Die Berliner Bilderhandschrift


Hausarbeit, 2004

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographie Heinrich von Veldeke

3. Die Berliner Bilderhandschrift
3.1. Geschichte der Bilderhandschrift
3.2. Kodikologische Beschreibung
3.3. Die Miniaturen
3.3.1. Verlorene Bilder
3.3.2. Rahmen und Bildgrund
3.3.3. Technik der Federzeichnung
3.3.4. Stilistische Charakterisierung
3.3.4.1. Gesichtsausdruck
3.3.4.2. Gewandgestaltung
3.3.4.3. Gebärden der Figuren

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In dieser schriftlichen Arbeit beschäftige ich mich mit der Berliner Bilderhandschrift des Eneasromans. Ich werde in der folgenden Arbeit sowohl auf die Historik der Bilderhandschrift, wie auch auf die kodikologischen Merkmale der Bilderhandschrift genauer eingehen.

Eine Bilderhandschrift ist im Unterschied zur reinen Texthandschrift ein Manuskript, das neben dem Text selbständige Illustrationen enthält. Die Darstellungen können auf den Text Bezug nehmen, sie können aber auch lediglich der Dekoration dienen. Zudem gibt es auch Bilderhandschriften ganz ohne Text[1].

Der Cod. Pal. germ. 403 ist eine der jüngsten Handschriften des Werks. Dies ist die einzige Handschrift, in der das Werk beim Namen genannt wird: Auf fol. 3v hat ein Bibliothekar im 16. Jahrhundert am oberen Seitenrand den Titel „Eneaß“ vermerkt, der noch schwach lesbar ist[2]. Diese Handschrift wurde laut Eintrag auf fol. 255r am 11. Oktober 1419 vom Schreiber Hans Coler, vermutlich in Straßburg, vollendet[3]. Da dem Cod. Pal. germ. 403 eine unvollständige Textvorlage zu Grunde lag, und deshalb Beginn und Schluss fehlten, setzte Hans Coler an den Anfang ein Gebet mit der Bitte um die Hilfe Christi und reimte sich den Schluss, den er offensichtlich kannte, selbst zusammen[4].

Ein Zeichner fügte schließlich noch 38 kolorierte Federzeichnungen hinzu. Dabei war er sich durchaus bewusst, dass er im Grunde eine antike, vorchristliche Geschichte zu illustrieren hatte: Vielen seiner Figuren malte er Judenhüte auf den Kopf und charakterisierte sie somit als Heiden[5].

Eine weitere Handschrift, ist die von mir behandelte Berliner Bilderhandschrift. Die Bilderhandschrift Ms. germ. fol. 282 der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz überliefert den deutschen Eneasroman Heinrichs von Veldeke, der, nach französischer Vorlage gearbeitet, Vergils „Aeneis“ umgestaltend neu erzählt[6]. Das Werk war 1174 fast abgeschlossen, sein Originalmanuskript wurde aber anlässlich einer Fürstenhochzeit gestohlen und konnte erst gut 10 Jahre später, unter Förderung Hermanns von Thüringen, vom Autor vollendet werden. Diese faksimilierte Handschrift entstand um 1230. Sie ist der früheste vollständig erhaltene Textzeuge dieses Werks. Die Forschung geht davon aus, dass die

Federzeichnungsminiaturen des mit 136 Darstellungen überaus reichen Bildprogramms sind auf eigenen Bildblättern angeordnet und erst nachträglich dem Text beigebunden worden[7].

Der Miniaturenzyklus ist offenbar eine „Neuschöpfung“, weder von den spätantiken noch von den mittelalterlichen Vergil-Illustrationen ableitbar, zum Teil aber beeinflusst von sakralen Bildtypen, die in die noch „junge“ Kunst weltlicher Buchmalerei transportiert wurden[8].

Detailreichtum und Präzision der Darstellung machen die Miniaturen außerdem zur Quelle für die mittelalterliche Sachkultur[9].

2. Biographie Heinrich von Veldeke

Wie bei fast allen anderen Dichtern des 12. und 13. Jahrhunderts ist auch über das Leben von Heinrich von Veldeke nicht sehr viel bekannt. Es sind nur wenige Daten aus seinen Werken und deren Überlieferung über sein Leben bekannt[10]. Die wenig bekannten oder vermuteten Daten sind jedoch nicht urkundlich belegt.

Die Forschung geht davon aus, dass Heinrich von Veldeke um 1140/50 geboren wurde, denn im Jahr 1174 war das Manuskript seines Eneas-Romans zu zwei Drittel fertig[11]. Geboren wurde er in einem Ort nahe der heutigen Provinz Limburg in Belgien. Für diese Vermutung gibt es ein paar Hinweise. Zum einen verweist eine Mühle, die Velkermolen („Veldeker Mühle“), noch auf den Ort, an dem ein Geschlecht de Veldeke als Ministerialen der Grafen von Loon und Lehensnehmer der Abtei St. Trond belegt war. Diesem Geschlecht könnte Heinrich von Veldeke angehört haben, vor allem weil Agnes von Loon im Epilog des „Servatius“ als Gönnerin Veldekes genannt ist[12]. Heinrich von Veldeke wird in der neueren Forschung fast durchweg zur Ministerialität oder zum ritterlichen Adel gezählt. Aber auch diese Zuweisung ist nicht eindeutig in den historischen Grundlagen verzeichnet[13]. Einziges unmittelbares Kriterium sind die Titulaturen in der literarischen Überlieferung[14]. Im „Eneasroman“ ist von dem „ meister “ (352, 20) und „ meister Heinrich “ (353, 15) die Rede.

Über seinen Bildungsgang gibt es keine direkten Angaben, aber durch seine literarischen Techniken und seine Fähigkeiten mit dem Umgang mit lateinischen und französischen Quellen belegen seine Kompetenz mit Fremdsprachen[15]. Dies beweist die „Servatiuslegende“, denn die ist die versmäßige Übertragung einer lateinischen Vita des Heiligen. Auch seine Belesenheit in lateinischen Schulautoren wie Vergil, dessen Kommentator Servius und Ovid wird an manchen Stellen des „Eneasromans“ sichtbar. An denen geht er über seine französische Vorlage hinaus oder korrigiert sie[16]. Dies beweist auch, dass er Zugang zum Schulwissen hatte.

Der Eneas-Roman gilt als sein Hauptwerk. Er geht auf Vergils „Aeneis“ bzw. den französischen „Roman d’Eneas“ (um 1160) zurück. Entstanden ist er wohl zwischen 1170 und 1190. Heinrich selbst begründete diese lange Entstehungszeit des Romans damit, dass ihm das unvollständige Werk um 1174 bei der Hochzeit der Gräfin von Cleve mit dem Landgrafen Ludwig III. von Thüringen gestohlen wurde. Angeblich erhielt er es erst neun Jahre später zurück. Nachdem er den Roman vollendet hatte, widmete er ihn dem Landgrafen Hermann von Thüringen und dessen Bruder Friedrich[17].

Heinrich von Veldeke gilt als der Begründer der höfischen Epik. Seit Heinrich von Veldeke setzten sich ab 1170/80 in der mittelhochdeutsche Dichtung reine Reime und regelmäßige, viertaktige Verse durch[18].

Genauso unklar wie das Geburtsjahr von Heinrich von Veldeke ist auch sein Sterbedatum. Der einzige Anhaltspunkt, der auf sein Todesdatum hinweist ist eine Textstelle bei Eschenbach. Um 1205/10 beklagt Wolfram von Eschenbach im „Parzival“ den zu frühen Tod des gelehrten Dichterkollegen: owe daz so fruo erstarp/ von Veldeke der wise man! (404, 28f.)[19].

3. Die Berliner Bilderhandschrift

Die Berliner Bilderhandschrift ist wie oben schon erwähnt der früheste vollständig erhaltene Textzeuge des Werkes von Heinrich von Veldeke, und darüber hinaus das früheste Exemplar eines illustrierten deutschsprachigen Romans überhaupt.

Im folgenden Kapitel werde ich mich näher mit der Bilderhandschrift beschäftigen. Ich werde auf ihre Geschichte eingehen, auf die kodikologische Beschreibung der Bilderhandschrift und werde dann die Miniaturen in dieser Handschrift näher erläutern.

Geschichte der Bilderhandschrift

Zu Anfang ist erst einmal zu sagen, dass es bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts keine genauen Angaben über die Geschichte der Berliner Bilderhandschrift gibt. Sicher ist jedoch, dass sie adligem Literaturinteresse um ca. 1230 zu verdanken ist[20].

Der erste nachweisbare Besitzer der Handschrift war Carl Carvacchi. Er kaufte die Handschrift 1820 in Schweinfurt. Für diese Behauptung bietet der Eintrag auf f.*3r den ersten Anhaltspunkt. Dort steht geschrieben, was offenbar im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf der Handschrift lag. Carvacchi legte 1822 die folgende Notiz bei:

„Die Eneidt

Ein Heldengedicht aus dem 12ten Jahrhundert

von Heinrich von Veldecken

Diesen Codex fand ich auf meinen kaufmännischen Reisen

im südlichen Deutschland im Jahr 1819. bei einem Manne

der ihn mit einem Wust alter Papiere und Bücher aus den in

Baiern aufgehobenen Klöstern gekauft hatte, mit mehreren

anderen Sachen von Werth brachte ich auch diese Handschrift an

mich, es sind 148 Seiten in Allem, 77 Seiten Text und

71 Seiten Theils dopelte, Theils einfache Bilder, die noch so wohl

erhalten sind, dass man das zu den Zierrathen aufgelegte Gold

& Silber noch findet. – Der Text ist nicht viel später

geschrieben, als das Gedicht entstanden ist, die Buchstaben haben

ganz die Form jener Schriftzeichen der letzten Zeit des 12. Jahr-

hunderts. Hessen Cassel 1822. Carl Carvacchi“ [21]

Aufgrund der Namen in den Spiegeleintragungen der Handschrift lässt sich feststellen, dass die Handschrift im 16. Jahrhundert vermutlich nicht im Besitz eines Klosters oder einer anderen geistlichen Institution war, sonder sich in bürgerlichem Privatbesitz befand.

[...]


[1] Vgl. www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digi/glossa/welcome.html

[2] vgl. www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digi/1418/cpg403.html

[3] Ebd.

[4] Ebd.

[5] Ebd.

[6] Vgl. Heinrich von Veldeke (1992): Eneasroman. Vollfaksimile des Ms. Germ. Fol. 282 der Staatsbibliothek zu

Berlin. Preußischer Kulturbesitz. Einführung und kodikologische Beschreibung von Nikolaus Henkel.

Kunsthistorischer Kommentar von Andreas Fingernagel. Dr. Ludwig Reichert Verlag. Wiesbaden.

[7] Ebd.

[8] Ebd.

[9] Ebd.

[10] Ebd., S. 2

[11] vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_von_Veldeke

[12] vgl. Bumke, Joachim (1979): Höfische Kultur. Mäzene im Mittelalter. Die Gönner und Auftraggeber der höfischen Literatur in Deutschland 1150-1300. München. S. 113-118

[13] Ebd., S. 356

[14] vgl. Heinrich von Veldeke (1997): Eneasroman mhd./nhd. Nach einem Text von Ludwig Ettmüller ins Neuhochdeutsche übersetzt, mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Dieter Kartschoke. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe. Reclam Verlag. Stuttgart. S. 846f

[15] vgl. Heinrich von Veldeke (1992). S. 3

[16] vgl. Heinrich von Veldeke (1997). S. 848

[17] vgl. www.ub.uni-heidelberg.de/helios/fachinfo/www/kunst/digi/1418/cpg403.html

[18] vgl. Horst Brunner (2003): Geschichte der deutschen Literatur des Mittelalters im Überblick. Durchgesehene und bibliographisch ergänzte Ausgabe. Reclam Verlag. Ditzingen. S. 86

[19] vgl. Heinrich von Veldeke (1992). S. 3

[20] Vgl. Heinrich von Veldke (1992), S.27

[21] Ebd., S. 35

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Berliner Bilderhandschrift
Hochschule
Universität Trier
Veranstaltung
Heinrich von Veldeke: Eneasroman
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
23
Katalognummer
V57284
ISBN (eBook)
9783638517836
ISBN (Buch)
9783656792710
Dateigröße
549 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Berliner, Bilderhandschrift, Heinrich, Veldeke, Eneasroman
Arbeit zitieren
Nicole Becker (Autor:in), 2004, Die Berliner Bilderhandschrift, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57284

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Titel: Die Berliner Bilderhandschrift



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