Vor genau 50 Jahren (1953) haben Watson und Crick die Struktur der sog. DNA-Doppelspirale entdeckt. Damit war erstmals bewiesen, dass die Erbanlagen für jedes Lebewesen und auch für den Menschen in einer bestimmten molekularen Struktur chemisch festgelegt sind. Das Faszinierende und Revolutionierende dieser Entdeckung ist die Erkenntnis, dass die DNA und damit die Gene als Träger der Erbinformation bei allen Lebewesen vom Bakterium bis zum Menschen aus lediglich 20 variablen chemischen Baueinheiten, den sog. Aminosäuren, bestehen, die nahezu unendliche Kombinationsmöglichkeiten für den Aufbau des Organismus bieten. Die beiden DNA-Stränge ergänzen sich wie Schlüssel und Schloss, d.h. bei der Zellteilung geht von jedem Chromosom je ein DNA-Strang in die Tochterzellen ein, der die komplette Information enthält für die Replikation der jeweils fehlenden Hälfte. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Erbinformation von der befruchteten Eizelle im Laufe der nachfolgenden Abermillionen von Zellteilungen bis zum ausgewachsenen Individuum in alle Körperzellen lückenlos weitergegeben wird. Damit war also ein biologisches System entdeckt, das seit ca. 2 Milliarden Jahren in allen Lebewesen identisch funktioniert. Darüber hinaus ist es Anfang dieses Jahres erstmals gelungen, das menschliche Genom komplett zu entschlüsseln. Demnach sind auf 46 Chromosomen etwa 30.000 Gene lokalisiert, die ca. 1 Million verschiedene Proteine herstellen. Die Euphorie über dadurch sich eröffnende unbegrenzte Möglichkeiten, regulierend in die menschliche Keimbahn einzugreifen, ist groß. Allerdings ist damit nichts gesagt über die Funktionen und das Zusammenspiel der Gene im Entwicklungsprozess. Diese sind nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln. Man könnte die Situation vergleichen mit einem Computer, der zwar den Text des Neuen Testaments vollständig „einlesen“ kann, aber nicht weiß, ob er ihn unter dem Ordner „Badekuren“ oder dem Unterverzeichnis „Fischereiwirtschaft“ abspeichern soll. Albert Schweitzer hat sich zur Entdeckung der DNA-Doppelhelix, soweit ich weiß, nicht geäußert. Er hätte sie zunächst als eine wunderbare naturwissenschaftliche Bestätigung seiner mystischen Grunderfahrung der universalen Zusammengehörigkeit und Allverbundenheit der Schöpfung rundum nur begrüßen können. [...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitende Bemerkungen
- II. Was geschieht in der modernen „Gentechnik“?
- 1. Zur humanbiologischen Problematik: PND, PID, Stammzellen und mehr
- 1.1 PND und PID
- 1.2 Stammzellen und therapeutisches Klonen
- 2. „Grüne Gentechnik“ in der Landwirtschaft: Resistenzbildung, Patent auf Leben u.a.
- III. Schweitzers Konfliktethik angesichts gentechnologischer Entwicklungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht die ethischen Implikationen der Gentechnik im Kontext der Konfliktethik Albert Schweitzers. Ziel ist es, die Chancen und Risiken der Gentechnologie zu beleuchten und eine ethisch fundierte Bewertung der Entwicklungen zu ermöglichen. Der Text befasst sich mit der Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang mit wissenschaftlich-technischem Fortschritt und der Notwendigkeit eines breiten öffentlichen Diskurses.
- Ethische Herausforderungen der modernen Gentechnik
- Schweitzers Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben
- Die Rolle des wissenschaftlich-technischen Fortschritts
- Öffentlicher Diskurs und ethische Verantwortung
- Chancen und Risiken der Genmanipulation im humanbiologischen und landwirtschaftlichen Bereich
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitende Bemerkungen: Der einleitende Abschnitt skizziert den Kontext der Diskussion um Gentechnik und verortet sie vor dem Hintergrund der Entdeckung der DNA-Doppelhelix und der Entschlüsselung des menschlichen Genoms. Er betont die Euphorie und die Ängste, die mit diesen wissenschaftlichen Fortschritten einhergehen, und führt Albert Schweitzer als ethische Referenzfigur ein, dessen Konfliktethik als Grundlage für eine verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit der Gentechnik dienen soll. Der Abschnitt verweist auf Schweitzers Engagement gegen das nukleare Wettrüsten und stellt die Analogie zu den ethischen Herausforderungen der Gentechnik her.
II. Was geschieht in der modernen „Gentechnik“?: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die verschiedenen Bereiche der Gentechnik, beginnend mit humanbiologischen Aspekten wie PND, PID und Stammzellforschung. Es werden die damit verbundenen ethischen Fragen diskutiert und anhand von Zitaten aus einem Internetforum illustriert. Anschließend behandelt das Kapitel die „Grüne Gentechnik“ in der Landwirtschaft, die Herausforderungen der Resistenzbildung und die ethischen Implikationen von Patenten auf Leben. Die Zusammenfassung von verschiedenen gentechnischen Verfahren in diesem Kapitel unterstreicht die Breite und Komplexität des Themas und lenkt den Fokus auf die dringende Notwendigkeit einer ethischen Auseinandersetzung.
Schlüsselwörter
Gentechnik, Gen-Ethik, Albert Schweitzer, Konfliktethik, Ehrfurcht vor dem Leben, PND, PID, Stammzellen, therapeutisches Klonen, Grüne Gentechnik, Resistenzbildung, ethischer Diskurs, wissenschaftlicher Fortschritt, Verantwortung, Humanbiologie, Landwirtschaft.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Ethische Implikationen der Gentechnik im Kontext der Konfliktethik Albert Schweitzers
Was ist der Gegenstand dieses Textes?
Der Text analysiert die ethischen Implikationen der modernen Gentechnik, insbesondere im humanbiologischen und landwirtschaftlichen Bereich, unter Berücksichtigung der Konfliktethik Albert Schweitzers. Er beleuchtet Chancen und Risiken der Gentechnologie und plädiert für einen verantwortungsvollen Umgang mit wissenschaftlich-technischem Fortschritt sowie einen breiten öffentlichen Diskurs.
Welche Themen werden im Text behandelt?
Der Text behandelt verschiedene Bereiche der Gentechnik, darunter pränatale Diagnostik (PND), Präimplantationsdiagnostik (PID), Stammzellforschung und therapeutisches Klonen im humanbiologischen Bereich, sowie die "Grüne Gentechnik" in der Landwirtschaft mit Fokus auf Resistenzbildung und Patente auf Leben. Zentral ist die Auseinandersetzung mit der ethischen Verantwortung im Umgang mit diesen Technologien im Lichte von Schweitzers Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben.
Welche Rolle spielt Albert Schweitzer in der Analyse?
Albert Schweitzer dient als ethische Referenzfigur. Seine Konfliktethik bildet die Grundlage für die ethische Bewertung der Gentechnik. Der Text zieht Parallelen zwischen Schweitzers Engagement gegen das nukleare Wettrüsten und den ethischen Herausforderungen der Gentechnik.
Welche Kapitel umfasst der Text und worum geht es in ihnen?
Der Text gliedert sich in drei Kapitel: Kapitel I (Einleitende Bemerkungen) skizziert den Kontext und führt in die Thematik ein. Kapitel II (Was geschieht in der modernen „Gentechnik“?) gibt einen Überblick über verschiedene Bereiche der Gentechnik und deren ethische Implikationen. Kapitel III (Schweitzers Konfliktethik angesichts gentechnologischer Entwicklungen) vertieft die ethische Analyse im Kontext von Schweitzers Philosophie.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Text?
Schlüsselwörter sind: Gentechnik, Gen-Ethik, Albert Schweitzer, Konfliktethik, Ehrfurcht vor dem Leben, PND, PID, Stammzellen, therapeutisches Klonen, Grüne Gentechnik, Resistenzbildung, ethischer Diskurs, wissenschaftlicher Fortschritt, Verantwortung, Humanbiologie, Landwirtschaft.
Welche Zielsetzung verfolgt der Text?
Ziel des Textes ist es, die ethischen Herausforderungen der modernen Gentechnik zu untersuchen und eine ethisch fundierte Bewertung der Entwicklungen zu ermöglichen. Er möchte zum verantwortungsvollen Umgang mit wissenschaftlich-technischem Fortschritt anregen und die Notwendigkeit eines breiten öffentlichen Diskurses betonen.
An wen richtet sich dieser Text?
Der Text richtet sich an ein akademisches Publikum, das sich mit den ethischen Implikationen der Gentechnik auseinandersetzen möchte. Er ist geeignet für Studierende, Wissenschaftler und alle Interessierten, die sich mit den ethischen Fragen im Kontext von wissenschaftlich-technischem Fortschritt beschäftigen.
- Arbeit zitieren
- Dr. phil. Gottfried Schüz (Autor:in), 2003, Zivilisatorischer Fortschritt ins Grenzenlose? Gen-ethische Grenzfragen von heute und Albert Schweitzers Konfliktethik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56941