Die Geschichte des Aktienrechts ist eine Geschichte von Reformen. Auf Grund seiner enormen wirtschaftlichen Bedeutung wird das Aktienrecht nicht nur durch große Reformen, sondern auch durch ständig stattfindende kleinere Anpassungen an neue nationale oder internationale Entwicklungen geprägt. Auch Änderungen der gesellschaftlichen Strömungen und Verhältnisse bleiben nicht ohne Auswirkungen auf das Aktienrecht. Aber auch wenn Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wird alsbald nach Verbesserungen der aktienrechtlichen Vorschriften gerufen und so Druck auf den Gesetzgeber ausgeübt. Neuerdings hat die Rechtsangleichung innerhalb der EG, insbesondere durch das Inkrafttreten der Verordnung zur Schaffung einer Europäischen Aktiengesellschaft im Oktober 2004, besonders an Bedeutung gewonnen. So ist es nun möglich, Aktiengesellschaften nach Europäischem Recht – aber mit stark nationaler Prägung – zu gründen, was zusätzlichen Druck auf die bisher rein nationalen Aktienrechtsrechtssysteme ausüben wird.
Die Geschichte des Aktienrechts ist darüber hinaus aber auch geprägt vom Kampf des Gesetzgebers gegen Missbräuche, was im Laufe der Zeit zu einer gewissen rechtlichen Starrheit und Schwerfälligkeit des Aktienrechts geführt hat. Die meisten Vorschriften des deutschen Aktiengesetzes sind im Interesse des Schutzes der Aktionäre und Dritter zwingendes Recht und geben den Aktiengesellschaften bei der Gestaltung ihrer inneren Ordnung nur wenig Spielraum.
Trotz dieser rechtlichen Starrheit in ihrer Struktur hat die Aktiengesellschaft jedoch nichts von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung eingebüßt. Unternehmen ab einer bestimmten Größe müssen sich dieser Rechtsform bedienen, wenn sie ihre Entwicklung auch zukünftig über die großen Kapitalmärkte dieser Welt finanzieren wollen.
Gerade auch in Zeiten fortschreitender Globalisierung wird der Wettbewerb der verschieden Handelsrechtssysteme – insbesondere im Aktienrecht – schärfer werden und es wird sich zeigen, welches aktienrechtliche Verwaltungssystem diesen Anforderungen am ehesten gewachsen ist.
Inhaltsverzeichnis
- A) EINFÜHRUNG
- B) DAS MONISTISCHE UND DUALISTISCHE SYSTEM IM ÜBERBLICK
- I. Das dualistische System am Beispiel Deutschlands
- 1. Vorstand: Leitungsorgan
- 2. Aufsichtsrat: Kontrollorgan
- II. Das monistische System am Beispiel der Schweiz
- 1. „Vorstandsfunktionen“ des Schweizer Verwaltungsrats
- 2. „Aufsichtsratfunktionen“ des Schweizer Verwaltungsrats
- C) DIE GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG BEIDER SYSTEME IN EUROPA
- I. Die Entwicklung des dualistischen Systems in Deutschland
- 1. Anfänge des Aktienrechts vor dem 19. Jahrhundert
- 2. Verwaltungsratssystem im Preußischen Gesetz über Aktiengesellschaften von 1843
- 3. Schaffung eines fakultativen Aufsichtsrats durch das ADHGB 1861
- 4. Schaffung eines obligatorischen Aufsichtsrats durch das ADHGB 1870
- 5. Klare Aufgabentrennung durch die Aktienrechtsnovelle von 1884
- 6. Vom HGB bis zum Aktiengesetz von 1937
- 7. Das Aktiengesetz von 1937
- 8. Das Aktiengesetz von 1965
- 9. Weitere Reformen der Leitungsverfassung der Aktiengesellschaft
- II. Die Entwicklung des monistischen Systems in der Schweiz
- 1. Das Aktienrecht des Zürcher Privatrechtlichen Gesetzbuches (PGB)
- 2. Vom Zürcher PGB zum Schweizer Aktienrecht
- 3. Heutige Fassung des Schweizer Aktienrechts: Obligationenrecht von 1991
- D) DAS MONISTISCHE UND DUALISTISCHE SYSTEM BEI DER EUROPÄISCHEN AKTIENGESELLSCHAFT (SE)
- I. Ein kurzer Überblick über die Entstehung der Europäischen Aktiengesellschaft
- II. Auswahlmöglichkeit zwischen monistischem und dualistischem System
- 1. Europäische Aktiengesellschaft (SE) mit dualistischem System
- 2. Europäische Aktiengesellschaft (SE) mit monistischem System
- a) Grundstruktur des monistischen Systems bei einer deutschen SE
- aa) Verwaltungsrat: Leitungsorgan
- bb) Geschäftsführender Direktor: Ausführendes Organ
- b) Gestaltungsvarianten bei einer deutschen SE
- aa) Die „kleine“ SE
- bb) Die „mittlere“ SE
- cc) Die „große“ SE
- III. Kritik an der deutschen Umsetzung des monistischen Systems
- 1. Verdecktes dualistisches System
- 2. Komplexe Regelungstechnik
- 3. Fehlende Gestaltungsfreiheit
- E) SCHLUSSBETRACHTUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die historische Entwicklung des monistischen und dualistischen Verwaltungsmodells bei Aktiengesellschaften. Sie beleuchtet die Anfänge im 19. Jahrhundert und verfolgt die Entwicklung bis hin zur Umsetzung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE).
- Die historischen Entwicklungsphasen des dualistischen Systems in Deutschland
- Die historische Entwicklung des monistischen Systems in der Schweiz
- Die Gestaltungsmöglichkeiten des monistischen und dualistischen Systems in der SE
- Die Kritik an der deutschen Umsetzung des monistischen Systems
- Die Auswirkungen der Rechtsangleichung innerhalb der Europäischen Union auf die Gestaltung von Aktiengesellschaften
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Bedeutung des Aktienrechts und die Herausforderungen durch die Globalisierung hervorhebt. Anschließend stellt das Kapitel B die beiden wichtigsten Systeme zur „Verwaltung“ von Aktiengesellschaften – das monistische und dualistische System – vor und illustriert diese anhand von Beispielen aus Deutschland und der Schweiz. Kapitel C untersucht die historische Entwicklung beider Systeme in Europa. Im Fokus stehen dabei die Entwicklung des dualistischen Systems in Deutschland und des monistischen Systems in der Schweiz. Kapitel D befasst sich mit der Anwendung des monistischen und dualistischen Systems in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE), insbesondere mit der Auswahlmöglichkeit zwischen beiden Systemen und den verschiedenen Gestaltungsvarianten. Abschließend wird im Kapitel E eine kritische Betrachtung der deutschen Umsetzung des monistischen Systems in der SE vorgenommen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themenfeldern Aktienrecht, Verwaltungsstrukturen von Aktiengesellschaften, monistisches System, dualistisches System, Europäische Aktiengesellschaft (SE), Rechtsgeschichte, Corporate Governance, Rechtsangleichung innerhalb der Europäischen Union.
- Arbeit zitieren
- Ivo Holzinger (Autor:in), 2006, Die geschichtliche Entwicklung des monistischen und dualistischen Verwaltungssystems bei Aktiengesellschaften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56724