Der Autor dieser Studie hat sich in den Monaten, in denen er sich mit STAR TREK: THE NEXT GENERATION (TNG) beschäftigt hat, wiederholt öffentlich lächerlich gemacht, indem er kund gegeben hat, dass er seine Examensarbeit über die wohl weltweit populärste und kommerziell erfolgreichste Fernsehserie schreiben werde. Sich auf wissenschaftlicher Basis dem Thema Populärkultur zu widmen, ist 30 Jahre nach Leslie Fiedlers wegweisendem Artikel "Cross the Border - Close the Gap" (vgl. Welsch, 1997, 15) noch immer ein anrüchiges Unterfangen, bei dem man öffentlichem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt ist – und dies nicht nur von akademischer Seite. Die Lücke, the Gap, zwischen sogenannter Hoch- oder Ernster Kultur und dem ′Schund′ der Massen- bzw. Populärkultur ist zumindest im deutschen Sprachraum noch immer manifest und wird nicht nur von der Bildungselite gepflegt, sondern ist auch auf der Seite der Konsumenten von Populärkultur anzutreffen.
Eine solche Zweiteilung der Kultur in eine hohe und eine niedere Hemisphäre, die miteinander nicht in Kontakt stehen, hat (nicht nur) in Deutschland eine lange Tradition mit deutlichen politischen Implikationen. Auch wenn in einer Zeit, in der der wichtigste gesellschaftliche Diskurs der technologisch-ökonomische ist, die klassische Bildung an Bedeutung verloren hat, so lässt sich doch auch heute noch erkennen, dass die bildungsbürgerliche Trennung von hoher und niederer Kultur einem Machtdiskurs entspringt, der für die Träger der Hochkultur die Meinungsführerschaft beansprucht.
Die Wahrung der Distanz zwischen Populär- und Hochkultur wahrt auch die Distanz der an der Macht Beteiligten von den ′Plebs′. Eine solche Konstellation ist politisch äußerst bequem. Seit dem Aufkommen des bildungsbürgerlichen Denkens hat sich jedoch in dem Verhältnis zwischen Hoch- und Populärkultur eine deutliche Verschiebung ergeben, ja, letztere gibt es als solche eigentlich erst seit dem Aufkommen der modernen Medien. Die vorher vorhandene Volkskultur unterschied sich von der heutigen Populärkultur dadurch immanent, dass sie von denjenigen produziert wurde, die sie auch rezipierten. Im Gegensatz dazu wird die heutige Populärkultur in großem Ausmaß im Auftrag derjenigen produziert, die sich selbst einer Meinungs- bzw. Machtelite zurechnen. Dies wird schon dadurch bedingt, dass Produktionen gerade für das heute wohl einflussreichste Medium, das Fernsehen, nur mit einem enorm hohen Einsatz an Kapital zu realisieren sind.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung: TNG als Gegenstand medienwissenschaftlicher Forschung.
- 1. Methodik und Begriffsklärung.
- 1.1. Eingrenzen des Korpus..
- 1.2. Methodik
- 1.3. Konservativismus.
- 2. Ideologische Grundlagen konservativer Kulturkritik in TNG
- 2.0. Vorbemerkung..
- 2.1. Grenzen der dargestellten Welt - Enge in der Unendlichkeit...
- 2.2. TNG als futuristische Utopie - Basispostulate des 'offiziellen' Diskurses.
- 2.2.0 Vorbemerkung
- 2.2.2. Die Entgrenzung des Wachstums - Technologischer Diskurs.
- 2.2.3. Zurück aus der Zukunft - Humanistisch-liberalistischer Diskurs..
- 2.3. Vormoderne als Grundlage futuristischer Utopie?.
- 2.3.1. Kritik am offiziellen Diskurs von TNG..
- 2.3.2. Einschätzung des offiziellen Diskurses von TNG.
- 3. Das Fremde im Innern - Abweichungen von der biologischen Norm und ihre Korrelation zu der Stellung des Individuums im Machtgefüge von TNG ...
- 3.1. Geordi LaForge – Paradigma der ethnischen Emanzipation?
- 3.2. Worf – Speziezismus und Liminalität..
- 3.3. Gender in TNG..
- 3.3.1 Der Preis der Emanzipation.
- 3.3.2. Deanna Troi und Beverly Crusher - weibliche Archetypen?.
- 4. Das Fremde im Außenraum - Begegnungen an der Grenze.
- 4.1. Paradise Lost: Der Zwang zum Fortschritt..
- 4.2. \"Im Begreifen, wie ähnlich einem Gott!\" - telos und Evolution im Kontakt mit dem Fremden..
- 4.3. Genetische Disposition und kulturelle Abwärtskompatibilität
- 4.4 Geschlechterrollen und Homosexualität im Kontakt mit dem Fremden..
- 4.4.1. Sexuelle Orientierung in TNG..
- 4.4.2. Amazonen und 'Die perfekte Braut'.
- 4.5. Differenz, différance und eine ideologische Bedrohung - Die Borg..
- 4.5.0. Vorbemerkung: différance als ideologische Technik.
- 4.5.1. Aufbau der Differenz
- 4.5.2. Gemeinsamkeiten radikaler Differenz: Die Produktion von différance.
- 4.5.3. Die Borg als postmoderne Bedrohung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, STAR TREK: THE NEXT GENERATION (TNG) als ein Beispiel für konservativen Kulturkritik zu analysieren. Die Arbeit untersucht, wie die Serie durch ihre narrative Praxis traditionelle Machtstrukturen und Denkweisen reproduziert und gleichzeitig versucht, diese als fortschrittlich und liberal darzustellen.
- Die Darstellung von Grenzen und der Unendlichkeit im STAR TREK Universum
- Die Rolle der Technologie und die Kritik am Fortschrittsdenken
- Die Konstruktion des „Fremden“ und die Regulierung von Abweichlern innerhalb der Gesellschaft
- Die Analyse von Geschlechterrollen und Homosexualität im Kontext der interstellaren Begegnungen
- Die Bedeutung der Differenz und die Bedrohung durch das „Andere“ - dargestellt am Beispiel der Borg
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 0: Diese Einleitung stellt TNG als Gegenstand medienwissenschaftlicher Forschung vor und beleuchtet den Kontrast zwischen der populären Rezeption der Serie als liberal und emanzipatorisch und der kritischen Betrachtung durch die wissenschaftliche Analyse.
- Kapitel 1: Hier werden die Methodik der Arbeit sowie wichtige Begriffe wie „Konservativismus“ definiert.
- Kapitel 2: Dieses Kapitel untersucht die ideologischen Grundlagen konservativer Kulturkritik in TNG. Es wird die Diskrepanz zwischen dem offiziellen Diskurs, der die Serie als fortschrittlich und utopisch präsentiert, und der tatsächlichen narrativen Praxis aufgezeigt.
- Kapitel 3: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Darstellung von „Fremden“ innerhalb der Gesellschaft von TNG und deren Korrelation mit der Machtstruktur. Es werden Beispiele wie Geordi LaForge, Worf und die Darstellung von Gender in der Serie analysiert.
- Kapitel 4: Dieses Kapitel widmet sich dem „Fremden“ im Außenraum, den Begegnungen mit anderen Kulturen und Spezies. Es werden Fragen des Fortschritts, der Evolution und die Regulierung von Geschlechterrollen im Kontext der interstellaren Beziehungen diskutiert. Besonders beleuchtet wird die Rolle der Borg als „postmoderne Bedrohung“.
Schlüsselwörter
STAR TREK: THE NEXT GENERATION, Konservative Kulturkritik, Ideologie, Utopie, Fortschritt, Differenz, Fremde, Ethnische Emanzipation, Gender, Homosexualität, Borg, différance.
- Quote paper
- Holger Götz (Author), 2000, "Star Trek - The Next Generation" als Paradigma konservativer Kulturkritik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57700