Gesellschaftsstrukturen und der Einfluss Platos in Thomas Mores 'Utopia'


Term Paper (Advanced seminar), 2006

12 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Inhalt

1. Einleitung

2. Zur Entstehung des Begriffs Utopie

3. Der Einfluss von Plato auf das Werk Utopia

4. Die unterschiedlichen Sichtweisen von More und Plato

5. Die Gesellschaft in Utopia

6. Die Produktionsweise der Utopier

7. Zusammenfassung

Bibliografie

1. Einleitung

Thomas Mores Utopia[1] beschreibt die Vision eines idealisierten Staates in dem eine perfekte soziale Harmonie hergestellt werden konnte. In diesem Staat gibt es keinen Privatbesitz und Gewalt existiert nicht. Jeder hat die Möglichkeit in einer Umgebung religiöser Toleranz zu leben und zu arbeiten. Die Gegenüberstellung des idealisierten Staates mit den realen Lebensumständen des Europas im 16. Jahrhundert, durch den Reisebericht des weitgereisten Hythlodaeus[2], führt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den realen Gegebenheiten.

Im folgenden Text soll die Bedeutung des Buches Utopia von Sir Thomas More für die Entwicklung der literarischen Gattung Utopie aufgezeigt werden, um die literarische Bedeutung dieses Werkes hervorzuheben. Im Anschluss daran steht die Untersuchung des platonischen Einflusses auf Mores Werk im Mittelpunkt. Dieser ist von besonderer Bedeutung, da die Literatur dieser Epoche von den antiken Schriftstellern geprägt war. Im weiteren Verlauf des Textes wird die Gesellschaft von Utopia auf Lösungsansätze für die Kritikpunkte der „alten Welt“ untersucht. Die Ergebnisse dieser Betrachtungen leiten den Übergang zur Darstellung der Produktionsweise der Utopier ein, da diese als Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens auch die Abhängigkeit zu familiären, politischen, religiösen und weiteren Einrichtungen beschreiben. Durch den begrenzten Umfang dieser Arbeit kann jedoch nur eine oberflächliche Betrachtung der gesamten Zusammenhänge erfolgen.

2. Zur Entstehung des Begriffs Utopie

Der Begriff der Utopie wurde geprägt von dem englischen Humanisten Sir Thomas More (1478 – 1535), der in seiner in lateinischer Sprache verfassten Schrift Utopia (1516) ein imaginäres ideales Gemeinwesen beschreibt.[3]

Frühere utopische Schriften können jedoch bis zu Homer[4] verfolgt werden, der mit seiner Odyssee eines der wichtigsten frühen Epen der Weltliteratur verfasste. Mores Hauptbeitrag zur Entwicklung des Genres war das Hinzufügen von inhaltlichem Realismus zu einer Mischung aus paradiesischen, politischen und reiseberichtsähnlichen Elementen.[5] So änderten sich die literarischen Entwürfe von meist fernen Ländern oder Inseln und verbanden den Begriff zunehmend mit idealisierten Vorstellungen von der Zukunft:

Selbstverständlich kann seit der industriellen Revolution keine Utopie mehr ganz an der Technik vorübergehen. Da die Technik fortschrittlich war, wurde die Reise nach Utopia immer mehr zu einer Reise in die Zeit statt in den Raum, eine Vision der Zukunft, nicht einer Gesellschaft, die bereits an einem isolierten Ort der Erde existiert.[6]

Der Terminus an sich bildet sich aus einem Wortspiel der griechischen Begriffe für „Nirgendwo“ und „guter Ort“.[7] Mit diesem von More bewusst gewählten Ausdruck scheint er aussagen zu wollen, dass es das ideale Wunschbild des Commonwealth an keinem Ort der Welt gibt und dass dieses lediglich in unseren Visionen, Fantasien und Träumen existieren kann.

Der englische Stadthistoriker Lewis Mumford greift die Dichotomie dieses Begriffspaares auf, indem er zwischen folgenlosen „utopias of escape“ und kostruktiven „utopias of reconstruction“ unterscheidet.[8] Dementsprechend definiert Winfried Böhm in seinem Wörterbuch der Pädagogik:

Utopien sind Zukunftsprojektionen meist als ideal gesehener Gesellschaftssysteme, die entweder rein fiktiv…und damit als unrealisierbar oder als konkrete Utopie und damit vom Prinzip

Hoffnung...durchdrungen und wenigstens als annäherungsweise zu verwirklichen gedacht werden.[9]

Mores Werk baut auf das Prinzip der Hoffnung auf, was er durch die von ihm gewählte Struktur der Handlung noch hervorhebt. In einem vertrauten Gespräch zwischen Peter Gilles, More und dem Protagonisten Raphael Hythlodaeus werden Probleme aus dem realen Leben aufgeworfen. Der Reisende Raphael Hythlodaeus bietet im Gespräch Lösungsvorschläge an, die er seinem umfangreichen Wissen über fremde Gesellschaften entnimmt. Im folgenden Abschnitt soll untersucht werden, welchen Einfluss Platos Republik auf das Werk Utopia hatte.

3. Der Einfluss von Plato auf das Werk Utopia

Im Jahre 1516 wurde das Buch mit dem damaligen Titel „Libellus vere aureus nec minus salutaris quam festivus de optimo reipublicae statu, deque de nova Insula Utopiavon“[10], welches im Englischen die Übersetzung „A Truly Golden Account of the Best State of a Commonwealth and of the New Island of Utopia“[11] trägt und heutzutage unter dem Namen Utopia bekannt ist, veröffentlicht.

Die Vorwegstellung des vollständigen Titels soll die formale Intention des Werkes hervorheben und das Werk somit in die Tradition der politischen Debatte einordnen, die bis zur Republik von Plato zurückgeht.[12] Den Einfluss von Platos Epos auf Mores Utopia soll im Folgenden weiter verdeutlicht werden.

More, der dem Renaissance-Humanismus[13] angehörte und somit sowohl dem Lateinischen als auch dem Griechischen vertraut war, zog die griechischen Autoren den Lateinischen vor.[14] So wird Raphael Hythlodaeus, der in dieser Schrift die Ansichten von More vertritt, folgendermaßen beschrieben:

He’s not a sailor of the Palinurus type. He’s is really more like Ulysses, or even Plato…He knows a fair amount of Latin and a tremendous lot of Greek, because he’s mainly interested in philosophy, and he found that there’s nothing important on that subject written in Latin, apart from some bits of Seneca and Cicero.[15]

Besonderes Interesse hatte More an dem griechischen Autor Plato. Bereits in jungen Jahren hat sich More mit Platos Republik auseinander gesetzt.[16] Die Vermutung, dass More das platonische Staatsideal bei der Verfassung von Utopia vor Augen hatte, wird durch das vorweg gestellte Gedicht, verfasst von der Nichte von Mr. Windbag Nonseneo’s (Hythlodaeus), intensiviert:

NOPLACIA was once my name,

That is a place where no one goes.

Plato’s Republic now I claim

To match, or beat at its own game;

For that was just a myth in prose,

Of men, wealth, laws a solid frame,

A place where every wise man goes;

GOPLACIA is now my name.[17]

Wie bereits Platos idealer Staat kann das von Hythlodaeus beschriebene Commonwealth als eine Metapher für die Art und Weise, wie Menschen zwischen ihren Phantasien, Hoffnungen und menschlichen Verpflichtungen vermitteln, angesehen werden. Der Einfluss von Platos Republik und seinem idealen Staat als konzeptionelle Referenz für die Befürwortung von Utopia durch Hythlodaeus wird verdeutlicht durch Hythlodaeus Übergang von den Dialogen im ersten Buch zu seiner monologischen Erzählung im zweiten Buch, in dem Plato von zentraler Bedeutung ist:

In fact, when I think of the fair and sensible arrangements in Utopia, where things are run so efficiently with so few laws, and recognition of individual merit is combined with so few laws, and recognition of individual merit it combined with equal prosperity of all – when I compare Utopia with a great many capitalist countries which are always making new regulations, but could never be called well-regulated, where dozen of laws are passed every day, and yet there are still not enough to ensure that one can either earn, or keep, or safely identify one’s so-called private property – or why such an endless succession of never-ending lawsuits? – when I consider all of this, I feel much more sympathy with Plato, and much less surprise at his refusal to legislate for a city that rejected egalitarian principles.[18]

[...]


[1] Utopia steht für „Nirgendwo“ und „guter Ort“

[2] Hythlodaeus steht für „dispenser of nonsense“

[3] M.H. Abrams, A Glossary of Literary Terms, (Fort Worth u.a. 1988), S. 195.

[4] Gerard B. Wegemer, Thomas More on Statesmanship, (Washington 1996), S. 89.

[5] Thomas More, Utopia, (London 2003), S. XX.

[6] Northrop Frye, zit. Nach: Georg Seeßlen: Kino des Utopischen – Geschichte und Mythologie des Science-fiction-Films, (Reinbek bei Hamburg 1980), S. 65.

[7] Mardelle L. Fortier; Robert F. Fortier, The Utopian Thought of St. Thomas More and its Development in Literature, (New York 1992), S. 3.

[8] In: The Story of Utopias. Ideal Commonwealth and Social Myths, London 1923. Zit. Nach: Alexander Mitscherlich: Thesen zur Stadt der Zukunft, (Frankfurt, Main 1971), S. 51.

[9] Winfried Böhm, Wörterbuch der Pädagogik, (Stuttgart 1988), S.602.

[10] Dominic Baker-Smith, More’s Utopia, (New York 1991), S. 1.

[11] Ebda., S.1.

[12] Ebda., S.1.

[13] europ. Geistige Bewegung, deren Ziel das Studium der Antike sowie die umfassende Bildung des Menschens war. Hieraus entwickelte sich ab dem 15. Jahrhundert der Renaissance-Humanismus, der die Beschäftigung mit dem röm. Schrifttum auf das griech. Schrifttum ausweitete.

[14] Karl Kautsky, Thomas More und seine Utopie, (Bonn 1973), S. 125.

[15] Thomas More, Utopia, (London 2003), S. 16.

[16] Karl Kautsky, Thomas More und seine Utopie, (Bonn 1973), S. 125.

[17] Thomas More, Utopia, (London 2003).

[18] Edba., S. 44.

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Details

Title
Gesellschaftsstrukturen und der Einfluss Platos in Thomas Mores 'Utopia'
College
University of Hamburg  (für Anglistik und Amerikanistik)
Course
American Utopian Fiction
Grade
1,0
Author
Year
2006
Pages
12
Catalog Number
V57732
ISBN (eBook)
9783638520836
ISBN (Book)
9783638811866
File size
491 KB
Language
German
Keywords
Gesellschaftsstrukturen, Einfluss, Platos, Thomas, Mores, Utopia, American, Utopian, Fiction
Quote paper
Antje Swart (Author), 2006, Gesellschaftsstrukturen und der Einfluss Platos in Thomas Mores 'Utopia', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57732

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