[...] Es wurde belegt, dass sich Väter intensiver mit ihren Söhnen beschäftigten, sie öfter berührten, mit ihnen sprachen und spielten als mit ihren Töchtern. Ähnliches Verhalten wurde auch bei Müttern und Töchtern beobachtet (vgl. Fthenakis 1985, nach Blank-Mathieu 1996, S.12f). Dies macht deutlich, dass ein differentieller Umgang der Geschlechter bereits mit dem Lebensbeginn stattfindet und so einen prägenden Einfluss hinterlässt. Die von der jeweiligen Gesellschaft als typisch definierten Verhaltensformen werden so von Anfang an auf die Kinder projiziert und bewirken nach Grabrucker 1991, „dass sich Mädchen und Jungen deshalb nicht ihrem Wesen entsprechend entwickeln können“ (Grabrucker 1991, nach Blank-Mathieu 1996, S.13). Aus diesem Grund möchte ich in meiner Arbeit die Bedeutung einer Reduzierung von gesellschaftlich erwarteten typischen Geschlechtsrollenklischees zur Sprache bringen. Da die Identifikation mit einem der beiden Geschlechter schon nach der Geburt einzusetzen beginnt, ist es besonders in der Phase der frühen Kindheit notwendig, gezielt gesellschaftlich vorgegebene geschlechtstypische Verhaltensweisen zu vermeiden. Eine Erziehung der Geschlechtergerechtigkeit, das heißt, einer gleichen Behandlung für Mädchen und Jungen, die beiden die selben Chancen und Freiheiten ermöglicht, sollte an dieser Stelle zur Selbstverständlichkeit werden. Pädagogische Einrichtungen können hier entscheidende Veränderungen bewirken. Ich möchte deshalb besonders auf die Arbeit in den Kindergärten und auf Jungen im Kindergartenalter eingehen. Zu Beginn werde ich kurz die Aspekte einer geschlechtsspezifischen Sozialisation anführen. Des Weiteren folgt eine Information darüber, ab wann eine Unterscheidung zwischen männlich und weiblich für die Kinder möglich ist und ab welchem Alter die Zuordnung der eigenen Person zu einem Geschlecht gelingt. Im Folgenden werde ich auf die Institution Kindergarten eingehen und Probleme, die sich aus einer geschlechtstypischen Erziehung ergeben können, darstellen. Wie notwendig ist es für die Geschlechtsidentität, dass ein Kind so früh wie möglich beide Geschlechter kennen lernt? Was bedeuten männliche Vorbilder vor allem für die Geschlechtsidentität der Jungen? Und wie kommt es dazu, dass sich bisher schon bei Kindern im Kindergartenalter feste Verhaltensmuster ausgeprägt haben? Warum zeigen Jungen so häufig aggressives oder auffallendes Verhalten und was hat die geschlechtstypische Erziehung damit zu tun? [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschlechterrollen und geschlechtstypisches Verhalten bei Jungen im Kindergartenalter
- Aspekte geschlechtsspezifischer Sozialisation
- Unterscheidung der Geschlechter und eigene Zuordnung
- Kindergarten und geschlechtstypische Erziehung
- Spezielle Erwartungen an Jungen im Kindergartenalter
- Beobachtetes Verhalten der Jungen in Kindergärten
- Was beeinflusst die Geschlechtsidentifikation im Kindergarten?
- Betreuungspersonen im Kindergarten – Frauen, Männer oder Frauen und Männer?
- Die Angst vor der Angst – Probleme der Jungen, ihre Ängste zu zeigen
- Warum eine geschlechtsneutrale Pädagogik auch keine Lösung sein kann
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Bedeutung einer Reduzierung von gesellschaftlich erwarteten typischen Geschlechtsrollenklischees, insbesondere im Kindergartenalter. Dabei wird untersucht, wie die Identifikation mit einem Geschlecht bereits in der frühen Kindheit beginnt und welche Auswirkungen geschlechtstypische Verhaltensweisen auf die Entwicklung von Jungen haben können.
- Einfluss von geschlechtsspezifischer Sozialisation auf die Entwicklung von Jungen
- Rolle des Kindergartens in der geschlechtstypischen Erziehung
- Herausforderungen der Geschlechtsidentität von Jungen im Kindergartenalter
- Bedeutung männlicher Vorbilder und die Auswirkungen von geschlechtstypischem Verhalten
- Diskussion der Möglichkeiten und Grenzen einer geschlechtsneutralen Pädagogik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung der Geschlechtszuordnung für die eigene Identität und die Wahrnehmung durch andere. Es wird auf die unterschiedlichen Erwartungen von Eltern an ihre Kinder aufgrund des Geschlechts eingegangen und die Auswirkungen des differentiellen Umgangs mit Jungen und Mädchen von Geburt an dargestellt.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Aspekten geschlechtsspezifischer Sozialisation. Es wird erklärt, wie die gesellschaftlich vorgegebenen Geschlechterrollen durch die Umgebung erlernt werden und welche Auswirkungen dies auf das Verhalten von Kindern hat. Der Fokus liegt dabei auf den sozialkonstruktivistischen Ansätzen der Geschlechtersozialisation.
Schlüsselwörter
Geschlechterrollen, geschlechtstypisches Verhalten, Kindergartenalter, Sozialisation, Geschlechtsidentität, männliche Vorbilder, geschlechtsneutrale Pädagogik, Erziehung, Kindergärten, Jungen.
- Quote paper
- Nadine Heß (Author), 2005, Geschlechterrollen und geschlechtstypisches Verhalten bei Jungen im Kindergartenalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56787