Der Aspekt des Reisens in Jasper Ffordes Parodie The Eyre Affair


Hausarbeit, 2006

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


1 Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Zur Parodie
3.1 Eine kurze Darstellung des Begriffs der Parodie
3.2 Die Parodie in der englischen Literatur

4 The Eyre Affair
4.1 Parodierte Elemente in The Eyre Affair
4.1.1 Die politische Welt in The Eyre Affair
4.1.2 Die Technologie in The Eyre Affair
4.1.3 Die Literatur in The Eyre Affair

5 Der Aspekt des Reisens
5.1 Das Zeitreisen
5.2 Das Reisen in literarische Texte
5.2.1 Mycroft Nexts ProsaPortal
5.2.2 Thursday Next
5.2.3 „Der Literaturtourismus“

6 Schlussbemerkung

7 Literatur
7.1 Quellen
7.2 Sekundärliteratur
7.3 Quellen im Internet

2 Einleitung

2001 erscheint der erste Roman des walisischen Autoren Jasper Fforde: “The Eyre Affair“; der Erste von drei Bänden, nachdem das Manuskript zunächst von sechsundsiebzig Verlagen abgelehnt worden war. Inzwischen gilt Jasper Ffordes Trilogie im angelsächsischen Raum als Kult.[1] The Eyre Affair einem bestimmten Genre zuzuordnen ist nahezu unmöglich, da es viele Elemente verschiedenster Richtungen in sich birgt: um diesen Roman optimal in den Regalen diverser Bibliotheken einordnen zu können, müsste wohl eine Rubrik „Kriminal-Science-Fiction-Fantasie-Parodie“ eingeführt werden. Allerdings lässt sich das Genre unter literaturwissenschaftlichem Gesichtspunkt durchaus näher bestimmen als postmoderne, metafiktionale Parodie.[2]

Seinen einzigartigen Charakter erhält dieses Werk nicht zu letzt auf Grund seiner Vielschichtigkeit. Er gleicht einer Zwiebel unter derer Hautschichten die Handlungsstränge miteinander verquickt und verbunden sind – auch oder vor allem auf intertextueller Ebene:

„Fforde überfrachtet seinen Roman mit unzähligen Anspielungen auf Hoch- wie Trivialliteratur, konfrontiert den Leser mit Bram Stokers Vampirjägerzubehör wie mit der Innenwelt eines William Wordsworth, spielt auf Spionageroman von Ian Fleming bis John le Carré an, bricht der walisischen Literatur mehr als nur eine Lanze und zerpflückt hinsichtlich der Shakespearschen Urheberschaft lustvoll eine Spekulation nach der anderen.“[3]

Obgleich sich Punkt 3 mit der Entwicklung des Parodienbegriffs auseinandersetzt, soll The Eyre Affair im Folgenden nicht als postmoderne Parodie der Jane Eyre von Charlotte Bronte behandelt werden. Es soll vielmehr der Aspekt des Reisens untersucht werden, bezüglich der Reisevarianten, Transportmedien oder auch Intentionen der Reisenden. Die oben genannte Verwobenheit des Textes macht es nicht einfach einzelne Aspekte isoliert von einander zu betrachten. Daher müssen bei der folgenden Betrachtung leider einige sicherlich spannende Aspekte zwar erwähnt - soweit sie relevant sind- , weitestgehend aber unbeachtet bzw. stark vernachlässigt werden.

3 Zur Parodie

3.1 Eine kurze Darstellung des Begriffs der Parodie:

Der Begriff Parodie findet seinen Ursprung bereits in der Antike. In der griechischen Literatur der Antike wird als Parodie ein literarisches Werk bezeichnet, das den Stil eines bereits existierenden imitiert. Seit Scaligers Renaissance-Poetik 1561[4], wird die Parodie verstanden als „Nachahmung, die einen Originaltext imitiert und dabei das Werk, den Autor oder dessen Meinung verspottet.“[5]

Heute wird vorwiegend als Parodie die verzerrende, übertreibende oder verspottende Nachahmung eines bekannten Werkes bezeichnet, wobei zwar die Form beibehalten, aber ein anderer, nicht dazu passender Inhalt unterlegt wird. Dadurch wird eine deutliche Diskrepanz zwischen dem Original, der bekannten Form und dem neuen Inhalt erschaffen; so entsteht ein humoristischer Effekt. Nach dieser Definition versteht sich die Parodie als Gegengesang, was auf Grund der Etymologie des Wortes als durchaus plausibel erscheint.[6]

Die aktuelle Forschung interpretiert die Parodie auch als Nebengesang, wodurch sie in Zusammenhang mit der Intertextualität gebracht wird. Linda Hutcheon schafft für diese Parodiendefinition den Begriff der repetition with a critical difference[7]. Diese Variante der Parodie setzt weder eine Diametralität, noch eine spottende Nachahmung zwingend voraus. Eine parodistische Differenz entsteht demnach nicht in der Imitation eines bekannten Werkes, sondern vielmehr in der Überführung eines bestehenden Textes in einen neuen Kontext, im Rahmen einer trans-contextualization, wodurch ihm einen neuen Sinn gegeben wird.[8]

Vor allem im Kontext der literarischen Moderne und Postmoderne, in der Intertextualitätsbeziehungen eine wachsende Bedeutung zu kommt, wird Parodie als eine Darstellungstechnik, die weniger die Außenwelt reflektiert, sondern sich primär auf andere literarische Texte bezieht, immer bedeutender.[9]

Parodistische Werke gehören somit zu Texten, die von Metafiktionalität und von literarischer Selbstreferentialität geprägt sind. „Während die traditionelle Definition die Parodie eher als Gattung sieht, ist Parodie für die Vertreter des intertextuellen Ansatzes eine Schreibweise,“[10] die sich deutlich von Begriffen wie Gattungen oder Untergattungen abgrenzt und „historisch konkrete Realisationen bezeichnet.“[11]

3.2 Die Parodie in der englischen Literatur

Der Begriff Parodie tritt in der englischen Literatur zum ersten Mal in Ben Jonsons: “Every Man in His Humour“, im Jahre 1598, auf: “A Parodie, a parodie! To make it absurder than it was.”[12] Ben Jonson vertritt folglich die klassische Parodiendefinition, wie sie in Punkt 3.1 vorgestellt wurde.

Das nächste nennenswerte Zitat stammt von John Dryden - erst etwa 100 Jahre später, aus dem Jahre 1693. In "Preface to the Satires" definiert er den Begriff Parodie folgendermaßen: "We may find, that they were Satryrique Poems, full of Parodies; that is, of Verses patch'd up from great Poets, and turn'd into another Sence than their Author intended them."[13] Dryden verlässt somit den bisherigen Definitionsansatz, indem er die Satire mit der Parodie in Zusammenhang bringt und eine Sinn verändernde Eigenschaft hinzufügt.[14]

Der erste englischsprachige Autor, der die Parodie schließlich auch auf prosaische Texte bezieht, ist Jonathan Swift. Seiner Definition zu Folge, handelt es sich bei einer Parodie um eine Imitation eines Autoren, den es zu „entlarven“ gilt.[15] Damit wird die Parodie nahezu deckungsgleich mit Spott und Persiflage, was erst wieder durch den postmodernen Interpretationsansatz entkräftet wird. Der postmoderne Parodist bedient sich des „Skeletts“ eines anderen Werkes und platziert es in einen neuen Kontext mit neuem Inhalt und schafft somit einen Nebengesang, der mit dem „Originalwerk“ ein Koexistenz eingeht, ohne es verspotten zu wollen:

"…in transforming or remodelling previous texts, it [the parody, M.K.] points to the differential but mutual dependence of parody and parodied texts. Its two voices neither merge nor cancel each other out; they work together, while remaining distinct in their defining differences".[16]

An dieses Parodienverständnis anknüpfend, schafft Jasper Fforde, 2001, seinen Roman The Eyre Affair.

4 The Eyre Affair

Jasper Fforde führt den Leser in die Welt der Protagonistin Thursday Next, die der Realität des Lesers rudimentär entspricht, jedoch in vielen Bereichen auch weit von ihr entfernt ist.

4.1 Parodierte Elemente in The Eyre Affair

4.1.1 Die politische Welt in The Eyre Affair

Thursday Next lebt im England der 1980er Jahre. Also in einer Zeit, die für den heutigen Rezipienten zwar vergangen ist, allerdings noch nicht so weit zurück liegt, dass die Geschichte dieser Dekade in den Köpfen der Leser nicht mehr präsent wäre. Dieser Aspekt ist wichtig für das Verständnis der anachronistisch dargestellten politischen Situation in Thursdays Welt. Einblick in die Politik und in die Geschichte erhält der Leser durch Unterbrechungen der Haupthandlung, in Momenten , in denen Thursday Next ihre Arbeit unterbricht, bspw. fern sieht und der größte Nachrichtensender Europas, Toad News, in den Vordergrund tritt. Der Leser ist somit live dabei, wenn von den aktuellsten politischen Entwicklungen berichtet wird. "I put down my paper to watch the TV when the Toad News Network logo came up. Toad News was the biggest news network in Europe. Run by the Goliath Corporation, it was a twenty-four-hour service with up-to-date reports… "[17] So erfährt der Leser, dass der Krimkrieg zwischen England und Russland seit 131 Jahren ausgefochten wird[18], Wales eine unabhängige sozialistische Republik ist und England, das von den Deutschen während des Zweiten Weltkriegs eingenommen wurde, keine Monarchie mehr hat.[19] “These anachronistic conjunctions represent a postmodern dehistoricized aesthetic and establish a primary world divorced from the constraints of realist narrative in keeping with the novel`s pastiche of generic modes,...[20]

Hinzukommt der Stellenwert hoher Literatur in dieser Gesellschaft[21], der zu vielen innerpolitischen Auseinandersetzungen führt: “(...)an organised gang attempted to hold Jonathan Swift ´s papers to ransom. A protracted siege developed which ended with two of the extortionists shot dead and the destruction of several original political pamphlets and an early draft of Gulliver´s Travels.(…)Literary relics were placed under bullet-proof glass and guarded by electronic surveillance and armed officers.”[22] Raffaelisten, Surrealisten und Neosurrealisten liefern sich Straßenkämpfe[23], Shakespeare Anhänger und “Baconier“ fechten “Glaubenskriege“ um die wahre Autorenschaft der vermeintlichen Shakespeare- Stücke aus.[24]

Diese Befreiung von den üblichen Beschränkungen realistischen Erzählens findet nicht nur auf der historischen Ebene statt, sondern auch auf der technischen.

4.1.2 Die Technologie in The Eyre Affair

Auch die Entwicklung in der Technologie ist entfremdet.Dinge, die in der heutigen Welt als selbstverständliche Errungenschaften gelten, stecken in Thursdays Welt noch in den Kinderschuhen, wie das Fliegen mit Luftschiffen[25] ; andererseits gehören „fantastische Fähigkeiten“, wie Zeitreisen zum täglichen Leben dazu.

So ist die Genetik so weit fortgeschritten und allgemein anerkannt, dass sich das Clonen einer starken Popularität erfreut; z.B. werden Fachzeitschriften wie The New Splicer vertrieben. Dodos wurden wieder belebt und zu beliebten Haustieren, „upgradebar“, umgestaltet. Auch Thursday Next lebt zusammen in einer Wohnung mit Pickwick, “a regenerated pet dodo left over from the days when reverse extinction was all the rage and you could buy home cloning kits over the counter.”[26] Das Clonen ist folglich nicht sonderlich spektakulär; eher ein Modetrend.

4.1.3 Die Literatur in The Eyre Affair

Einer der Aspekte, die sich deutlich von der Realität des Rezipienten unterscheiden, ist der enorm hohe Stellenwert, den die Weltliteratur in dieser fiktiven Gesellschaft einnimmt. Es existiert eine Einheit, die sehr stark an das FBI „unserer Welt“ erinnert, the Special Operations Network. Diese Einheit wurde gegründet, um Fälle zu bearbeiten, die entweder zu ungewöhnlich oder zu speziell sind, um von regulären Einsatzkräften bewältigt werden zu können.[27]

Die LiteraTecs gehören zu einer Untereinheit dieser Organisation, die Fälschungen, Diebstähle und Fehlinterpretationen solcher literarischer Werke untersuchen die von der Gesellschaft als wertvoll eingestuft und zu einem kulturellen Kapital erhoben werden.[28] In The Eyre Affair gibt es zahlreiche intertextuelle Anspielungen auf eine Vielzahl literarischer – meist britischer- Größen; besonders hervorgehoben werden: William Shakespeare, Charles Dickens und – worauf der Romantitel bereits verweist- Charlotte Bronte.

“Although figured here in terms of literary tourism, the novel rapidly establishes these three authors as objects of the “recursive narrative” central to the postmodern novel. Further, these authors become symbolically representative of “levels” of “reality” in Fforde ´s novel, where Shakespeare, Dickens, and Bronte function as markers of literary culture in Thursday ´s “real”, ”intermediary,” and “textual” words, respectively.”[29]

Im Text finden sich hierzu viele Beispiele, vor allem in Bezug auf Shakespeare, der in Thursdays Welt quasi omnipräsent zu sein scheint. Sogar auf dem Nachttisch im Hotelzimmer finden sich Shakespeares Gesammelte Werke neben der Bibel und dem Koran.[30]

Des weiteren führt die Begeisterung der Gesellschaft für Kunst und Literatur zu Kontroversen, die zu Straßenschlachten, Diebstählen, Geiselnahmen und Mord führen. Manuskripte werden gestohlen, weil die Diebe ihr Lieblingswerk “in ist pure and unsullied state“[31] lesen wollen und Surrealisten werden von Impressionisten niedergestochen.[32]

5 Der Aspekt des Reisens

Die Bedeutung des Begriffs des Reisens kann wohl am Besten folgendermaßen kurz und prägnant zusammengefasst werden: der Aufbruch, die Fahrt oder auch die Ankunft zu bzw. an einen/m entfernten Ort. Dieser Definition zu Folge gibt es drei verschiedene Varianten des Reisens:

1. Das Reisen auf einer räumlichen Ebene mit dem Auto, der Bahn oder dem Flugzeug, um von einem geographischen Punkt zum anderen zu gelangen.
2. Das Reisen auf einer zeitlichen Ebene durch Vergangenheit und Zukunft.
3. Das Reisen auf einer intertextuellen Ebene, zwischen Fiktion und Realität.

5.1 Das Zeitreisen

Im Gegensatz zu vielen anderen Science-Fiction Romanen, die das Motiv der Zeitreise thematisieren, wird in The Eyre Affair das Zeitreisen als alltäglich dargestellt. Bereits auf der ersten Seite erfährt der Rezipient von der Existenz einer Einheit, der ChronoGuard, deren Aufgabe in der Korrektur regelmäßig auftretender Zeitverzerrungen liegt.[33] Da in dieser Welt das Zeitreisen nichts Außergewöhnliches darstellt, ist es auch nicht notwendig das Phänomen: Zeitreise pseudo-wissenschaftlich zu erklären.

“Since time travel is still in the theoretical arena, I [Jasper Fforde] think I can make up the rules as I go along. The simple way to get round all these problems is to blatantly flag them as a hole in the plot—and allow the reader to carry on, having left the nonexplanation as an explanation in itself.”[34]

Einblick in das Zeitreisen bekommt der Leser primär durch Thursdays Vater, der als Colonel in der ChronoGuard diente, bis er selbst von seinen Kollegen gejagt wird, sich seither auf der Flucht befindet und „dann und wann“ seine Familie besucht. “...he was now a lonely itinerate in time, belonging to not one age but to all of them and having no home other than the chronoclastic ether.”[35] Auch wenn nicht erwähnt wird wie oder warum das Zeitreisen funktioniert- außer Thursdays Bemerkung, dass ihr Vater ein Gesicht habe, das die Uhr stoppen könne-[36] so ist dennoch beschrieben was während einer Reise passiert:

“The world flickered, shuddered and stopped. The proprietor of the café froze in mid-sentence and the picture on the television stopped dead. Outside, birds hung motionless in the sky. Cars and trams halted in the streets and a cyclist involved in an accident stopped in midair, the look of fear frozen on his face as he paused two feet from the hard asphalt. The sound halted too, replaced by a dull snapshot of a hum, the world´s noise at that moment in time paused indefinitely at the same pitch and volume.”[37]

Bemerkenswert ist dabei, dass Thursday diese Auswirkung, die die Zeitreise auf die Umwelt hat zwar wahrnimmt, aber nicht von ihr betroffen ist. Sie ist schließlich diejenige, die dem Leser beschreibt was passiert und außerdem kann sie sich bewegen und unterhält sich mit ihrem Vater während die Welt um sie herum erstarrt ist.[38] Nach Beendigung seiner Besuche: “Everything carried on as normal. No one except myself [Thursday] had seen Dad come or go.”[39] Warum das so ist, ist nicht erklärt. Es kann nur spekuliert werden, ob dies im Einflussbereich des Vaters liegt, da seine Tochter ja der Adressat ist. Im Text finden sich dafür aber keine Hinweise.

Unerklärt bleiben außerdem eine Reihe von Paradoxien, die entweder durch das Zeitreisen hervorgerufen werden, oder diese überhaupt erst verursachen:

„(...) as the whole time travel thing is full of ludicrous paradoxes that tie one in knots. Thursday ´s father was eradicated before he was born so never existed yet Thursday was born.”[40] Viele weitere solcher Paradoxien ziehen sich durch den Roman, die nicht wirklich zum Handlungsgeschehen beitragen, aber einen großen humoristischen Beitrag leisten, wie das Streichen des Schlafzimmers in der Farbe mauve.[41] Thursdays Vater bittet seine Tochter ihre Mutter daran zu hindern das Schlafzimmer mauve zu streichen, was sie in der Zukunft bereits getan hat, bringt sie allerdings dadurch erst auf den Gedanken. Somit wird sein Versuch einen Vorgang in der Zukunft zu verhindern, erst durch den selben ausgelöst. Hätte er die Farbe nicht erwähnt, wäre sie wohl nicht an die Wand gekommen: “She told me she had painted the bedroom mauve, much to Dad` s disappointment – and it was my [Thursday] fault for suggesting it.”[42]

Andere Paradoxien, die in Zusammenhang mit Veränderungen der Zeitstrukturen stehen, stellen eine Voraussetzung für den weiteren Handlungsverlauf dar wie die Zeitreise, auf die sich Thursday begibt:

“I stared at the sports car on the front row of the lot under a banner marked ”Bargain”. There could be no mistake. The car was definitely the one that had appeared before me in my hospital room. And I had been driving it. It was me who had told me to come to Swindon. It was me who had told me that Acheron wasn´t dead. If I hadn´t come to Swindon then I wouldn´t have seen the car and I wouln´t have been able to buy it. It didn´t make a great deal of sense, but what little I did know was that I had to have it.”[43]

Zu Beginn der Geschichte erfährt der Rezipient, dass die Aufgabe der ChronoGuard in der Korrektur regelmäßig auftretender Zeitverzerrungen besteht; was damit gemeint ist bzw. worin eine derartige Verzerrung besteht, wird in Kapitel 27 dargestellt:

“About five hundred yards away the road and starry night sky had spiralled into the shape of a whirlpool, a funnel that was crushing and distorting the light that managed to penetrate the vortex. […] In the centre of the whirlpool, where the refracted light had been whipped up into a jumbled pattern, there was an inky black hole, which seemed to have neither depth nor colour, just shape: a perfect circle the size of a grapefruit. […] the flashing blue lights slowing to red as they shone through the fringes of the black mass, distorting the image of the road beyond like the refraction on the edge of a jam jar. In front of the vortex was a blue Datsun, the bonnet already starting to stretch as it approached the distortion. […] all the occupants of the cars seemed to be frozen like statues.”[44]

Da das Warten auf die ChronoGuard Einheit zu viele weitere Opfer fordern würde - “In four hours we could be seeing a major global disaster occurring right in front of our eyes. A rent in time so large we won´t know for sure that the here-and-now isn´t the there-and-then. The rout of civilization, panic in the streets, the end of the world as we know it.”[45] – entschließt sich Thursday Next selbst zu handeln: ”It´s a doodle. Dad was in the ChronoGuard; he told me all about this sort of thing.”[46] Das Zeitloch muss mit einem runden Gegenstand gestopft werden. Bei dem Versuch das Schlimmste zu verhindern geraten Thursday und ihr Kollege selbst in den Zeitstrudel:[47]

“My car slid on and on. The motorway had been replaced by a swirling mass of light and colour that had no meaning to either of us. Occasionally a coherent image would emerge from the murk and on several occasions we thought we had arrived back in a stable time, but were soon whisked back into the vortex, the typhoon raging in our ears.”[48]

So gelangen sie absolut zufällig in Thursdays eigene Vergangenheit, wo sie ihrem „vergangenen Ich“ die Botschaft mitteilen kann, die den Grund für ihren Aufenthalt in Swindon bot: “If I hadn´t seen myself I wouldn´t have gone to Swindon and if I hadn´t gone to Swindon I wouldn´t have been able to warn myself to go there.”[49] Ebenso zufällig und unsteuerbar wie die Reise in die Vergangenheit geschieht auch die Reise zurück in die Gegenwart.[50]

Allzu deutlich werden auch “Nebenwirkungen der Zeitreise” geschildert: Um das Zeitloch endgültig zu schließen, stopft ein Mitarbeiter der ChronoGuard einen Tennisball in den Zeitstrudel, was nur zehn Minuten dauert. Allerdings vergehen sieben Monate außerhalb des Zeitlochs. “- seven months on double pay plus privileges(…).”[51] Diese Zeitverzerrungen bringen aber auch durchaus gravierendere Konsequenzen mit sich: “”Unavoidable detained“ is a ChronoGuard euphemism for a time aggregation,(...). Caught outside the herenow. Sixty years piled on to him in less than a minute.(…) In the world of the Event, the Cone and the Horizon, Filbert Snood had been unavoidably detained.”[52] Eine weitere Nebenwirkung der Zeitreise ist die Veränderbarkeit der Geschichte. ChronoGuard Agenten reisen durch die Zeit, um Zeitverzerrungen zu reparieren; dabei bleibt nicht aus, dass Veränderungen in der Geschichte vorgenommen werden. Dies wird deutlich an Hand der Gespräche zwischen Thursday und ihrem Vater: “”I [Thursdays Vater] was in ´78 recently,“ he announced. “I brought you this.” He handed me [Thursday] a single by the Beatles. I didn´t recognise the title. “Didn´t they split in ´70?” “Not always. (…)””

Ein weiteres Paradoxon betrifft die oft debattierte Shakespeare-Frage: Ein Besuch in das Jahr 1610 zeigt, dass ein Shakespeare existiert, aber niemand dessen berühmte Stücke kennt. Thursdays Vater reist nun weiter in die Vergangenheit, um dem jungen Shakespeare ein Exemplar der Gesammelten Werke zu bringen, damit diese „pünktlich“ erscheinen können, obwohl sie niemals existierten, da sie nie geschrieben wurden.[53] Erklärt wird dies folgendermaßen: “Given the huge timescale of the cosmos, impossible things are commonplace.(…) Time is out of joint;(…).”[54]

5.2 Das Reisen in literarische Texte

The Eyre Affair belässt es nicht bei einer Verschmelzung der Grenzen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Fforde entwirft eine alternative Welt, eine Welt voller fließender Grenzen zwischen Fiktion und Realität; sowohl zwischen der Fiktion und der Realität innerhalb des Romans, als auch zwischen der Fiktion des Textes und der Realität des Lesers. “The barriers between reality and fiction are softer than we think; a bit like a frozen lake.“[55]

5.2.1 Mycroft Nexts ProsaPortal

5.2.1.1 Die Inbetriebnahme des ProsaPortals

Zurück in Swindon trifft Thursday auf ihren Onkel Mycroft, der in seiner Werkstatt fantastische Erfindungen entwickelt. Unter anderem findet er eine Möglichkeit die Grenze zur fiktiven Welt zu öffnen und den Eintritt in literarische Werke zu ermöglichen: das ProsaPortal, ein Biomechanismus[56] in Form eines Buches. Die erste Inbetriebnahme dieses Portals ist ziemlich genau beschrieben:

„He opened the large brass-reinforced book(…)to reveal a cavity into which he placed a large-print copy of Wordsworth ´s poem “I Wandered Lonely as a Cloud”. To this he added the bookworms, who busily got to work. They slithered over the text, their small bodies and unfathomable collective id unconsciously examining every sentence, word, vowel sound and syllable. They probed deeply into the historical, biographical and geographical allusions, then they explored the inner meanings hidden within the metre and rhythm and juggled ingeniously with subtext, content and inflection. After that they made up a few verses of their own and converted the result into binary. – Lakes! Daffodils! Solitude! Memory! whispered the worms excitedly as Mycroft carefully closed the book and locked it.”[57]

Mycrofts weitere Arbeit besteht nun in der Stromversorgung des Portals und der Einstellung zahlreicher Regler, die sich auf dem Portal befinden. Die Abfolge der einzelnen Schritte sind in einem Heft festgehalten, von dem es nur ein Exemplar gibt.[58]

Das ProsaPortal ist nun bereit und Polly darf den ersten Schritt in Wordsworths Gedicht machen. Das ProsaPortal ist aktiviert sobald ein großer grüner Knopf gedrückt wird- das Buch beginnt zu summen. Um die biometrischen Informationen der Bücherwürmer zu konvertieren und die „Tür zur anderen Seite“ öffnen zu können, wird eine Menge Strom benötigt.

“(...)a thin shaft of light appeared in the workshop, as though a door had been opened from a winter´s day into summer. Dust glistered in the beam of light, which gradually grew broader until it was large enough to enter. “All you have to do is step through!” yelled Mycroft above the noise of the machine. “To open the door requires a lot of power; you have to hurry.” The high voltage was making the air heavy; metallic objects close by were starting to dance and crackle with static.”[59]

Pollys Eintritt in Wordsworths fiktive Welt geht nicht weniger spektakulär von statten:

“There was a bright flash and a burst of heavy electrical discharge; two small balls of highly charged gas plasma formed spontaneously near the machine and barrelled out in two directions; Mycroft had to duck as one sailed past him and burst harmlessly on the Rolls-Royce; the other exploded on the Olfactograph and started a small fire. Just as quickly the light and sound died away, the doorway closed and the streetlights outside flickered up to full brightness again.”[60]

Das Portal ist wieder geschlossen, die Bücherwürmer verrichten ihre Arbeit und auf dem Buchcover zucken Nadeln, die wohl den zweiminütigen Countdown zur nächsten Öffnung des Portals einläuten.[61]

5.2.1.2 Pollys Aufenthalt in: I Wandered Lonely as a Cloud

Polly tritt durch das ProsaPortal und gelangt in die paradies-artige Landschaft Wordsworths Poesie. “It´s like breathing champagne“.[62] Innerhalb dieser fiktiven Idylle trifft Polly auf Wordsworth persönlich - etwa 80 Jahre alt, in einen schwarzen Umhang gekleidet und einem schwachen Lächeln, das seine wettergegerbten Züge erhellt - der oft an diesen Platz kommt, ”whenever the doldrums of depression fall heavy on his countenance.”[63] Er fragt Polly zwar was sie hier mache, ist aber mit der Antwort, ihr Mann habe sie hergeschickt zufrieden und hakt nicht weiter nach[64]. Bemerkenswert ist, dass sich der Dichter dieses Werkes seines Schaffens bewusst ist. Er weiß, dass diese Idylle von ihm geschrieben wurde. “The inward eye is all I have left,(...)Everything that I once was is now here, my life is contained in my works. A life in volumes of words; it is poetic.”[65] Ergänzend durch die Frage ”How long since I died?“[66] wird deutlich, dass er sich ebenfalls seiner biologischen Vergänglichkeit bewusst ist und weiß, dass er tot ist. Er ist aber gleichzeitig ein Gefangener seiner Welt, in der weiterhin existiert, er hat kein Zeitgefühl, denn sie spielt für ihn keine Rolle und sein Wissen von der „wirklichen Welt“ ist auf dem Stand von vor seinem Todestag. “Tell me, how did the revolution in France turn out?“[67] Das harmonische Gespräch wird plötzlich abgebrochen durch ein schnell aufkommendes Gewitter, das vehement in die Struktur und den Inhalt des Werkes eingreift: ”I don´t remember writing that-“[68]. Wordsworth verschwindet und Polly wird im Gedicht eingeschlossen: “She cried out in fear as the sky and the lake met; the daffodils, trees and clouds returning to their place in the poem, individual words, sounds, squiggles on paper with no meanings other than those with which our own imagination can clothe them. She let out one last terrified scream as the darkness swept on and the poem closed on top of her.”[69]

Polly wird in diesem Gedicht von Hades als Geisel gehalten, um ein Druckmittel gegen Mycroft zu haben. Sobald Mycroft das Gedicht und die Gebrausanweisung zurück hat, geht er selbst durch das ProsaPortal, um seine Frau zu befreien.[70]

5.2.1.3 Acheron Hades und das ProsaPortal

Acheron Hades befindet sich seit geraumer Zeit auf Platz 1 der Fahndungsliste.[71] Er ist die Verkörperung des reinen Bösen: “I´m not mad, I´m just ...well, differently moralled, that ´s all.“[72] Seine Motive sind Ruhm und Ehre.[73]

Hades weiß von Mycrofts ProsaPortal und möchte dies für seine Vorhaben nutzen. Er entführt Mycroft, dessen Frau Polly, die in Wordsworths Gedicht gefangen ist und dessen Erfindung. Mycroft wird gezwungen, ihm bei dem Plan zu helfen, Figuren aus den Romanen zu entführen und so die Regierung zu erpressen:[74] “What good is extortion unless you show everyone what massive damage you could do if you wanted.“[75]


[...]

[1] Vgl.: http://www.dieterwunderlich.de/Fforde_Jane_Eyre_k.htm#com

[2] Punkt 3 dieser Arbeit befasst sich näher mit dem Begriff der Parodie.

[3] http://www.writerswrite.com/journal/feb02/fforde.htm

[4] Vgl. Iulius Caesar Scaliger: Poetices libri septem. Sieben Bücher über die Dichtkunst. Herausgegeben, übersetzt, eingeleitet und erläutert von Luc Deitz. Bd. 1: Buch 1 und 2. Stuttgart-Bad Cannstatt 1994, S. 90-91 (lat.-dt.).

[5] Nünning, S. 492.

[6] Anm.: Das aus dem Griechischen stammende Präfix pará bedeutet gegen, aber auch neben, was lange Zeit unbeachtet blieb. So definiert die neuere Forschung die Parodie auch als Nebengesang. Nünning, S. 492.

[7] Hutcheon, Linda: A Theory of Parody: The Teaching of Twentieth- Century Art Forms. 1985. Urbana: U of Illinois P, 2000.

[8] Nach Hutcheon

[9] Metzler, S. 492.

[10] Metzler, S. 492.

[11] Metzler, S. 574.

[12] The Oxford English Dictionary, including additions series volumes 1 - 3. - 2. ed., Oxford Univ. Pr., 2002.

[13] http://experts.about.com/e/p/pa/Parody.htm

[14] Seine Theorie setzt Dryden in "MacFlecknoe" um, indem er Virgils „Aeneid“ parodiert: “(...) but the poem is about Thomas Shadwell, a minor dramatist. The implicit contrast between the heroic style from Virgil and the poor quality of the hero, Shadwell, makes Shadwell seem even worse. When dressed in Aeneas's clothes, Shadwell looks all the more ridiculous.” Vgl.: http://experts.about.com/e/p/pa/Parody.htm

[15] Aus: Swift, Jonathan: "The Apology for the &c.". In: A Tale of a Tub. Ed. 1710. Ebook. http://www.lehigh.edu/~amsp/tubb0-2.html

[16] Hutcheon, Linda ( 1985): A Theory of Parody: The Teaching of Twentieth- Century Art Forms. In: Hateley, Erica.

( 2005). “The End of The Eyre Affair: Jane Eyre, Parody, and Popular Culture.“ The Journal of Popular Culture. Volume 38 (6), 1022.

[17] Fforde, Jasper: The Eyre Affair. London: Hodder and Stoughton, 2001, S. 6.

[18] Fforde, S. 7.

[19] Fforde, S. 9.

[20] Hateley, Erica. ( 2005). “The End of The Eyre Affair: Jane Eyre, Parody, and Popular Culture.“ The Journal of Popular Culture. Volume 38 (6), 1022.

[21] Auf diesen Punkt wird in 4.1.2 genauer eingegangen.

[22] Fforde, S. 12.

[23] Vgl.: Fforde, S. 120f.

[24] Vgl.: Fforde, S. 39ff.

[25] Fforde, S.77.

[26] Fforde, S.2.

[27] Fforde, S.1.

[28] Vgl.: Hateley

[29] Hateley

[30] Vgl.: Fforde, S.119.

[31] Fforde, S.11.

[32] Fforde, S.9.

[33] Fforde, S.1.

[34] http://www.writerswrite.com/journal/feb02/fforde.htm

[35] Fforde, S.2.

[36] Fforde, S.1/3.

[37] Fforde, S.3.

[38] Fforde, S.3.

[39] Fforde, S.6.

[40] http://www.writerswrite.com/journal/feb02/fforde.htm

[41] Fforde, S.10.

[42] Fforde, S.46.

[43] Fforde, S.88.

[44] Fforde, S.271f.

[45] Fforde, S.273.

[46] Fforde, S.273.

[47] Fforde, S.273.

[48] Fforde, S.278.

[49] Fforde, S.282.

[50] Fforde, S.281.

[51] Fforde, S.277.

[52] Fforde, S.59.

[53] Vgl.: Fforde, S.368.

[54] Fforde, S. 368.

[55] Fforde, S. 206.

[56] Fforde, S. 124.

[57] Fforde, S. 123 f.

[58] Fforde, S. 124.

[59] Fforde, S. 125f.

[60] Fforde, S. 126.

[61] Vgl.: Fforde, S.126.

[62] Fforde, S. 126f.

[63] Fforde, S. 127.

[64] Fforde, S. 127.

[65] Fforde, S. 127.

[66] Fforde, S. 127.

[67] Fforde, S. 128.

[68] Fforde, S. 127.

[69] Fforde, S. 127.

[70] Fforde, S. 348..

[71] Fforde, S. 153.

[72] Fforde, S. 157.

[73] Fforde, S. 153.

[74] Fforde, S. 154f.

[75] Fforde, S. 157.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Der Aspekt des Reisens in Jasper Ffordes Parodie The Eyre Affair
Hochschule
Universität Mannheim  (Anglistisches Seminar)
Veranstaltung
Strange Travels
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
24
Katalognummer
V58145
ISBN (eBook)
9783638524193
ISBN (Buch)
9783656788041
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aspekt, Reisens, Jasper, Ffordes, Parodie, Eyre, Affair, Strange, Travels
Arbeit zitieren
Miriam Tilger (Autor:in), 2006, Der Aspekt des Reisens in Jasper Ffordes Parodie The Eyre Affair, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58145

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