In der Bewährungshilfe gilt die Einzelberatung als die übliche Form der Unterstützung, die Probanden (so die Bezeichnung der Klientel in der Bewährungshilfe) während der Bewährungszeit gegeben wird. Einzelberatung selbst hat hinsichtlich der Case - Management – Dimension vielfältige Vorteile. Sie kann sowohl fundiert individuelle Aspekte von Probandenproblemlagen und ungenutzten individuellen Ressourcen erkennen als auch in verschiedenster Weise auf die Beseitigung spezifischer Defizite hinwirken und die Aktivierung von persönlichen Energiequellen und Fähigkeiten der Betroffenen einleiten.
Warum also Gruppenarbeit nutzen, um mit Probanden zu arbeiten? Wie kann Gruppenarbeit spezifischen Notlagen mehr, anders oder besser als Einzelberatung begegnen? In welcher Hinsicht können gruppendynamische Prozesse zu einer intensiveren oder gar erfolgreicheren Bearbeitung von Bewältigungsdefiziten beitragen und in welcher Beziehung sollten dazu spezifische Ursachen von Kriminalität betrachtet werden?
Im vorliegenden Konzept soll eine Möglichkeit dazu gesehen werden, Gruppenarbeit auch in der Bewährungshilfe als eine professionelle Methode darzustellen und ihren Einsatz mittels eines methodischen Konzeptes zu ermöglichen. Unter Betrachtung der theoretischen Hintergründe für Kriminalität und abweichendes Verhalten sowie der Fundierung durch lern- und kognitionstheoretisch, sozialpsychologisch und soziologisch relevante Mechanismen soll eine Basis für die Gruppenarbeit innerhalb der Bewährungsunterstellung für eine spezielle jugendliche Zielgruppe geschaffen werden, die mehrfach mit Bagatelldelikten, insbesondere im Bereich der Beförderungserschleichung und des Ladenstiebstahls auffällig wurden.
Diese spezielle Form der Gruppenarbeit soll sowohl methodisch als auch themenbezogen breit gefächert sein, handlungsorientiert an die konkreten Lebenssituationen herantreten, somit einen Effekt des Bewusstwerdens der eigenen Situation initiieren und praktische Umsetzung, also auch zielgerichtete Veränderung durch Eigeninitiative fordern.
Inhaltsverzeichnis
- Teil I - Theorieteil
- Gliederung Teil I - Theorieteil des Trainingskonzepts
- 0. Problemstellung
- 1. Bewährungshilfe als Rahmen des Konzeptes
- 2. Argumente für Gruppenarbeit in der Bewährungshilfe
- 3. Kriminaltheoretische Hintergründe und ihr Bezug zur Gruppenarbeit
- 3.1. Abweichendes Verhalten, Devianz, Kriminalität und Delinquenz
- 3.2. Kriminalisierung und Entkriminalisierung
- 3.3. Klassische Kriminalitätstheorien nach BENTHAM und BECCARIA
- 3.4. Soziologische Kriminalitätstheorien
- a) Theorie der strukturell – funktionalen Bedingtheit von Kriminalität nach DURKHEIM
- b) Anomietheorie nach MERTON
- c) Theorie der differentiellen Gelegenheiten nach CLOWARD / OHLIN
- d) Theorie der delinquenten Subkultur nach WHYTE / COHEN
- 3.5. Psychologisch fundierte Theorien
- 3.5.1. Psychodynamische Theorien
- a) Aggressionstheorien nach FREUD und LORENZ
- b) Frustrations- Aggressions- Hypothese nach DOLLARD
- 3.5.2. Kontrolltheoretischer Ansatz
- a) Halt Theorie nach REISS / RECKLESS
- b) Soziale Bindungstheorie nach HIRSCHI
- c) Konzept der Selbstkontrolle nach GOTTFREDSON und HIRSCHI
- 3.5.3. Lerntheoretische Kriminalitätstheorien
- a) Theorie der differentiellen Assoziation nach SUTHERLAND
- b) Theorie der misslungenen Konditionierung nach EYSENCK
- 3.5.4. Entwicklungspsychologie / Sozialisationstheorien
- a) Entwicklungsaufgaben
- b) Krise Stress - Bewältigung - Coping
- c) Deprivation und Sozialisation
- d) Lebenslauftheorien und Life - Event - Forschung
- e) Risiken und Social Support
- f) Moralentwicklung und Delinquenz
- 3.6. Labeling - Ansatz und Interaktionistische Theorien
- a) Labeling Approach (LEMERT / BECKER / SACK / TANNENBAUM)
- b) Der handlungstheoretische Ansatz nach HAFERKAMP
- c) Konzept der kriminellen Karriere nach QUENSEL
- 3.7. Schlussfolgerungen für das Konzept
- 4. Zielbestimmung des Trainings
- 4.1. Aufbau von Bewältigungsmechanismen innerhalb kritischer Lebenslagen
- 4.2. Ressourcenaktivierung
- 4.3. (Re)Integration innerhalb gesellschaftlicher Beziehungen
- 4.4. Legalbewährung
- 5. Konzept versus Modellversuch
- 6. Konzeptionelle Rahmenbedingungen
- 6.1. Theoretische Einordnung und Zielkonkretisierung
- 6.2. Vorbereitungen und Kooperationspartner
- 6.3. Die Zielgruppe
- 6.4. Das räumliche Setting
- 6.5. Das zeitliche Setting
- 6.6. Das strukturelle Setting
- 6.7. Das materielle Setting
- 6.8. Das Trainersetting
- 6.9. Die Konsequenzen des Fehlens
- 6.10. Die Motivierung der Teilnehmer vor Beginn des Trainings
- 6.11. Der Trainingsverlauf
- 6.11.1. Gruppenphasen und Gruppenprozesse
- 6.11.2. Integration des Konzepts in den Gruppenprozess
- 6.11.3. Konkrete Terminplanung
- 6.12. Der Sitzungsverlauf
- 6.13. Konzeptionelle Rahmenbedingungen im Modellversuch
- 7. Wirkmechanismen des Trainings
- 7.1. Klassisches und Instrumentelles Lernen
- Gruppenarbeit in der Bewährungshilfe
- Kriminalitätstheorien und deren Bezug zur Gruppenarbeit
- Entwicklung von Bewältigungsmechanismen
- Förderung sozialer Kompetenzen
- Konzeptionelle Rahmenbedingungen und Umsetzung des Trainingskonzepts
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit "Training - Days" befasst sich mit der Entwicklung eines Gruppenarbeits- und Trainingskonzepts für junge Menschen in der Bewährungshilfe. Das Konzept zielt darauf ab, Bewältigungsmechanismen in komplexen Anforderungssituationen zu fördern und somit die sozialen Kompetenzen der Teilnehmer im Alltag zu stärken.
Zusammenfassung der Kapitel
Der Theorieteil der Diplomarbeit beleuchtet zunächst die Bewährungshilfe als Rahmen des Konzeptes und argumentiert für die Bedeutung von Gruppenarbeit in diesem Kontext. Anschließend werden verschiedene Kriminalitätstheorien vorgestellt, die einen Einblick in die Ursachen und Hintergründe von delinquenten Verhaltensweisen geben.
Die Kapitel 3.1 bis 3.7 analysieren klassische und soziologische Kriminalitätstheorien sowie psychologisch fundierte Ansätze. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Theorien der differentiellen Assoziation, der misslungenen Konditionierung, der Entwicklungspsychologie und dem Labeling-Ansatz. Ausgehend von diesen theoretischen Grundlagen wird die Zielsetzung des Trainingskonzepts in Kapitel 4 näher erläutert. Es soll den Teilnehmern helfen, Bewältigungsmechanismen in kritischen Lebenslagen zu entwickeln, Ressourcen zu aktivieren, sich (re)integrieren und ein legales Leben zu führen.
Kapitel 5 setzt das Konzept in Bezug zu einem möglichen Modellversuch, während Kapitel 6 die konzeptionellen Rahmenbedingungen des Trainings beleuchtet. Hier werden Themen wie die Zielgruppe, das Setting, der Trainingsverlauf und die Motivierung der Teilnehmer behandelt.
Im Kapitel 7 werden die Wirkmechanismen des Trainings, insbesondere klassisches und instrumentelles Lernen, diskutiert.
Schlüsselwörter
Bewährungshilfe, Gruppenarbeit, Training, Kriminalität, Delinquenz, Sozialisation, Bewältigungsmechanismen, soziale Kompetenzen, Ressourcenaktivierung, (Re)Integration, Legalbewährung, Konzept, Modellversuch, klassisches Lernen, instrumentelles Lernen.
- Quote paper
- Anja Hartmann (Author), 2006, Die Ausbildung von Bewältigungsmechanismen bei jungen Menschen in komplexen Anforderungssituationen zur Förderung sozialer Kompetenzen im Alltag, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58385