Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Theorie der „Global City“
1.1 Definition nach S. Sassen und J. Friedman
1.2 Kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff der Global City
2. Untersuchung auf Merkmale einer Global City am Beispiel einer lateinamerikanischen Stadt
2.1 Mexiko City – Global City oder US-orientierte Primate City?
3. Einordnung der Städte Lateinamerikas in das Netz der Global Cities
3.1 Mexiko City, Sao Paulo, Buenos Aires – globale Peripherie oder die Zentren von morgen? Ein Fazit
Literatur- und Quellenverzeichnis
1. Theorie der „Global City“
1.1 Definition nach S. Sassen und J. Friedmann
Bevor ich die Frage nach Global Cities in Lateinamerika behandeln werde, möchte ich zuerst den Begriff der Global City, wie er nach seinen „Begründern“ S. Sassen und J. Friedmann definiert wurde, erörtern.
Die Global City als Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung wurde erstmals in den 1980er Jahren von J. Friedmann behandelt, da die früheren Werke von Hall (1966) et al. noch keine Theorie der Global City im heutigen Sinne thematisierten, sondern sich mit World Cities etc. und demnach mit einem völlig anderen Kriterienkatalog befassten.
Als Definition für eine Global City lassen sich hier die „Auswahlkriterien für Global Cities“ von J. Friedmann[1] anführen:
Wichtiges Finanzzentrum
Headquarters von transnationalen Unternehmen
internationale Institutionen
rapider Anstieg des Dienstleistungssektors
wichtiges Produktionszentrum
wichtiger Transportknotenpunkt
Bevölkerungsgröße
Erweitert wird diese Definition durch S. Sassens „Neue Funktionsweisen von Global Cities“[2]:
hoch konzentrierte Kommandozentralen in der Organisation der Weltwirtschaft
Schlüsselstandorte für Finanzwesen und hoch spezialisierte Dienstleistungen
Orte der Produktion einschliesslich Innovationen in führenden Industriezweigen
Märkte für produzierte Güter und Innovationen
Nach dieser Hypothese ist eine Global City also ein urbanes Zentrum globaler Bedeutung, das sich durch eine herausragende wirtschaftliche und administrative Stellung sowohl im nationalen als auch im globalen Kontext definiert.
Für die Klassifikation von Global Cities werden dementsprechend verschiedenste Daten herangezogen, wie etwa die Summe der ausländischen Direktinvestitionen (ADIs), die Anzahl an Direktflügen in Triadenländer (Europa – Nordamerika – Japan), die Präsenz ausländischer Banken oder auch die Ausprägung des FIRE – Sektors (Finance – Insurance – Real Estate / Finanzdienstleistungen – Versicherungen – Immobilien)[3].
Wichtiger für die Einstufung einer Global City ist jedoch vor allem ihre Vernetzung mit anderen Global Cities bzw. ihre Rolle im globalen Wirtschaftssystem.
1.2 Kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff der Global City
Bisher wurden in diesem Kontext vor allem die „alten“ Metropolen wie New York, Paris, London oder auch Tokio behandelt, und so liegt die Vermutung nahe, dass die Klassifikationsmerkmale einer Global City deutlich von den in diesen Städten zu beobachtenden Entwicklungen beeinflusst sind.
S. Sassens Untersuchungen zu Global Cities (Sassen, 2001) erfuhren beispielsweise einige Kritik, vor allem wurde ihr vorgeworfen, dass nur ihr „Wohnort“ New York hinreichend von ihr untersucht wurde. Desweiteren herrschen unterschiedliche Ansichten über den Kriterienkatalog und die Aussagekraft der verwendeten Daten, was jedoch keine Entkräftung der Global City – Hypothese, sondern eher den von Friedmann erhofften Anstoss brachte, über dieses wichtige Thema zu diskutieren und es auf die Tagesordnung zu bringen.
[...]
[1] (Friedmann, 1986: 72, zit. nach Gerhard, Geogr. Rundschau 04/2004: 5)
[2] (Sassen, 2001: 3, zit. nach Gerhard, Geogr. Rundschau 04/2004: 6)
[3] (nach Wehrhahn, Geographische Rundschau 04/2004: S. 40 ff.)