Doch auch in der Spätantike beschäftigte der Mythos von der Frau, die in Männerkleider schlüpft, an die Öffentlichkeit tritt und Männer von der politischen Bühne verdrängt, weiterhin die Phantasie und Ängste der Männer, was die vorliegende Proseminararbeit über den politischen Aufstieg Galla Placidias und deren Rezeption in der Historiographie darzulegen versucht. Es geht mir dabei insbesondere um die Relation zwischen den höfischen Strukturen und dem Stellenwert Galla Placidias auf der einen und deren Darstellung in der antiken Historiographie auf der anderen Seite, wobei die eigentliche Zielsetzung eine Dechiffrierung der von Stereotypen geprägten Topik antiker Texten beinhaltet. Diese Klischees konstituierten sich meistens durch die zwei gängigen Darstellungsweisen: Die gute, gerechte, grosszügige, fromme und schöne Wohltäterin gegenüber der wollüstige, machtgierige und skrupellose Intrigantin. Diese Perspektiven geben somit die Möglichkeiten der Kaiserin am Hof, dem Zentrum der Macht, wieder.
Bei meiner Analyse werde ich mich vor allem auf Quellen beziehen, welche zur unmittelbaren Lebenszeit Galla Placidias angefertigt worden sind. Dies hat folgende Gründe: Erstens würde die Hinzuziehung aller geschriebenen Quellen, welche bis ins 8. Jahrhundert reichen, den Rahmen der vorliegenden Proseminararbeit sprengen und zweitens handeln die meisten dieser Werke, von Cassiodor bis Jean d’Antioche, vom Niedergang Roms nach dem Tode Valentinians III, der für viele die Politik Galla Placidas als Ursache hat. Da ich aber vor allem auf die Rezeption des politischen Aufstieges Galla Placidias eingehen will, greifen diese Darstellungen zu weit. Um die gotische Perspektive, welche vor allem aufgrund der Eheschliessung mit Athaulf ins Spiel kommt, wiedergeben zu können, werde ich dennoch auf Jordan eingehen, dessen Werk aus dem 6. Jahrhundert stammt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Rolle der Kaiserin in der Spätantike
- Definition und Wandel der Kaiserinnenstellung
- Die Auswirkung des Christentums auf die Stellung der Kaiserin
- Veränderung visueller Darstellung der Kaiserin in der Spätantike
- Deutungsmuster weiblicher Macht in den antiken Quellen
- Stereotypisierte Darstellung von Kaiserinnen in den antiken Quellen
- Analysekonzept des politischen Einfluss von Frauen am Kaiserhof
- Galla Placidia: Kurzbiographie
- Betrachtung und Interpretation des politischen Aufstiegs Galla Placidias in der Historiographie des 5. Jahrhunderts
- Vom dynastischen Objekt über politischen Akteurin zur gottesfürchtigen Kaisermutter
- Hinrichtung Serenas:
- Geiselnahme und anschliessende Heirat mit Athaulf:
- Heirat und Machtellung während der Regierungszeit Constantins III
- Einfluss Galla Placidia auf ihren Sohn Valentinian III
- Vom dynastischen Objekt über politischen Akteurin zur gottesfürchtigen Kaisermutter
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Proseminararbeit analysiert den politischen Aufstieg von Galla Placidia und seine Rezeption in der Historiographie des 5. Jahrhunderts. Die Analyse konzentriert sich auf die Beziehung zwischen den höfischen Strukturen und dem Stellenwert Galla Placidias einerseits und deren Darstellung in der antiken Historiographie andererseits. Die Arbeit zielt darauf ab, die Klischees zu entschlüsseln, die die antiken Texte prägen, und so die Möglichkeiten der Kaiserin am Hof, dem Zentrum der Macht, aufzuzeigen.
- Der Einfluss von Frauen am Kaiserhof in der Spätantike
- Die Darstellung von Macht und Einfluss in der antiken Historiographie
- Die Rezeption des Mythos von Omphale im Kontext des politischen Aufstiegs von Galla Placidia
- Die Rolle des Christentums in der Definition der Kaiserinnenrolle
- Die unterschiedlichen Perspektiven auf Galla Placidia in den antiken Quellen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Mythos von Herakles und Omphale vor und erörtert dessen Bedeutung für die Antike. Der Mythos diente als Metapher für die Grenzüberschreitung der Frau und ihren Einfluss auf die politische Bühne. Die Arbeit thematisiert den politischen Aufstieg von Galla Placidia im Kontext dieser historischen und kulturellen Verständnisse.
Kapitel 2 widmet sich der Rolle der Kaiserin in der Spätantike. Es wird argumentiert, dass die Kaiserinnen im Laufe der Zeit einen zunehmenden Einfluss erlangten, obwohl ihre Position formell begrenzt blieb. Es wird ein Rückblick auf die römische Geschichte gegeben, um die Konstruktion der Geschlechterrollen und die Entwicklung der Kaiserinnenstellung zu beleuchten.
Kapitel 3 behandelt Deutungsmuster weiblicher Macht in den antiken Quellen. Es werden zwei gängige Darstellungsweisen von Kaiserinnen untersucht: Die gute, gerechte und fromme Wohltäterin und die wollüstige, machtgierige und skrupellose Intrigantin. Diese Stereotypen beeinflussten die Rezeption von Galla Placidia in den Quellen.
Kapitel 4 liefert eine Kurzbiographie von Galla Placidia, die ihren Lebensweg und ihre politische Karriere beleuchtet. Es werden die wichtigsten Stationen ihres Lebens und ihre Rolle im politischen Gefüge des 5. Jahrhunderts vorgestellt.
Kapitel 5 beleuchtet den politischen Aufstieg von Galla Placidia aus der Perspektive der Historiographie des 5. Jahrhunderts. Es wird untersucht, wie ihre Rolle vom Objekt dynastischer Interessen zu einer politischen Akteurin und letztlich zu einer gottesfürchtigen Kaisermutter dargestellt wird.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themenbereiche weibliche Macht, politische Einflussnahme, Kaiserinnenstellung, Historiographie, Spätantike, Galla Placidia, Omphale, Stereotype, Christentum, höfische Strukturen, Quellenanalyse, Deutungsmuster.
- Arbeit zitieren
- Master Angela Mattli (Autor:in), 2005, Galla Placidia Augusta: Darstellung weiblicher Macht in der Geschichtsschreibung des 5. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58282