1. Vita
2. Sein Werk im Überblick
2. 1. Die „Expositio Legis“
2. 2. Die „Questitiones et Solutiones“
2. 3. Der „Allegorische Kommentar“
3. Das Verhältnis zwischen religiösem Glauben und philosophischer Vernunft
4. Philons Lehre am Beispiel der Gottesauffassung
5. „Allegorische Hermeneutik“ als methodischer Zugang zum Alten Testament
6. Zusammenfassung
7. Anhang
INHALTSVERZEICHNIS
1. Vita
2. Sein Werk im Überblick
2. 1. Die „Expositio Legis“
2. 2. Die „Questitiones et Solutiones“
2. 3. Der „Allegorische Kommentar“
3. Das Verhältnis zwischen religiösem Glauben und philosophischer Vernunft
4. Philons Lehre am Beispiel der Gottesauffassung
5. „Allegorische Hermeneutik“ als methodischer Zugang zum Alten Testament
6. Zusammenfassung
7. Anhang
Philon von Alexandrien
1.Vita
Philon wurde um 20 v. Chr. in Alexandrien geboren, wo er auch um 50 n. Chr. verstarb. Alexandrien war zu dieser Zeit eine der bedeutendsten jüdischen Kolonien, mit der größten Diaspora-Gemeinde, die immer stärker von der hellenistischen Kultur beeinflusst wurde. So wurde in den Gemeinden schließlich immer verstärkter Griechisch gesprochen, was zu einer griechischen Übersetzung des Alten Testaments aus dem Hebräischen führte, der Septuaginta. Philon stammte aus einer sehr prominenten jüdischen Familie, sein Bruder Gaius war Leiter der Steuerbehörde und mit dem späteren Kaiser Claudius befreundet. Gaius Sohn Tiberius, der sich vom jüdischen Glauben abgewendet hatte, arbeitete in hoher Position im römischen Staatsdienst. Des weitern war die Familie mit König Agrippa I. von Judäa verschwägert und finanziell so gut gestellt, dass es Philon, trotz römischer Übergriffe und Restriktionen auf die Juden, möglich war, sich mit der „Sorge um sich"1, der Philosophie und Theologie eingängig zu befassen. Seine exzellente hellenistische Erziehung, die ihn Rhetorik, Geschichte, Musik, Mathematik, Grammatik, griechische Literatur, hierbei vor allem Platon und die Stoiker, Jura und ausgezeichnete politische Fähigkeiten erlernen ließ und durch die umfassende Kenntnis der Tora ergänzt wurde, bildete die Basis dafür.
Sein politisches Denken ist besonders durch die augusteische Reform geprägt, weshalb er die nach-augusteische Zeit als Krisenzeit, nicht nur für das Judentum, sondern für das gesamte Reich ansieht. Zum anerkannten Repräsentanten der jüdisch-alexandrinischen Kultur wird er, neben seiner Gelehrtheit, durch die öffentliche Verteidigung seiner Gemeinde, 38 n. Chr., gegen den Präfekten Flaccus und die Leitung einer Gesandtschaft alexandrinischer Juden nach Rom, 40 n. Chr., um bei Caligula gegen Übergriffe auf heimische jüdische Gemeinden zu protestieren. Historisch greifbar wird er unter anderem auch durch eine Pilgerfahrt nach Jerusalem.
2.Sein Werk im Überblick
Die Bekanntschaft mit der platonischen Philosophie lässt Philon seine Religion neu betrachten. Er entdeckt philosophische Inhalte im Alten Testament und spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde die philosophische Exegese sein Lebenswerk, wobei die Allegorese seine Hauptmethode darstellt. Seine großen Schriftreihen, die sich dieser Thematik widmen, sind die „ Expositio Legis “ , die „ Quaestiones et Solutiones “ und der „ Allegorische Kommentar “ . Seine anderen zahlreichen Schriften sind entweder gar nicht oder nur in armenischer Übersetzung überliefert.
2.1. Die „Expositio Legis“
Die „ Expositio Legis “ weist einen klar strukturierten Aufbau auf, so bspw. in den vielen Einleitungen, deutlichen Argumentationsschritten und Zusammenfassungen erkennbar , das rationale Einverständnis der Leser fordert.
Inhaltlich widmet sich die Schrift der systematischen Vorstellung der Tora, wobei Philon topologisch vorgeht, also den Text in übergreifende thematische Einheiten gliedert. Direkte Bibelzitate sind selten oder werden gar nicht verwendet und den Hauptschwerpunkt macht nicht die Allegorese aus, sondern eine enkomienartige, also lobredenartige, Darstellung der Erzväter und -mütter und eine rationale „literale“ Erklärungen der jüdischen Gesetze. Wird die besondere Form der Seelenallegorese, die neben der älteren Form der kosmologischen Allegorese besteht und typisch für Philon ist, angewendet, wird in diese immer didaktisch eingeführt. Die literale Ebene und die Allegorese bilden hierbei eine harmonische, sich ergänzende Einheit. Im Text wird eine Art Außenperspektive eingenommen und richtet sich somit an ein öffentliches Publikum von sowohl Juden als auch Nicht-Juden, was den offensiven missionarischen Charakter erklärt. Es handelt sich also um eine missionstheologische Schrift.
2.2. Die „Quaestiones et Solutiones“
Diese Schrift weist ein klares Frage-Antwort-Schema auf, dessen Wurzeln in der rational-apologetischen Homerexegese zu erkennen sind, der Text besitzt also ebenfalls einen festen formalen Aufbau, der von Philon durch Hinzufügen seelenallegorischer Deutungen und einer expliziten Differenzierung zwischen „Literalsinn“ und der allegorischen Deutung, inhaltlich erweitert wird.
Zur allegorischen Interpretation des Toratextes bezieht Philon sich stets auf kleinere Satz-, bzw. Textteile und erläutert diese, wodurch keinerlei größere Gedankenbögen existieren, da jeder Teil immer nur für sich gesehen wird. Diese Betrachtungsweise des kleinen, ohne den großen Zusammenhang in Betracht zu ziehen ist typisch für die stoischen und platonischen Homerkommentare, weisen also wieder auf Philons Wissen dieser Lehren und Methoden hin. Antworten auf die aufgeworfenen Fragen werden entweder rein „literal“, rein allegorisch oder allegorisch und „literal“ zugleich gegeben. Hierbei zieht der Autor auch alternative Lösungen in Betracht, die allerdings einfach nur unkommentiert nebeneinandergestellt werden, anstatt sie 4 miteinander ins Gespräch zu bringen, was jedoch im Endeffekt ein breites Spektrum an Auslegungsmöglichkeiten bietet. Philons Auslegungen sind prinzipiell, bis auf wenige Auslegungen, eher knapp und ohne großartige Hinzuziehung „sekundärer“ Bibeltexte oder Interpretationen dieser. Der Ton des Textes ist eher sachlicher Natur, mit einer schematischen Durchnummerierung der Gliederung, wodurch nicht nur eine Bewegung oder ein Spannungsaufbau völlig vermieden wird, sondern sich eher eine Art Werkstatt- oder Notizbuchcharakter ergibt. Da in dieser Schrift, im Gegensatz zur „ Expositio Legis “, keinerlei pädagogische Rücksichtnahme in bezug auf die Auslegungen genommen wird, war sie vermutlich einem gebildeten Philosophenschulpublikum gewidmet und ist aus exegetischen Lehrvorträgen entstanden.
2.3. Der „Allegorische Kommentar“
In der heutigen Überlieferung beginnt der „ Allegorische Kommentar “ direkt mit fortlaufenden Exegesen, ohne ein übergreifendes Thema erkennbar werden zu lassen.
Dann, erfolgt plötzlich kurzzeitig eine thematische Gliederung durch die Auslegung der Begriffe „Ackerbau“, „Pflanzung“ und „Trunkenheit“ und es werden sogar Bibeltexte zur Erläuterung herangezogen, die dann jedoch in alter Manier exegetisch besprochen werden. Auf diesem Wege kehrt Philon wieder zurück zur am Text entlanglaufenden Exegese, allerdings zeitweilig mit thematisch orientierten Abschnitten durchsetzt. Ein versweises Vorgehen ist erkennbar, direkt zitierte Bibeltexte bestimmen die Ordnung der Gedankenfolge und nicht wie in den vorher-gegangenen Werken übergreifende Themen.
Die einzelnen Schriften setzen größtenteils mit Bibelzitaten ein und es erfolgt keine didaktische Herangehensweise an die seelenallegorische Auslegung dieser.
Man kann jedoch sagen, dass der „ Allegorische Kommentar “ bei weitem komplexer und eigenständiger wirkt, als die „ Questiones et Solutiones “ , was mit der virtuosen Anreicherung der Auslegungen durch sogenannte „Secondary texts“2 zu erklären ist.
Wieder beinhaltet jedoch der Text keine Strukturanalysen im größeren Zusammenhang und es ist keine logisch aufeinander aufbauende inhaltliche Gliederung sichtbar, aber durch gleitende Übergänge oder rhetorisch ausgefeilt Überleitungen wird der Eindruck eines nicht-endenden Gedankenflusses erzeugt. Stilistisch wechselt der Autor zwischen einem informativ sachlichen Ton und der Form der Diatribe, also einer Abhandlung oder gar Streitschrift, die sogar mit emotional angereicherter Sprache ausgeschmückt wird.
Die sehr komplexen Auslegungen lassen darauf schließen, dass die Schrift für ein allegorisch geübtes Publikum verfasst wurde, das die Tora memoriert hatte, wodurch es quasi überhaupt erst in der Lage war, die diversen Anspielungen der Auslegungen verstehen zu können.
Die formale Struktur des Textes zeigt eine Nähe zum philosophischen Lehrvortrag Philons in der Schule und ist damit als mystagogische (psychagogische) Lehrexegese zu bezeichnen.
3.Das Verhältnis zwischen religiösem Glauben und philosophischer Vernunft
Philon gehörte in Alexandrien zu den Juden, die vollkommene Mitträger des hellenistischen Bildungsgutes waren und sich an aktuellen griechischen kulturellen Strömungen orientierten, was an den integrierten kynischen, aristotelischen und neupythagoreischen Ansätzen in der Schriftdeutung jener Zeit ersichtlich wird.
Philon verwendet die Philosophie pragmatisch; er ist der erste, der eine, für ihn selbstverständliche, Synthese von Philosophie und Religion zur ausschließlichen Erhellung der Religion umsetzt, er ist also ein mit Hilfe der Philosophie die Religion deutender Theologe. Seiner Auffassung nach ist das Griechentum und das Judentum eng miteinander vereinigt, der jüdische Offenbarungsglaube mit wahrer Philosophie identisch und das jüdische Religionsgesetz lehrt die wahre Sittlichkeit, weshalb es Philons gesamtes Streben ist, einen Nachweis der Übereinstimmung und eine Verteidigung der ewigen Wahrheit und des hohen sittlichen Gehalts der jüdischen Lehren aufzuzeigen. Weiterhin ist er der einzig überlieferte literarische Vertreter der sogenannten „jüdisch-alexandrinische Religionsphilosophie"3, die diesen Synthesegedanken in sich trägt.
Zwar ist kein direkter Vorläufer Philons bekannt, jedoch sind viele der von ihm verwendeten Ideen und Methoden bereits vor seiner Zeit nachweisbar, er ist aber definitiv der erste, der einen systematischen Versuch einer vollständigen Verschmelzung des jüdischen Glaubens und der jüdischen Moral mit der griechischen Philosophie unternimmt.
Für seine Betrachtungen dient ihm die Septuaginta, die teilweise mit Übersetzungsfehlern durchzogene Übersetzung der hebräischsprachigen Bibel ins Griechische, als alleinige Grundlage seiner Betrachtungen, da Philon vermutlich des Hebräischen gar nicht mächtig war und dadurch reiht er sich in einen größeren Strom jüdischer Bibelexegese in Alexandria ein, welcher unterschiedliche, teils auch kontroverse Traditionen verarbeitete.
Philons Betrachtungsweise ist eher griechisch als jüdisch, weshalb er ohne den entferntesten Zweifel griechische Begriffe und Vorstellungen, die häufig auch widersprüchlich sind, auf jüdische Verhältnisse überträgt, was sich aus der Tatsache ergibt, dass Philosophie und Religion in seinen Augen keinerlei Widerspruch darstellen.
Die Sprach- und Denkformeln des Platonismus sind für ihn hierbei unersetzbare Inhalte, woraus eine folgenreiche Verknüpfung, die allerdings nicht von allen Zeitgenossen, wie bspw. den
[...]
1 Christian Noack, Gottesbewusstsein. Exegetische Studien zur Soteriologie und Mystik bei Philo von Alexandria, Tübingen 2000, S. 5. 3
2 Christian Noack, Gottesbewusstsein. Exegetische Studien zur Soteriologie und Mystik bei Philo von Alexandria, T ü bingen 2000, S. 25. 5
3 Philo von Alexandria. Die Werke in deutscher Ü bersetzung, hrsg. von Leopold Cohn, Isaak Heinemann, Maximilian Adler und Willy Theiler, Berlin 19622 (= Band 1), S. 8. 6
- Quote paper
- Sina Schmidt (Author), 2006, Philon von Alexandrien als jüdischer Religionsphilosoph, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56745
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