Aufstand gegen die Moderne oder Flucht ins Radikale? Zum Wesen des Fundamentalismus


Hausarbeit, 2004

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Hinführung zur Fragestellung
Genese des Fundamentalismus: Die Moderne

Ursachen und Triebkräfte von Fundamentalismus oder:
Das Erbe der Aufklärung
Die Modernität des Antimodernen
Der antimoderne Reflex: Aufstand oder Flucht?

Das Wesen des Fundamentalismus – Ein Definitionsversuch

Literaturangaben

Hinführung zur Fragestellung

Fundamentalismus, ein Wort in aller Munde. Ob zur Stigmatisierung politischer Gegner oder zur Verdammung terroristischer Akte gebraucht, in der modernen Medienlandschaft ist dieser Begriff allgegenwärtig geworden. Der inflationäre Gebrauch des Fundamentalismusbegriffs lässt das Wort zum Hohlbegriff werden, einer leeren Worthülse mit der sich alles und nichts beschreiben lässt. Doch was genau ist Fundamentalismus? Gibt es überhaupt den Fundamentalismus, oder könnte man eher von Fundamentalismen sprechen? Was sind die Ursachen und Triebkräfte dieses Phänomens? Gegen wen oder was richtet sich eine fundamentalistische Weltsicht? Wie lässt sich das Wesen des Fundamentalismus charakterisieren? Dies sind die Kernfragen anhand derer das Phänomen des Fundamentalismus erläutert werden soll. Dabei werde ich vornehmlich Bezug auf den christlichen sowie den islamischen Fundamentalismus nehmen. Trotz der Vielfältigkeit der Fundamentalismen soll in dieser Arbeit das allen Ausformungen gemeinsame Wesen des Fundamentalismus erörtert werden.

Ziel dieser Arbeit ist es, anhand der Beweggründe und Triebkräfte des Fundamentalismus herauszustellen, ob es sich bei dem Phänomen des Fundamentalismus um eine Flucht vor der Moderne oder eher um eine Auflehnung gegen diese handelt. Meine These, die ich hier versuche herauszuarbeiten, lautet, dass beide Aspekte, sowohl Aufstand gegen wie auch Flucht vor der Moderne, unauflöslich miteinander verbunden sind, wobei die „Flucht ins Radikale“[1] den ersten Schritt hin zu einem „Aufstand gegen die Moderne“[2] darstellt.

Ausgangspunkt der weiteren Ausführungen bildet eine Betrachtung dessen, was allgemein als die Moderne bezeichnet wird, anhand derer dann im weiteren Verlauf die Ursachen und Triebkräfte von Fundamentalismus erläutert werden sollen. Eine klare Trennung dieser zwei Punkte gestaltet sich sehr schwierig, da die einzelnen Aspekte sehr eng miteinander verwoben sind. Trotzdem soll der Versuch unternommen werden, die kulturelle Formation der Moderne und ihre Prämissen zu beschreiben und danach separat die Auswirkungen dieser „kulturellen Revolution“ auf das Individuum zu behandeln. Im Zuge dieser Überlegungen soll dann auch kurz auf die Frage nach der Modernität des Fundamentalismus eingegangen werden.

Im letzten Teil dieser Arbeit soll schließlich das Wesen des Fundamentalismus herausgearbeitet werden, wobei die betrachteten Triebkräfte und Ursachen auf die Frage hin untersucht werden, inwiefern es sich um eine Flucht vor den Anforderungen handelt, welche die Moderne an das Individuum stellt, oder ob Fundamentalismus eher einen Aufstand gegen die Moderne darstellt.

Die Ergebnisse der Arbeit werden in einem Definitionsversuch zusammengefasst, der jedoch auf Grund des Umfangs dieser Arbeit keinerlei Anspruch auf erschöpfende Detailtiefe erheben kann; es soll „lediglich“ das Wesen des Fundamentalismus unabhängig von einer dezidierten Fallbetrachtung möglichst plausibel erschlossen werden.

Da wie bereits angedeutet eine sinnvolle Untergliederung dieser Arbeit in einzelne, in sich geschlossene Kapitel aufgrund der Verwobenheit der einzelnen Aspekte nicht möglich erscheint, sind die Überschriften eher als Gliederungshilfen denn als Kapitelbezeichnungen anzusehen.

Genese des Fundamentalismus: Die Moderne

Der Begriff der Moderne lässt sich durch den Prozess der Aufklärung und Säkularisierung beschreiben, wobei mit Aufklärung hier im Wesentlichen die Entstehung und Durchsetzung des kritisch-rationalen Denkens in den Wissenschaften bezeichnet wird.

Daneben gibt es weitere Kennzeichen der Moderne wie unter anderem die Demokratisierung und Liberalisierung des gesellschaftlichen Lebens, die Industrialisierung der Wirtschaft, womit auch eine starke Urbanisierung verbunden ist, die Technifizierung des Alltags, und nicht zuletzt auch die Verdrängung der Religion ins Private durch die „Differenzierung von Politik und Religion“[3], welche eigentlich bereits viel früher durch Luthers Lehre von den „Zwei Reichen“ eingeleitet wurde.[4]

Die Aufklärung entließ den Menschen in die Mündigkeit und überließ es dem Einzelnen und dessen Verstand, sich in der Welt zurecht zu finden. Die Entzauberung der Welt durch das kritische Denken löste alle Gewissheiten unwiederbringlich auf: Am Ende verweist die Moderne in allen Fragen auf „[…] das Individuum mit seiner individuellen Verantwortung als den entscheidenden Ort […], wo von nun an alle Entscheidungen über Glaube, Wissen und

Handeln letztlich fallen.“[5] Denn wenn nichts mehr als sicher gelten kann, dann ist Wahrheit immer das, was der Einzelne in der jeweiligen Situation dazu erklärt.[6] Die letztendliche Entscheidung über richtig oder falsch muss jeder individuell für sich fällen, wobei diese Definition auch keine endgültige Wahrheit sein kann, da sie aufgrund der alltäglichen Erfahrung anderer und gegebenenfalls konträrer Meinungen und Lebenskonzepte ständig in Frage gestellt wird und neu überdacht werden muss. Meyer bezeichnet dies als die „Dauerkrise der Modernität“.[7]

Nach dem kritisch-rationalen Wissenschaftsverständnis, welches von Karl Popper und Hans Albert in der wissenschaftstheoretischen Debatte in den 1960er Jahren vertreten wurde und sich darin als das dominierende Wissenschaftsverständnis durchsetzen konnte, kann das als „wahr“ erachtete Wissen selbst nicht mehr endgültig sein, denn es gilt nur vorläufig als „wahr“, was noch nicht falsifiziert werden konnte. Die einzige Sicherheit, die dieses moderne Denken noch bieten kann, ist die „Permanenz der Kritik und die Unabschließbarkeit des Zweifels.“[8]

[...]


[1] Siehe: PFÜRTNER, Stephan: Fundamentalismus – Flucht ins Radikale; Freiburg 1991

[2] Siehe: MEYER, Thomas: Fundamentalismus – Aufstand gegen die Moderne; München 1989

[3] Siehe dazu: HUTH, Werner: Flucht in die Gewissheit – Fundamentalismus und Moderne; München 1995;

S: 125; sowie: PFÜRTNER, Stephan: Fundamentalismus – Flucht ins Radikale; Freiburg 1991; S: 28, S: 77

[4] Ebd.: S: 77

[5] PFÜRTNER, Stephan: Fundamentalismus – Flucht ins Radikale; Freiburg 1991; S: 28

[6] Vgl.: MEYER, Thomas: Fundamentalismus – Aufstand gegen die Moderne; Hamburg 1989; S: 33

[7] Ebd.: S: 32

[8] MEYER, Thomas: Fundamentalismus – Aufstand gegen die Moderne; Hamburg 1989; S: 31

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Aufstand gegen die Moderne oder Flucht ins Radikale? Zum Wesen des Fundamentalismus
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Seminar für Wissenschaftliche Politik)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V57551
ISBN (eBook)
9783638519946
ISBN (Buch)
9783638776547
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufstand, Moderne, Flucht, Radikale, Wesen, Fundamentalismus
Arbeit zitieren
Marius Sauter (Autor:in), 2004, Aufstand gegen die Moderne oder Flucht ins Radikale? Zum Wesen des Fundamentalismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57551

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