Studien zur Frühzeit der abstrakten Malerei beruhen im allgem. auf einem kausal - explikativen Ansatz. Danach soll sich die Entwicklung abstrakter Kunstformen in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg aus der speziellen Summe der Strömungen erklären lassen, denen die Künstler zu der Zeit ausgesetzt gewesen seien.
Wassily Kandinsky wird allgemein als der Begründer der abstrakten Malerei gesehen.
Gemäß seinen eigenen Angaben malte er 1910 das erste "abstrakte Aquarell".
" In der Abwendung vom realistischen Modell, wenn jede Referenz zur erkennbaren Wirklichkeit aufgegeben wird, sucht abstrakte Kunst eine Essenz zu finden: die Schaffung eines piktoralen ( oder literarischen oder musikalischen ) Objekts, das für sich alleine steht und eigene Gesetze befolgt - das die innere Notwendigkeit der Harmonie entdeckt, die es in sich birgt."
Schon bevor Kandinsky anfing das Abstrakte nicht nur in seinen Schriften darzulegen, sondern auch anfing es malerisch auszudrücken, meinte bzw. erwartete er sogar, dass eine Richtung der Kunst kommen werde, die keine instrumentellen Hilfsmittel wie Stift, Pinsel und/oder Farben mehr benötigen würde. Er ging von der reinen Vorstellungskraft aus, die der jeweilige Künstler in den Raum "ausstrahle", also einer geistigen Kraft, die das vermitteln soll, was der Künstler aussagen wolle.
In dem Buch "Rückblicke" beschreibt Kandinsky den Geist der materiellen Dingen inne ist: "Ich glaube, dass die künftige Philosophie außer dem Wesen der Dinge, auch ihren Geist mit besonderer Aufmerksamkeit studieren wird. Dann wird die Atmosphäre gebildet, die den Menschen im allgemeinen die Fähigkeit ermöglichen wird, den Geist der Dinge zu fühlen, diesen Geist, wenn auch ganz unbewusst von den Menschen im allgemeinen erlebt wird, was den Genuss des Publikums an der gegenständlichen Kunst erklärt. Dadurch aber wird der Mensch im allgemeinen erst das Erleben des Geistigen in den materiellen Dingen bedingt. Und durch diese neue Fähigkeit, die im Zeichen des "Geistes" stehen wird, kommt der Genuss der abstrakten = absoluten Kunst zustande."
[...]
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Kandinskys Entwicklung zur abstrakten Malerei
2.1 Monets Heuschober
2.2 Die Gründung der „Neuen Künstlervereinigung München“ ( NKVM )
3 Die Abstraktion Kandinskys
3.1 Verwendung des Begriffes „abstrakt“ bei Kandinsky
3.2 Das Figurative bzw. die Restgegenständlichkeit in Kandinskys Werken
4 Die Reaktionen der Öffentlichkeit auf Kandinskys Kunst an dem Jahre 1910
4.1 Das Nichtanerkennen des Neuen
4.2 Kandinsky und die Kritik
4.3 Der Künstler als Kritiker und Vermittler
5 Fazit
6 Literatur
1 Einleitung
Ich habe mich vorwiegend mit der Abstraktion Kandinskys befasst, weil ich es faszinierend finde ungegenständliche Bilder zu zeichnen, die mit dem Geiste betrachtet erst zur vollen Aussagekraft gelangen.
Ein konkretes Beispiel, also ein abstraktes Bild von Kandinsky habe ich bei dieser Hausarbeit nicht ausgewählt, da ich mich hauptsächlich auf das Theoretische beziehen möchte.
Zunächst gehe ich einführend ein wenig auf Kandinskys Leben kurz vor der Hinwendung ins Abstrakte ein:
Nach ausgedehnten Reisen und der Inspirationssuche in anderen Ländern lebte Kandinsky ab 1907 wieder in München. Im Herbst 1908 zog er mit Gabriele Münter in die Ainmillerstraße in Schwabing ein. Die Wohnung und das 1909 von Gabriele Münter erworbene Haus in Murnau wurden zum Treffpunkt Münchner Maler. Gemeinsam suchten sie nach neuen Wegen in der Kunst und gründeten noch im selben Jahr die von Kandinsky geleitete „Neue Künstlervereinigung München“. Dieser gehörten neben Gabriele Münter auch Franz Marc, August Macke, Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin an. In ihren Arbeiten gingen die meisten zunehmend von der naturgetreuen Darstellung der Motive aus. Inspiriert von der Farbigkeit der oberbayrischen Landschaft, gelangen Kandinsky eindrucksvolle Bilder wie die „Kirche von Murnau“ ( 1910, München, Lenbachhaus ).
Beeinflusst wurde Kandinskys Werk in dieser Zeit von der bayrischen Volkskunst und der naiven bäuerlichen Hinterglasmalerei. In seinen Bilderzyklen, den noch relativ naturnahen „Impressionen“ ( 1911 ), den freien „Improvisationen“ ( 1909 – 1914 ) und den „Kompositionen“ ( 1909/10, 1914 ) trat das Gegenständliche bald zurück. In den Vordergrund rückte in Kandinskys Werken das Spiel mit Formen und Farben. Ein 1910 entstandenes abstraktes Aquarell aus der „Improvisationen“ – Reihe gilt in der Kunstgeschichte als das erste abstrakte Kunstwerk.
2 Kandinskys Entwicklung zur abstrakten Malerei
Studien zur Frühzeit der abstrakten Malerei beruhen im allgem. auf einem kausal – explikativen Ansatz. Danach soll sich die Entwicklung abstrakter Kunstformen in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg aus der speziellen Summe der Strömungen erklären lassen, denen die Künstler zu der Zeit ausgesetzt gewesen seien.
Wassily Kandinsky wird allgemein als der Begründer der abstrakten Malerei gesehen.
Gemäß seinen eigenen Angaben malte er 1910 das erste „abstrakte Aquarell“.
„ In der Abwendung vom realistischen Modell, wenn jede Referenz zur erkennbaren Wirklichkeit aufgegeben wird, sucht abstrakte Kunst eine Essenz zu finden: die Schaffung eines piktoralen ( oder literarischen oder musikalischen ) Objekts, das für sich alleine steht und eigene Gesetze befolgt – das die innere Notwendigkeit der Harmonie entdeckt, die es in sich birgt.“[1]
Schon bevor Kandinsky anfing das Abstrakte nicht nur in seinen Schriften darzulegen, sondern auch anfing es malerisch auszudrücken, meinte bzw. erwartete er sogar, dass eine Richtung der Kunst kommen werde, die keine instrumentellen Hilfsmittel wie Stift, Pinsel und/oder Farben mehr benötigen würde. Er ging von der reinen Vorstellungskraft aus, die der jeweilige Künstler in den Raum „ausstrahle“, also einer geistigen Kraft, die das vermitteln soll, was der Künstler aussagen wolle.
In dem Buch „Rückblicke“ beschreibt Kandinsky den Geist der materiellen Dingen inne ist: „Ich glaube, dass die künftige Philosophie außer dem Wesen der Dinge, auch ihren Geist mit besonderer Aufmerksamkeit studieren wird. Dann wird die Atmosphäre gebildet, die den Menschen im allgemeinen die Fähigkeit ermöglichen wird, den Geist der Dinge zu fühlen, diesen Geist, wenn auch ganz unbewusst von den Menschen im allgemeinen erlebt wird, was den Genuss des Publikums an der gegenständlichen Kunst erklärt. Dadurch aber wird der Mensch im allgemeinen erst das Erleben des Geistigen in den materiellen Dingen bedingt. Und durch diese neue Fähigkeit, die im Zeichen des „Geistes“ stehen wird, kommt der Genuss der abstrakten = absoluten Kunst zustande.“[2]
2.1 Monets Heuschober
Im Jahre 1896 besuchte Kandinsky in Moskau eine Ausstellung französischer Impressionisten. Eines von Monets Gemälden aus der sogenannten Heuhaufen – Serie, ein Bild mit einem kaum - um nicht zu sagen, so gut wie gar nicht – erkennbaren Heuschober bei Giverny, erregte Kandinskys Aufmerksamkeit am meisten.
Was sich an Monets Werk zunächst schockierend und seltsam auf Kandinsky auswirkte, schlug unvermittelt in Begeisterung um: „...vom Katalog erst erfuhr ich, dass es sich um einen Heustoß handelte. Ich war verärgert, dass ich ihn nicht erkannt hatte. Auch war ich der Meinung, dass der Künstler keine Berechtigung hatte, in einer solch undeutlichen Manier zu malen. Dass der Gegenstand nicht im Bild erschien, war mir schwach bewusst...“ ( Kandinsky )
„ Vorher kannte ich nur die realistische Kunst, eigentlich ausschließlich die Russen...Und plötzlich zum ersten Mal sah ich ein „Bild“...Was mir aber vollkommen klar war – das war die ungeahnte, früher mir verborgene Kraft der Palette, die über alle meine Träume hinausging. Die Malerei bekam eine märchenhafte Kraft und Pracht. Unbewusst war aber auch der Gegenstand als unvermeidliches Element des Bildes diskreditiert.“[3]
Mag sein, dass gerade dieses Erlebnis einer ganz neuartigen Malweise für Kandinsky der Ausgangspunkt zur Abstraktion gewesen ist und ihn dazu motivierte sich für einen künstlerischen Werdegang zu entscheiden, um Ähnliches zu vollbringen.
Die eigentliche Realisierung der Abstraktion erfolgte allerdings erst einige Jahre später.
2.2 Die Gründung der „Neuen Künstlervereinigung München“ ( NKVM )
Vermutlich in Erinnerung an Kandinskys „Phalanx“ – Tätigkeit wurde zu Beginn des Jahres 1909 im Salon von Marianne von Werefkin der Beschluss gefasst, eine neue Künstlervereinigung ins Leben zu rufen. Im Vordergrund stand die Absicht, mit Ausstellungen in Deutschland wie im Ausland, begleitet von Vorträgen und Publikationen, hervorzutreten und die konservative Kunstöffentlichkeit mit eigenen Werken wie mit Arbeiten ausländischer Künstler zu konfrontieren. Im Dezember 1909 kommt es zur ersten Ausstellung, die heftige Kritik auslöste.
Auf die Kritik an dieser Ausstellung komme ich ein wenig später noch ausführlicher zu sprechen.
Kandinsky hatte als Präsident der NKVM jedoch versucht, das Publikum auf diese Ausstellung vorzubereiten, indem er den Künstler dazu aufforderte nach geeigneten Formen zu suchen, die nur das Nötigste, das Notwendigste zum Ausdruck zu bringen.
„Dieses Axiom hat er auf dem Ausstellungsplakat in stupender Einfachheit visualisiert. Bereits mit dieser weitgehend abstrakten Farblithographie überfordert er das Ausstellungspublikum.“[4]
Im Katalog zur zweiten Ausstellung ist folgendes zu lesen: „Kalte Berechnung, planlos springende Flecken, mathematisch genaue Konstruktion...schweigende, schreiende Zeichnung, skrupulöse Durcharbeitung, Fanfaren der Farbe...Leidende, suchende, gequälte Seelen mit tiefem Riss, durch Zusammenstoß des Geistigen mit dem Materiellen verursacht...“
Die NKVM organisierte Ausstellungen, Konferenzen und veröffentlichte Publikationen. 1910 kam es zu einer internationalen Ausstellung.
3 Die Abstraktion Kandinskys
„Dem gegenständlich malenden Künstler kann die Eigendynamik der Bildfläche nie ganz außer Kontrolle kommen, weil die Farben und Formen immer noch einen rational – sachlichen Halt finden. Bei Kandinsky fehlte natürlich seit seiner Wendung zur Abstraktion dieser objektive Halt des Bildgefüges.“[5]
„Je mehr der Künstler sich vom externen, „objektiven“ Modell zurückzieht, desto mehr muss er sich auf sein inneres, von der Natur, seinem Körper und seinem Geist determiniertes, „Subjektives“ Modell verlassen ( was Kandinsky „innere Notwendigkeit“ nennt ).
Diese Absenz eines „konkreten“ Objekts zeiht eine Verschiebung der Wahrnehmung nach sich, eine Konfusion: da der Künstler allem die emotionalen und ästhetischen Kriterien bestimmt, mit denen er operiert, erscheint sein Tun auf den ersten Blick willkürlich.
Kandinsky versuchte, das Kunstwerk zum Ausdruck des innersten Wesens seines Schöpfers zu machen.“[6]
3.1 Verwendung des Begriffes „abstrakt“ bei Kandinsky
Der Begriff „abstrakt“ erscheint in der Kunstliteratur schon lange bevor Kandinsky ihn das erste Mal anwendet. Die Studien von Lankheit ( 1951 ), Pesch und Stelzer haben zudem gezeigt, dass die Revolution des Abstrakten bereits durch die ästhetischen Schriften der deutschen Romantiker theoretisch vorbereitet war.
Jedoch liegt bis heute keine umfassende Studie vor, die die geschichtliche Entwicklung des Begriffs „abstrakt“ und verwandter Ausdrücke in ihrer frühen Anwendung auf die bildenden Künste nachzeichnen würde.
Im Jahre 1909 verwendet Kandinsky dann zum ersten Mal in einem russisch verfassten Zeitschriftenartikel den Ausdruck „Abstraktion“ in bezug auf die bildende Kunst.
„Bei abstrakten Kunstwerken werden natürlich dessen rein seelischen Werte die Führung übernehmen; nur eben werden diese zum nicht geringen Grade durch die Erscheinungsform ausgedrückt, sind also von der Art der Komposition in Linie und Farbe abhängig.“[7]
Günter Brucher meint, dass der Begriff „abstrakt“ höchst problematisch, vielleicht sogar untauglich ist.
Mit dem Stilbegriff „abstrakte“ Kunst werden weithin Werke der bildenden Kunst bezeichnet, deren Bildinhalt den Bereich der gegenständlichen Darstellung verlassen hat.
Diese Benennung ist nach Brucher jedoch ungünstig gewählt, da es seit jeher Bilder gebe, die die Natur abstrahieren. Abstrahierung sei in jedem Kunstwerk enthalten, ob es dem Künstler bewusst ist oder nicht.
Felix Thürlemann: „In den frühen Schriften Kandinskys besitzt der Ausdruck „abstrakt“ primär einen dem Konzept „geistig“ eng verwandten, positiven Inhalt, der nicht mit der heute üblichen Vorstellung von „abstrakt“ als Bezeichnung für eine Kunst, die keine oder nur mehr stark veränderte figurative Elemente aufweist, gleichgesetzt werden darf.“[8]
Dem gemäß zeige sich deutlich, so der Verfasser weiter, „dass Kandinsky die Eroberung des Abstrakten nicht als bloße Negation des Gegenständlichen, sondern als Übergang zu etwas eigenständig Neuem verstanden hat“ – einen Übergang, so sollte man mit Kandinsky ergänzen, der das „Fortschreiten der künstlerischen Mittel vom Materiellen zum Abstrakten“ anzeigt.
Selbst Kandinsky behauptete: „Ich möchte kurz bemerken, dass die Etikette „abstrakt“ zum Irrtum verleitet und schädlich ist, wenn man sie buchstäblich nimmt...“ und 1935: „Der Ausdruck „abstrakte Kunst“ ist nicht beliebt, und das mit Recht, da er wenig sagend ist oder mindestens verwirrend wirkt. Deshalb versuchten die Pariser abstrakten Maler und Bildhauer einen neuen Ausdruck zu schaffen: sie sagen >art non – figuratif<. Gleichbedeutend mit dem deutschen Ausdruck >gegenstandslose Kunst<. Die Negationsstelle dieser Worte ( >non< und >los< ) sind nicht geschickt: sie streichen den >Gegenstand< und stellen nichts an seine Stelle. Schon seit längerer Zeit versuchte man das >abstrakt< durch >absolut< zu ersetzen. Eigentlich kaum besser. Der beste Name wäre meiner Meinung nach >reale Kunst<, da diese Kunst neben die äußere Welt eine neue Kunstwelt stellt, geistiger Natur. Eine Welt, die ausschließlich durch Kunst entstehen kann. Eine reale Welt. Die alte Bezeichnung >abstrakte Kunst< hat sich aber bereits eingebürgert.“[9]
[...]
[1] Ramon Tio Bellido, „Kandinsky“, S. 5
[2] Wassily Kandinsky, „Rückblicke“, Bern 1977, S.32
[3] Wassily Kandinsky, „Gesammelte Schriften“, hrsg. von Hans Konrad Roethel und Jelena Hahl – Koch, Bd.1, Bern 1980, S.32 f.
[4] Günter Brucher, „Kandinsky – Wege zur Abstraktion“, Prestel – Verlag 1999, S. 205
[5] Felix Thürlemann, „Kandinsky über Kandinsky – Der Künstler als Interpret eigener Werke“, Benteli – Verlag Bern 1986
[6] Ramon Tio Bellido, Übersetzung von Karl – Heinz Ebnet, „Kandinsky“, Jeunesse Verlagsanstalt 1990
[7] Paul Schultze – Naumburg, Handbuch: „Das Studium und die Ziele der Malerei“, 1900
[8] Ebda, S. 74
[9] Kandinsky, „Abstrakte Malerei“, in Essays, S. 182
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.