I. Identität im Wandel
Im Vorfeld meiner Arbeit halte ich es für notwendig sowohl das Wort Identität als auch das Wort Moderne zu klären. Denn bei beiden Begriffen werden beim Hörer unterschiedliche Assoziationen geweckt. Dieses liegt vor allem an dem häufigen Gebrauch dieser Beiden in unterschiedlichen Zusammenhängen. So meint ein Psychologe beim Benutzen des Wortes Identität sicher etwas Anderes als ein Werbetexter beim Gebrauch des Selbigen. Die Dudendefinition erklärt Indentität „als „Selbst“ erlebte innere Einheit der Person“. (Duden Fremdwörterbuch 1997, S.344)
Um diesen Begriff aber genau zu erfassen muss man in der Geschichte bis zur Entstehung der Moderne zurückgehen. Sozial gesehen ist die Modernisierung „eine Entwicklung die im Spätmittelalter langsam einsetzte und sich im Laufe des letzten und dieses Jahrhunderts beschleunigt fortsetzte.“(Loo, van Rejen 1992, S. 11) Durch das Aufbrechen der traditionellen Strukturen bzw. durch die zunehmende Arbeitsteilung war das Individuum nicht mehr in dem Maße in die Gesellschaft eingebunden. Es hatte dadurch zwar größere Freiheiten, aber auch weniger Halt durch Institutionen wie der Kirche oder des Staates, welches zur Folge hatte, dass die Wahrung der eigenen Identität in der modernen Gesellschaft sich sehr schwierig darstellt. (Vgl. ebd. S.15f) „Die entscheidende Pluralisierung der Gesellschaft betrifft seit langem und heute allgemein auch die Individuen. Identität ist immer weniger monolithisch, sondern nur noch plural möglich.“(Welsch 1992, S. 171)
Schon in Musils „Mann ohne Eigenschaften“ wird der moderne Menschenschlag von des Hauptprotagonisten Jugendfreund Walter wie folgt charakterisiert: „Er ist ein Mann ohne Eigenschaften! […] Das gibt es heute in Millionen. […]Das ist der Menschenschlag den die Gegenwart hervorgebracht hat!“(Musil 2002, S. 64) An anderer Stelle wird auch davon gesprochen, dass der Wirklichkeitssinn des neuzeitlichen Menschen verblasst und durch den Möglichkeitssinn vertauscht sei. Das habe zur Folge, das sich das Individuum kein einheitliches Ich mehr bewahren kann, da für ihn alle Identitäten im Bereich des Möglichen liegen(Vgl. ebd. S.16f).
Was hat das aber mit moderner Kunst gemein? Wie stehen diese Entwicklungen in Zusammenhang mit dieser? Die Antwort darauf ist denkbar einfach, zumal nicht zuletzt die gesteigerte Freiheit des Individuums [...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Identität im Wandel
- II. Identitätsproblematik zu Beginn der Moderne an einem Beispiel
- III. Warum Bacon?
- IV. Identität und Moderne im Werk Bacons
- V. Formanalyse
- 1. Erster Eindruck
- 2. Bildgegenstand
- 3. Bildform
- 4. Bildfarbe
- 5. Bildraum
- 6. Bildkomposition
- 7. Bildbewegung
- 8. Bildspannung
- 9. Bildeinheit
- 10. Außerbildlicher Kontext
- 11. Ein Musterbeispiel für Moderne Kunst?
- 12. Interpretationsversuch
- VI. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit widmet sich der Analyse des Identitätsdiskurses im Werk Francis Bacons. Ziel ist es, die Darstellung der menschlichen Identität in Bacons Werk im Kontext der modernen Gesellschaft zu untersuchen und zu analysieren, wie Bacons Bildsprache die Auflösung der festen Identität des modernen Individuums widerspiegelt.
- Der Wandel des Identitätsbegriffs in der Moderne
- Die Problematik der Identitätsfindung in der modernen Gesellschaft
- Bacons künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema der Identität
- Die Rolle der Porträtmalerei und der Triptychen im Werk Bacons
- Bacons Bildsprache und die Verknüpfung von realistischen Räumen mit verfremdeten Figuren
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel erläutert den Wandel des Identitätsbegriffs im Kontext der modernen Gesellschaft und die Herausforderungen, die die Pluralisierung der Gesellschaft für die individuelle Identitätsfindung mit sich bringt. Das zweite Kapitel beleuchtet anhand des Beispiels van Goghs die Problematik der Identitätsfindung im Kontext der klassischen Moderne. Das dritte Kapitel argumentiert, warum das Werk Francis Bacons besonders geeignet ist, um den Identitätsdiskurs in der Moderne zu analysieren. Dabei werden Bacons Porträtmalerei und seine Triptychen als Schlüsselfaktoren hervorgehoben, die seine künstlerische Auseinandersetzung mit der Thematik der Identität widerspiegeln.
Das vierte Kapitel widmet sich Bacons Werk im Kontext der Moderne und analysiert die Darstellung der Auflösung der festen Identität des modernen Individuums in verschiedenen Bildern. Im fünften Kapitel wird eine Formanalyse durchgeführt, die sich mit den verschiedenen Aspekten der Bildsprache Bacons beschäftigt. Dieser Abschnitt analysiert die Bildform, die Bildfarbe, den Bildraum, die Bildkomposition, die Bildbewegung, die Bildspannung, die Bildeinheit und den außerbildlichen Kontext.
Schlüsselwörter
Identität, Moderne, Francis Bacon, Porträtmalerei, Triptychen, Identitätsdiskurs, Seelenzustand, Vergänglichkeit, Pluralität, Subjektivität, Bildsprache, Formanalyse.
- Quote paper
- Michael Ebel (Author), 2006, Identitätsdiskurs im Werk Francis Bacons, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58363