Wechselwirkung zwischen Politik und Medien. Politische Kommunikation zu Zeiten des Wahlkampfes

Eine Analyse der Wahlkämpfe 1994, 1998 und 2002


Magisterarbeit, 2006

97 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Theoretischer Bezugsrahmen zur Beurteilung der Rolle der Medien
1 Thematische Einführung und Forschungsstand
2 Theoretische Grundlagen zu Kommunikationsprozessen
2.1 Botschaften und Signale
2.2 Politische Kommunikation
2.3 Wahlkampfkommunikation
3 Medien – Ihre Definition, Funktion und Entwicklung
3.1 Definition von Medien
3.2 Funktionen von Medien
3.3 Entwicklung der Medien in der heutigen Gesellschaft
3.4 Darstellung einzelner Medien
3.4.1 Printmedien
3.4.2 Radio
3.4.3 Fernsehen
3.4.4 Internet
4 Politik in Deutschland, eingebettet im politischen und medialen System
4.1 Der Medienwandel in der modernen Gesellschaft
4.2 Mediendemokratie
4.3 Mediokratie, Entertainisierung bzw. Politainment
4.4 Politiker und Journalisten und ihr Umgang miteinander
4.5 Auswirkungen der Nachrichtenwerte auf die Berichterstattung der Medien

II Die Rolle der Medien im Zusammenhang mit politischen Wahlkämpfen
1 Wahlkämpfe in Deutschland
1.2 Entwicklung bzw. Darstellung früherer Wahlkämpfe in Deutschland
1.3 Wahlkämpfe heute: Voraussetzungen, Möglichkeiten, Wählerverhalten
2 Die Personalisierung der Politik
2.1 Die Spitzenkandidaten der Parteien
2.2 Inszenierte Auftritte der Politiker für die Berichterstattung der Medien
2.3 Der Politiker vor der Kamera
3 Die Entwicklung der Wahlkämpfe in Deutschland - Amerikanisierung vs. Modernisierung
3.1 Wahlkampfmanagement zur Planung eines Wahlkampfes
3.3 Meinungsforschung und ihre Wirkung auf den Wahlkampf
3.4 PR-Berater als Zukunft moderner Wahlkämpfe
4 Politische Werbemittel im Wahlkampfeinsatz
4.1 Printmedien
4.2 Fernsehspots
4.3 Fernseh-Duelle
4.4 Plakate
4.7 Internetpräsentation
4.7 Wahlkampfveranstaltungen
4.8 Weitere Werbemittel
4.8.1 Der Informationsstand
4.8.2 Die digitale Visitenkarte
4.8.3 Telefonwahlkampf
4.8.4 Der Wahltag

III Die vergleichende Darstellung des Einsatzes der Medien in den Wahlkämpfen 1994, 1998 und 2002
1 Die Bundestagswahl 1994
1.1 Die politische Ausgangslage zu Beginn des Wahlkampfes
1.2 Wahlkampfmanagement – Die Organisation des Wahlkampfes
1.3 Die Spitzenkandidaten und der TV-Wahlkampf
1.4 Der Einsatz der Werbemittel
1.4.1 Fernsehspots
1.4.2 Hörfunkspots
1.4.3 Printmedien
1.4.4 Plakate
1.4.5 Wahlveranstaltungen
2 Die Bundestagswahl 1998
2.1 Die politische Ausgangslage zu Beginn des Wahlkampfes
2.2 Wahlkampfmanagement – Die Organisation des Wahlkampfes
2.3 Spitzenkandidaten und TV-Wahlkampf
2.4 Der Einsatz der Werbemittel
2.4.1 Fernsehspots
2.4.2 Internetpräsentation
2.4.3 Plakate
2.4.4 Printmedien, Wahlveranstaltungen und weitere Werbemittel
3 Die Bundestagswahl 2002
3.1 Die politische Ausgangslage zu Beginn des Wahlkampfes
3.2 Wahlkampfmanagement – Die Organisation des Wahlkampfes
3.3 Spitzenkandidaten und TV-Wahlkampf
3.4 Der Einsatz der Werbemittel
3.4.1 Fernsehspots
3.4.2 Fernseh-Duelle
3.4.3 Internetpräsentation
3.4.4 Plakate
4 Zusammenfassung und Ausblick

Literatur- und Quellenangaben

Abkürzungsverzeichnis

EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG

I Theoretischer Bezugsrahmen zur Beurteilung der Rolle der Medien

1 Thematische Einführung und Forschungsstand

Der brisante Wahlkampf 2005 und sein unerwarteter Ausgang waren in aller Munde, nicht zuletzt durch die intensive Berichterstattung der Medien. Diese Ereignisse führten dazu, dass sich viele Fragen aufwarfen. Welchen Einfluss hat die Berichterstattung der Medien auf die Politik im Allgemeinen bzw. den Wahlkampf im Speziellen? Welchen Einfluss hat die Berichterstattung auf den Ausgang der Wahl, damit also auch auf die Wählerentscheidung? Spielt sie überhaupt eine Rolle oder ist der Wähler frei von jeglichen Einflüssen zu einer Entscheidung fähig? Wie gelangt Politik zum Wähler, welche Mittel werden dabei eingesetzt? Wie weit haben sich Medien und Politik im Laufe der Jahre angenähert? Wie intensiv ist die Verflechtung miteinander, sind sie eigenständige Systeme oder so von einander abhängig, dass sie ohne den anderen nicht uneingeschränkt handlungsfähig sind? Wie und unter welchen Bedingungen hat sich diese Verflechtung entwickelt bzw. wie wird sie sich die Entwicklung in naher Zukunft vollziehen und welche Auswirkungen wird das haben?

Diese Fragen zu beantworten sind die Motivation und Zielsetzung dieser Arbeit. Am deutlichsten lässt sich die Politikvermittlung zu Zeiten der Wahlkämpfe beobachten. Zu dieser Zeit bemühen sich Parteien intensiv um den Wähler, um an die notwendigen Stimmen für den Machterhalt bzw. den Machterwerb zu gelangen.

Objektive Lage und subjektive Wahrnehmung und Bewertung: Wahlforscher stellen seit Jahren das Aufweichen von fest gefügten Sozialmilieus, eine abnehmende Parteienidentifikation, eine wachsende Gruppe von Wechselwählern sowie eine zunehmende Tendenz zum Stimmensplitting fest. Das Parteiensystem ist in Bewegung geraten, Regierungswechsel sind wahrscheinlicher als in früheren Jahren. Deshalb stehen im Zentrum der folgenden Ausführungen alle politischen Bemühungen rund um den Wahlkampf. Ziel dieser Arbeit ist es, neben den theoretischen Grundlagen zu Kommunikation, Medien und Wahlkämpfen den Praxisbezug nicht außer Acht zu lassen.

Die Studie macht sich auf die Suche nach den Faktoren, welche die Einstellungen, Bewertungen und Wahrnehmungen der Wähler im Rahmen der Modernisierung der Wahlkämpfe betreffen.

Veränderungen über die Zeit: Ein besonderes Augenmerk bei der vorliegenden Untersuchung wird auf Veränderungen über die Zeit hinweg gelegt, denn nur so können Veränderungen in Bezug auf deutsche Wahlkämpfe als Erklärung des Wandels der Beziehungen zwischen Politik und Medien adäquat verstanden werden. Der zeitliche Horizont der Untersuchung erstreckt sich dabei auf die zu Beginn dieser Arbeit zurückliegenden drei Wahlkämpfe von 1994, 1998 und 2002. Die Begrenzung auf diesen Zeitraum ergibt sich zum einen auf Grund der Datenlage zu diesen Wahlkämpfen, denn der gerade stattgefundene Wahlkampf von 2005 ist noch nicht ausreichend analysiert und zum anderen spielten die Medien vor dem Wahlkampf 1994 nicht so eine große Rolle wie ab diesem Zeitpunkt.

Zusammenführung von Daten: In der bisherigen Praxis der politikwissenschaftlichen Forschung scheinen Analysen und Untersuchungen der politischen Kommunikation auf individueller Ebene vielfach nebeneinander zu existieren. Zwar findet der Begriff der Kommunikation und seine Beschreibung sowie Analyse in zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen breiten Raum, allerdings werden noch immer zu wenige Anstrengungen unternommen, diese Daten der Analysen aus den unterschiedlichen Disziplinen stärker zu verzahnen. Deshalb wird in der vorliegenden Arbeit der Versuch unternommen, Studien, Analysen und Erkenntnisse der Medien- und Kommunikationswissenschaften mit denen der Politikwissenschaften zu verknüpfen.

Forschungsstand und Quellenlage: In der BRD bildete sich eine Forschungstradition zum Thema Wahlen und Wahlkämpfe nach 1945 nur allmählich heraus, da es an den notwendigen wissenschaftlichen Gepflogenheiten und dem organisatorischen Unterbau fehlte. Außerdem mussten sich im akademischen Bereich erst wieder drei für diese Forschung unerlässliche Disziplinen festigen: die Soziologie, insbesondere die empirische Sozialforschung, die Politikwissenschaft sowie die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft.[1]

Das Forschungsfeld der politischen Kommunikation ist inzwischen zwar reichhaltig untersucht, denn es ist eine seit den 1980er Jahren stark an Terrain gewinnende Forschung, aber es gibt nach wie vor große Lücken. Die entscheidende Frage, was politische Kommunikation ist, bleibt unklar, denn je nach wissenschaftlicher Disziplin entsteht ein anderes Grundverständnis über den Untersuchungsgegenstand. Hier fällt die mangelnde disziplinübergreifende Kooperation ins Gewicht.

Der größte Teil der Aufsätze widmet sich in erster Linie den Wahlkämpfen allgemein, ihrer Darstellung und Untersuchung. So gehen etwa Wilke/Reimann genau wie Wirth/Voigt und Schulz/Zeh auf die Personalisierung der Politikdarstellung ein. Ohr und Klein dagegen behandeln vorwiegend die Professionalisierung von deutschen Wahlkämpfen. Einen guten Gesamtüberblick über die Thematik liefern die Werke, die unter der Mitwirkung von Christina Holtz-Bacha entstanden sind.

Zusätzlich zu den wissenschaftlich-analytischen Untersuchungen werden auch zunehmend Aufsätze und Werke von Journalisten, Politikberatern und Werbefachleuten veröffentlich, u. a. Machnig der aktiv an der Planung und Durchführung der SPD-Wahlkämpfe mitgewirkt hat. Diese Werke setzen sich vorwiegend mit der praktischen Seite der Wahlkampforganisation auseinander.

Art der Studie: Die politikwissenschaftliche Forschung wird in vier Bereiche für die Untersuchung von Wahlkämpfen unterschieden. Bei zeitgeschichtlichen-deskriptiven Studien wird ein chronologischer Gesamtüberblick über den Verlauf eines Wahlkampfes gegeben. Faktorenspezifische Studien dagegen beschäftigen sich meist mit nur einem ausgewählten Aspekt eines Wahlkampfes, z.B. der Bedeutung von Wahlprogrammen oder Spitzenkandidaten oder der Wirkung von Medien im Wahlkampf. Empirische Wahlforschung findet ihren Zugang durch prozessanalytische Studien, indem für die Wahlentscheidung relevante Faktoren in ihrer Kausalität für die Wahlentscheidung erfasst werden. Im vierten Bereich, den funktionalistischen Studien, wird kein bestimmter methodischer Ansatz genutzt. Stattdessen werden einzelne Elemente aus den drei anderen Bereichen verbunden.[2]

Die vorliegende Arbeit ist eine funktionalistische Studie, sie verknüpft die faktorenspezifische Analyse hinsichtlich der Bedeutung von Spitzenkandidaten und der Wirkung der Medien im Wahlkampf mit der prozessanalytischen Studie, indem sie z.B. medienrelevante Faktoren für die Wahlentscheidung von Bürgern untersucht.

Theoretische und empirische Restriktionen: Jede wissenschaftliche Untersuchung unterliegt Beschränkungen, die sich aus dem Untersuchungsgegenstand selbst oder sich dann ergeben, wenn der Forschungsprozess an verschiedenen Ecken mit Problemen aufwartet. Da das Thema dieser Arbeit am Schnittpunkt mehrerer Forschungsgebiete anknüpft, resultieren angesichts der Fülle und des Umfangs der Literatur notwendigerweise an der einen oder anderen Stelle Verkürzungen, die jedoch nicht als absichtlicher Reduktionismus aufgefasst werden sollten.

Gegenstand der Arbeit werden hauptsächlich die CDU/CSU und die SPD sein, da dies die mit Abstand größten Kontrahenten sind, die den Parteienwettbewerb im Allgemeinen und den Wahlkampf im Besonderen dominieren. Aus ihren Reihen kommen in aller Regel Kanzler und Kanzlerkandidaten, welche die Wahl nicht zuletzt als eine Entscheidung über das höchste Regierungsamt erscheinen lassen

Aufbau der Arbeit: Der politisch-kommunikative Prozess ist komplex und eng verknüpft mit Wahlkämpfen. Diese Arbeit zielt nicht auf eine sozialwissenschaftliche Theoriebildung, sondern auf die Darstellung der Komplexität politischer Kommunikation in der modernen Mediengesellschaft während der Wahlkämpfe. Eine umfassende Darstellung von Medien bildet dabei Anfang und Ausgangspunkt der Arbeit.

Der Übersichtlichkeit wegen wird diese Arbeit in drei eigene, durchaus separiert zu betrachtende Stränge geteilt, die jeweils in den Gesamtkontext einzuordnen sind. Der erste Teil besteht aus stärker theoretisch betrachteten Teilen. Dabei wird folgendermaßen vorgegangen: Zunächst wird in einer theoretischen Hinführung ein Überblick über das Verhältnis von Politik und Medien in Deutschland gegeben. Sowohl die Funktionen und rechtlichen Grundlagen als auch das Verhältnis der beiden Systeme zueinander werden untersucht. Dieser Abschnitt dient dazu, Begrifflichkeiten und Hintergründe zu erläutern, auf denen die weitere Untersuchung aufbaut.

In dem sich anschließendem Abschnitt werden die Rahmenbedingungen skizziert, unter denen Wahlkämpfe in Deutschland stattfinden. Zu diesem Zweck werden die wesentlichen Merkmale von Wahlkämpfen weiter präzisiert und die dabei verwendeten Medien unter dem Aspekt ihres Einsatzes untersucht. Dabei werden auch die Aspekte des Medienwandels unter Berücksichtigung der verschiedenen Ansätze der Wahlforschung, so u. a. Begriffe wie Amerikanisierung, Modernisierung, Professionalisierung in Betracht gezogen und untersucht.

Im letzten Teil dieser Arbeit, der die Darstellung und Analyse der Wahlkämpfe von 1994, 1998 und 2002 beinhaltet, erfolgt eine Darstellung der Ereignisse unter Bezugnahme der eingesetzten Mittel und Methoden. Ziel ist es dabei, die zunehmende Politikvermittlung durch die Medien chronologisch zu protokollieren.

2 Theoretische Grundlagen zu Kommunikationsprozessen

2.1 Botschaften und Signale

Um den politischen Wettbewerb zu determinieren, stellen Medieninstitutionen in öffentlichen Entscheidungsprozessen Kommunikationsleistungen bereit. Modellhaft gesehen spielen dabei der Sender einer Botschaft, die Botschaft selbst, das Medium, mit dem die Botschaft übertragen wird und der Empfänger der Botschaft eine Rolle. Ein wichtiger Bestandteil dieses Modells ist die dabei erzielte Wirkung der Botschaft, denn Kommunikation soll eine bestimmte Wirkung auf das Verhalten des Empfängers erzielen. Eine Kommunikation ist nur dann für den Sender erfolgreich, wenn der Empfänger bei der Informationsverarbeitung aus der großen Menge der verfügbaren Signale, die richtigen Signale herausfiltert. Dieses Ergebnis der selektiven Wahrnehmung der Signale soll die gewünschte Verhaltensänderung erzielen. Die dafür aufgewendete Aufmerksamkeit ist die Grundlage jeder menschlichen Entscheidung[3].

Signale sind Aussagen, die mindestens aus einem Subjekt und einem Prädikat bestehen. Diese werden vom Sender entsprechend seiner Zielfunktion zu einer Botschaft zusammengefasst, um sie dann mittels eines geeigneten Mediums an den Empfänger zu übertragen. Dieser interpretiert die Botschaft und passt bestenfalls sein Verhalten danach an. Das dabei verwendete Kommunikationsmedium hat dabei die Aufgabe, die Signale in eine übertragbare Form zu transformieren, welche gesprochene oder geschriebene Sprache, eine graphische Darstellung oder eine Kombination der zuvor genannten Möglichkeiten sein kann[4]. Um einen Empfänger oder eine Empfängergruppe zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren, kann zunächst die Möglichkeit der Gestaltung der Botschaft genutzt werden, denn um durch die übermittelte Botschaft einen Vorteil für den Sender zu erreichen, ist es nötig, die Aufmerksamkeit des Empfängers zu erhalten. Dies wird erreicht, indem durch eine geeignete Zusammenstellung der Botschaft, die Aufmerksamkeit des Empfängers auf die betreffenden Signale gelenkt wird.

2.2 Politische Kommunikation

Stehen die in einem politischen Entscheidungsprozess übertragenen Signale und Botschaften in einem Bezug zu öffentlichen Entscheidungsprozessen, so spricht man von politischer Kommunikation. Sie ist ein Prozess, bei dem die Übertragung von politischen Werbebotschaften eine politische Verhaltensänderung durchführen soll[5].

Politische Kommunikation ist ein unklar definierter wissenschaftlicher Gegenstand mit unterschiedlichen Forschungsbefunden und Forschungsansätzen.

„Politische Kommunikation ist der zentrale Mechanismus bei der Formulierung, Aggregation, Herstellung und Durchsetzung kollektiv bindender Entscheidungen. Insofern ist politische Kommunikation nicht nur Mittel der Politik. Sie ist selbst auch Politik.“[6]

Die Mediatisierung der politischen Kommunikation ist unaufhaltsam, denn ohne Medien gibt es keine anhaltende, stabile Kommunikation zwischen den politischen Akteuren sowie zwischen den politischen Akteuren und den Bürgern. Auf diese Bedingungen stellen sich die Akteure ein, indem sie medienbezogene Kommunikationsstrategien entwickeln und PR-Organisationseinheiten schaffen.

„Medien dominieren die Vermittlungsstruktur und werden mehr und mehr zur Voraussetzung der Kommunikation von gesellschaftlichen Organisationen.“[7]

Politische Akteure nutzen die Möglichkeit, das Verhalten der Bürger und Bürgerinnen durch übermittelte politische Botschaften zu beeinflussen, um damit ihre Position im Wettbewerb um politische Ämter zu verbessern oder auch um ein positives Image zu erhalten. Im politischen Wettbewerb zeigt sich diese Zielsetzung als Beeinflussung von Wahlentscheidungen durch die Übertragung von politischen Werbebotschaften.

Politisch Handeln heißt politische Kommunikation planen und entwerfen, jedoch nicht nur den politischen Inhalt, sondern auch ihre Umsetzung. Voraussetzung jeglicher Wirkung politischer Kommunikation ist, dass es zunächst gelingt, Aufmerksamkeit zu erregen, sei es durch besondere Gestaltungsmerkmale oder durch die Intensität des kommunikativen Impulses.

2.3 Wahlkampfkommunikation

Politische Ereignisse, Werbekampagnen, Persönlichkeiten und Werbeaussagen machen den Wahlkampf zur politischen Kommunikation, der Wahlkampfkommunikation.[8] Wahlkämpfe sind Phasen der intensivierten politischen Kommunikation.

Die Zielsetzung eines jeden Wahlkampfes aus Sicht der Kandidaten ist die Stimmenmaximierung. Dies soll erreicht werden durch kommunikative Strategien, denn der Wahlkampf ist primär ein Kommunikationsgeschehen. Wenn Wahlkämpfe also primär Kommunikationsprozesse sind, dann ist es auch plausibel, dass Wahlkämpfe moderner Großgesellschaften hauptsächlich im Forum der Massenmedien geführt werden. Die Funktionen von Wahlkampfkommunikation sind sehr vielseitig. Der Wahlkampf dient politischen Akteuren, sich selbst und ihre Positionen darzustellen. Dabei geht es um Themen und Personen, um Programme und Visionen, um das ästhetische Erscheinungsbild der Partei, aber auch um Farben und Töne. Außerdem richtet sich diese Wahlkampfkommunikation neben den Medien und den Wählern auch an die eigenen Parteimitglieder, welche integriert, mobilisiert und motiviert werden sollen, damit eine gute optimistische Grundstimmung als Ausgangsbasis für den Wahlkampf vorhanden ist. Eine weitere Funktion ist neben der Mobilisierung des eigenen Wählerpotentials die Anwerbung bzw. Abwerbung von Wählern, die entweder unschlüssig sind oder sogar der gegnerischen Partei zuneigen.[9]

3 Medien – Ihre Definition, Funktion und Entwicklung

3.1 Definition von Medien

Der Begriff des Mediums ist im allgemeinen Sprachgebrauch vage und vielfältig verwendbar. Der BROCKHAUS definiert dieses Stichwort in Hinblick auf Kommunikationswissenschaften, Parapsychologie, Physik und Chemie sowie Sprachwissenschaften. Der Plural des Begriffes bietet mehr Eindeutigkeit. Medien werden als gesellschaftliche Träger- bzw. Vermittlungssysteme für Informationen aller Art definiert, deren Funktion der Transport von Inhalten ist.[10]

Grundsätzlich lassen sich Medien deshalb als Mittler von Informationen bzw. als Träger von Kommunikation verstehen. Der Zweck von Medien besteht darin, Meinungen zu verbreiten, so dass eine private Meinung zu einer öffentlichen umgewandelt wird, denn erst eine veröffentlichte Meinung kann zu einer öffentlichen Meinung werden. Medien sorgen dabei für Massenkommunikation. Diese ist öffentlich, indirekt, einseitig und an ein großes Publikum gerichtet.

3.2 Funktionen von Medien

Die politische Hauptfunktion von Medien, also die Primärfunktion, ist die Herstellung von Öffentlichkeit mit der dabei einzubringenden Informationsfunktion, der Artikulationsfunktion sowie der Kritikfunktion, welche die Sekundärfunktionen einnehmen. Die Informationsfunktion stellt dabei die Möglichkeit der Kommunikation zwischen Bevölkerung, den gesellschaftlichen Gruppen und den politischen Entscheidungsträgern dar. Informationen sind hierbei übermittelte Nachrichten über Probleme und Ereignisse ebenso wie deren Bewertung. Dabei kommt eine wechselseitige Verständigung zwischen Regierung und Wählern zum Tragen, einerseits unterrichten die Wähler die Regierung über ihre Interessen und Erwartungen, andererseits informiert die Regierung die Wähler über politische Programme und Entscheidungen. Bei Informationen hat man einen Anspruch auf Objektivität, Meinungen dagegen sind meist subjektiv. Jedoch ist im Alltag zwischen beiden oft nicht sauber unterscheidbar.

Die Artikulationsfunktion der Massenmedien zeichnet sich dadurch aus, dass sie das Sprachrohr sowohl der Parteien als auch der Bürger bilden und somit über die Agenda der Politik bzw. über die Relevanz der gesellschaftlichen Interessen entscheiden[11]. Des Weiteren üben sie eine Kritik- und Kontrollfunktion der Politik aus, weshalb man sie in einigen Literaturen auch die vierte Gewalt nach Exekutive, Legislative und Judikative nennt.

Die Tertiärfunktion der Medien besteht darin, für die politische Sozialisation und Integration zu sorgen, indem sie grundlegende Werte und Regeln des Zusammenlebens vermitteln. Ebenso sind sie für die politische Bildung und Erziehung zuständig und sorgen für die politische Meinungs- und Willensbildung.[12]

3.3 Entwicklung der Medien in der heutigen Gesellschaft

Medien sind nur dann erfolgreich, wenn sie in der Gesellschaft einen Resonanzboden finden. Um dies zu ermöglichen, müssen sie sich auf politische und wirtschaftliche Machtkämpfe und geistige Auseinandersetzungen einlassen. Diese sind ein Teil unserer Gesellschaft, d.h. Medien besitzen keine gesellschaftliche Unabhängigkeit[13].

Massenmedien sind die Bühne auf der die konkurrierenden Akteure primär ihren Wettbewerb um Stimmen vor den Augen der Wähler austragen. Das System der Massenmedien bestand vor dem am 1.11.1954 den Sendebetrieb aufnehmenden Fernsehen aus dem traditionsreichen Printmedien und dem ersten drahtlosen Medium, dem Hörfunk. Zusammen mit dem Fernsehen bilden auch diese beiden bis heute die für die Politikvermittlung relevante Landschaft der Massenmedien.

Die Vermittlungsfunktion der Massenmedien in modernen Massengesellschaften zeigt sich am deutlichsten in der systematischen Ausrichtung professioneller Politik hin zu Erfordernissen, aber auch den Möglichkeitsräumen der Medien. Das bedeutet, dass sich Politikerauftritte immer mehr dem nicht mehr nachrichten-orientierten Fernsehumfeld anpassen. Aufgrund der Kommerzialisierung der Medienberichterstattung breiten sich

politische Sendeinhalte zwar quantitativ aus, aber die individuellen Präsentationschancen des einzelnen Politikers sinken, weshalb er seine mediale Präsenz verstärkt in den Unterhaltungssektor verlagert.[14]

3.4 Darstellung einzelner Medien

Die wichtigsten Informationsquellen für das aktuelle politische Geschehen sind für die Bürger die Zeitung und das Fernsehen, denn 78,3 % beziehen ihre Informationen aus den Printmedien und 77,2 % aus dem Fernsehen. Den Hörfunk dagegen nutzen 55,1 % und das Internet 42,7 %.[15]

3.4.1 Printmedien

Printmedien haben die älteste und längste Tradition in der Politikvermittlung. Sie können sowohl Text und Bild vermitteln, die wesentlichen Informationen bestehen aber aus Textbausteinen. Bei den Printmedien sind für die politische Kommunikation primär die Tages- und Wochenzeitungen bzw. die Nachrichtenmagazine von Bedeutung.

Zeitungen sind ein Medium mit langer Tradition. Mit der Erfindung des Buchdrucks 1450 gab es die Möglichkeit, das Wissen einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die erste regelmäßig erscheinende Zeitung wurde 1609 in Straßburg veröffentlicht und von dort an gab es fast 300 Jahre lang keine Konkurrenz. Doch mit der Wende zum 20. Jahrhundert wurden neue Massenmedien entdeckt, erst der Film, dann Rundfunk und Fernsehen. Die Privatisierung des Rundfunks 1984 sorgte zudem noch für eine Erhöhung der Anzahl der Sender. In den 1990er Jahren kam das Internet mit diversen Online-Diensten hinzu.

Doch trotz neuer Verbreitungsmöglichkeiten behaupten sich Zeitungen und Zeitschriften nach wie vor. In Deutschland existiert eine florierende Zeitungs- und Zeitschriftenlandschaft, welche 394 täglich erscheinende Zeitungs- und Zeitschriftentitel mit einer Auflage von 29 Millionen, 23 Wochenzeitungen mit einer Auflage von jeweils 2 Millionen, 835 Publikumszeitschriften mit 127 Millionen sowie 1083 Fachzeitschriften mit einer Auflage von 17,3 Millionen, beinhaltet[16].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Legende für beide Abbildungen

1 – täglich erscheinende Zeitschriften und Publikationen
2 – Wochenzeitungen
3 – Publikumszeitschriften
4 – Fachzeitschriften

Die Printmedien ergänzen Hörfunk und Fernsehen, indem sie dort Empfangenes vertiefen und ergänzen. Sie stellen damit aber auch höhere Anforderungen an ihr Publikum, denn Lesen ist mühevoller als Sehen und/oder Hören. Der Leser kann die Inhalte selektieren, d.h. seinen Interessen und Bedürfnissen entsprechend die für ihn relevanten Informationen heraussuchen. Außerdem kann auch die Schnelligkeit und Intensität der Informationsaufnahme selbst entschieden werden.[17]

3.4.2 Radio

Der Hörfunk ist ein Unterhaltungsmedium und vermittelt seine Informationen im Gegensatz zu den Printmedien nur in Ton. Im Vergleich zu ihnen ist seine Informationskapazität gering, da die Informationen hier knapp und gering gehalten werden müssen aufgrund der kurzen Aufnahmezeit. Der Vorteil besteht in den schnellen Informationen, was es zu einem wichtigen Massenmedium der Erstberichterstattung macht. Das Radio erreicht 80% der Haushalte täglich[18]. Da das Radio mobil ist, eignet es sich hervorragend dazu, unterwegs genutzt zu werden, sei es im Auto oder beim Sport, es ist jederzeit mit geringem technischem Aufwand einsetzbar. Deshalb dient das Radio neben dem Informationszweck hauptsächlich dem Entspannungszweck und wird somit zum Begleitmedium, weshalb es selten die volle Aufmerksamkeit des Rezipienten erhält. Durch weiteren technischen Fortschritt ist das Radio durch das Internet inzwischen zum Begleitmedium der PC- und Internetnutzer geworden. In punkto Aktualität ist der Hörfunk mit dem Fernsehen konkurrenzfähig, Printmedien dagegen sind es nicht, denn sie können frühestens am Folgetag davon berichten, elektronische Medien dagegen gegebenenfalls direkt übertragen.

3.4.3 Fernsehen

Das Fernsehen ist das einflussreichste Massenmedium, es kann sowohl Text und Bild als auch Ton und bewegte Bilder vermitteln. Aber auch das Fernsehen muss seine Informationen knapp und einfach halten, es werden die Geschehnisse des Tages gesendet, die einen hohen Nachrichtenwert haben. Es ist deshalb zur Personalisierung, Symbolisierung und Verkürzung von politischen Ereignissen gezwungen, da sie einem ständig wachsenden Konkurrenz-, Zeit- und Aktualitätsdruck ausgesetzt sind. Auch das Fernsehen ist ein bedeutendes Medium der Erstberichterstattung, und das sogar in Wort und Bild. Allerdings können diese Informationen meist nur daheim abgerufen werden im Gegensatz zum Begleitmedium Radio.[19]

Das Fernsehen ist ein multifunktionales Medium, es bietet sowohl Information als auch Unterhaltung. Aufgrund der Steigerung der Unterhaltungsangebote nach der Einführung der Privatsender verstärkt sich die unterhaltungsorientierte Zuwendung im Gegensatz zur verminderten Zuwendung hinsichtlich informationsorientierter Sendungen.

Das Fernsehen nimmt seit geraumer Zeit eine Schlüsselrolle ein, wenn es um das

Sichtbarmachen politischer Prozesse geht, die zum größten Teil hinter verschlossenen Türen stattfindet. Es gibt kaum noch einen Haushalt, indem sich kein Fernsehgerät befindet und damit ist die Möglichkeit abgesichert, dass Politik- und Medienanbieter ihre Meldungen zu jedem „nach Hause“ tragen können. Über 80% der Bevölkerung nutzen täglich das Medium Fernsehen[20]. Das Fernsehen ist das Leitmedium der politischen Kommunikation, es ist nach Meinung der Bürger glaubwürdig und objektiv.

Der deutsche Fernsehmarkt ist seit Mitte der 1980er Jahre als ein duales System organisiert, bei dem neben öffentlich-rechtlichen Programmanbietern auch private, wirtschaftlich orientierte Medieninstitutionen um die Aufmerksamkeit eines Publikums konkurrieren. Eine öffentliche Medieninstitution unterscheidet sich von der privaten dadurch, dass ihr zur Erfüllung eines Programmauftrags durch die Regierung ein Budget zugewiesen wird. „Programmstrukturauflagen der Fernsehregulierung in Deutschland

sind im Wesentlichen durch wenig konkrete Formulierungen gekennzeichnet. Daher

wird auch von einem ‚Leerformelcharakter‘ bei Auflagen wie ‚Grundversorgungsvertrag‘, ‚Sicherung der Meinungsvielfalt‘ oder ‚Programmgrundsätzen‘ gesprochen.“[21]

Die kurzen Darstellungen von politischen Informationen und Handlungen schafft unrealistische Vorstellungen von den faktisch begrenzten personalen Handlungsspielräumen und einen unzutreffenden Eindruck davon, was politische Arbeit ausmacht.

„Als nahe liegende Konsequenz der Dualisierung für die politische Öffentlichkeitsarbeit bzw. dem Fernseh-Wahlkampf der Akteure lässt sich aus diesen Erkenntnissen ableiten, dass mit fortschreitenden Reichweiten der privaten Anbieter eine wachsende Ausrichtung an den medienspezifischen Formatkriterien erfolgt.“[22]

Hans Bertelsmann zeigte in seiner Analyse „Bericht zur Lage des Fernsehens“ für den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog vier Tendenzen auf, nach denen Politik im Fernsehen „verarbeitet“ wird. Die Fernsehberichterstattung setzt auf ‚Spektakuläres‘ und ‚starke Bilder‘, dem so genannten Sensationismus und ebenso auf Negativismus, was oft Schreckensbilder beinhaltet. Hinzu kommt die Skandalisierung, d.h. aus normalen, alltäglichen Vorgängen werden Haupt- und Staatsaktionen und Krisen werden herbeigeredet. Als letzte Tendenz verwies er auf die ritualisierte Politikdarstellung, welche weniger der Berichterstattung als der eigenen Selbstdarstellung der Medien dient. Dazu gehören u. a. Bilder aus den Vorhöfen der Macht, von roten Teppichen, Pulks von Kameras und Bündel von Mikrofonen. Politiker müssen diesbezüglich eine Gratwanderung vollziehen, indem sie sich einerseits auf solche Entwicklungen einstellen müssen und andererseits versucht sein müssen, ihr nicht zu stark nachzugeben[23].

Tendenziell gesehen ist die Vermittlung von politischen Informationen durch das

Fernsehen rückläufig. Dies geschieht aus der Tatsache heraus, dass der Fernsehnutzer es heute wesentlich leichter hat, bei Desinteresse politischen Nachrichten – oder Magazinsendungen auszuweichen. Die Voraussetzungen dafür sind schnell erfüllt, Fernbedienung, Videorecorder, Programmvermehrung sowie die inhaltliche Struktur der Programme machen es leicht. Bei den privaten Programmen weichen die Informations- und Bildungssendungen den Unterhaltungssendungen, so dass dem Zuschauer ein „Unterhaltungsslalom per Fernbedienung“ ermöglicht wird.[24]

Trotz dieses Rückgangs bei der generellen Vermittlung von Politik hat das Fernsehen weiterhin die größte Bedeutung als Informationsressource für den Wähler, vor allem die Hauptabendnachrichten. Deren Aufgabe ist es, dem Zuschauer einen Bericht über das aktuelle politische Geschehen zu geben. Hauptabendnachrichten haben eine hohe Reichweite und werden auch von solchen Wählern genutzt, die allgemein durch politische Informationen schwer erreichbar sind, z.B. politisch wenig Interessierte. Hauptabendnachrichten gelten beim Publikum als besonders glaubwürdig und authentisch.[25]

3.4.4 Internet

Das Internet ist ein Medium mit konkretem und praktischem Nutzwert, es können E-Mails versandt und empfangen und aktuelle Nachrichten, Kartenservice, Reiseinformationen etc. abgerufen sowie die Möglichkeit des Homebankings und Gesprächsforen genutzt werden. Das Internet ist nicht ausschließlich Massenmedium, sondern es bietet auch Formen der direkten Kommunikation, der interaktiven Kommunikation sowie der Individualkommunikation. Zu den anderen Massenmedien unterscheidet es sich hinsichtlich der Vermittlungsleistung. Es gibt keine zentrale Stelle für die Selektion, Koordination und Zensur von Informationen, d.h. jeder kann Informationen anbieten, wenn er über das technische Know-how verfügt. Das Internet läuft zweigleisig, es sorgt sowohl für Politisierung als auch für Entpolitisierung, denn einerseits können vielfältige politische Informationen abgerufen werden, andererseits gibt es genug Möglichkeiten, politische Informationen völlig zu umgehen. Das Internet ist folglich entweder ausschließlich ein Informations- oder ausschließlich ein Unterhaltungsmedium.[26]

4 Politik in Deutschland, eingebettet im politischen und medialen System

Das politische System Deutschlands ist eine parlamentarische Demokratie. Dieses parlamentarische Regierungssystem ist gekennzeichnet durch eine Kanzlerhegemonie und durch die Möglichkeit zur Abberufbarkeit der Regierung durch das Parlament. Es ist eine Mischform mit einer Kombination von parlamentarischen Strukturen und Verhandlungssystemen. Entscheidungen sind meist langwierig und bedürfen einer langen Vorbereitung. Ihre Formen können sehr unterschiedlich sein, mal durch informelle Expertenrunden, mal mehrheitsdemokratisch, z.B. bei Bundestagsabstimmungen. Politische Entscheidungen sind deshalb komplexer und zeitintensiver, weil es eine nicht geringe Anzahl von so genannten Nebenregierungen gibt, so z.B. der Einigungszwang in der Koalitionsdemokratie, die Macht der Ländervertretungen und somit die Politikverflechtung zwischen Bund und Ländern, die Verfassungsgerichtsbarkeit und die autonome Bundesbank bzw. EZB[27]. Politik ist ein offener, weitgehend unstrukturierter sozialer Prozess, der in einem formalen Rahmen stattfindet. Dieser Rahmen wird aus gegebenen Institutionen, rechtlichen Bestimmungen, spezifischen Wertorientierungen und handelnden Akteuren gebildet.[28]

Das in der Berichterstattung erzeugte Bild von Politik entspricht oft nicht der Realität des politischen Prozesses, denn die Zeit für die Darstellung eines Sachverhaltes ist oftmals viel zu kurz.

„Alles, was nicht optisch verdeutlicht werden kann, hat im Fernsehen eine messbar geringere Präsentationschance. Dies hat eine starke Personalisierung der politischen Informationen im Fernsehen zur Folge und eine ebenso starke Ritualisierung der Situationen, in denen politisch handelnde Personen gezeigt werden.“[29]

Das westdeutsche Mediensystem hat sich nach 1945 etabliert, es ist ein duales System, bestehend aus der privatwirtschaftlich organisierten Presse und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Tiefgreifende Veränderungen entstanden durch die Zulassung des privaten Fernsehens und Hörfunks.[30]

In Demokratien stehen Medien und Politik in einem von gegenseitiger Abhängigkeit geprägten Austauschverhältnis und somit untrennbar miteinander verbunden, denn durch Medien werden in modernen Demokratien politische Meinungs- und Willensbildungsprozesse erst möglich. Das bedeutet, dass das Grundmodell der Beziehung zwischen dem politischen System und dem Mediensystem einer Tauschbeziehung gleichkommt, bei der Informationen gegen Publizität und umgekehrt eingetauscht werden. Diese Abhängigkeit besteht innerhalb eines Handlungssystems, das durch bestimmte Rollen und Regeln geformt wird. Die Massenmedien bilden dabei die kommunikative Schnittstelle zwischen politischen Akteuren und dem Volk. Die Funktionsfähigkeit der Massenmedien unterliegen dabei verschiedenen Bedingungen, so u. a. den rechtlichen Voraussetzungen, politisch-gesellschaftlichen und ökonomischen Faktoren sowie dem Medienverhalten des einzelnen Bürgers[31].

Die rechtlichen Voraussetzungen sind im Presse- und Rundfunkrecht geregelt. Die Presse- und Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz) ist ein Teil der Medienfreiheiten und stellen die Grundlage für die verfassungsrechtliche Stellung der Presseunternehmen und der Rundfunkveranstalter dar. Die Medienfreiheit soll dabei den Schutz vor staatlicher Bevormundung garantieren.

Presse- bzw. Rundfunkfreiheit ist in Deutschland maßgeblich für das Verhältnis zwischen staatlichen Akteuren und Medieninstituten. Zu allen Zeiten nutzten Politiker die zu ihrer Zeit existierenden Medien, um ihre Meinungen, Ansichten und Programme zu verbreiten. Im 16. Jahrhundert waren es die Flugschriften, während der amerikanischen und französischen Revolution die Druckpressen, Bismarck manipulierte die Zeitungen, unter Goebbels kam es zur Gleichschaltung von Presse und Rundfunk und in der DDR bestimmte die SED, was in den Medien berichtet wurde[32].

4.1 Der Medienwandel in der modernen Gesellschaft

Die Medien haben am Prozess der gesamtgesellschaftlichen Modernisierung, an Individualisierung und Wertewandel einen erheblichen Anteil, denn Alltagswissen, Handlungsorientierungen und Identitätsbildung erfolgen in zunehmendem Maße durch massenmediale Angebote. Der Medienwandel wird begünstigt durch die Zunahme von nationalen und internationalen Angeboten und durch Entwicklungsschübe in der Verteil- und Empfangstechnik.[33]

Um auch die Aufmerksamkeit der politisch wenig Interessierten und der Wechselwähler zu erwecken, bedarf es in zunehmendem Maße perfekt inszenierter, abwechslungsreicher Darstellungen für die Massenmedien und in den Massenmedien. Die Auftritte der Politiker in den Showformaten des Fernsehens zeichnen sich dadurch aus, dass hier Politik nicht offen vermittelt wird, sondern Politik möglichst keine Rolle spielen soll. Die Darstellung des Privatmenschen, gespickt mit ein wenig Vermittlung von Politik ist das moderne Darstellungsformat in den Medien.[34]

Die Fernsehberichterstattung ist an bildlicher Darstellung interessiert, wichtig ist es, handelnde Personen und „sprechende Köpfe“ zeigen zu können.

4.2 Mediendemokratie

Die Politikwahrnehmung erfolgt meist medienvermittelt, und da eine möglichst nahe kommende unmittelbare Kommunikation mittels Medien am einfachsten ist, bedient man sich z.B. des Fernsehens, um sich via Bildschirm direkt an das Volk zu wenden.

Die wechselseitige Anhängigkeit zwischen Politik und Medien nennt sich Interdependenz. Medien sind dabei nicht die simplen Sprachrohre für die Politik und die Politik ist keine simple Zulieferindustrie für die Medien, denn politische Akteure sind auf die massenmediale Öffentlichkeit und die Massenmedien auf die politischen Informationen angewiesen.

„Während die Politik die Massenmedien als Zugang zur (Medien-) Öffentlichkeit benötigt, benötigen die Massenmedien die Politik als Zugang zu politischen (Insider-) Informationen; während die Massenmedien bestimmen, ob und wie Informationen an die (Medien-) Öffentlichkeit gelangen, bestimmt die Politik maßgeblich darüber, welche Informationen den Massenmedien dabei überhaupt zur Verfügung stehen; während die Massenmedien für die Politik als Gate Keeper zur (Medien-) Öffentlichkeit fungieren, fungiert die Politik für die Massenmedien als Gate Keeper zu aktuellen, exklusiven, detaillierten Insider-Informationen sowie auch zu Spitzenpolitikern.“[35]

Dabei kommt das Modell der Mediendemokratie zum Tragen. Peter Massing beschreibt es als ein politisches System, in dem allein den Medien als Akteur und Instrument die zentrale Rolle der öffentlichen Meinungsbildung zukommt. Die ursprünglichen Rollen von Medien und Politik sind dabei vertauscht, denn die Medien nehmen nicht mehr ausschließlich eine Beobachterposition ein, sondern sie sind es, die zunehmend von den politischen Akteuren beobachtet und instrumentalisiert werden.

Der Begriff der Mediendemokratie wird zwar nicht immer explizit genannt, die Annahme einer gewachsenen Verbindung und Angleichung zwischen Medien und Politik findet sich aber in der meisten Literatur zu diesem Thema.

„Mit dem Einfluß der Massenmedien, vor allem des Fernsehens, auf Politiker, Politik und die politische Willensbildung der Bevölkerung beschäftigen sich seit Jahren zahlreiche Untersuchungen. Eindeutige Wirkungszusammenhänge aber sind nicht nachgewiesen. Ob nun Politiker das Fernsehen zum Transport ihrer Botschaft nutzen oder Fernsehjournalisten Politik zum Showbusiness degradieren, bleibt genauso unbeantwortet wie die alte Frage, ob zuerst ds Ei oder das Huhn da war.“[36]

4.3 Mediokratie, Entertainisierung bzw. Politainment

Von der Mediendemokratie ist der Schritt in der Literatur schnell gemacht zur Mediokratie. Dabei handelt es sich um die professionelle Selbstmedialisierung der Politik, wobei es zu einer Veränderung der Politik in den Strukturen ihrer Prozesse und in deren Akteurs-Konstellationen kommt.[37]

„Wo Massenmedien als Mittler und Katalysator dafür sorgen, dass Neigungen und Vor-lieben,

Aufmerksamkeitsbereitschaft und Informationsneigung des breitest möglichen

Massenfeldes der Gesellschaft zu einer Art Grundgesetz der gegebenen Kommunikationsweise

werden, sind die Merkmale der Mediokratie erfüllt.“[38]

[...]


[1] Wilke, J./Reinemann, C. (2000), S. 8

[2] Bergmann, K. (2002), S. 13

[3] Große Holtforth, D. (2000), S. 19

[4] Große Holtforth, D. (2000), S. 9 f

[5] Große Holtforth, D. (2000): S. 15

[6] Jarren, O./Douges, P. (2002), Band 1, S. 22

[7] Jarren, O./Douges, P. (2002), Band 1, S. 32

[8] Steinseifer-Pabst, A./Wolf, W. (1994), S. 52

[9] Dörner, A., in: Dörner, A./Vogt, L. (2002), S. 24

[10] Brockhaus (1998), S. 401ff

[11] Massing, P., in: Massing, P. (2004): S. 5

[12] Strohmeier, G. (2004), S. 73

[13] Meyer, H., in: Altendorfer, O./Wiedemann, H./Mayer, H.(2000), S. 29

[14] Bieber, C., in: Massing, P. (2004), S. 16f

[15] Gellner, W./Strohmeier, G., in: Holtz-Bacha, C. (2000), S. 102

[16] Wiedemann, H., in: Altendorfer, O./Wiedemann, H./Mayer, H.(2000), S. 33f

[17] Strohmeier, G. (2004), S. 28f

[18] Wiedemann, H., in: Altendorfer, O./Wiedemann, H./Mayer, H.(2000), S. 35

[19] Strohmeier, G. (2004), S. 39f

[20] Wiedemann, H., in: Altendorfer, O./Wiedemann, H./Mayer, H.(2000), S. 36

[21] Große Holtforth (2000), S. 138

[22] Hetterich, V. (2000), S. 77

[23] Goppel, T. Die Macht der Medien, in: Altendorfer, O./Wiedemann, H./Mayer, H. (2000), S. 19

[24] Hetterich, V. (2000), S. 73

[25] Schulz, W./Zeh, R., in: Holtz-Bacha, C. (2003), S. 60

[26] Strohmeier, G. (2004), S. 48ff

[27] Korte, K., in: Schatz, H./Rössler, P./Nieland, J. (2002), S. 24

[28] Jarren, O./Douges, P. (2002), Band 2, S. 29

[29] Hetterich, V. (2000), S. 76

[30] Ismayr, W., in: Ismayr, W. (2003), S. 473

[31] Massing, P: Einleitung, S. 6

[32] Goppel, T. Die Macht der Medien, in: Altendorfer, O./Wiedemann, H./Mayer, H. (2000), S. 17

[33] Tenscher, J./Nieland, J., in: Dörner, A./Vogt, L. (2002), S. 144

[34] Tenscher, J./Nieland, J., in: Dörner, A./Vogt, L. (2002), S. 146, 155

[35] Strohmeier, G. (2004), S. 152f

[36] Graßau, G., in: Altendorfer, O./Wiedemann, H./Mayer, H. (2000), S.101

[37] Massing, P. (2004): Einleitung, S.6

[38] http://www.humanismus-heute.de/texte/w2003/thema6/meyer.pdf

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Wechselwirkung zwischen Politik und Medien. Politische Kommunikation zu Zeiten des Wahlkampfes
Untertitel
Eine Analyse der Wahlkämpfe 1994, 1998 und 2002
Hochschule
Universität Potsdam  (Sozialwissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
97
Katalognummer
V57225
ISBN (eBook)
9783638517386
ISBN (Buch)
9783640319329
Dateigröße
899 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wechselwirkung, Politik, Medien, Politische, Kommunikation, Zeiten, Wahlkampfes, Eine, Analyse, Wahlkämpfe
Arbeit zitieren
Anja Engel (Autor:in), 2006, Wechselwirkung zwischen Politik und Medien. Politische Kommunikation zu Zeiten des Wahlkampfes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57225

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