Am 6. Oktober 1925 hatte eine Epoche der Fusionen in der deutschen Farbstoffindustrie ihren absoluten Höhepunkt erreicht: Die Direktoren der deutschen Farbenwerke schlossen sich zum größten deutschen Industrieunternehmen und einem der größten Chemieunternehmen der Weltwirtschaft zusammen – der I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft. Ihr Name stand damals wie heute stellvertretend für die marktbeherrschende Macht eines weit verzweigten Monopols. Woher aber kam dieser Chemieriese und wer war die treibende Kraft in seinen Geburtsstunden? Seine Entstehung lässt sich, anders als man vermuten mag, nicht auf ein paar Jahre vor seiner Gründung reduzieren. Die Wurzeln der I.G. reichen bis weit vor den Ersten Weltkrieg zurück und verliefen nicht immer geradlinig auf eine Fusion zu. Vater im Geiste und Förderer dieser Fusionsidee war Carl Duisberg, der in zwei Denkschriften in den Jahren 1904 und 1915 den theoretischen Rahmen für die Fusion absteckte. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen seine hart erkämpften Erfolge und aber auch zahlreichen Rückschläge bei der Lobby- Arbeit für „seine“ Interessengemeinschaft. Der vergleichenden Analyse der beiden Denkschriften kommt dabei eine hohe Bedeutung zu, da sich in ihnen sowohl die jeweiligen Probleme der Farbstoffindustrie als auch die Lösungsvorschläge Duisbergs widerspiegeln. Somit ergibt sich über die historisch-deskriptive Darstellung der bloßen Ereignisse hinaus ein zweiter Fragenkomplex: Wie sind der Einfluss und die Leistung Duisbergs in der Entstehungsgeschichte der I.G. einzuschätzen und wie reagierte die Farbstoffindustrie auf die Fusionsvorhaben angesichts einer immer stärker werdenden ausländischen Konkurrenz?
Eine Schwierigkeit bei der Untersuchung der Thematik war die größtenteils ungenügende Quellen- und Literaturlage. Sie machte es bei der Sekundärliteratur erforderlich, entweder auf populär-wissenschaftliche und tendenziöse Monographien auszuweichen oder auf veraltetes Material zurückzugreifen. Lobenswert in diesem Zusammenhang ist das ausführliche Werk von Gottfried Plumpe, das sich als einzige Arbeit ausgewogen und detailliert der Geschichte der I.G. Farben annimmt. Verglichen mit dem wirtschaftlichen und auch politischen Einfluss, den die I.G. in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ausübte, wurde und wird sie immer noch zu Unrecht in der wirtschaftsgeschichtlichen Forschung vernachlässigt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Gründung der „kleinen I.G.“
- 1.1 Carl Duisbergs Fusionsidee
- 1.2 Lage der Farbstoffindustrie
- 1.3 Denkschrift von 1904
- 1.3.1 Inhalt
- 1.3.2 Rezension und Folgen
- 1.4 „Dreibund“ vs. „Dreierverband“
- 2. Fusionsplanungen im Zeichen des Ersten Weltkriegs
- 2.1 Ausgangslage in der Vorkriegszeit
- 2.2 Farbstoffindustrie und der Erste Weltkrieg
- 3. Konzentration zur „großen I.G.“
- 3.1 Duisbergs Denkschrift von 1915
- 3.1.1 Inhalt
- 3.1.2 Rezension
- 3.2 Zusammenschluss und Ausblick
- 3.1 Duisbergs Denkschrift von 1915
- Schlussbetrachtung
- Zeittafel
- Literaturliste
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entstehungsgeschichte der I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft und beleuchtet die Rolle des Chemikers Carl Duisberg in diesem Prozess. Die Analyse der beiden Denkschriften Duisbergs aus den Jahren 1904 und 1915, die die theoretischen Grundlagen für die Fusion der deutschen Farbstoffindustrie lieferten, steht dabei im Vordergrund.
- Die Fusionsidee Carl Duisbergs und ihre Motivationen
- Die Lage der deutschen Farbstoffindustrie vor und während des Ersten Weltkriegs
- Die Rolle der Denkschriften Duisbergs in der Entwicklung der I.G. Farben
- Der Einfluss Duisbergs auf die deutsche Chemieindustrie und die Reaktion auf seine Fusionsvorhaben
- Der Vergleich der Denkschriften von 1904 und 1915 und die darin dargestellten Probleme und Lösungsansätze.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und beschreibt den Entstehungsprozess der I.G. Farbenindustrie. Sie erläutert die Rolle Carl Duisbergs als Wegbereiter der Fusion und hebt die Bedeutung seiner beiden Denkschriften hervor.
Kapitel 1 befasst sich mit der Gründung der „kleinen I.G.“. Es analysiert die Fusionsidee Duisbergs, die Situation der Farbstoffindustrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die Denkschrift von 1904 und die Reaktion darauf.
Kapitel 2 beleuchtet die Fusionsplanungen im Kontext des Ersten Weltkriegs. Es betrachtet die Ausgangslage vor dem Krieg und die Auswirkungen des Krieges auf die Farbstoffindustrie.
Kapitel 3 widmet sich der Konzentration zur „großen I.G.“. Es analysiert Duisbergs Denkschrift von 1915, den Zusammenschluss der Unternehmen und die Zukunftsaussichten der I.G. Farben.
Die Schlussbetrachtung fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen und bietet einen Ausblick auf die weitere Entwicklung der I.G. Farbenindustrie.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beleuchtet die Themengebiete der deutschen Farbstoffindustrie, der Kartellbildung, der Fusionen, der I.G. Farbenindustrie, Carl Duisberg, den Denkschriften von 1904 und 1915, der deutschen Chemischen Industrie im Ersten Weltkrieg, der wirtschaftlichen Konkurrenz, der Entstehung von Monopolen und dem Einfluss von Carl Duisberg auf die Entwicklung der I.G. Farben.
- Quote paper
- M.A. Frank Walzel (Author), 2005, Die deutsche Farbstoffindustrie zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Carl Duisberg und die Entstehung eines deutschen Chemiekartells, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57279