Ohne Werbung ist die Bundesregierung nicht in der Lage, ihre Bürger umfassend zu erreichen und über ihr Regierungshandeln zu informieren. Werbung ist damit ein wichtiger Bestandteil regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit, also des Dialoges zwischen Staat und Gesellschaft.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit, genauer mit Werbekampagnen der Bundesregierung. Die Frage nach Parteien- und Wahlwerbung wird hier bewusst ausgeklammert, da die regierungsamtliche Werbung auf anderen Rahmenbedingungen unterliegt als die Parteienwerbung.
Der Dialog zwischen Bürgern und Regierung ist wichtig für das Funktionieren jedes Herrschaftssystems, ohne bricht es früher oder später auseinander. Die Regierung bedarf der Zustimmung der Bevölkerung. Diese Zustimmung ist auf Dauer nur durch Verständnis zu erlangen, welches wiederum durch Kommunikation erreicht wird. Erst der Dialog ermöglicht das Regieren. Insbesondere Demokratien basieren auf bidirektionaler Kommunikation zwischen Bürgern und Regierung bzw. Staat und Gesellschaft.
Warum macht die Regierung Werbung? Welche Rahmenbedingungen sind dafür maßgeblich? Welche Probleme können bei der regierungsamtlichen Werbung auftreten? Wie sieht die staatliche Werbung aus? Die Beantwortung dieser Fragen soll helfen, die Hauptthese nach der Erreichbarkeit der Bürger durch den Staat mittels Werbung zu bestätigen bzw. zu verwerfen.
Regierungsamtliche Werbekampagnen dienen in erster Linie der Erläuterung der Politik, das ist Aufgabe und Pflicht der Regierung im demokratischen System. Es steht so im Grundgesetz und wurde darüber hinaus in zahlreichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts präzisiert.
Die technischen und damit die medialen Rahmenbedingungen für die politische Kommunikation haben sich stark verändert. Diese Veränderungen sind ein wichtiger Grund für den Einsatz von massenwirksamen Werbekampagnen. Die Veränderungen ziehen eine zunehmende Tendenz zur Individualisierung und Fragmentierung der Gesellschaft nach sich. Dies hat den Bedeutungsverlust althergebrachter Politikvermittlungskanäle wie z.B. Kirchen, Gewerkschaften und Vereinen mit sich gebracht. Welche Faktoren diesen Wandel im Einzelnen ausgelöst haben und wie sie sich auf die politische Kommunikation auswirken, wird hier näher betrachtet.
Gliederung
Abkürzungsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Einleitung
1 Rahmenbedingungen
1.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
1.1.1 Grundgesetz
1.1.2 Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zur regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit
1.2 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
1.3 Technische Rahmenbedingungen
2 Staatliche Öffentlichkeitsarbeit
2.1 Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland
2.2 Aufgaben staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
2.3 Ressortspezifische Öffentlichkeitsarbeit
2.4 Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
2.4.1 Aufgaben des BPA
2.4.2 Erscheinungsformen der Öffentlichkeitsarbeit des BPA
2.4.3 Neuorientierung des BPA seit 1998
2.4.4 Parteien und das BPA
3 Werbekampagnen
3.1 Klassische Werbung
3.1.1 Entwicklungsgeschichte der klassischen Werbung
3.1.2 Definition und Aufgaben von klassischer Werbung
3.2 Public Relations
3.3 Online
3.4 Veranstaltungen
3.5 Publikationen
4 Politische Werbung
5 Operationalisierung des Untersuchungsziels
5.1 Methode
5.2 Auswahl der Experten
6 Werbekampagnen der Bundesregierung 1998-
6.1 „Mehr Spielraum für Väter“ – eine Werbekampagne des BMFSFJ
6.1.1 Ausgangssituation und Hintergrund
6.1.2 Anlass der „Väterbild-Kampagne“
6.1.3 Ziel der „Väterbild-Kampagne“
6.1.4 Zielgruppe der „Väterbild-Kampagne“
6.1.5 Aufbau der „Väterbild-Kampagne“
6.1.6 Ergebnis der „Väterbild-Kampagne“
6.2 „Deutschland ist gut“– eine Kampagne des BPA
6.2.1 Ausgangssituation und Hintergrund der „Deutschland ist gut“- Kampagne
6.2.2 Anlass der „Deutschland ist gut“-Kampagne
6.2.3 Ziel der „Deutschland ist gut“-Kampagne
6.2.4 Zielgruppe der „Deutschland ist gut“-Kampagne
6.2.5 Aufbau der „Deutschland ist gut“-Kampagne
6.2.6 Ergebnis der „Deutschland ist gut“-Kampagne
Resümee
Literatur- und Quellenverzeichnis
Anhang
Interviewleitfaden für die Intensivinterviews
Abbildungen
Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellungsverzeichnis
Schaubild 1: Politikvermittlungsmodell nach Sarcinelli
Schaubild 2: von der Bundesregierung geschaltete Anzeigen 1998-2002
Abbildung 1: Anzeigenmotiv „Spielplatz“
Abbildung 2: Anzeigenmotiv „Kinderzimmer“
Abbildung 3: Anzeigenmotiv „Küche“
Abbildung 4: Screenshot Webseite: www.mehr-spielraum-fuer-vaeter.de
Abbildung 5: Anzeigenmotiv „Jugend, Bildung, Arbeit“
Abbildung 6: Anzeigenmotiv „Forschung und Technologie“
Abbildung 7: Anzeigenmotiv „Energie, Umwelt, Verbraucherschutz“
Abbildung 8: Screenshot: Webseite www.deutschland-ist-gut.de
Einleitung
Ohne Werbung ist die Bundesregierung nicht in der Lage, die Bürger umfassend zu erreichen und über ihr Regierungshandeln zu informieren, Werbung ist damit ein wichtiger Bestandteil regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit, also des Dialoges zwischen Staat und Gesellschaft.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit, genauer mit Werbekampagnen der Bundesregierung. Die Frage nach Parteien- und Wahlwerbung wird hier bewusst ausgeklammert, da die regierungsamtliche Werbung auf ganz anderen Rahmenbedingungen basiert als die Parteienwerbung.
Der Dialog zwischen Bürgern und Regierung ist zwingend für das Funktionieren jedes Herrschaftssystems, ohne bricht es früher oder später auseinander. Die Regierung bedarf der Zustimmung der Bevölkerung. Diese Zustimmung ist auf Dauer nur durch Verständnis zu erlangen, welches wiederum durch Kommunikation erreicht wird. Erst der Dialog ermöglicht das Regieren. Insbesondere Demokratien basieren auf bidirektionaler Kommunikation zwischen Bürgern und Regierung bzw. Staat und Gesellschaft.
Warum macht die Regierung Werbung? Welche Rahmenbedingungen sind dafür maßgeblich? Welche Probleme können bei der regierungsamtlichen Werbung auftreten? Wie sieht die staatliche Werbung aus? Die Beantwortung dieser Fragen soll helfen, die Hauptthese nach der Erreichbarkeit der Bürger durch den Staat mittels Werbung zu bestätigen bzw. zu verwerfen.
Regierungsamtliche Werbekampagnen dienen in erster Linie der Erläuterung der Politik, das ist Aufgabe und Pflicht der Regierung im demokratischen System. Es steht so im Grundgesetz und wurde darüber hinaus in zahlreichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts präzisiert. Mit diesen formalen Kommunikationsaufgaben hat sich die Wissenschaft unter verschiedenen Gesichtspunkten bereits befasst. Sie finden in dieser Arbeit Erwähnung, da diese Entscheidungen und Grundgesetzartikel die Basis der gesamten regierungsamtlichen Kommunikation sind. Noch heute bezieht sich der Staat und insbesondere das Bundespresseamt auf die einschlägige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Öffentlichkeitsarbeit vom 2. März 1977, in der die Grenzen der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit festgelegt wurden. Diese gelten besonders in der „Vorwahlzeit“, also dem Zeitraum vor Landtags- und Bundestagswahlen.
Die technischen und damit die medialen Rahmenbedingungen für die politische Kommunikation haben sich stark verändert. Diese Veränderungen sind ein wichtiger Grund für den Einsatz von massenwirksamen Werbekampagnen. Die Veränderungen ziehen eine zunehmende Tendenz zur Individualisierung und Fragmentierung der Gesellschaft nach sich. Dies hat den Bedeutungsverlust althergebrachter Politikvermittlungskanäle wie z.B. Kirchen, Gewerkschaften und Vereinen mit sich gebracht. Welche Faktoren diesen Wandel im Einzelnen ausgelöst haben und wie sie sich auf die politische Kommunikation auswirken, wird hier näher betrachtet.
Regierungsamtliche Werbung ist, im Gegensatz zur Parteien- und Wahlwerbung, bis dato kaum wissenschaftlich untersucht worden. Die Werbung wird immer nur als ein kleiner Teilaspekt der Kommunikation beschrieben. Ihre wachsende Bedeutung wird lediglich im nicht-regierungsamtlichen Sektor bestätigt. Die zunehmende Bedeutung der Werbung bei der regierungsamtlichen Kommunikation wurde bisher nicht herausgearbeitet.
Die Arbeit ist so aufgebaut, dass zunächst die theoretischen Grundlagen dargelegt werden, um diese dann auf praktische Beispiele anzuwenden und so zu überprüfen. Um regierungsamtliche Werbetätigkeiten einordnen zu können, ist es wichtig, die Rahmenbedingungen zu kennen, denen die staatliche Werbung und allgemein die staatliche Öffentlichkeitsarbeit unterworfen ist. Daher werden zunächst die rechtlichen und dann die sich immer weiter stark verändernden technischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zusammengestellt und analysiert (Kapitel 1).
Im nächsten Schritt wird die Bedeutung der Werbung in Bezug zur gesamten Öffentlichkeitsarbeit gestellt und die Geschichte staatlicher Öffentlichkeitsarbeit und ihre Aufgaben beschrieben. Eine herausragende Rolle bei der regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit und damit auch bei der Werbung spielt das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA). Insbesondere seit dem Regierungswechsel 1998 hat sich das BPA auf die veränderten Rahmenbedingungen eingestellt und eine Neuorientierung vorgenommen. Daher werden die für die Öffentlichkeitsarbeit relevanten Tätigkeiten des BPA beschrieben und bewertet (Kapitel 2).
Aus Experteninterviews und Literatur werden Definitionen von Werbekampagnen zusammengestellt und unter Gesichtspunkten der Politikkommunikation beleuchtet. Anschließend werden die für die politische Kommunikation relevanten Instrumente von Werbekampagnen herausgearbeitet (Kapitel 3 und 4).
Wegen des mageren politikwissenschaftlichen Unterbaus wurde für diese Arbeit auf eigene Recherchen bzw. Primärinformationen zurückgegriffen. Diese wurden vor allem durch Intensivinterviews mit Experten gesammelt. Die ausgewählten Experten kommen einerseits aus der Regierung und andererseits aus der Werbe- und Kommunikationsbranche (Kapitel 5).
Um die gewonnenen Erkenntnisse des theoretischen Teils dieser Arbeit in Bezug zu aktuellen praktischen Beispielen zu setzen, werden die Anzahl und die Verteilung der in den vergangenen vier Jahren geschalteten regierungsamtlichen Anzeigen untersucht und bewertet. Damit soll auch die These, dass die regierungsamtliche Werbung insgesamt, und insbesondere vor Bundestagswahlen zunimmt, belegt werden. Schließlich werden exemplarisch zwei unterschiedliche regierungsamtliche Werbekampagnen vorgestellt und analysiert. Das erste Beispiel[1] war eine Kampagne, die anlässlich eines verabschiedeten Gesetzes aufgelegt wurde. Die Bürger, die das neue Gesetz betrifft, sollten informiert und motiviert werden, die Möglichkeiten wahr zu nehmen, die es ihnen eröffnet. Als zweites Beispiel[2] wird eine Werbekampagne untersucht, die von der Bundesregierung aufgelegt wurde, um die Bürger darüber zu informieren auf welchen Feldern die Regierung bislang erfolgreiche Politik gemacht hatte. Dies sollte ein Ansporn sein, die wirtschaftliche Lage optimistischer einzuschätzen und die Bundesregierung wollte einer Fehleinschätzung ihrer Politik durch die Bürger vorbeugen. Wichtig ist, dass beide Werbekampagnen rein exemplarisch ausgewählt wurden, um die Möglichkeiten und die Bandbreite von regierungsamtlicher Werbung darzustellen (Kapitel 6).
1 Rahmenbedingungen
Staatliche Öffentlichkeitsarbeit und damit auch Werbung bzw. Werbekampagnen hängen von unterschiedlichsten Rahmenbedingungen ab. Diese haben sich zum Teil erst in jüngerer Zeit entstanden oder haben sich stark verändert. Diese Rahmenbedingungen gilt es zu kennen, um das Thema Werbekampagnen der Bundesregierung richtig verstehen und einordnen zu können.
1.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
Der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung und ihrer nachgeordneten Behörden liegen rechtliche Rahmenbedingungen zu Grunde. Sie sollen hier betrachtet und analysiert werden. Zunächst die relevanten Passagen aus dem Grundgesetz und anschließend einschlägige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hat in mehreren Entscheidungen einerseits die Pflicht der Regierung, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben herausgestellt und andererseits die Grenzen derselben festgelegt.
„Ist staatliche Öffentlichkeitsarbeit .. zum einen essentiell notwendig, um – in den Worten des Bundesverfassungsgerichts – den Grundkonsens mit der Staatsordnung des Grundgesetzes lebendig zu erhalten, so unterliegt sie gleichzeitig, wie alles staatliche Handeln, verfassungsrechtlichen Grenzen.“ (HEYE 2002: 83)
1.1.1 Grundgesetz
Das Deutsche Grundgesetz (GG) definiert den Rahmen der staatlichen, gesellschaftlichen und privaten Ordnung. Alle weiteren Rechtsnormen müssen seinen Prinzipien entsprechen. Die Meinungsfreiheit, in Artikel 5 GG[3] festgeschrieben, ist als demokratisches Grundelement an drei Faktoren gebunden: Das Recht, Meinung frei zu äußern, sie zu verbreiten und sich frei zu unterrichten. Diese Komponenten stehen im engen wechselseitigen Bezug untereinander und beinhalten nicht nur individuelle Rechte, sondern auch eine bestimmte Vorstellung von Mensch und Gesellschaft: Wenn für den Bestand der Demokratie die geistige Auseinandersetzung mit politischen Themen eine Grundvoraussetzung ist, so verlangt das von ihren Bürgern auch die ständige Bereitschaft, sich zu informieren. Nur durch eine möglichst umfassende Kenntnis der Tatsachen und Standpunkte der Politik kann der Einzelne seinen Beitrag zur Demokratie leisten, kann er Teilnahme wirksam verwirklichen. Daher gilt: „alle staatlichen Organe haben ihren Beitrag durch umfassende Informationsarbeit zu leisten. Dies gilt in besonderem Maße für die Bundesregierung“ (BPA 2002d: 1)
Die Massenmedien fungieren als Vermittler von Informationen. In einem einschlägigen Grundgesetzkommentar heißt es dazu:
“Inhalt dieser Aufgabe ist es, einen Beitrag zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der verfassungsrechtlich fixierten freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu leisten – und zwar durch Etablierung eines Forums für den pluralistischen Widerstreit von Meinungsäußerungen zu gesamtgesellschaftlich relevanten Problemen sowie – damit zusammenhängend – durch Anbieten von Entscheidungshilfen, die dem Einzelnen ermöglichen, den grundgesetzlich verankerten Forderungen nach Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit demokratischer Persönlichkeiten zu entsprechen.” (LEIBHOLZ/ RINCK 1971: 122)
Massenmedien haben also eine sehr wichtige Aufgabe bei der Informationsverbreitung im deutschen Staatssystem. Allerdings gibt es für den Bürger auch andere Wege, Informationen oder Meinungen zu erhalten und auszutauschen. Diese Wege sind ebenfalls im Grundgesetz verankert.
So sichert Artikel 8 GG[4] den Schutz der Versammlungsfreiheit. Dieser Schutz ermöglicht es dem Einzelnen, die Vermittlung durch Massenkommunikationsmittel zu ergänzen. Durch interpersonelle Kommunikation kann er sich auf Versammlungen direkt ein Urteil über andere Meinungen bilden und seine eigene Meinung einbringen, bestätigen oder überprüfen.
Das Recht auf Vereinigungsfreiheit, festgeschrieben in Artikel 9 GG,[5] schützt Organisationen, die zur Vertretung gemeinsamer Interessen ihrer Mitglieder gegründet werden. Das Grundgesetz trägt damit der Erkenntnis Rechnung, dass in modernen Gesellschaften der einzelne Bürger kaum eine Chance hat, seine Vorstellungen und Interessen ohne die Unterstützung anderer durchzusetzen. Erst durch die kollektive Meinungsbildung wird gemeinsame Interessenvertretung im politischen System möglich und wirksam.
Artikel 20 GG[6] schreibt neben dem Demokratiegebot auch den Grundsatz der Rechtstaatlichkeit und der Sozialstaatlichkeit fest. Das heißt erstens, dass alle Gewalt vom Volke aus geht; zweitens, dass die Staatsgewalt an das für alle Bürger geltende Recht gebunden ist und schließlich drittens, dass der Staat nicht nur die Gleichheit vor dem Gesetz, sondern auch die Gleichheit der Chancen im Sinne der Pluralität einer freien Gesellschaft zu wahren hat. Das Volk muss als Träger der Staatsgewalt über die Arbeit der Regierung, staatliches Handeln und ökonomische Fragen informiert sein. (Vgl. KORDES/ POLLMANN 1985: 16) Die genannten Kommunikationsgrundrechte sind Voraussetzung für die Sicherung der Demokratie. Es ist also nicht nur im Interesse der staatlichen Organe, zur Aufklärung seiner Bürger bei zu tragen, es ist vielmehr ihre Pflicht.
Die Öffentlichkeitsarbeit eines demokratischen Staates und seiner Einrichtungen ist also ein wichtiges Mittel zur Aufklärung seiner Bürger. Die politische Kommunikation nimmt eine zentrale Funktion innerhalb der freiheitlichen Demokratie wahr: Sie dient der Sicherheit und Entfaltung des pluralistischen Systems. „Das allgemeine Öffentlichkeitsgebot des Grundgesetzes verpflichtet die besonderen Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtssprechung zur Publizität.” (JERSCHKE 1977: 116) Darüber hinaus leitet sich aus den Staatsformbestimmungen der Bundesrepublik eine Pflicht zur Öffentlichkeit ab. (Vgl. JERSCHKE 1977: 64-86) Der Öffentlichkeitsbedarf, genauer der Informationsbedarf, Meinungsbildungs- und Orientierungsbedarf der Gesellschaft, erfordert die systematische und kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit des Staates.
1.1.2 Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen zur regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit
Das zweite Standbein der Rechtsgrundlage zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung sind einschlägige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Die wichtigsten sollen hier kurz in chronologischer Reihenfolge aufgeführt werden.
Im Ersten Fernsehurteil vom 28. Februar 1961 hat das Gericht die „Notwendigkeit nationaler Repräsentation nach innen, d.h. der Selbstdarstellung der Nation vor der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland“ (BVerfGE 12, 205: 252) festgestellt.
Im Ersten Parteienfinanzierungsurteil vom 19. Juli 1966 beschreibt das Bundesverfassungsgericht zwar den Prozess der politischen Willensbildung im Normalfall als „Einbahnstraße (da er sich nur) vom Volk zu den Staatsorganen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin, vollziehen (könne)“ (BVerfGE 20, 56: 99), gleichzeitig stellt das Gericht allerdings fest, dass beispielsweise Öffentlichkeitsarbeit der Regierung und gesetzgebenden Körperschaften unbedenklich ist, „soweit sie ... der Öffentlichkeit ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Fragen darlegen und erläutern.“ (BVerfGE 20, 56: 99)
Das wichtigste und zentrale Urteil zur Öffentlichkeitsarbeit ist das Urteil zur Öffentlichkeitsarbeit im Wahlkampf vom 2. März 1977. Dort heißt es,
“eine verantwortliche Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setze voraus, dass der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfassten Staatsorgane getroffenen Entscheidungen ... genügend weiß, um sie beurteilen ... zu können. Auch dazu vermöge staatliche Öffentlichkeitsarbeit einen wesentlichen Beitrag leisen zu können.” (GEBAUER 1998: 468)
Dies bildet die Grundlage für die staatliche Öffentlichkeitsarbeit. In dieser Entscheidung wurden die Grenzen und Bedingungen, aber auch Pflichten der Bundesregierung bezüglich ihrer Öffentlichkeitsarbeit beschrieben. Das Bundesverfassungsgericht verpflichtet die Bundesregierung zur Öffentlichkeitsarbeit: „Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften ist in Grenzen nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern auch notwendig.“ (BVerfGE 44, 125: 147 – Hervorhebung nicht im Original) In der Dokumentation zum Urteil, herausgegeben vom Bundespresseamt (BPA) heißt es im ersten Satz der Einführung: „Das Wesen der modernen parlamentarischen Demokratie erfordert es, daß jeder die Möglichkeit hat, sich über das politische Geschehen zu informieren. Nur eine informierte Gesellschaft kann eine demokratische Gesellschaft sein.“ (BPA 1978: 3) Es gibt allerdings strenge Grenzen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit. Die Öffentlichkeitsarbeit von Staatsorganen muss sich stets der offenen und verdeckten Werbung für einzelne politische Parteien oder sonstige an der politischen Meinungsbildung beteiligter Gruppen enthalten. Besonders strenge Maßstäbe setzt das Bundesverfassungsgericht in der Vorwahlzeit an. Das Gericht stellt fest, dass Staatsorgane allen zu dienen und sich in Wahlkämpfen neutral zu verhalten haben. Die sogenannte Vorwahlzeit beginnt fünf Monate vor dem vom Bundespräsidenten festgelegten Wahltermin zum Deutschen Bundestag.
In einer weiteren Entscheidung zum regierungsamtlichen Wahlkampf veränderten die Verfassungsrichter am 23. Februar 1983 einige Punkte aus dem Urteil von 1977:
„Wenn das Gericht feststellt, daß im nahen Vorfeld der Wahl die Befugnis der Regierung, den Bürger über zurückliegende Tatbestände, Vorgänge und Leistungen sachlich zu informieren, »zunehmend« hinter dem Gebot zurücktrete, die Willensbildung des Volkes vor den Wahlen »nach Möglichkeit« frei von staatlicher Einflußnahme freizuhalten, so zieht das Gericht die Grenze damit nicht mehr so scharf und stringent wie im Urteil von 1977.“ (SCHÜRMANN 1992: 42)
Das Gericht lässt damit auch plakative und eindeutig vergleichende Werbeaussagen der Bundesregierung zu, selbst wenn diese in den Wahlwerbeanzeigen der die Regierung tragenden Parteien wieder auftauchen.(Vgl. SCHÜRMANN 1992: 42f)
Im Volkszählungsurteil vom 15. Dezember 1983 befasste sich der 1. Senat erstmals mit einem Defizit staatlicher Aufklärung. (Vgl. SCHÜRMANN 1992: 30f) Das Bundesverfassungsgericht rügte, dass das Bundesministerium des Innern die Bevölkerung nur unzureichend über ihre Rechte aufgeklärt hatte. Nur eine umfassende Aufklärung über die Volkszählung hätte das Vertrauen der zu zählenden Bürger in den Schutz seiner Daten gestärkt und seine Bereitschaft, bei der Zählung mitzuwirken, gefördert. Dieses Urteil hatte zur Folge, dass die Volkszählung wiederholt wurde. Zuvor hatte die Bundesgerierung jedoch „die bis dahin größte regierungsamtliche Social-Marketing-Kampagne aller Zeiten mit einem Budget von rd. 40 Millionen DM in Angriff genommen.“ (SCHÜRMANN 1992: 32)
Eine Beschwerde vor dem obersten Gericht scheiterte unter anderem mit der Begründung, dass die Bundesregierung mit ihrer Kampagne zur Aufklärung über die Risiken durch AIDS ihrer Informationspflicht gegenüber der Bevölkerung ausreichend nachgekommen ist. Mit dem AIDS-Beschluss vom 28. Juli 1987 bestätigte das Bundesverfassungsgericht zum einen die „gesetzessubstituierende Funktion von Öffentlichkeitsarbeit, zum anderen rechtfertigt es .. die bewußtseinsbildende Wirkung von Aufklärungskampagnen.“ (SCHÜRMANN 1992: 32)
1.2 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
Die Gesellschaft, insbesondere die der westlichen Welt ist einer ansteigenden Informationsflut ausgesetzt.[7] Diese entwickelte sich in Deutschland in den vergangenen zehn bis 15 Jahren vor allem mit der flächendeckenden Verbreitung und Vervielfachung von privaten Hörfunk- und Fernsehsendern. Hinzu kommt seit Mitte der 90er Jahre die exponentiell ansteigende Nutzung und Verbreitung des Internets, genauer des World Wide Web (www). „Kommunikation nimmt heute in der Gesellschaft einen breiteren Raum ein. Insbesondere durch die elektronischen Medien. Daher nutzt die Politik diese Medien auch verstärkt um den Bürger zu erreichen.“ (BELLSTEDT 2002b)
Diese neuen Kanäle und damit die Möglichkeit der nahezu grenzenlosen Information und Unterhaltung rund um die Uhr, können beim Publikum zu einer Übersättigung und Überinformation führen. Mit dem Problem der Überinformation ist es ist für viele Bürger sehr schwierig geworden, aus vielen Informationen die für ihn relevanten heraus zu filtern. Das mediale Umfeld ist schlicht »zu laut«. Dies kann dazu führen, dass immer häufiger gar keine Informationen bis zum Adressaten durchdringen.
Weiterhin verlieren die Bürger bei diesem breiten Angebot von Sendungen und Informationen zunehmend das Interesse an politischen Inhalten. Der großen Mehrheit der Bevölkerung wird eine Tendenz zugeschrieben, informierenden Medienangeboten, zumal solchen über politische Themen, eher aus dem Wege zu gehen. (Vgl. HASENBRINK 1998: 351) „Die Dualisierung (des Rundfunks) spaltet die Bevölkerung in unterhaltungs- und informationsorientierte Zuschauer, wovon die erste Gruppe hauptsächlich die kommerziellen, die zweite Gruppe die öffentlich-rechtlichen Sender nutzt.“ (FROEHLICH 2001: 60)
Die Überinformation und ein abnehmendes politisches Interesse sind jedoch nicht die einzigen Probleme, die sich bei der Politikvermittlung ergeben. Die Fragmentierung des Medienmarktes verursacht auch eine Fragmentierung des Publikums. In der öffentlichen Diskussion über die Folgen der durch Digitalisierung und Vernetzung beschleunigten Medienentwicklung spielt die These von der Fragmentierung des Publikums eine wichtige Rolle. Ihr zufolge führe die Vervielfachung und Ausdifferenzierung der Medienangebote und die damit einhergehende verstärkte Zielgruppenorientierung des Publikums, zur Auflösung von Öffentlichkeit und zu gesellschaftlicher Desintegration. (Vgl. STOLTE 1996: S. 470f.)
„Gerade [dieser] fortschreitende Trend zur Individualisierung von Lebensweisen stellt andere, deutlich höhere Anforderungen an die Vermittlung von Politik. Politische Kommunikation wird zunehmend vor die Aufgabe gestellt, fragmentierte Teilöffentlichkeiten zu verbinden. Die zunehmende Komplexität des Informationsflusses und der beschleunigte technologische Wandel fordern ein grundlegendes Überdenken der Rolle und Ausführung von Regierungskommunikation und deren Instrumente.“ (RUHENSTROTH-BAUER 2000: 51)
Ein weiteres Problem bei der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit ist der zunehmende Wegfall von Mittlerinstanzen. Die in der Vergangenheit viel bedeutsameren Mittler politischer Inhalte, wie etwa die Kirche, finden sich zunehmend marginalisiert und in ihrer Rolle als Meinungsführer beraubt. Das gilt zumindest in Bezug auf politische Leitlinien. Dies hängt auch mit der Komplexität der Politik zusammen, die, nicht zuletzt wegen der immer engeren Verzahnung mit der EU-Politik, stark zugenommen hat. Auch die lokale und regionale Parteiarbeit, also die Kommunikation in Ortsverbänden und auf Landesebene, hat Schwierigkeiten Politik zu vermitteln. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass sich immer weniger Menschen in Parteien engagieren. Gleiches gilt für Vereine (z.B. Sportvereine, aber auch Gesangsgruppen u.ä.), die noch bis in die späten 1980er-Jahre als Informations-, und Austauschpool dienten. Heutige Entwicklungen der Individualisierung sorgen dafür, dass die potentiellen Sportvereinsmitglieder beispielsweise lieber alleine in ein Fitnessstudios gehen. So finden jedoch keine Treffen mehr statt, die der Meinungsbildung zuträglich wären. Das Problem der Erreichbarkeit der Menschen über die traditionellen Wege findet sich insbesondere in größeren Städten, dort ist die Individualisierung noch ausgeprägter. Die Anzahl der Ein-Personen-Haushalte ist in großstädtischen Räumen um ein Vielfaches höher als in ländlichen Bereichen. Dies hängt unter anderem mit der Auflösung traditioneller Milieus, beispielsweise in der Arbeitswelt zusammen. Moderne Arbeitnehmer müssen heute mobil sein und leben daher oftmals alleine, um die geforderte Flexibilität zu erhalten. Die früher üblichen Wege der Informationsvermittlung und damit der Öffentlichkeitsarbeit werden also zunehmend versperrt. Daher sind die staatlichen Institutionen gezwungen, neue Wege der Kommunikation zu beschreiten, um ihrer Aufgabe der Information der Bürger gerecht zu werden. Eine Möglichkeit hierzu ist der verstärkte Einsatz von „gekaufter Kommunikation“ (FRANK 2002), also z.B. von Anzeigen und Plakaten.
Die zunehmende Differenzierung der Gesellschaft in allen Lebensbereichen macht es schwer, erfolgreich gezielte Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Es bleibt meist nur der Versuch, alle Menschen zu erreichen: Dies geschieht in erster Linie mit Hilfe von flächendeckenden Werbekampagnen, bei denen Anzeigen insbesondere in den politischen Leitmedien, wegen ihrer großen Reichweite und auf Großflächenplakaten im gesamten Gebiet der Bundesrepublik geschaltet werden. Damit steigert sich die Wahrscheinlichkeit die Zielgruppe zu erreichen um ein Vielfaches. Unter dem Druck knapper Haushaltsmittel muss der Staat jedoch dazu über gehen, die zu erreichende Zielgruppe genau zu definieren und diese dann in „deren“ Medien anzusprechen. So wurden z.B. Anzeigen der Bafög-Kampagne (2001) vor allem in Studentenzeitschriften geschaltet. (Vgl. KRÄMER 2002)
Bei der Umsetzung großer Kampagnen sind die staatlichen Organe auf professionelle Unterstützung angewiesen. „Aus der Veränderung der medialen Umwelt, die mit einem veränderten Informationsverhalten der Bürger einhergeht, entstand die Notwendigkeit der Intensivierung und Professionalisierung der politischen Kommunikation.“ (FROEHLICH 2001: 49f.) Werbe- und Public Relations (PR)-Agenturen sind inzwischen ein wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit staatlicher Stellen. Sie sorgen mit viel speziellem Kommunikations-Know-how dafür, dass Sachinhalte transparent und vermittelbar werden und bei den Adressaten ankommen. In der Hauptstadt Berlin sind seit dem Umzug der Bundesregierung eine Vielzahl solcher Agenturen entstanden, die um die oben aufgeführten Probleme der heutigen Politikvermittlung wissen und sie gezielt angehen.
Aber nicht nur der Weg der Vermittlung ist steiniger geworden, auch die zu vermittelnden Inhalte wurden wesentlich komplexer: Immer mehr Entscheidungen sind von immer mehr Voraussetzungen mit immer mehr Nah- und Fernwirkungen abhängig. Ein viel zitiertes Beispiel ist die EU-Politik, sie ist wegen der komplizierten und langwierigen Entscheidungsprozesse und wegen der fehlenden breiten medialen Aufmerksamkeit für den „Normalbürger“ ein höchst undurchsichtiger Bereich. Dieses Problem wurde inzwischen erkannt und so werden große politische Projekte EU-weit von Werbekampagnen begleitet. Ein Beispiel dafür ist die Kampagne zur Einführung des Euro im Jahr 2001. Mit hohem Aufwand wurde Deutschland auf die neue Währung vorbereitet, da ihr Erfolg oder Misserfolg von deren Akzeptanz abhängig ist. Ein weiteres Beispiel ist die seit diesem Jahr laufende Kampagne zur EU-Erweiterung der deutschen Vertretung der EU-Kommission. Diese Kampagne kommt allerdings ohne ein Werbebudget aus. Sie basiert auf gezielter PR-Arbeit, Internetpräsenz und Veranstaltungsreihen. Auch hier wird eine Zielgruppe besonders intensiv angesprochen.
„Unser Konzept basiert auf drei Säulen: Internet, Veranstaltungen und Medienkooperationen. Mit Länderportraits im Internet wollen wir über die wirtschaftliche und politische Lage ... der Beitrittskandidaten informieren. Unser Fokus liegt auf der jungen Bevölkerung, bei Schülern und Studenten.“ (BELLSTEDT 2002a: 1)
Jedoch macht sich in der medialen Vermittlung von Politik ein wachsender Druck zur Simplifizierung komplexer Zusammenhänge bemerkbar mit zum Teil erheblichen Folgen für die Rezeption der Politik durch das Publikum. Unter diesem Druck vollzieht sich ein Wandel in der medialen Politikvermittlung. Politik erscheint heute in einer Art und Weise, wie sie früher nur Konsumgütern vorbehalten war. Das liegt mitunter auch daran, dass Politik heute als Ware verkauft wird, oder als Marke geführt wird. Image und Aufmerksamkeit sind oft wichtiger als Inhalte. Besonders deutlich wird dieses Problem bei Wahlwerbung. Dieses Thema wird genauer in Kapitel 3 „Werbekampagnen“ beleuchtet.
Zusammenfassend lässt sich die gesellschaftliche Situation folgendermaßen beschreiben: Die Möglichkeiten des Bürgers insbesondere in den westlichen Ländern zur gründlichen Information über politische Fragen sind heute umfassend wie nie zuvor. Gleichzeitig wird es für den Einzelnen immer schwerer, die tagtägliche Informationsflut zu verarbeiten, Orientierung zu finden, einen Überblick zu gewinnen, ein eigenständiges Urteil zu bilden.
„Infolge der Auflösung sozialer Milieus, die mit einem nachlassenden politischen Bindungswillen der Bürger ... einhergeht, werden die Bürger vom politischen System immer weniger erreicht. Verstärkt wird diese Tendenz durch den Medienwandel, der zu einer veränderten Mediennutzung der Bevölkerung und der Verstreuung des Publikums führt. [Diese] Trends machten deshalb im Laufe der Zeit eine Professionalisierung der politischen Kommunikation im Sinne politischer PR [und Werbung] erforderlich.“ (FROEHLICH 2001: 59)
Dieser Situation müssen sich die staatlichen Institutionen in ihrer Arbeit zur Bürgerinformation und Politikvermittlung, sprich zur staatlichen Öffentlichkeitsarbeit stellen, und diese entsprechend gestalten. Wichtig ist, dass massenrelevante Fragen auch bei der Masse ankommen. Wenn das nicht geschieht, ist die sich daraus ergebende Konsequenz eine Entfremdung vom politischen System. Sie kann sich in Apathie und Desinteresse oder einer umstürzlerischen Mentalität, die die demokratischen Institutionen eigentlich abschreibt, ausdrücken. Und beispielsweise Protestwähler, die sich von den demokratischen Parteien abwenden, hervorbringen. (Vgl. TURNER 2002)
1.3 Technische Rahmenbedingungen
Die oben kurz erwähnten technischen Veränderungen der Medienwelt und ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Politikkommunikation sind so gravierend, dass sie nicht unerwähnt bleiben dürfen.
Die rasante technische Entwicklung seit den 90er Jahren brachte fast unbegrenzte Möglichkeiten, Informationen und Inhalte zu transportieren. Diese Vielfalt an Wegen führt dazu, dass Informationen erstens sehr vielfältig sind und zweitens in ihrer Vielzahl gar nicht mehr vollständig vom Publikum aufgenommen werden können.
Die Verbreitung des Internet macht es zwar möglich, sich über (fast) alles und jeden zu informieren, aber diese Omnipotenz macht es gleichwohl so unüberschaubar, dass die für den Suchenden relevante Information oftmals verborgen bleibt. Hier fehlt ein gut funktionierendes Mittlersystem, analog zum Journalisten, der das Wichtigste in seinen Beiträgen bündelt und so Informationen für die Bürger aufnehmbar macht. Durch den anarchischen Aufbau des Internet ist es häufig unmöglich, sich vernünftig zu informieren. Anders als beispielsweise bei Printmedien gibt es keine funktionierende Kontrollinstanz wie den Deutschen Presserat. Jeder kann „Informationen“ ins Netz stellen, unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt. Es ist unmöglich die Vielfalt zu kontrollieren. Daher ist es für den Nutzer sehr schwierig, den objektiven Wahrheitsgehalt einer Information zu überprüfen. Gerade die Anbieter mit relativ großen finanziellen Mitteln werden ihr Angebot im Netz in ihrem Interesse darstellen.
Für gute Quellen, wie z.B. Archive, muss man viel bezahlen und das macht der Durchschnittsbürger nur höchst selten. Es öffnet sich also eine Schere zwischen Wissenden und Nicht-Wissenden, beziehungsweise zwischen Informierten und Nicht-Informierten. In einer Gesellschaft, die Gleichheit als einen hohen Grundsatz ansieht, ist das ein großes Problem. Denn die umfassende Informiertheit ist, wie eingangs bereits erwähnt, die Voraussetzung für die Partizipation am demokratischen Prozess und damit für das Funktionieren des demokratischen Systems.
Überlegungen oder gar Forderungen nach einer direkten Demokratie setzen voraus, dass alle Teilnehmer am demokratischen System, also insbesondere alle Wahlberechtigten, über die gleichen Informationen verfügen können. Das kann jedoch nur durch gezielte Steuerung und Aufbereitung geschehen. Natürlich kann jeder Interessierte beispielsweise bestimmte Gesetzesinitiativen, die zur Lesung im Bundestag anstehen, einsehen. Aber es fehlt ihm der Gesamtzusammenhang und damit die Möglichkeit des Verständnisses dieser Information.
Daher muss es weiterhin, also trotz der technischen Möglichkeit der Selbstinformation, Aufgabe der staatlichen Institutionen sein, den Bürger über für ihn relevante Neuigkeiten zu informieren. Gerade weil heute auch in Deutschland immer häufiger über direkte Demokratie durch Volksabstimmung und ähnliches nachgedacht wird und dies durch technische Mittel realisierbar scheint, ist es wichtig, dass die stimmberechtigten Bürger ein ausreichendes und im weitesten Sinne vergleichbares Wissen über die zur Debatte stehenden Themen haben.
Es ist eine Folge der technischen Entwicklung, dass Politik transparenter und direkter zugänglich ist und damit für den Bürger interessanter. Der Gemeinschaftssender der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten (ARD und ZDF), PHOENIX, zeigt wie. Dort werden Bundestagsdebatten häufig live und in voller Länge übertragen und von kompetenten und erfahrenen Moderatoren begleitet. Der Bürger kann also zumindest einen Teil der Politik hautnah miterleben.
Weiterhin haben sich im Internet sogenannte Chats[8] mit Politikern etabliert. Hier besteht die Möglichkeit, mittels dem Netz direkt in Kontakt mit Politikern zu treten. Initiativen wie etwa der Verein politik-digital[9] aus Berlin haben auf diesem Gebiet Pionierarbeit geleistet und das Internet und seine Möglichkeiten für den direkten Austausch mit dem Wahlvolk innerhalb der politischen Eliten beliebt gemacht.
„Auch die Bundesregierung hat das Potential des Internets für die Dialogmöglichkeiten mit den Bürgern erkannt. Mit der Durchdringung aller Lebensbereiche durch das Internet stellen die Bürgerinnen und Bürger neue Forderungen an den Staat. Die Erwartungen sind nicht auf elektronische Dienstleistungen [eGovernment] beschränkt, sondern richten sich zunehmend auch auf »elektronische Demokratie« [eDemocracy].“ (BPA 2002e: 1)
Die Bundesregierung treibt den Ausbau des Regierungs-Internetangebotes mit äußerstem Nachdruck voran. Denn
„Das Sich-einbringen sich zu Wort melden, das Kommentieren von Inhalten, Vorschlägen etc. über die Dialogmöglichkeiten, die im Netz vorhanden sind. ... Ist ein guter Weg, die Menschen ein stückweit in die Politik zurück zu holen. ... Online ist absolut zukunftsträchtig und die Seiten der Bundesregierung sind gut konzipiert und bieten auch ausreichend Interaktivität an.“ (BELLSTEDT 2002b)
[...]
[1] „Mehr Spielraum für Väter“ – eine Kampagne des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Zeitraum: 01/ 2001-03/ 2002
[2] „Deutschland ist gut“– eine Kampagne des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Zeitraum 03/ 2002-04/ 2002
[3] Art. 5 (Meinungs-, Informations-, Pressefreiheit ... ) Absatz 1
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
[4] Art. 8 (Versammlungsfreiheit) Absatz 1
(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
[5] Art. 9 (Vereinigungs-, Koalitionsfreiheit) Absatz 1
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
[6] Art. 20 (Staatsstrukturprinzip; Widerstandsrecht) (Abs.2-3)
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
[7] Im Gegensatz zu totalitären Regimes, bzw. weniger industrialisierten Ländern fallen hier zwei Faktoren verstärkend zusammen. Auf der einen Seite das sehr geschützte Gut der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit und auf der anderen Seite der technische Fortschritt, eine gut ausgebaute Infrastruktur und damit die Möglichkeit eines weitestgehend freien Informationszugangs.
[8] „Chat“, der (engl.) = Schwätzchen, Geplauder. (Meist) zwanglose „Unterhaltung“ mittels kurzer schriftlicher Botschaften, die in Echtzeit über Computer versendet werden.
[9] http://www.politik-digital.de
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