[...] Als unverzichtbares Instrument zur Erreichung dieses
Ziels hat sich die Werbung, und insbesondere die grenzüberschreitende Werbung,
erwiesen. Durch die Erweiterung der Europäischen Union vergrößert sich also mit dem Binnenmarkt auch der Kreis potentieller Verbraucher und damit der Werbemarkt. Werbung wird in unserer Gesellschaft immer wichtiger. Dazu hat nicht zuletzt die Ausweitung der Möglichkeiten des grenzüberschreitenden Handels durch neue Kommunikationmöglichkeiten wie das Internet beigetragen. Trotz der Harmonisierungsbemühungen der EU-Kommission bestehen in den Mitgliedstaaten immer noch sehr unterschiedliche nationale Werberegelungen, die den freien Warenverkehr behindern können. Die aktuellen technischen Entwicklungen führen konsequenterweise immer wieder zu Unsicherheiten bezüglich der Auslegung des Primärrechts im Bereich des grenzüberschreitenden Handels und der Werbung hierfür. In den letzten sechs Monaten hat sich der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zwei Mal zur Vereinbarkeit von Werbe- und Absatzregelungen mit der Warenverkehrsfreiheit geäußert, die in Artikel 28 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) verankert ist. In beiden Fällen handelte es sich unter anderem um Werbung, die über das Internet verbreitet wurde. Wie sich in den Urteilen des EuGH zeigte, kann eine solche Rechtsfrage nicht entschieden werden, ohne dass auf die drei wichtigsten Urteile im Bereich der Warenverkehrsfreiheit
zurückgegriffen wird: Dassonville, Cassis de Dijon und Keck. Insbesondere
das Urteil Keck, welches die Unterscheidung zwischen produkt- und vertriebsbezogenen Absatzmodalitäten einführte, verdient im Zeitalter der elektronischen Kommunikation besondere Beachtung, da sich gerade durch das Internet immer neue Absatzmöglichkeiten und –märkte ergeben. Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss, den die Keck-Rechtsprechung im Laufe der Jahre insbesondere im Bereich der Werberegelungen ausgeübt hat. Dazu
werden zunächst die Bedeutung der Werbung und ihre Funktionen beschrieben, anschließend wird die Rechtsprechung im Bereich der Werbung vor und nach dem dem Urteil Keck untersucht. Schließlich wird eine Einordnung von Werberegelungen in das bestehende Gefüge der Warenverkehrsfreiheit vorgenommen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Kapitel I. Was ist Werbung?
- I. Begriff der Werbung
- II. Funktionen der Werbung: warum ist Werbung so wichtig?
- 1. Mitteilungs- oder Kommunikationsfunktion
- 2. Marktöffnungsfunktion
- 3. Funktion in Bezug auf den Binnenmarkt
- III. Der rechtliche Rahmen: Vorschriften und Kompetenzen
- 1. werberechtliche Vorschriften im Primärrecht
- 2. werberechtliche Vorschriften in den nationalen Rechtsordnungen
- 3. werberechtliche Vorschriften im Sekundärrecht
- Kapitel II. Was hat sich im Bereich der Werberechtsprechung durch „Keck“ geändert?
- I. Rechtsprechung des EuGH vor „Keck“: Werbung als „Maßnahme gleicher Wirkung\" im Sinne des Art. 28 EGV.
- 1. Was ist eine Maßnahme gleicher Wirkung?
- a. Die Richtlinien der Kommission
- b. Definitionsversuche in der Literatur
- c. Definition des Begriffes „Maßnahmen gleicher Wirkung“ durch den EuGH
- 2. Werbung als Maßnahme gleicher Wirkung
- 3. Erfordernis einer Einschränkung des Anwendungsbereichs
- a. kein hinreichend enger Bezug
- b. berechtigte wirtschafts- und sozialpolitische Entscheidung
- c. Prognosekriterium
- II. Das Urteil „Keck“
- 1. Sachverhalt
- 2. Lösungvorschlag nach der bisherigen Rechtsprechung
- 3. Unterscheidung zwischen produkt- und vertriebsbezogenen Regelungen
- a. produktbezogene Regelungen
- b. vertriebsbezogene Regelungen (Verkaufsmodalitäten)
- aa. Begriff der Verkaufsmodalitäten
- bb. „bestimmte“ Verkaufsmodalitäten
- cc. Definitionsversuche in der Literatur
- 4. Gründe für den „Richtungswechsel“
- III. Rechtsprechung nach Keck
- 1. „overruling\" bestehender Entscheidungen?
- a. Schlußanträge in der Sache Hünermund
- b. Analyse der veralteten Fälle in der Literatur
- 2. Weiterentwicklung der Rechtsprechung nach dem Urteil Keck
- a. Das Urteil Hünermund
- b. Weitere Urteile
- aa. Urteile betreffend Produktmodalitäten
- bb. Urteile betreffend bestimmter Verkaufsmodalitäten
- cc. Urteile bezüglich Verkaufsmodalitäten, die die „Keck\"-Kriterien nicht erfüllen: „sonstige Verkaufsmodalitäten“
- c. Das Urteil DocMorris
- aa. Neutralitätsprüfung
- bb. Beweislast
- cc. Art. 28 EGV als allgemeine Unternehmerfreiheit
- Kapitel III. Die Folgen der Keck-Rechtsprechung
- I. Kritik am Urteil des EuGH
- 1. kein grenzüberschreitender Sachverhalt
- 2. keine Benennung der überholten Urteile
- 3. „Lebensfremdheit“ der Unterscheidung zwischen Produkt- und Verkaufsmodalitäten
- 4. Unstimmigkeit der Urteilsbegründung
- II. Einordnung von Werberegelungen in die Rechtsprechungsentwicklung
- 1. Unterscheidung zwischen Produkt- und Verkaufsmodalitäten
- 2. Unterscheidung zwischen inländischen und grenzüberschreitenden Werberegelungen
- Zusammenfassung und Schluss
- Begriff und Funktionen der Werbung
- Rechtsprechung des EuGH vor und nach Keck
- Kritik und Einordnung der Keck-Rechtsprechung
- Anwendung der Keck-Rechtsprechung auf Werberegelungen
- Folgen der Keck-Rechtsprechung für den Binnenmarkt
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Tragweite der sogenannten Keck-Rechtsprechung, insbesondere im Kontext von Werberegelungen. Ziel ist es, die Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf die Anwendung der Warenverkehrsfreiheit im Binnenmarkt zu analysieren.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit definiert den Begriff der Werbung und erläutert ihre verschiedenen Funktionen. Danach wird der rechtliche Rahmen der Werbung, inklusive der einschlägigen Vorschriften und Kompetenzen, im Detail dargestellt. Das zweite Kapitel befasst sich mit der Rechtsprechung des EuGH im Bereich der Werberechtsprechung vor und nach der Keck-Entscheidung. Es werden die Kriterien zur Beurteilung von Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne des Art. 28 EGV analysiert, sowie die Argumente des EuGH in der Keck-Entscheidung selbst dargestellt. Das dritte Kapitel befasst sich mit den Folgen der Keck-Rechtsprechung, inklusive der Kritik am Urteil des EuGH. Es wird analysiert, ob die Unterscheidung zwischen Produkt- und Verkaufsmodalitäten tatsächlich im Sinne der Warenverkehrsfreiheit praktikabel ist.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Warenverkehrsfreiheit, Keck-Rechtsprechung, Werberegelungen, Maßnahmen gleicher Wirkung, Produktmodalitäten, Verkaufsmodalitäten, Binnenmarkt, EuGH-Rechtsprechung, und Rechtsentwicklung.
- Quote paper
- Anna Christine Engberding, LL.M. (Author), 2004, Die Tragweite der sogenannten Keck-Rechtsprechung, unter besonderer Berücksichtigung von Werberegelungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56826