bisher behandelten Geschichtsschreibern nicht auftaucht. Analog zu Herodian ist es hier aber wiederum nicht Iulianus selbst, von dem die Initiative zu einem Handel ausgeht. Der H.A. weiterhin folgend unterscheidet sich sein weiteres Verhalten jedoch nicht wesentlich von den übrigen Schilderungen. Nachdem die besagten Tribunen ihn bis vor das Prätorianerlager geführt hatten , habe er ein ungeheuer großes Donativ, 25.000 Sesterzen, wie wir später erfahren[27], sowie, wiederum eine Übereinstimmung mit Herodian, die Wiederherstellung der Erinnerung an Commodus versprochen[28]. Weiterhin ist bezeichnend, daß es in der H.A., übereinstimmend mit Dio, ebenfalls Iulianus ist, der die Prätorianer glauben macht, Sulpicianus könne eine Gefahr aufgrund einer eventuellen Rache für seinen Schwiegersohn Pertinax für sie bedeuten[29]. All diese Aspekte sind laut der H.A. für die Prätorianer gleichermaßen entscheidende Argumente, um Iulianus Einlaß in das Lager zu gewähren und ihn zum Kaiser auszurufen[30], wobei an den Bericht der Akklamation anschließend von der H.A. angegeben wird, Iulianus habe sogar 5.000 Sesterzen mehr als versprochen, also 30.000, an jeden Soldaten gezahlt[31].

[...]


[1] im folgenden als H.A. bezeichnet

[2] ILS 412 ( = CIL VI 1401)

[3] s. Pflaum, H.-G., Les Sodales Antoniniani de l’époque de Marc-Aurèle, Paris 1966, S. 60.

[4] G. Alföldy, Die Legionslegaten der römischen Rheinarmeen, (Epigraphische Studien; 3 = Beihefte der BJ; 22), Köln – Graz 1967.

[5] F.Kolb, Literarische Beziehungen zwischen Cassius Dio, Herodian und der Historia Augusta, (Antiquitas Reihe 4, Beiträge zur Historia-Augusta-Forschung; 9), Bonn 1972.

[6] E. Hohl, Kaiser Pertinax und die Thronbesteigung seines Nachfolgers im Lichte der Herodiankritik. Nebst einem Anhang : Herodian und der Sturz Plautians, (Sitzungsberichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin; 2), Berlin 1956.

[7] J.B. Leaning, Didius Julianus and his Biographer, In : Collection Latomus 48, Brüssel 1989, S. 548-564.

[8] v. Wotava, G., M. Didius Iulianus [8] : RE V1, 1903, Sp. 411-426.

[9] s. Herodian.2, 6,8.

[10] s. Cass. Dio. 73, 11,1.

[11] s. Cass. Dio. 73, 11,2.

[12] s. Cass. Dio. 73, 11,3.

[13] s. Cass. Dio. 73, 11,4.

[14] s. Cass. Dio. 73, 11,5.

[15] s. Herodian.2, 6,2.

[16] s. Herodian.2, 6,3.

[17] s. Herodian.2, 6,4.

[18] s. Herodian.2, 6,7.

[19] s. Herodian.2, 6,8.

[20] s. Herodian.2, 6,9.

[21] s. Herodian.2, 6,9.

[22] s. Herodian.2, 6,10.

[23] s. Herodian.2, 7,1.

[24] s. H.A. Did. Iul. 2,4.

[25] s. H.A. Did. Iul. 2,4.

[26] s. H.A. Did. Iul. 2,5.

[27] s. H.A. Did. Iul. 3,2.

[28] s. H.A. Did. Iul. 2,6.

[29] s. H.A. Did. Iul. 2,6.

[30] s. H.A. Did. Iul. 2,7.

[31] s. H.A. Did. Iul. 3,2.

Excerpt out of 17 pages

Details

Title
Aufstieg und Kaiserwahl des Marcus Didius Iulianus
College
Johannes Gutenberg University Mainz  (Institut für Geschichte)
Course
Seminar Septimus Severus
Grade
1,3
Year
1996
Pages
17
Catalog Number
V566
ISBN (eBook)
9783638103848
File size
408 KB
Language
German
Keywords
Aufstieg, Kaiserwahl, Marcus, Didius, Iulianus, Seminar, Septimus, Severus
Quote paper
Anonymous, 1996, Aufstieg und Kaiserwahl des Marcus Didius Iulianus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/566

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