Die Auseinandersetzung mit der Herrschergestalt Friedrichs II. von Hohenstaufen (1194- 1250) ist in vielerlei Hinsicht eine herausfordernde, weil komplizierte wie kontroverse und deshalb spannende Begegnung mit grundverschiedenen Interpretationen und Darstellungen seiner Persönlichkeit und seines Wirkens. Wie kaum eine andere Gestalt des Mittelalters polarisierte er bereits zu Lebzeiten die Auffassungen seiner Zeitgenossen in einer einzigartig fundamentalen Weise. Im tieferen spiegelt sich in der ambivalenten mittelalterlichen Rezeption der Herrschaft Friedrichs II. jene zwiespältige Auffassung von herrscherlicher Gewalt und Recht, von Wissenschaft und Geistlichkeit wider, die im 13. Jahrhundert den Übergang vom Hoch- zum Spätmittelalter markiert, eine Zeit des Umbruchs und der Unruhe. Vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund der Veränderung findet ebenso die Papstgeschichte des Mittelalters in denjenigen Amtsträgern eine herausragende Bedeutung, die im späten 12. und in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts das Papsttum zu einer bis dato unerreichten Herrschaftsautorität führten.
Im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung steht die Frage, warum und in welcher Ausprägung der lange schwelende Konflikt zwischen Kaisertum und Kurie, der bereits unter Friedrich I. Barbarossa schwelte, in einem unerbittlichen Vernichtungskampf zwischen Friedrich II. und dem Apostolischen Stuhl mündete und welches Arsenal an politischen wie ideologischen Waffen beiden Seiten zur Verfügung stand. Dabei sollen neben der Herausarbeitung der verschiedenen Grundauffassungen von legitimer geistlicher und weltlicher Gewalt auch der beiderseits exzessiv erfolgte propagandistische Rückgriff auf apokalyptische Vorstellungen, die innerhalb der abendländischen Christenheit im Übergang vom Hoch- zum Spätmittelalter weite Verbreitung fanden, einer näheren Betrachtung unterliegen. Den theologisch-spirituellen Ausgangspunkt bilden hierfür die biblischen Visionen der Johannes Offenbarung sowie die joachitischen Weissagungen vom nahenden Antichrist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Betrachtungsgegenstand und Vorgehensweise
- Der Konflikt zwischen Friedrich II. und der römischen Kurie
- Die wesentlichen Konfliktlinien seit Friedrichs Kaiserkrönung 1220
- Die Eskalation des Streits: Die zweite Exkommunikation Friedrichs und der Beginn des „,,Endkampfes“
- Geistliche und weltliche Herrschaft aus päpstlicher Sicht
- Der Kaiser der Endzeit: Kaiseridee und Herrschaftsverständnis bei Friedrich II
- „Ascendit de mari bestia“ – Der Gegner als Antichrist im Rückgriff auf eschatologische Vorstellungen und der weitere Verlauf des Kampfes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die komplexen Konflikte zwischen Friedrich II. und dem Papsttum im 13. Jahrhundert, die sich aus grundlegenden Differenzen im Herrschaftsverständnis und der Anwendung eschatologischer Vorstellungen speisten.
- Der Konflikt zwischen Friedrich II. und dem Papsttum: Ursachen, Eskalation und Bedeutung
- Das Herrschaftsverständnis des Papsttums und der Anspruch auf plenitudo potestatis
- Die Kaiseridee Friedrichs II. und seine Sicht auf die weltliche Herrschaft
- Die Rolle eschatologischer Vorstellungen im Kampf zwischen Kaiser und Papst
- Die politischen Folgen der Auseinandersetzung für die weitere Entwicklung des Mittelalters
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt Friedrich II. als eine polarisierende Figur des Mittelalters vor, deren Lebenswerk unterschiedliche Interpretationen und Darstellungen hervorrief. Der Autor zeigt, wie Friedrichs Persönlichkeit und Handeln im 13. Jahrhundert sowohl bewundert als auch verdammt wurden und wie diese Ambivalenz Ausdruck der gesellschaftlichen Veränderungen der Zeit war. Die Einleitung führt außerdem das Konzept der päpstlichen Vollgewalt (plenitudo potestatis) ein, das im 13. Jahrhundert durch Innozenz III. zur Grundlage der päpstlichen Herrschaftsautorität wurde.
- Der Konflikt zwischen Friedrich II. und der römischen Kurie: Dieses Kapitel beleuchtet die zentralen Konfliktlinien zwischen Friedrich II. und dem Papsttum, die bereits seit seiner Kaiserkrönung 1220 bestanden. Es wird die Eskalation des Konflikts, die zur zweiten Exkommunikation Friedrichs und zum Beginn des „Endkampfes“ führte, beschrieben.
- Geistliche und weltliche Herrschaft aus päpstlicher Sicht: Dieses Kapitel fokussiert auf die päpstliche Sicht auf die geistliche und weltliche Herrschaft und stellt den Anspruch des Papsttums auf universalen Einfluss heraus. Die Autorität des Papstes, als Stellvertreter Gottes, sollte über alle weltlichen Institutionen stehen, was unweigerlich zu Konflikten mit dem Kaisertum führte.
- Der Kaiser der Endzeit: Dieser Abschnitt untersucht die Kaiseridee Friedrichs II. und sein eigenes Herrschaftsverständnis. Die Arbeit betrachtet die unterschiedlichen Interpretationen von Friedrichs Person und stellt die Frage, ob er als Antichrist oder als messianischer Kaiser angesehen wurde.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themengebiete Herrschaftsverständnis, Eschatologie, Papsttum, Kaisertum, Friedrich II., Antichrist, mittelalterliche Geschichte, plenitudo potestatis, Konfliktgeschichte, mittelalterliche Politik, Kirchenrecht, Kaiseridee, Ideologie, historische Interpretation.
- Arbeit zitieren
- Christian Körber (Autor:in), 2006, Herrschaftsverständnis und Eschatologie im Kampf Friedrichs II. mit dem Papsttum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/57849