Augustinus hat das vierte Buch seines Spätwerkes "De doctrina Christiana" erst nach einer fast dreißigjährigen Unterbrechung in den Jahren 426/27 fertig gestellt. Sowohl diese späte Vollendung als auch seine erstaunliche inhaltliche Selbständigkeit trugen dazu bei, das vierte Buch als eigenständiges Werk anzusehen, welches erstmalig in der Geschichte der Rhetorik eine christliche Predigtlehre begründet hat.
Diese Affinität des frühen Christentums zur Rhetorik liegt jedoch nicht nur in der von der Rede abhängigen Natur des Christentums begründet, sondern vor allem in der rhetorischen Ausbildung seiner Verkündiger, „zumal Rhetorik und zeitgenössisches griechisches Bildungsverständnis gar nicht voneinander zu trennen“ waren. Predigt und Rhetorik gingen eine Verbindung ein, die sich durch vollkommene gegenseitige Abhängigkeit auszeichnete: „Ohne eine weitgehende Symbiose von Homiletik und Rhetorik ist die Predigt des 4./5. Jahrhunderts nicht zu denken.“
So selbstverständlich die Rhetorik für die Homiletik anfänglich war, so zweifelhaft wurde ihre Verwendung in zunehmendem Maße nach dieser frühchristlichen Blütezeit. Ausgangpunkt dieser paradoxen Situation war wiederum Augustinus’ viertes Buch der "De doctrina Christiana", welches nun dazu beitrug, die Rhetorik in einem fragwürdigen Licht erscheinen zu lassen.
Ausgehend von der großen Wirkung, die das vierte Buch der "De doctrina Christiana" auf die christliche Homiletik ausüben konnte, soll der Zweck dieser Arbeit darin bestehen, jene scheinbar widersprüchliche Bedeutung und Bewertung der Rhetorik zu bestimmen und herauszuarbeiten. Dies soll als Grundlage für den Vergleich mit Karl Barths und Gert Ottos Homiletik dienen, deren völlig unterschiedliche Auffassung von Rhetorik wiederum auf Augustinus zurückgeführt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung bei Augustinus
- 2.1 Anwendung und Zweck der Rhetorik in der Gemeinde
- 2.2 Weisheit und Rhetorik
- 2.3 Bibelrhetorik
- 2.4 Ethos und Rhetorik
- 3. Die Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung bei Karl Barth
- 4. Die Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung bei Gert Otto
- 5. Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung, ausgehend von Augustinus' De doctrina Christiana und im Vergleich zu ausgewählten homiletischen Ansätzen des 20. Jahrhunderts. Ziel ist es, die scheinbar widersprüchliche Bewertung der Rhetorik bei Augustinus zu analysieren und als Grundlage für den Vergleich mit den Positionen von Karl Barth und Gert Otto zu verwenden.
- Augustinus' Rhetorikverständnis in De doctrina Christiana
- Der Einfluss der antiken Rhetorik auf die christliche Predigt
- Vergleichende Analyse der Rhetorikauffassungen von Augustinus, Barth und Otto
- Die Rolle der Rhetorik in der Gemeinde
- Die Beziehung zwischen Rhetorik, Wahrheit und Überzeugung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt Augustinus' viertes Buch seines Werkes De doctrina Christiana als die erste christliche Predigtlehre vor. Sie hebt die späte Vollendung und die eigenständige Bedeutung dieses Buches hervor, welches, obwohl es kein Rhetorik-Handbuch sein will, eine solche dennoch darstellt. Die Einleitung vergleicht Augustinus' kritische Auseinandersetzung mit der antiken Rhetorik mit derjenigen Platons und erwähnt Ambrosius' vorsichtige Haltung gegenüber der Rhetorik.
2. Die Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung bei Augustinus: Dieses Kapitel analysiert Augustinus' Verständnis von Rhetorik im Kontext der christlichen Verkündigung. Es wird der Einfluss Ciceros, aber auch Augustinus' Anpassung der Rhetorik an die Gemeinde beleuchtet. Augustinus' Verteidigung der Rhetorik als Mittel zur Überzeugung, sowohl von Wahrheit als auch Falschheit, wird diskutiert. Das Kapitel beleuchtet wie Augustinus die Prinzipien der Predigt entwickelt und über Cicero hinausgeht, wobei er sich auf das ciceronische Modell der Produktionsstadien der Rede bezieht.
Schlüsselwörter
Augustinus, De doctrina Christiana, Rhetorik, christliche Verkündigung, Homiletik, Predigt, Karl Barth, Gert Otto, antike Rhetorik, Cicero, Gemeinde, Wahrheit, Überzeugung.
Häufig gestellte Fragen zu: Die Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung bei Augustinus, Barth und Otto
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung. Sie analysiert Augustinus' "De doctrina Christiana" und vergleicht Augustinus' Rhetorikverständnis mit ausgewählten homiletischen Ansätzen des 20. Jahrhunderts von Karl Barth und Gert Otto. Der Fokus liegt auf der scheinbar widersprüchlichen Bewertung der Rhetorik bei Augustinus und deren Auswirkungen auf die moderne Predigt.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Augustinus' Rhetorikverständnis in "De doctrina Christiana", den Einfluss der antiken Rhetorik auf die christliche Predigt, einen Vergleich der Rhetorikauffassungen von Augustinus, Barth und Otto, die Rolle der Rhetorik in der Gemeinde und die Beziehung zwischen Rhetorik, Wahrheit und Überzeugung.
Welche Autoren werden verglichen?
Die Arbeit vergleicht die Ansichten von Augustinus, Karl Barth und Gert Otto zur Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung. Augustinus' Werk "De doctrina Christiana" dient als Ausgangspunkt des Vergleichs.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Das Ziel ist die Analyse der scheinbar widersprüchlichen Bewertung der Rhetorik bei Augustinus und die Verwendung dieser Analyse als Grundlage für einen Vergleich mit den Positionen von Karl Barth und Gert Otto. Es soll untersucht werden, wie sich die antike Rhetorik auf die christliche Predigt ausgewirkt hat und welche Rolle die Rhetorik in der modernen Gemeinde spielt.
Welche Kapitel gibt es und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Eine Einleitung, die Augustinus' "De doctrina Christiana" als erste christliche Predigtlehre vorstellt; ein Kapitel über Augustinus' Verständnis von Rhetorik im Kontext der christlichen Verkündigung, mit Fokus auf Ciceros Einfluss und Augustinus' Anpassung an die Gemeinde; Kapitel zu Karl Barth und Gert Otto, die deren Ansichten zur Rhetorik in der Predigt behandeln; und abschließend ein Schlusswort.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Augustinus, De doctrina Christiana, Rhetorik, christliche Verkündigung, Homiletik, Predigt, Karl Barth, Gert Otto, antike Rhetorik, Cicero, Gemeinde, Wahrheit, Überzeugung.
Wie wird Augustinus' Werk "De doctrina Christiana" behandelt?
Augustinus' viertes Buch seines Werkes "De doctrina Christiana" wird als die erste christliche Predigtlehre vorgestellt. Die Arbeit analysiert Augustinus' kritische Auseinandersetzung mit der antiken Rhetorik und hebt die eigenständige Bedeutung dieses Buches hervor, welches, obwohl es kein Rhetorik-Handbuch sein will, dennoch als solches betrachtet werden kann.
Welche Rolle spielt Cicero?
Ciceros Einfluss auf Augustinus' Rhetorikverständnis wird beleuchtet. Die Arbeit zeigt, wie Augustinus die Prinzipien der Predigt entwickelt und über Cicero hinausgeht, wobei er sich auf das ciceronische Modell der Produktionsstadien der Rede bezieht.
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- Achim Binder (Author), 2006, Die Bedeutung der Rhetorik für die christliche Verkündigung in Augustinus' De doctrina Christiana im Vergleich zu ausgewählter Homiletik des 20. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56958