Die Ausbildung von Bewältigungsmechanismen bei jungen Menschen in komplexen Anforderungssituationen zur Förderung sozialer Kompetenzen im Alltag


Diploma Thesis, 2006

455 Pages, Grade: 1,0


Excerpt


Gliederung

0. Problemstellung

1. Bewährungshilfe als Rahmen des Konzeptes

2. Argumente für Gruppenarbeit in der Bewährungshilfe

3. Kriminaltheoretische Hintergründe und ihr Bezug zur Gruppenarbeit
3.1. Abweichendes Verhalten, Devianz, Kriminalität und Delinquenz
3.2. Kriminalisierung und Entkriminalisierung
3.3. Klassische Kriminalitätstheorien nach BENTHAM und BECCARIA
3.4. Soziologische Kriminalitätstheorien
a)Theorie der strukturell – funktionalen Bedingtheit von Kriminalität nach DURKHEIM
b)Anomietheorie nach MERTON
c)Theorie der differentiellen Gelegenheiten nach CLOWARD / OHLIN
d)Theorie der delinquenten Subkultur nach WHYTE / COHEN
3.5. Psychologisch fundierte Theorien
3.5.1. Psychodynamische Theorien
a) Aggressionstheorien nach FREUD und LORENZ
b) Frustrations- Aggressions- Hypothese nach DOLLARD
3.5.2. Kontrolltheoretischer Ansatz
a) Halt – Theorie nach REISS / RECKLESS
b) Soziale Bindungstheorie nach HIRSCHI
c) Konzept der Selbstkontrolle nach GOTTFREDSON und HIRSCHI
3.5.3. Lerntheoretische Kriminalitätstheorien
a)Theorie der differentiellen Assoziation nach SUTHERLAND
b)Theorie der misslungenen Konditionierung nach EYSENCK
3.5.4. Entwicklungspsychologie / Sozialisationstheorien
a) Entwicklungsaufgaben
b) Krise – Stress – Bewältigung - Coping
c) Deprivation und Sozialisation
d) Lebenslauftheorien und Life – Event - Forschung
e) Risiken und Social Support
f) Moralentwicklung und Delinquenz
3.6. Labeling – Ansatz und Interaktionistische Theorien
a) Labeling Approach (LEMERT / BECKER / SACK / TANNENBAUM)
b) Der handlungstheoretische Ansatz nach HAFERKAMP
c) Konzept der kriminellen Karriere nach QUENSEL
3.7. Schlussfolgerungen für das Konzept

4. Zielbestimmung des Trainings
4.1. Aufbau von Bewältigungsmechanismen innerhalb kritischer Lebenslagen
4.2. Ressourcenaktivierung
4.3. (Re)Integration innerhalb gesellschaftlicher Beziehungen
4.4. Legalbewährung

5. Konzept versus Modellversuch

6. Konzeptionelle Rahmenbedingungen
6.1. Theoretische Einordnung und Zielkonkretisierung
6.2. Die Zielgruppe
6.3. Vorbereitungen und Kooperationspartner
6.4. Das räumliche Setting
6.5. Das zeitliche Setting
6.6. Das strukturelle Setting
6.7. Das materielle Setting
6.8. Das Trainersetting
6.9. Die Konsequenzen des Fehlens
6.10. Die Motivierung der Teilnehmer vor Beginn des Trainings
6.11. Der Trainingsverlauf
6.11.1.Gruppenphasen und Gruppenprozesse
6.11.2.Integration des Konzepts in den Gruppenprozess
6.11.3.Konkrete Terminplanung
6.12. Der Sitzungsverlauf
6.13. Konzeptionelle Rahmenbedingungen im Modellversuch

7. Wirkmechanismen des Trainings
7.1. Klassisches und Instrumentelles Lernen
7.2. Modelllernen
7.3. Lernen durch Einsicht
7.4. Selbstkonzept , Selbstmanagement und Empowerment
7.5. Einstellungen, Schemata und Stereotype
7.6. Motivationen
7.7. Wahrnehmung und Kommunikation
7.8. Rollen und Regeln
7.9. Problemlösungskompetenz der Gruppe
7.10. Wirkung der Mechanismen des Trainings im Modellversuch

8. Umgang mit antizipierten Problemsituationen während des Trainings
8.1. Geringe Schreibfertigkeiten, geringe verbale und nonverbale Ausdrucksmöglichkeiten
8.2. Konflikte in der Gruppe
8.3. Unpünktlichkeit und Fehlen
8.4. Desinteresse und fehlende Mitarbeit
8.5. Akute Problemlagen
8.6. Problemsituationen im Modellversuch

9. Spezielle Trainingselemente und ihre anvisierten Effekte
9.1. Stabile Elemente des Trainingsverlaufes
9.1.1. Erstgespräch / Assessment
9.1.2. Die persönliche Regel (optional)
9.1.3. Der Kontrakt
9.1.4. Der Terminplan
9.1.5. Die Trainingsmappe (optional)
9.1.6. Aufträge und Zielformulare
9.1.7. Die Gruppenregeln
9.1.8. Das Blitzlicht
9.1.9. Interaktionsspiele und Gruppenexperimente
9.1.10. Inforunden
9.1.11. Beobachtungsbögen
9.1.12. Das Feedback
9.1.13. Das Abschlussgespräch
9.2. Flexible Elemente im Sitzungsverlauf
9.2.1. Die Einzelarbeiten
9.2.2. Die Kleingruppen
9.2.3. Das Plenum
9.2.4. Gruppenkonferenz und individuelle Einzelberatung
9.2.5. Methodische Vielfalt und Flexibilität
9.3. Trainingselemente im Modellversuch

10. Evaluation
10.1. Assessment / Fragebogen und Abschlussgespräch
10.2. Auswertung der Evaluationsformulare
10.3. Auswertung der Auftragserledigung und Teilnahmeanzahl
10.4. Auswertung der Beobachtungsbögen
10.5. Feedbackelemente innerhalb der Sitzungen
10.6. Evaluation im Modellversuch

11. Kritische Betrachtung des Konzepts unter Berücksichtigung des Modellversuchs
11.1. Zielerreichung im Modellversuch - Dissonanz von Praxis und Theorie
11.2. Analyse der Dissonanz von Praxis und Theorie

12. Zukunftsaussichten des Konzeptes

0. Problemstellung

In der Bewährungshilfe gilt die Einzelberatung als die übliche Form der Unterstützung, die Probanden (so die Bezeichnung der Klientel in der Bewährungshilfe) während der Bewährungszeit gegeben wird. Einzelberatung selbst hat hinsichtlich der Case - Management – Dimension vielfältige Vorteile. Sie kann sowohl fundiert individuelle Aspekte von Probandenproblemlagen und ungenutzten individuellen Ressourcen erkennen als auch in verschiedenster Weise auf die Beseitigung spezifischer Defizite hinwirken und die Aktivierung von persönlichen Energiequellen und Fähigkeiten der Betroffenen einleiten.

Warum also Gruppenarbeit nutzen, um mit Probanden zu arbeiten? Wie kann Gruppenarbeit spezifischen Notlagen mehr, anders oder besser als Einzelberatung begegnen? In welcher Hinsicht können gruppendynamische Prozesse zu einer intensiveren oder gar erfolgreicheren Bearbeitung von Bewältigungsdefiziten beitragen und in welcher Beziehung sollten dazu spezifische Ursachen von Kriminalität betrachtet werden?

Der Ursprungsgedanke, der zu dieser Konzeption führte, lässt sich leicht begründen. In Hilfeprozessen der Einzelfallhilfe kommt man zuweilen an den Punkt, an dem man bemerkt, dass jede Anforderung und Hilfestellung an den Probanden, jeder Vermittlungs- und Vernetzungsversuch zwischen Probanden und Hilfesystemen ins Leere läuft. Der Bewährungshelfer selbst tritt auf der Stelle, weil Bewährungsunterstellte nicht die Motivationen und Fähigkeiten mitbringen, die eine normalintensive Betreuung benötigt. Kommunikationsschwächen und unbewusste Hemmmechanismen scheinen den Hilfeprozess zum Stillstand zu bringen und Entmutigung und Resignation kündigen sich an, deren Gründe in der Grundeinstellung des Probanden oder in der eigenen Arbeitsweise vermutet werden.

So sucht man Möglichkeiten, den Hilfeprozess effektiver und anders als bisher zu gestalten, um das Bewährungsverhältnis nicht als aussichtslos definieren zu müssen und der eigenen Arbeit wieder Legitimation hinsichtlich der an sie gestellten Erwartungen zu geben. Die Hoffnung, dass Methoden, welche bislang kaum in der Bewährungshilfe eingesetzt werden, eventuell auch schwierige, scheinbar unmotivierte Probanden erreichen können, resultiert in dem vorliegenden Konzept.

Es geht aber noch um mehr als um die Forderung von anderen Methoden und Konzepten. Es geht vielmehr auch darum, ungenutzte Ressourcen des Arbeitsfeldes „Bewährungshilfe“ auf ihren möglichen Stellenwert und ihre Erfolgschancen hin zu überprüfen und im besten Fall darum, festzustellen, dass Gruppenarbeit innerhalb des Arbeitsfeldes einer dauerhaften Legitimation und Implementierung bedarf, die sich von vereinzelten Experimenten oder Einmaligkeiten unterscheidet.

Im vorliegenden Konzept soll eine Möglichkeit dazu gesehen werden, Gruppenarbeit auch in der Bewährungshilfe als eine professionelle Methode darzustellen und ihren Einsatz mittels eines methodischen Konzeptes zu ermöglichen. Unter Betrachtung der theoretischen Hintergründe für Kriminalität und abweichendes Verhalten sowie der Fundierung durch lern- und kognitionstheoretisch, sozialpsychologisch und soziologisch relevante Mechanismen soll eine Basis für die Gruppenarbeit innerhalb der Bewährungsunterstellung für eine spezielle jugendliche Zielgruppe geschaffen werden, die mehrfach mit Bagatelldelikten, insbesondere im Bereich der Beförderungserschleichung und des Ladenstiebstahls auffällig wurden.

Diese spezielle Form der Gruppenarbeit soll sowohl methodisch als auch themenbezogen breit gefächert sein, handlungsorientiert an die konkreten Lebenssituationen herantreten, somit einen Effekt des Bewusstwerdens der eigenen Situation initiieren und praktische Umsetzung, also auch zielgerichtete Veränderung durch Eigeninitiative fordern.

Im Vorfeld der hier vorliegenden Konzeption wurde ein 8-wöchiges Modellprojekt in der Bewährungshilfe Gera initiiert, um die grundsätzliche Praktikabilität eines solchen Trainings sowie die Besonderheiten der Teilnehmerstruktur zu bewerten und gemäß der gewonnen Ergebnisse ein geeignetes und unkompliziert durchführbares Gruppenarbeitskonzept für die spezifische Zielgruppe zu formulieren. In der vorliegenden Arbeit stellt die aktuelle theoretische und methodische Konzeption also ein Ergebnis des Modellprojektes dar. Erfahrungen, Probleme, Charakteristika, die zu diesem Konzept beitrugen, wurden in den einzelnen Abschnitten des theoretischen Teils jeweils dargestellt. Im zweiten Teil der Arbeit soll der auf der Basis des durchgeführten Modellprojektes entstandene Vorschlag für den Aufbau der Gruppensitzungen sowie notwendiger Erst- und Abschlussgespräche eines Gruppentrainings in der Bewährungshilfe vorgestellt werden. Die detaillierten Ergebnisse der, im Modellprojekt durchgeführten, Gruppensitzungen können im dritten Teil der Arbeit nachgelesen werden. In diesem Teil sind auch Beobachtungs- und Gedächtnisprotokolle zu finden, die zur Veränderung der Konzeption beitrugen.

1. Bewährungshilfe als Rahmen des Konzeptes

Das vorliegende Konzept ist allein durch die Motive seiner Entstehung in die Arbeitsgrundlagen und Prinzipien der Bewährungshilfe eingelagert. Insofern sind Trainer, wie auch Jugendliche und junge Erwachsene an grundsätzliche Strukturvorgaben weiterhin gebunden, wenn auch das Training selbst primär freiwilligen Charakter trägt, es den Teilnehmern also grundsätzlich frei gestellt sein soll, daran teilzunehmen oder die Teilnahme abzulehnen.

Die Hauptziele der Bewährungshilfe gelten somit übergreifend auch auf das vorliegende Trainingskonzept. Die Bewährungshilfe stellt als methodisch variable Rahmeninstanz also zunächst die Grundlage zur Umsetzung des Konzeptes dar.

Zwar steht das Einzelgespräch mit den Probanden innerhalb der Bewährungshilfe im Vordergrund, jedoch auch Gruppenarbeit ist inzwischen eine anerkannte, wenn auch selten anzutreffende Methode der Bewährungshilfearbeit (vgl. www.dbsh.de). Das Trainingskonzept ist gleichwohl eine spezielle methodische Möglichkeit der Betreuung und bietet die Chance zur Umsetzung verschiedenster Ziele der Bewährungshilfe.

Als Hauptziel der Bewährungsunterstellung wird meist die Legalbewährung benannt. „Strafaussetzung zur Bewährung ist der Versuch, Jugendlichen und Erwachsenen, die zu Jugendstrafe oder Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, die Vollstreckung der Strafe oder der Reststrafe zu ersparen. Der Verurteilte soll in einer Bewährungszeit seinen Willen zu straffreiem Verhalten unter Beweis stellen und gleichzeitig die ihm vom Gericht auferlegten Auflagen und Weisungen erfüllen. Bei erfolgreichem Abschluss der Bewährungszeit wird die Strafe erlassen.“(www.dbsh.de)

Auch das vorliegende Training soll das Ziel der Legalbewährung verfolgen. Es soll darüber hinaus aber auch an den „tiefer liegenden“ Problemlagen, wie sozialen Kompetenzen oder dysfunktionalen Bewältigungsstrategien ansetzen, die den Prozess der Kriminalisierung entscheidend mit beeinflussen. Die methodischen Elemente des Konzeptes sind jedoch auch innerhalb der Arbeit mit Jugendlichen oder jungen Erwachsenen einsetzbar, die ähnlich gelagerte problematische Lebenslagen oder Verhaltenstendenzen aufweisen ohne bereits einem Bewährungshelfer unterstellt zu sein. In diesem Zusammenhang könnte es einen stärker präventiven oder diversionsartigen Charakter tragen, zum Beispiel als sozialer Trainingskurs in der Jugendhilfe oder gruppenpädagogisches Angebot in offenen Jugendzentren sowie Berufsbildungseinrichtungen.

Da die Konzeption primär auf die Lebenslagen straffällig gewordener Jugendlicher und junger Erwachsener ausgerichtet ist und das Training innerhalb des Bewährungssettings stattfindet, ist es notwendig, die Grundlagen und Hauptaufgaben der Bewährungshilfe näher zu erläutern.

Die Klientel der Bewährungshilfe setzt sich aus straffällig gewordenen Jugendlichen, Heranwachsenden und Erwachsenen zusammen.

Die Bewährungshilfe kommt dann zum Einsatz,

- wenn in der Hauptverhandlung bei Gericht eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird (§§ 21, 27, 57 JGG, §56 StGB)
- wenn nach Teilverbüßung einer Strafe der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt wird (§§ 88, 89 JGG, § 57 StGB)
- nach den Vorschriften über die Führungsaufsicht (§§ 67, 68 StGB)
- nach der Gnadenordnung der Bundesländer

Auf Grund einer der aufgeführten Rechtsvorschriften kann durch rechtskräftigen Beschluss bei Gericht für die Unterstellungszeit des Verurteilten ein Bewährungshelfer bestellt werden. Die Bewährungszeit bei Verurteilten nach JGG wird auf 2-3 Jahre festgesetzt, die Unterstellungszeit unter Bewährung beträgt gemäß § 24 JGG 2 Jahre. Bei Verurteilten nach StGB beträgt die Bewährungszeit zwischen 2 und 5 Jahren. Durch das Gericht ist eine Verlängerung oder Verkürzung der Bewährungszeit möglich.

Die angedrohte Kriminalstrafe soll zunächst einmal den Einzelnen im Sinne einer Spezialprävention und alle Mitglieder der Gesellschaft im Sinne einer Generalprävention vor der Begehung einer Straftat abschrecken (vgl. Rössner / Kuhn / Will 1993, S. 31).

Die Bewährungshilfe unterstützt die damit verbundene gesellschaftliche und politische Erwartung, indem sie als Kontrollinstanz erneute kriminelle Tendenzen den Strafverfolgungsorganen mitteilt. Sie ist aber auch gleichzeitig und möglicherweise in stärker ausgeprägtem Maße eine Instanz, die gerade den Vollzug der angedrohten Strafe auf Grund seiner existenten weitergehenden Gefahren (wie zum Beispiel der nahezu endgültig definierten gesellschaftlichen Abweichung mit ihren, nach dem Strafvollzug in verdichtetem Maße vorhandenen, Integrationsproblemen) verhindern soll und auf Grund des ihr implizierten sozialarbeiterischen Verständnisses auch will.

Die Bewährungshilfe hat dementsprechend für sich Ziele formuliert:

(vgl. Leitfaden des Präsidenten des Thüringer Oberlandesgerichtes)

Die sozialarbeiterischen Aufgaben innerhalb der Strafrechtspflege beinhalten alle Aufgaben außerhalb des Strafvollzugs, die notwendig sind, um Mängel im Sozialverhalten Straffälliger zu beseitigen und sie zu einem Legalverhalten innerhalb gesellschaftlicher Normen zu befähigen. Zielsetzung dieser Maßnahmen ist es, Delinquenz entgegenzuwirken sowie gesellschaftliche Ursachen von Kriminalität und deren Wirkungen transparent zu machen.

Die Bewährungshilfe hat das doppelte Mandat der Beratungs- und Überwachungsfunktion inne. Zu den allgemeinen Aufgaben zählen hierbei:

- Hilfe und Begleitung der Verurteilten
- Überwachung der Aufgaben- und Weisungserfüllung, sowie Anerbieten oder Zusagen im Einvernehmen mit dem Gericht
- Berichterstattung über Lebensführung der Verurteilten in gerichtlich bestimmten Zeitabständen
- Mitteilung von gröblichen und beharrlichen Verstößen gegen Weisungen, Auflagen, Anerbieten oder Zusagen
Die Betreuungsfunktion der Bewährungshilfe beinhaltet insbesondere folgende Aufgaben:
- Herausarbeitung von Problemlagen der Probanden im Gespräch
- Unterbreitung von Hilfsangeboten:
- ... zur Gestaltung existentieller Lebensbedingungen (Lebensunterhalt,
Wohnungssuche, Schuldentilgung, Lehrstellen- und Arbeitsplatzsuche)
- ... bei Problemlagen, wie Dauerarbeitslosigkeit, wirtschaftlicher Verelendung,
Verwahrlosungstendenzen, Sozialer Armut, Ausländerfeindlichkeit
- ... bei persönlichen und zwischenmenschlichen Problemen
- ... bei Alkohol- und Drogenproblemen und gegebenenfalls Weitervermittlung
an andere Einrichtungen
- ... bei der Schadenswiedergutmachung
- ... im Bereich sinnvoller Freizeitgestaltung

Die Tätigkeiten des Bewährungshelfers umfassen Beratung, Beistand sowie praktische Hilfen im Umgang mit Behörden (Arbeitsamt, Sozialamt, Jugendamt, Gerichte, Staatsanwaltschaft) und Vermittlung an andere Beratungsstellen bei besonderen Notlagen, wie z.B.: Schuldnerberatung, Ehe- und Familienberatung, Suchtberatung.

Die Probanden haben die Verpflichtung, die Termine bei der Bewährungshilfe einzuhalten und Kontakt zu wahren, die Bewährungsauflagen fristgemäß zu absolvieren und Weisungen des Bewährungshelfers Folge zu leisten. Sie haben die Verpflichtung, dem Bewährungshelfer über alle, die Bewährung betreffenden Veränderungen (Wohnungswechsel, Arbeitsplatzwechsel, Arbeitsaufnahme oder -verlust) Mitteilung zu machen.

Der Bewährungshelfer bespricht mit den Probanden gemeinsam Berichte, überprüft die Einhaltung von Vereinbarungen, unterliegt der Schweigepflicht und behandelt persönliche Mitteilungen vertraulich, hat aber kein Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht. Der Bewährungshelfer kann Berichte von Schule und Ausbildungsstätte des Probanden anfordern und auch eine Anhörung bei Gericht erbitten, wenn Grund zur Annahme besteht, dass existierendes nichtbewährungskonformes Verhalten zur Überprüfung eines möglichen Widerrufs führen sollte.

Zu einer Gefährdung der Bewährungschance kommt es dann, wenn neue Straftaten oder Verstöße gegen Weisungen und Auflagen vorliegen. Dies kann als gerichtliche Reaktion den Widerruf der Strafaussetzung oder in Ausnahmen auch die Verlängerung der Bewährungszeit zur Folge haben.

Den vorgenannten Aufgaben unterliegt der Bewährungshelfer auch während des gesamten Trainingsverlaufs. Den Teilnehmern sollte diese Tatsache grundsätzlich schon vor Zusage zum Trainingsbeginn bewusst gemacht und sie auch auf Konsequenzen des Fehlens klar hingewiesen werden, um eine vertrauensvolle und zugleich erfolgreiche Zusammenarbeit nicht durch unerwartete Enttäuschungen zu gefährden.

Das vorliegende Trainingskonzept kann auf verschiedenen, oben genannten Teilgebieten, (insbesondere auf dem Gebiet der Hilfsangebote im Hinblick auf die Alltagsgestaltung und Problembewältigung) Unterstützungsarbeit leisten. Gepaart mit der Gruppeneinbindung erhält Bewährungsarbeit hier jedoch einen anderen Stellenwert im Vergleich zur herkömmlichen Bewährungshilfearbeit. Auf der angestrebten freiwilligen Basis des Konzeptes verliert Bewährungshilfe zwar einen Teil ihres hoheitlichen Charakters, kann jedoch zugleich den fundamentalen sozialarbeiterischen Prämissen (wie zum Beispiel empathischem Verständnis und Vertrauensbasis) auf einem anderen Niveau gerecht werden.

2. Argumente für Gruppenarbeit in der Bewährungshilfe

Wenn die Gruppenarbeit als eine Alternative zur bislang favorisierten Einzelberatung dargestellt werden soll, muss sie besondere Vorzüge bieten, die sie trotz des Gemeinschaftssettings für die Bearbeitung individueller sozialer Probleme geeignet erscheinen lassen. Diese Vorteile stehen in engem Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen, in denen Menschen bestimmte Verhaltensweisen entwickeln.

„Für die Entstehung und Ausformung individueller Verhaltensweisen ist weniger die Gesellschaft als vielmehr die Primärgruppe, d.h. die Familie und andere Kleingruppen ausschlaggebend.“ (Frey u.a. 1997, S. 60) Normen, Werte sind abhängig von der sozialisationsspezifischen Entwicklung des Einzelnen in Primär- aber auch in Sekundärgruppen, wie Kindergarten, Schulklassen oder Vereinen. Ausschlaggebend ist aber auch die Bedeutung, die diese Gruppen auf den Einzelnen haben (vgl. Frey u.a. 1997, S. 60). Nicht nur informelle Gruppen, wie die Familie oder die Peer-Group, sondern auch formelle Gruppen, wie z.B. der Sportverein oder eine soziale Trainingsgruppe haben unter Umständen großen Einfluss auf die individuellen Verhaltensmuster eines Menschen.

Individuelles Verhalten kann nicht isoliert von sozialen Situationen und Einflussfaktoren betrachtet werden. Allein die Anwesenheit anderer beeinflusst das individuelle Verhalten. ALLPORT (1954) bezeichnete dieses Phänomen sich verändernder individueller Fähigkeiten im Beisein anderer Menschen als „soziale Erleichterung“ (vgl. Wellhöfer 1993, S. 1).

Keine Situation ist für einen Menschen neutral, sondern immer subjektiv besetzt und besitzt anziehende und abstoßende Kräfte. LEWIN (1880-1947) nannte diese Situation „soziales Kraftfeld“ und gleichzeitig einen Lebensraum, der zu jedem Zeitpunkt eine subjektive Charakteristik zeigt. Diese dynamische Struktur bestimmt das individuelle Verhalten in der Situation (vgl. Wellhöfer 1993, S. 1f.). Die Gruppe ist demnach immer ein individueller Bezugsrahmen zur Entwicklung von Werten, Normen und Verhaltensweisen.

Innerhalb sozialer Gruppenarbeit kann die Gruppe selbst zum Instrument werden, mit dem Einstellungs- und Verhaltensänderungen leichter zu bewirken sind als durch die Beeinflussung der Meinung durch Einzelpersonen oder traditionelle und unveränderliche Reaktionsweisen gesellschaftlicher Instanzen (vgl. Frey u.a. 1997, S. 62). „Die Gruppe kann ein Freiraum sein, der Lernmöglichkeiten und Wachstumschancen bietet, Sozialisationsdefizite und psychologische Schäden aus früheren Lebensabschnitten auszugleichen.“ (Müller/Thomas in Frey u.a. 1997, S. 62) Die Gruppe ist demnach soziales Experimentierfeld, in dem Erfahrungen gesammelt und neue Handlungsweisen eingeübt werden können (vgl. Frey u.a. 1997, S. 62).

Eine Gruppe besitzt auch spezifische Leistungsvorteile. In der Regel sind Gruppenleistungen den Leistungen einzelner Gruppenmitglieder überlegen (vgl. Wellhöfer 1993, S. 51). Die Gruppe ist das optimale Lernfeld. BANDURA (1963) hat mit der Theorie des „sozialen Lernens“ belegt, dass Verhaltensweisen durch Interaktion mit der sozialen Umwelt angeeignet werden können. Lernen geschieht dabei aber weniger über eine fremdverstärkende Veränderung der Umweltbedingungen als vielmehr über eine selbstverstärkende Veränderung der Konsequenzen des Verhaltens, die eng mit der Beobachtung von Modellen, symbolischem Lernen in Wenn – Dann – Beziehungen und Selbstregulation zusammenhängen. (vgl. www.projekt-pin.net.).

Gruppenangebote können soziale Kompetenzen fördern. Junge Menschen erfahren zum einen Akzeptanz und Aufmerksamkeit, Grenzen und Erfolgserlebnisse. Sie müssen für sich selbst und auch innerhalb der Gruppe Verantwortung übernehmen. Besonders in einer annähernd altershomogenen Gruppe werden Ängste und Unsicherheiten leicht überwunden und ausgeglichen, da man sich mit den anderen Gruppenmitgliedern identifizieren und gemeinsam Fähigkeiten erproben kann (vgl. Frey u.a. 1997, S. 48). Damit kann Gruppenarbeit auch die Möglichkeiten zur sozialen Eingliederung von jugendlichen und heranwachsenden Straftätern erweitern.

In einer Auswertung der Gesprächsgruppenarbeit in Berlin wurde deutlich, dass „…das Gruppengespräch wesentlich besser geeignet war, bestehende Hintergrundprobleme der Probanden aufzudecken, gegenseitige Anteilnahme zu vermitteln und durch die Unterstützung anderer Gruppenmitglieder, die gleichen Erfahrungshintergrund haben, Hilfemöglichkeiten zu erarbeiten und solidarisches Handeln zu lernen.“ (Wendt in www.bewaehrungshilfe.com) Dabei nahmen individuelle Problemerörterung, Interaktionsthemen und Gruppenthemen einen bedeutenden Stellenwert in den Gesprächen ein. Es zeigten sich erhebliche Sozialisationsdefizite, verbunden mit großen Unterschieden in der Fähigkeit, sich sprachlich angemessen auszudrücken, den eigenen Gefühlshintergrund zu explorieren, in der Gruppe darzustellen und auf diesem Wege Verhaltensänderungen einzuleiten. (vgl. Wendt in www.bewaehrungshilfe.com). Diese Tendenz wird auch in der Auswertung des, dem vorliegenden Konzept vorangegangenen, Modellprojektes deutlich.

Vielschichtige Belastungen der Probanden erfordern auch die differenzierte Bearbeitung von Problemlagen. Gruppenarbeit kann in diesem Zusammenhang Lernfelder anbieten, in denen die Probanden in die Lage kommen, ihre Lebenswelten und ihr eigenes Verhalten bewusster wahrzunehmen und Problemlösungen gemeinsam zu erarbeiten. Trainer erhalten dabei einen großen Einblick in die Lebenswelten der Gruppenmitglieder, was wiederum zu einer umfassenderen Bearbeitung der Straffälligkeitsursachen führen kann (vgl. www.neuewege-bewaehrungshilfe.de). Innerhalb sozialer Gruppenarbeit wird Lernmotivation nicht geschaffen, sondern es wird an eine vorhandene Motivation im Alltag und in der Erfahrungswelt angeknüpft. Betroffene werden demnach im besten Fall nicht motiviert, sondern dort angesprochen, wo sie schon motiviert sind. Der Stellenwert sozialer Gruppenarbeit wird in diesem Zusammenhang insbesondere mit der Tatsache legitimiert, dass Menschen sich innerhalb überschaubarer Bereiche ein Stück soziale Kompetenz für ihren Alltag zurückerobern können (vgl. Hinte / Karas 1989, S. 72f.).

3. Kriminaltheoretische Hintergründe und ihr Bezug zur Gruppenarbeit

Um hinreichende Ansätze zu entwickeln, auf Menschen einzuwirken und sie zum eigenständigen und bewussten Handeln zu befähigen, sind zunächst auch die Hintergründe zu betrachten, die dazu geführt haben können, unzureichende Bewältigungsstrategien und soziale Inkompetenzen zu entwickeln. Dabei ist auch nicht außer Betracht zu lassen, dass die Existenz des sozial inadäquaten oder abweichenden Verhaltens auch von der gesellschaftlichen Sichtweise abhängig ist.

Auf der Grundlage von Wertvorstellungen bilden sich innerhalb der Gesellschaft Normen, die bestimmte gesellschaftlich akzeptierte Verhaltensweisen festlegen und deren Einhaltung von den in dieser Gesellschaft lebenden Personen erwartet wird (vgl. Frey u.a. 1997, S. 45). Das Repertoire dieser gesellschaftlich erwarteten Verhaltensweisen wird von verschiedenen Bezugssystemen mehr oder weniger sanktioniert bzw. die Einhaltung der Normen belohnt. Sie bedürfen zum Teil der ständigen Kontrolle von außen, im Regelfall jedoch sollten sie innerhalb der Moralentwicklung weitgehend internalisiert werden. Menschen, die innerhalb der Sozialisation nicht genügend Möglichkeiten hatten, dieses moralische Gefüge zu verinnerlichen, kommen im Verlauf ihrer Biografie unweigerlich an den Punkt, an dem die gesellschaftlichen Kontrollinstanzen das normabweichende Verhalten sanktionieren.

3.1. Abweichendes Verhalten, Devianz, Kriminalität und Delinquenz

Zunächst ist zu klären, inwieweit im Zusammenhang mit dem Klientel der Zielgruppe des Trainings sowie der Klientengruppe der Bewährungshilfe die definitionstheoretische Bestimmung grundlegender Begriffe notwendig ist. Innerhalb des Trainingskonzeptes erscheint die Zielgruppe der Bewährungshilfe zunächst als eine Zielgruppe mit kriminellen und delinquenten Ausprägungen, da Kriminalität die Basis des Zustandekommens der Hilfebeziehung ist.

„Jeder unter Strafandrohung gestellte Bruch der in einer Gesellschaft beziehungsweise in einem Staat rechtlich festgeschriebenen Ordnung“ (Schaub / Zenke 2000, S. 334) wird als Kriminalität bezeichnet. Da innerhalb des Trainings hauptsächlich jugendliche Personen als Zielgruppe in Erscheinung treten werden, soll in diesem Zusammenhang der Begriff der Delinquenz genutzt werden, denn mit Delinquenz sind zumeist „vergleichsweise einfache Rechtsbrüche durch Kinder und Jugendliche“ gemeint (vgl. Schaub / Zenke 2000, S. 133). Eindeutig geht es sowohl bei Kriminalität als auch bei Delinquenz immer um die Existenz und den Einsatz staatlicher Sanktionen auf Grund des herrschenden Rechtssystems.

Des Weiteren ergibt sich die Frage nach den Vorstufen oder Nebeneffekten delinquenten bzw. kriminellen Verhaltens, wobei die Begriffe des abweichenden Verhaltens bzw. der Devianz bedeutsam werden. Beide Begriffe werden weitgehend synonym verwendet. Wenn „…Verhaltensweisen, Einstellungen oder moralische Prinzipien eines Individuums in auffälliger Weise und dauerhaft von sozialen Normen…“ (vgl. Schaub / Zenke 2000, S. 13) abweichen, werden diese als abweichendes Verhalten bezeichnet. Grundlage für die Feststellung sind in der Gesellschaft geltende Erwartungen an das Verhalten des Individuums (vgl. Schaub / Zenke 2000, S. 13). Devianz ist die „…auffällige Abweichung eines Individuums von sozialen Normen, moralischen Standards und üblichen Verhaltensweisen. Jeder Einzelfall ist im jeweiligen Lebenszusammenhang zu sehen.“ (Schaub / Zenke 2000, S. 150) Devianz ist folglich eine, sich am Maßstab gesellschaftlicher Normen orientierende, flexible Begriffseinheit.

Bemerkenswert ist demzufolge die Trennung staatlich/rechtlicher Sanktionierung und der Normierung durch die Gesellschaft. Die strukturelle Einordnung sieht Delinquenz demnach zwar als einen Teil der Kriminalität, stellt aber auch einen Teil delinquenten Verhaltens außerhalb der Kriminalität in den Grenzbereich zwischen abweichendes Verhalten und Kriminalität (zum Beispiel Schulversagen, Herumtreiben, Ausreißen). Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Konzept muss man von einer Vernetzung der Problemlagen und damit auch der Begrifflichkeiten ausgehen.

Kriminalität und Delinquenz insgesamt enthalten oftmals viele Formen abweichenden, devianten Verhaltens, die als Vorstufe oder zuweilen Nebeneffekte einer kriminellen Karriere auftreten. Diese Arten der Devianz werden insgesamt im Fokus des Trainings liegen und ihre Bearbeitung wird im Zusammenhang mit den dafür notwendigen Veränderungen ihrer Ursachen zentral werden. Nicht unbeachtet bleiben darf dabei das Phänomen der Ubiquität jugendlicher Delikte, wonach Jugendkriminalität bei nahezu allen Jugendlichen zu finden ist. Eine Abgrenzung allgegenwärtiger Verfehlungen von wiederholten, nicht ubiquitären Delikten ist schwierig, jedoch hinsichtlich des Trainingsangebots an Jugendliche durchaus empfehlenswert.

3.2. Kriminalisierung und Entkriminalisierung

Ob ein Verhalten als kriminell bezeichnet bzw. sanktioniert wird oder ob sich ein Verhalten jenseits der kriminellen Dimension befindet, stellt sich schon auf den ersten Blick als ein Zusammenhang zwischen individuellem Verhalten, gesellschaftlichen Erwartungen und staatlicher Sanktionsmacht dar.

Strafrechtsnormen haben den Anspruch, der Allgemeinheit zu dienen. Tatsächlich sind sie aber auch Machterhaltungsstrategien. Kriminalisierung, also Normsetzung und Sanktionierung beinhaltet neben der Funktion zur Durchsetzung der Normen auch die Mittel der Ausgrenzung der Menschen aus In-Groups in Out-Groups, also einer Definition der Zugehörigkeit zur nichtkriminellen oder zur kriminellen Gemeinschaft, für die jeweils unterschiedliche Maßstäbe gelten. Entkriminalisierung und Kriminalisierung sind also Instrumente im Konflikt sozialer Gruppen, um deren jeweilige Interessen durchzusetzen. Entkriminalisierung stellt demnach den Versuch dar, das Machtgefälle abzubauen (vgl. Lamnek 1997, S. 113ff.). Sie muss dabei nicht notwendigerweise einen Meinungswechsel über bestimmte Formen unerwünschten Verhaltens oder der Kompetenz des Staates zum Ausgangspunkt haben (vgl. Resch 1992, S. 25).

Kommt es innerhalb der Gesellschaft zur Kriminalisierung bestimmter Verhaltensweisen, so werden neue Out-Groups erzeugt. So werden auch leichte Formen des Diebstahls als regulierungsbedürftig definiert, weil Eigentum Macht sichern kann und demnach normsichernd wirkt. Die Beförderungserschleichung als ein inzwischen strafrechtlicher Tatbestand wirkt sich zunehmend auch auf die Rechtsprechungspraxis und die Kriminalstatistik aus. Es handelt sich hierbei um so genannte bagatellhafte Kleinkriminalität, die ubiquitär vor allem bei Kindern und Jugendlichen auftritt. „Allgemein verbreitet und demgemäß überall vorzufinden (…) ist demgemäß vor allem der einfache Diebstahl in seinen zahlreichen empirischen Varianten, vor allem der Ladendiebstahl. Unter den Vermögensdelikten ragt die Leistungserschleichung hervor (Schwarzfahren, heimlicher Zutritt zu Veranstaltungen).“ (Kerner in Nicolai / Reindl 1993, S. 29) Denkbar ist hier auch ein Zusammenhang von Beförderungserschleichung und Machterhaltungsstrategien sowie gesellschaftlichem Regelungsbedürfnis auf Grund des gewinnorientierten Dienstleistungsverständnisses.

Die Theorie der Kriminalisierung und Entkriminalisierung wirft zudem die weit reichende Frage auf, inwieweit herrschende Rechtsnormen von Teilen der Gesellschaft nicht mitgetragen werden und wie das Verständnis für die Norm in die Köpfe der Menschen gelangen kann, was sich schwierig darstellt, da Normen nicht unbedingt aus einem gesellschaftlichen Selbstverständnis entstehen, sondern eben auch aus politischen oder materiellen Machtzielen hervorgehen. Triebtheoretisch begründet wird der Prozess der Kriminalisierung auch in der Sündenbockhypothese (GÖPPINGER), bei der die Gesellschaft die Bestrafung der Kriminellen zur eigenen Befriedigung benötigt, um sich von ihrer gesellschaftlichen Mitschuld zu entlasten (vgl. Schwind 2001, S. 43f.). Die Theorie des Labeling Approach (siehe Abschnitt 3.6.) greift diesen Gedanken der Etikettierung in einem interaktionistischen Zusammenhang erneut auf.

In Bezug auf die Gruppenarbeit wird deutlich, dass es im Gruppenprozess auch um die Normerkenntnis und –akzeptanz gehen muss, der Jugendliche und junge Erwachsene als Voraussetzung zur Veränderung ihres Verhaltens in Richtung der Legalbewährung (und damit in die Richtung In – Group) bedürfen. Ferner ist es notwendig, ihnen die Gründe, sich verändernder gesellschaftlicher Sanktionspraxis näher zu bringen, ihnen gesellschaftliche Machtstrukturen zu erklären und den sozialen Stellenwert von Eigentum und gewinnorientierter Dienstleistung zu erläutern. Jugendliche sollten sich also auch der Frage gegenübergestellt sehen, wann sie selbst Ansprüche an die gesellschaftlichen Kontrollinstanzen stellen würden.

3.3. Klassische Kriminalitätstheorien nach BENTHAM und BECCARIA

Die Suche nach den Ursachen devianten oder kriminellen Verhaltens kann auf der Grundlage verschiedener theoretischer Konstruktionen erfolgen. Hier gibt es sicherlich nicht ein einziges zutreffendes und schlüssiges Konzept, jedoch wird durch die Betrachtung der Devianz nach verschiedenen theoretischen Gesichtspunkten die Mehrdimensionalität des Problembegriffes deutlich und seine Komplexität im Rahmen gesellschaftlicher und sozialisationsspezifischer Hintergründe offensichtlich. Des Weiteren eröffnet eine mehrdimensionale Sichtweise auch eine Mehrdimensionalität im Bezug auf den Umgang mit deviantem Verhalten bzw. seiner Handhabung. Auch das vorliegende Konzept ist theoretisch und praktisch am Maßstab dieser Mehrdimensionalität ausgerichtet.

Seit jeher gibt es verschiedene Grundannahmen, Kriminalität in Gesellschaften zu betrachten. Eine traditionelle Sichtweise auf das Vorhandensein normabweichender Verhaltensweisen ist die klassische Schule, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts einzuordnen ist. Als deren Hauptvertreter gelten Cesare BECCARIA (1738-1794) und Jeremy BENTHAM (1748 – 1832). Die Annahme der klassischen Schule beruht darauf, dass Personen kriminelle Handlungen nach Abwägung der Vor- und Nachteile auf Grund eines freien Willensentschlusses begehen (vgl. www.rwi.unizh.ch), dass also das „…Handeln immer von einer Kalkulation bestimmt wird, in dem die Menschen die Vor- und Nachteile ihrer Handlungen antizipatorisch abwägen.“ (Lamnek 1997, S. 122) Zum einen ist der Mensch bestrebt, seine Bedürfnisse zu befriedigen und Leid zu vermeiden, zum anderen handelt er aber auch rational (vgl. Lamnek 1997, S. 122). Die kriminelle Handlung ist also nicht Produkt von Faktoren der Anlage und / oder der Umwelt des Täters (vgl. www.rwi.unizh.ch) sondern wird durch rationale Kalkulation ihrer Folgen, also der staatlichen Sanktionen, erzeugt. Auch Thomas HOBBES (1588 – 1679) begründete schon, dass es der Staat sei, der Angst auslöse und damit gesellschaftliche Konformität und Ordnung ermögliche (vgl. www.journascience.org).

Da der Täter für seine Taten selbst verantwortlich ist und zudem die Folgen bei der Begehung eingeplant hat, werden die Taten, auch vor dem Hintergrund, die Störung der sozialen Ordnung durch abweichende Verhaltensweisen zu verhindern, gesellschaftlich sanktioniert.

Die klassische Kriminologie lehnt die individuelle Ursachenforschung, aber auch eine stigmatisierende Behandlung des Täters ab (vgl. Lamnek 1997, S.18). Kriminalität wird folglich durch die Existenz und die Art der Sanktionen determiniert:

1. Je schneller und sicherer eine Handlung ihre Belohnung erfährt, desto erstrebenswerter ist sie.
2. Aktionen, die wenig körperliche oder geistige Mühe erfordern, bereiten mehr Freude als solche, die größere Anstrengungen mit sich bringen.
3. Risiko und Aufregungen bringen mehr Vergnügen und Spaß mit sich, als routinierte und stumpfsinnige Tätigkeiten (vgl. Lamnek 1997, S. 123).

Diese Theorie stellt die Gegenmaßnahmen zu Kriminalität in den Mittelpunkt. Sanktionen auf kriminelle Handlungen müssen so erfolgen, dass sie zur Abschreckung potentieller Täter geeignet sind. Sie müssen also mit Gewissheit oder mindestens sehr hoher Wahrscheinlichkeit eintreten, schnell auf die Tat folgen und entsprechend hart sein. Es werden durch die Betrachtung der Kriminalität aus diesem Blickwinkel speziell die Klüfte im deutschen Strafrechtssystem deutlich, das weder mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit, besonders bei kleineren Verfehlungen, noch mit schneller Reaktion der Sanktionen aufwarten kann. Kritisch an dieser Theorie ist allerdings zu betrachten, dass für alle Menschen die gleichen Rationalitätsprinzipien angenommen werden und außer Acht gelassen wird, dass viele Taten spontan und ungeplant begangen werden. Zudem haben in den USA auch die Todesstrafe und ihre hohe Sanktionswahrscheinlichkeit nicht zur Ausmerzung der damit bedrohten Kriminalität geführt (vgl. Lamnek 1997, S. 121ff.).

Innerhalb der sozialarbeiterischen Betreuung von Bewährungsunterstellten muss davon ausgegangen werden, dass diese oftmals schon einige Strafandrohungen erfahren und unterschiedliche Sanktionssysteme durchlaufen haben, bevor sie der Bewährungshilfe unterstellt wurden. Eine gewisse Toleranz gegenüber staatlichen Sanktionen ist genauso zu erwarten, wie die Tendenz, einen möglichst durch wenige Hindernisse gekennzeichneten Weg zu gehen und kriminelle Ziele und Erfolge möglichst lange aufrecht zu erhalten.

Die klassische Schule der Kriminologie wurde im 19. Jahrhundert durch die so genannte „Positivistische Schule“ abgelöst, nach der alle (auch kriminelle) Verhaltensweisen, nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten verlaufen, was wiederum die Gestaltung menschlichen Zusammenlebens planbar macht. Eine Richtung der positivistischen Schule erklärt Kriminalität als individuell täterabhängige Erscheinung, eine andere Richtung postuliert sie als Erscheinung, die von gesellschaftlichen Umständen beeinflussbar ist und nicht als alleinige Folge des Vorhandenseins strafrechtlicher Kontrolle (vgl. www.journascience.org und www.rwi.unizh.ch).

Insgesamt existiert eine Vielzahl theoretischer Konstrukte zur Erklärung von Kriminalität. Kritisiert wird an Ihnen teils die Einseitigkeit ihrer Betrachtung, die sich entweder auf Mikro- oder Makroebene bzw. ausnahmslos auf statische oder dynamische Aspekte beschränkt oder aber das generell zusammenhanglose Nebeneinanderstehen der Theorien, z.B. in Mehrfaktorenansätzen (vgl. www.uni-heidelberg.de). Moderne, interaktionistische Ansätze versuchen allerdings, die gegenseitige Beeinflussung von Persönlichkeitseigenschaften des Individuums und Merkmalen der Umgebung in ihre Betrachtung mit einzubeziehen.

Im Folgenden soll auf einige theoretische Konstrukte jenseits der klassischen Theorierichtung näher eingegangen werden. Auf die Betrachtung ökologischer, biologischer oder auch viktimologischer Theorien, aber auch der Kulturkonflikttheorie wurde allerdings absichtsvoll verzichtet, da ihre Bedeutung hinsichtlich des Trainingskonzeptes eher gering ist, die Zielgruppe nicht zutreffend wäre, beziehungsweise die ihnen zugrunde liegenden Variablen kriminellen Verhaltens nicht veränderbare Einflussgrößen darstellen.

3.4. Soziologische Kriminalitätstheorien

Soziologisch fundierte Kriminalitätstheorien stellen den Druck, den bestimmte gesellschaftliche Verhältnisse auf den Prozess der Kriminalisierung ausüben, ins Blickfeld der Betrachtung (vgl. Schwind 2001, S. 124). Zum einen führen sie das Maß und die Art gesellschaftlicher Normen, zum anderen aber auch Zugangsmöglichkeiten zu legitimen beziehungsweise illegitimen Mitteln als Einflussfaktoren auf die Entstehung von Kriminalität und Normabweichungen an.

a) Theorie der strukturell – funktionalen Bedingtheit von Kriminalität nach DURKHEIM

DURKHEIM (1895) geht in seiner Theorie davon aus, dass Kriminalität kein pathologisches Phänomen ist, sondern als integrierter Bestandteil jedes gesunden Gemeinwesens eine völlig normale und zu erwartende Erscheinung sei. Sie ist das Gegenstück zur sozialen Regelung und existiert in jeder Gesellschaft. Kriminalität wirkt nicht nur dysfunktional, sondern ebenso funktional, da sie ständig zentrale Normen und Werte sichtbar macht. Sie wirkt also normstabilisierend (vgl. http://www.journascience.org).

Steigende soziale Ausdifferenzierung hat das Anwachsen „sozialer Dichte“ (Aufeinanderangewiesensein der Menschen) zur Folge. Damit steigt zugleich aber auch die Notwendigkeit, „moralische Dichte“ herzustellen (also Muster sozialer Integration und kollektiver Moral) (vgl. Böhnisch 1999, S.29). Erst dann, wenn soziale Regeln nicht mehr genügend Beachtung finden und das gemeinschaftliche Programm der Gesellschaft zerrissen oder zerstört wird (zum Beispiel in Zeiten sozialer Umbrüche, Industrialisierung u.a.), entsteht Regellosigkeit. Wenn Normen nicht mehr die Orientierung bieten, die die Gesellschaft benötigt, kommt es zu solch „anomischen“ Zuständen und die Kriminalität steigt (vgl. Schwind 2001, S. 125). „Das anomische Problem liegt also in der Unübersichtlichkeit der gesellschaftlichen Entwicklung für den Einzelnen.“ (Böhnisch 1999, S. 30) Nicht zu leugnen ist die derzeitige soziale Wandlung, welche alle modernen Industriestaaten aushalten müssen. So sollte man danach fragen, inwieweit delinquente Jugendliche von solchen Umbrüchen direkt betroffen sind und wie diese auf sie wirken. Gesellschaftliche Regellosigkeit als Bedingung von Kriminalität sollte vor allem mit dem Aspekt der damit verbundenen individuellen Veränderungen gesehen werden. Besonders steht hier die Frage, wie gesellschaftliche und politische Unübersichtlichkeit und offensichtliche Orientierungslosigkeit speziell auf die unterschiedlichen Charaktere und Biografien der nachwachsenden Generation wirken, die sich weniger traditionellen Werten und gesellschaftlichen Normen verpflichtet fühlt und gleichzeitig durch eine Vielzahl von Handlungsanforderungen überlastet ist.

b) Anomietheorie nach MERTON

MERTON (1938) entwickelte DURKHEIM`s Thesen weiter und versuchte die unterschiedliche Verteilung der Kriminalität in sozialen Schichten zu begründen. Er entwickelte die Theorie, dass abweichendes Verhalten als Symptom für das „Auseinanderklaffen von den als legitim anerkannten gesellschaftlichen Zielen und den Zugangsmöglichkeiten zu den zur Erreichung dieser Ziele erlaubten Mitteln“ (Schwind 2001, S. 126) zu betrachten ist. Für diese anomische Situation werden 5 Verhaltensmuster erklärt, die mit dem Stress, der bei solch anomischen Situationen eintritt, begegnet werden kann (vgl. Schwind 2001, S. 126f.):

1. Konformität
(Ziele und Mittel werden bejaht und dem sozialen Wandel angepasst, man schränkt sich ein oder gibt sich zufrieden)
2. Ritualismus
(kulturelle Ziele werden herabgemindert oder aufgegeben, legale Mittel aber beibehalten, z.B. routinemäßige Mehrarbeit)
3. Rückzug
(kulturelle Ziele werden ebenso wie legitime Mittel abgelehnt – typisch ist die Flucht in Scheinwelten, Alkohol, Rauschgift, Sekten)
4. Innovation
(kulturelle Ziele werden akzeptiert, aber mit illegalen Mitteln zu erreichen versucht)
5 .Rebellion

(Ziele und Mittel werden bekämpft, um bestehende Sozialstrukturen zu verändern – z.B. politisch motivierte Kriminalität)

Diejenigen, die in der Gesellschaft nicht die Chance vermittelt bekommen, auf legalem Wege zu Wohlstand zu kommen, werden eher als andere dazu gedrängt, Kriminalität als Lösung für sich zu nutzen (vgl. Schwind 2001, S. 127). Natürlich stehen hier Gruppen wie Arbeitslose oder soziale Unterschichten, Menschen mit Intelligenzminderung, deren sozialer Aufstieg enorm erschwert ist, im Brennpunkt. So wurde zum Beispiel festgestellt, dass derjenige, der „in seiner schulischen Karriere schon einmal effektiv zurückgestuft…“ wurde, damit einen Faktor erfüllt, „…der per se schon das Delinquenzrisiko signifikant erhöht.“ (Engel / Hurrelmann 1993, S. 259) Es muss also nach Möglichkeiten gefragt werden, jungen Menschen möglichst alle legitimen Mittel zu Erreichung kultureller Ziele nahe zu bringen und ihnen zu verdeutlichen, dass u.a. gesellschaftliche Statussymbole oder medial vermittelter Konsumzwang ein Grund sein können, eine kriminelle Karriere weiterzuführen. Innerhalb des Trainings ist es möglich, solche Wege zu beschreiten und den Grundstein für Legalverhalten zu legen. Insbesondere gilt es, den sozial bedingten Stress, der auf jungen Menschen lastet durch Schaffung von Orientierung im diffusen System gesellschaftlicher Ansprüche und Rechte sowie durch Hilfe bei der Klärung eigener Handlungsmöglichkeiten zu verringern.

c) Theorie der differentiellen Gelegenheiten nach CLOWARD / OHLIN

Die ursprünglichen anomietheoretischen Annahmen beschränkten sich auf die Zugänge zu legitimen Mitteln.

CLOWARD und OHLIN (1961) postulierten in ihrer Theorie die Annahme, dass, nicht wie von MERTON angenommen, nur die Mittel zur legitimen Zielerreichung innerhalb der Gesellschaft ungleich verteilt sind, sondern er vermutet Kriminalität auch als eine Frage der Zugänglichkeit zu illegitimen Mitteln, also speziellen Gelegenheiten, die sich dem (potentiellen) Straftäter bieten. Je nachdem wie sich dieser Zugang zu Gelegenheiten gestaltet, verändert sich auch die Chance, kriminelle Verhaltensweisen zu erlernen (vgl. Schwind 2001, S. 134).

OPP (1974) erweiterte die Theorien von MERTON und CLOWARD / OHLIN, indem er die Intensität der Ziele und der Mittel sowie dem Grad der Zugangsmöglichkeiten zu legitimen und illegitimen Mitteln unterschied und abweichende Handlungen zum Beispiel bei niedriger Intensität legitimer Normziele und hoher Intensität illegitimer Normziele als wahrscheinlich erklärte.

Innerhalb dieser Theorien wird die Sicht auf gesellschaftliche Möglichkeiten, die zu illegitimen Mitteln verführen, dienlich. Zu denken ist hierbei an die Möglichkeiten, die auf den ersten Blick zwar als legale Mittel erscheinen, aber im direkten Umkehrschluss bei Nichtbewältigung der damit verbundenen Anforderungen eine Gefahr zur Kriminalität beinhalten, zum Beispiel bargeldloser Zahlungsverkehr, schnelle und bequeme Zahlungsmöglichkeiten, extrem einfache oder zu unübersichtliche Vertragsabschlussmodalitäten, Ratenkaufs- und Kreditangebote, mediale Vermittlung von Konsumnormalitäten und Markenbewusstsein, aber auch Fahren ohne Fahrschein als niedrigschwelliger Zugang zur Kriminalität, sprich – alle selbstregulationsfordernden Zugänge zu materiellen und gesellschaftlichen Gütern, die in vermehrtem Maße angeboten werden. Im Zusammenhang mit einer geschwächten Selbstregulationsfähigkeit der Jugendlichen oder mangelnder Kenntnis über die Folgen solcher, an der Grenze zwischen legalen und illegalen Gelegenheitsstrukturen stehender Möglichkeiten, können solche Angebote eine sehr große Kriminalitätsgefahr bedeuten. Somit steht die Aufgabe, im Hinblick auf die differenzierten Möglichkeiten zur Erreichung von gesellschaftlichen Zielen zum einen über die Gefahren illegitimer Mittelverwendung zu informieren und zum anderen auch über Möglichkeiten legaler Behelfe Aufklärungsarbeit zu leisten.

d) Theorie der delinquenten Subkultur nach WHYTE / COHEN

Bei der theoretischen Konstruktion von WHYTE (1943) und COHEN (1955) ist eine Spannung zwischen Wünschen und Erwartungen hinsichtlich kollektiv definierter Erfolgsziele und tatsächlichem Vorhandensein von Möglichkeiten zur Zielerreichung vorhanden. Diese soziale Drucksituation bewirkt, dass benachteiligte soziale Unterschichten sich frustriert von den Werten und Zielen der Gesellschaft abwenden beziehungsweise diese für sich selbst in Frage stellen und in delinquente Subkulturen mit eigenen Wertordnungen und Zieldefinitionen flüchten (vgl. Krämer 1992, S. 33). Nach COHEN entwickeln sich daraus entweder Reaktionen, sich mit den gegebenen Bedingungen in der eigenen Schicht abzufinden oder trotz der ungünstigen Situation zu versuchen, die Mittelschichtziele zu erreichen oder aber die Mittelschichtziele und Mittelschichtwerte zugunsten des Werte- und Normensystems der Subkultur abzulehnen (vgl. Schwind 2001, S. 133f.).

Es bleibt somit die Frage offen, welche Mechanismen Jugendliche davon abhalten können, sich innerhalb delinquenter Subkulturen aufzuhalten oder ihre Werte anzunehmen. Zugleich sollte überprüft werden, wie die Wahrnehmung der Anomie durch die Jugendlichen selbst veränderbaren Strukturen unterliegt und ob durch Informationen über gesellschaftliche Zusammenhänge oder die Überprüfung eigener Werte auf ihre Folgenhaftigkeit die Übernahme von Normen delinquenter Strukturen aufgehalten werden kann. Das Training kann versuchen, einige dieser Aspekte einzubeziehen und durch mehr Bewusstheit und Werteanalyse zum Überdenken der eigenen Bestrebungen führen.

3.5. Psychologisch fundierte Theorien

Psychologische und sozialpsychologische Ansätze sind vor allem täterzentriert und stammen aus den Forschungen über die Persönlichkeit des Täters.

Sie gehen davon aus, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale die Begehung von Straftaten und aber auch die Rückfallgefahr begünstigen. Verschiedene Persönlichkeitsmerkmale, zum Beispiel Neurotizismus, Impulsivität, spontane und reaktive Aggressivität, Abenteuerlust, Unduldsamkeit, Ängstlichkeit, Depressivität und Risikobereitschaft werden dabei mit Kriminalität in Verbindung gebracht (vgl. www.ub.uni-konstanz.de).

3.5.1. Psychodynamische Theorien

a) Aggressionstheorien nach FREUD und LORENZ

Aggressionstheorien werden besonders bei Straftaten mit aggressiven Tendenzen, bei denen das Verhalten Schädigungen oder Verletzungen zum Ziel hat, wie zum Beispiel bei Körperverletzungsdelikten oder Sachbeschädigung, relevant.

Die psychodynamischen Theorien, eng verbunden mit Sigmund FREUD (1856 – 1939), gehen von verschiedenen Schichten der Persönlichkeit aus. So steuert das ES die Triebe, das Über-Ich steht für das Gewissen, das gesellschaftliche Normen und Erwartungen repräsentiert. Das ICH muss zwischen diesen beiden Instanzen regulieren und wird zusammen mit dem Über-Ich durch Identifikationsprozesse (zum Beispiel mit Mutter oder Vater) gesteuert (vgl. http://www.journascience.org). Abweichendes Verhalten ist hier das Resultat von Fehlentwicklungen in der Entstehung der Persönlichkeit, also im Sinne einer Sozialisationsstörung, zu betrachten.

Neben dem Druckkessel – Modell (EIBL – EIBESFELDT) (oder auch der so genannten Psycho – Hydraulik nach LORENZ), welches von einem angeborenen Aggressionstrieb des Menschen ausgeht, der sich anstaut und nach außen drängt, geht FREUD von einem besonderen Destruktionstrieb beim Menschen aus (vgl. Schwind 2001, S. 119). Aggressive Tendenzen, die verdrängt oder aufgestaut werden, können sich unter anderem als Symptome in abweichendem Verhalten und Kriminalität äußern. Zu starke Entwicklungen des Über – Ich’s werden neben Fehlentwicklungen des Ich’s als Auslöser gesehen. Verhaltensanteile werden ins Unbewusste verdrängt. Oftmals gehen frühkindliche Identifikationsstörungen einer solchen Entwicklung voraus (vgl. www.jura.uni-bielefeld.de).

b) Frustrations- Aggressions- Hypothese nach DOLLARD

John DOLLARD (1939) vertritt die Frustrations- Aggressions- Hypothese, die an die Überlegungen FREUD’s in lerntheoretischer Richtung anknüpft. Frustration entsteht, wenn lustsuchendes oder schmerzmeidendes Verhalten gehemmt wird. Diese Frustration richtet sich auf jene, für die Versagung als verantwortlich angesehenen Gegenstände oder Personen. DOLLARD leitet daraus „…das allgemeine Prinzip ab, dass jede Aggression eine Folge vorausgegangener Frustration sei.“ (Schwind 2001, S. 121) Aus kriminologischer Sicht wird die Meinung vertreten, dass „…erlittene Frustrationen in Kindheit und Jugend mehr oder weniger ursächlich seien für das spätere aggressive resp. kriminelle Verhalten des Jugendlichen oder Erwachsenen.“ (Schwind 2001, S. 122)

Die Bedeutung der psychoanalytischen Aggressionsmodelle für das vorliegende Konzept hat jedoch nur analytischen Charakter und kann hinsichtlich der Zielgruppe bestenfalls Gründe für die Persönlichkeitsstrukturen jugendlicher Delinquenten liefern. Die Fragen nach den Verletzungen, die Menschen innerhalb ihrer frühkindlichen Entwicklung erfahren haben, unerfüllte Triebwünsche der Geborgenheit und Zuneigung oder sichere Beziehungen können Aufschluss darüber geben, wo eine gegenwärtige Verdrängung unter Umständen ihren Auslöser hat und welche unbewussten Mechanismen ihren Ausweg in Symptomen suchen. Innerhalb des Trainings wird selten möglich sein, tiefenpsychologische Methoden, wie Psychodrama oder projektive Methoden (vgl. Schönpflug / Schönpflug 1989, S.44ff.) anzuwenden. Die ihnen anhaftende stark therapeutische Ausrichtung ist in einem methodisch eher sozialpädagogisch ausgerichtetem Trainingssetting vermutlich hinsichtlich der Erwartungen an das Training kontraproduktiv. Außerdem würden solche Methoden möglicherweise kontinuierlichere Prozesse erfordern.

3.5.2. Kontrolltheoretischer Ansatz

Anknüpfend an psychoanalytische Theorien versuchen Theorien des inneren oder äußeren Halts, also der inneren oder äußeren Kontrolle, zu erklären, warum Menschen sich nicht abweichend, sondern gesellschaftskonform verhalten.

a) Halt – Theorie nach REISS / RECKLESS

REISS (1951) führt konformes Verhalten vor allem auf den Einfluss intakter familiärer Beziehungen zurück. Hier werden Betrachtungen der Sozialisationsbedingungen (vgl. Abschnitt 3.5.4.) einbezogen und der Familie als wichtigstem Sozialisationsfaktor große Bedeutung beigemessen. „Dementsprechend soll das soziale Versagen mit schwach entwickelten Ich- und Über-Ich-Instanzen zu tun haben.“ (vgl. Schwind 2001, S. 18) Der innere Halt, also die „Immunisierung“, die notwendig ist, um kriminellen Versuchungen widerstehen zu können, wird als zwingend notwendig postuliert (vgl. Schwind 2001, S.18).

RECKLESS (1961) fügt dem inneren Halt als Gegenpol den äußeren Halt hinzu, dem er vor allem als ein Identitäts- oder Zugehörigkeitsgefühl definiert, das kriminelle Entgleisung verhindern kann. Fehlt innerer Halt, kann äußerer Halt diesen Mangel ausgleichen und umgekehrt. Fehlen äußerer sowie innerer Halt, sei, so RECKLESS, „…der Weg in die Straffälligkeit fast vorprogrammiert.“ (Schwind 2001, S.18)

Die Notwendigkeit verschiedener Mittel der inneren und äußeren Kontrolle kann für das vorliegende Konzept von Bedeutung sein. Wenn Jugendliche nach Möglichkeiten suchen, von ihren bisherigen Handlungsroutinen abzuweichen, steht zum einen die Frage, wie ihr innerer Halt Festigung erfahren kann und wie sie selbst mit verfestigten dysfunktionalen Handlungsmustern umgehen sollen. Der Rahmen des Trainings, die Eingebundenheit in eine Gruppe, die strukturelle Verflechtung in den Bewährungsverlauf und die Zielrichtung des Trainings, Netzwerke neu zu entdecken beziehungsweise zu reparieren, dienen demzufolge als Instanzen äußeren Halts und bekommen durch die halttheoretische Sichtweise notwendigerweise eine Legitimation.

b) Soziale Bindungstheorie nach HIRSCHI

HIRSCHI (1969) erweitert die Halttheorie von REISS und RECKLESS. Auch er sucht nach Gründen für konformes Verhalten von Menschen und knüpft im weitesten Sinne auch an die, von HOBBES (vgl. Abschnitt 3.3.) aufgestellte Ausgangsfrage an, wie soziale Stabilität und Ordnung überhaupt möglich sind. Motiv für diese anders ausgerichtete Forschung ist für HIRSCHI die Annahme, dass durch die einseitige Sichtweise auf ausschließlich kriminelle Handlungen, wichtige Aspekte menschlichen Verhaltens ausgeblendet werden (vgl. Lamnek 1997, S122). Konformität ist nach seiner These auf „ein Band, das zwischen dem Individuum und der Gesellschaft besteht und das es vor Normverletzungen bewahrt“ (Krämer 1992, S. 25) zurückzuführen. Wird dieses Band geschwächt, so sind abweichende Verhaltensweisen zu erwarten. Nach HIRSCHI vollzieht sich die Einbindung des Individuums in die Gesellschaft auf vier Ebenen, die bei delinquenten Personen meist mehrfach geschwächt sind.

Diese Ebenen sind (vgl. Krämer 1992, S. 26):

1. Stärke der Beziehung zu den Eltern oder anderen Bezugspersonen als emotionales Band
(dies ist die wichtigste Bindung und hat Einfluss auf die drei folgenden Ebenen)
2. Verpflichtungsgefühl gegenüber konventionellen gesellschaftlichen Zielen (Lebensperspektive)
3. Zeit und Energie, die für gesellschaftlich angebotene (Freizeit-) Beschäftigungen und gesellschaftlich akzeptierten Tätigkeiten verwendet wird
4. Anerkennung von gesellschaftlichen Moral- und Wertvorstellungen

Es stellt sich die Frage nach den Umständen, bei denen es zu einer Lockerung der Bindung kommt. Lockerungen sozialer Bindungen sind zum Beispiel bei gesellschaftlichen Umbrüchen zu erwarten, was nach POSNER (in Schwind 2001, S. 110) auch die erhöhte Jugendkriminalität nach der Wiedervereinigung in Ostdeutschland begründen kann. „Im Vergleich zu dem sich konform verhaltenden Teil der Bevölkerung zeichnen sich delinquente Personen durch eine Schwächung zumeist mehrerer Bindungen aus.“ (Krämer 1992, S. 26) Je mehr diese Bindungen gestört oder gelockert sind, umso größer ist die Gefahr des kriminellen Verhaltens oder die Flucht in andere Formen abweichenden Verhaltens (vgl. Schwind 2001, S. 110).

Folglich stellt sich das Problem des Umgangs mit solchen Bindungsstörungen oder Bindungsverlusten. Sozialpädagogik kann in vielerlei Hinsicht versuchen, auf den verschiedenen Ebenen wieder Verbindlichkeiten herzustellen, sei es im Freizeit-, Arbeits- oder Schulbereich oder auf der Ebene von Beziehungsfähigkeit. Innerhalb des Trainings können gezielt Kontakte zum individuellen Netzwerk sowie die Auseinandersetzung mit Lebenszielen und eigenen Fähigkeiten thematisiert und der Bezug zum Alltag hergestellt werden. Ziel ist also, neue „Beziehungsanker“ (Schwind 2001, S.110) zu schaffen oder alte zu reaktivieren, Verbindlichkeiten herzustellen und dadurch die gesellschaftliche Einbindung und Identifikation zu stärken.

c) Konzept der Selbstkontrolle nach GOTTFREDSON und HIRSCHI

GOTTFREDSON und HIRSCHI (1990) haben den Versuch unternommen, in ihrer „General Theorie of Crime“ eine ganzheitliche Sichtweise auf Kriminalität zu schaffen und das Wesen von Delinquenz ganzheitlich zu erfassen. Klassische Theorien und positivistische Ansätze erfahren in dieser Theorie eine Zusammenführung, indem GOTTFREDSON und HIRSCHI auch die Kosten – Nutzen – Kalkulationen von BENTHAM einbeziehen. „Es zeigt sich nämlich, dass in allen Verhaltensweisen sofortiger kurzfristiger Nutzen für den Akteur entsteht und langfristig, dass das Handeln mit Kosten belastet ist.“ (Lamnek 1997, S. 138) Kurzfristiger Nutzen erscheint gegenüber den langfristigen Kosten aber dominant.

Kriminalität wird als ein Ergebnis niedriger Selbstkontrolle aufgefasst. Konformes Verhalten bedarf eines Selbstkontrollmechanismus. „Der Delinquente ist dadurch zu charakterisieren, dass er nur eine geringe Kontrolle über seine individuellen Bedürfnisse hat, was sich auf sein Verhalten niederschlägt.“ (Lamnek 1997, 140)

Selbstkontrolle entsteht durch ein Zusammenspiel von Veranlagung und Erziehung. Je weniger Selbstkontrolle „angeboren“ ist, umso mehr Erziehung ist notwendig. Selbstkontrolle ist ein stabiler Bestandteil der Persönlichkeit und gilt primär als Fähigkeit, Langzeitfolgen in rationale Entscheidungen für eine Handlung einzubeziehen. Der Mensch will damit seinem Bedürfnis nach Kurzzeitbefriedigung nachgehen und kann dadurch leichter kriminellen Verhaltensweisen folgen.

Konformität und Devianz können also als zwei unterschiedliche Seiten einer Medaille betrachtet und mittels des gleichen Ansatzes erklärt werden. Alle Formen von Abweichungen unterliegen der gleichen Handlungslogik und Erklärungsstruktur. Soziale und individuelle Verhaltenskontrolle leiten das Handeln, wobei der individuellen Selbstkontrolle eine entscheidendere Bedeutung zukommt. Selbstkontrolle wird entwickelt, wenn kindliches Verhalten beaufsichtigt wird, deviantes Verhalten beim Auftreten als solches erkannt und abweichendes Verhalten effektiv bestraft wird. Kriminalität ist keine notwendige Folge fehlender Selbstkontrolle, jedoch ist mangelnde Selbstkontrolle notwendige, aber nicht ausreichende Voraussetzung für Delinquenz (vgl. Lamnek 1997, S. 137ff.).

In der Sozialarbeit stellt sich dieser theoretischen Konstruktion folgend die Frage nach der Entwicklung dieser Selbstkontrolle, die eine wichtige Komponente zur Verhinderung abweichenden Verhaltens sein kann. Überdies kann diese Sichtweise zu entsprechenden Nachsozialisierungsversuchen von Selbstkontrolle führen, welchen auch im vorliegenden Trainingskonzept größere Bedeutung zugemessen werden soll. Dabei soll es darum gehen, Jugendliche zu rationaleren Entscheidungen zu motivieren, Mechanismen der Selbstkontrolle bewusst zu machen und zweckmäßige Entscheidungskriterien mit den Jugendlichen gemeinsam auszuwerten. Verschiedene praktische Übungen wurden daher in das Konzept eingebettet, um Jugendlichen die Möglichkeit zu bieten, individuelle Handlungsalternativen im geschützten Rahmen auszuprobieren.

3.5.3. Lerntheoretische Kriminalitätstheorien

Lerntheoretische Kriminalitätstheorien gehen der Frage nach, wie kriminelles beziehungsweise abweichendes Verhalten gelernt werden kann und wirft damit zugleich die hoffnungsvolle Idee auf, dass auch ein Verlernen krimineller Handlungsstrukturen und Denkmuster möglich ist.

Hier werden zum einen Überlegungen der klassischen Konditionierung (PAWLOW, 1972) einbezogen, bei der durch Angstreaktionen und positive Verstärkungen bestimmte Verhaltensweisen konditioniert werden, aber auch nach dem lerntheoretischen Modell von SKINNER (1973), der operanten Konditionierung (vgl. Abschnitt 7.1.), bei welcher am Maßstab der Konsequenzen gelernt wird. Von Mechanismen klassischer Konditionierung abweichender Verhaltensweisen kann zum Beispiel ausgegangen werden, wenn Eltern Kinder zu Delikten „abrichten“ (vgl. www.uni-konstanz.de). Operante Konditionierung ist als Lernmechanismus kriminellen Verhaltens denkbar, wenn Strafhandlungen keine negativen Konsequenzen erfahren und daher der Erfolg dieser Handlungen überwiegt, was zur Verstärkung illegitimer Verhaltensweisen führen kann. Jedoch auch sozial – kognitive Lerntheorien (BANDURA, 1979) müssen in die Betrachtung der Entstehung kriminellen beziehungsweise abweichenden Verhaltens mit einbezogen werden, wenn es zum Beispiel um Identifikation mit Bezugspersonen geht, deren Handlungen Modelle darstellen und vom Täter positiv und für ihn nutzbringend bewertet werden.

a) Theorie der differentiellen Assoziation nach SUTHERLAND

SUTHERLAND (1924) beschreibt abweichendes, delinquentes Verhalten als das Ergebnis eines sozialen Lernprozesses. Dieser Lernprozess vollzieht sich durch Kontakte mit unterschiedlichen Gruppen. Hier werden durch Interaktionen bestimmte Wertorientierungen, Definitionen, Verhaltensweisen und Reaktionsmuster erworben (vgl. Krämer 1992, S. 22). Wenn Kontakte zu Gruppen dominieren, die sich überwiegend nonkonform beziehungsweise delinquent verhalten, so wird sich die betreffende Person ebenso verhalten. Innerhalb der Gruppe wird demnach auch delinquentes Verhalten verstärkt, in dem konformes Verhalten zurückgewiesen wird (vgl. Krämer 1992, S. 23). Insgesamt kann dabei auch davon ausgegangen werden, dass das Lernen kriminellen Verhaltens auch das Erlernen von Einstellungen und Techniken zur Ausführung mit einschließt (vgl. Schwind 2001, S. 112 und Lamnek u.a. 2000, S. 272). Auch das Erlernen von Neutralisierungstechniken, die innerhalb bestimmter Gruppenarrangements erworben werden, ist damit vorstellbar (vgl. Böhnisch 1999, S. 60)

Die Theorie der Neutralisierungstechniken (SYKES / MATZA, 1957) formuliert die Tatsache, dass Täter Rechtfertigungen benötigen, um ihre Taten zu legitimieren. Dadurch wird die Wirkung gesellschaftlicher Verbote neutralisiert und Straftaten ohne Beschädigung der eigenen Identität und Schuldgefühle werden ermöglicht.

SYKES und MATZA unterscheiden dabei 5 Typen von Neutralisierungstechniken:

(vgl. www.uni-konstanz.de und Weyers 2004, S. 100)

1. Leugnen der Verantwortlichkeit

- die Tat wird einem Zufall oder einem glücklichen Umstand zugeschrieben;

zum Beispiel einer schwierigen Kindheit, schlechten Freunden;

2. Verneinen eines Unrechts

- die Schlechtigkeit der Tat wird relativiert oder verneint; zum Beispiel spüre das Opfer eines Vermögensdeliktes den Verlust nicht; die Handlung sei nicht strafbar;

3. Verdammung der Verdammten

- die Aufmerksamkeit wird von der Tat des Delinquenten auf die Verfolger oder Ankläger verschoben, deren Motive in Frage gestellt werden, da alle Sünder sind, erscheinen die eigenen Taten milder;

4. Ablehnung des Opfers

- das Opfer wird in eine Person verwandelt, die es „verdient“ hat; die Tat ist demnach eine gerechte Bestrafung dafür;

5. Berufung auf übergeordnete ethische Richtlinien

- Berufung darauf, die Tat nicht für sich, sondern für andere getan zu haben, zum Beispiel auf die abweichenden Normen einer Herkunftskultur, einer Subkultur oder der Familie;

In einem Training, bei dem es vor allem um die Stabilisierung oder Ausbildung von funktionalen Bewältigungsstrategien gehen soll, müssen zwangsläufig auch Neutralisierungstechniken thematisiert werden. Ihr Vorhandensein und ihre Funktion sollten aufgedeckt und den Jugendlichen Alternativen für die jeweilige Neutralisierungstechnik angeboten werden. Zum einen steht hier jedoch dann die Aufgabe, zu analysieren. welche Alternativen die Jugendlichen anstelle der bislang benutzten Technik für sich selbst als nutzbringend definieren und annehmen können, zum anderen muss die Frage, wie die Transformation der dysfunktionalen Neutralisierungstechniken in funktionale Techniken geschehen kann. Die Lerntheorie bietet dafür eine Möglichkeit. Die erfolgreiche Umsetzung einer Löschung der Neutralisierungstechnik hängt aber immer eng mit der Gruppenkonstellation und den dynamischen Prozessen, die in der Gruppe ablaufen zusammen.

Aber auch sozial – kognitive Elemente können in solche lerntheoretischen Konstrukte einbezogen werden. Orientierend an der sozial – kognitiven Theorie BANDURAS kann Beobachtungslernen als eine Möglichkeit zum Erwerb krimineller Handlungsmuster gesehen werden. Hier wirken Aufmerksamkeitsprozesse, die sich auch an der Attraktivität bestimmter Modellpersonen und der Auffälligkeit sowie dem vermuteten funktionalen Wert des beobachteten Verhaltens orientieren (vgl. www.stephan-barth.de).

Bezogen auf die Zielgruppe des Konzeptes müssen also Fragen hinsichtlich der Orte der Aufnahme und des Erlernens solcher delinquenter Verhaltensweisen gestellt werden. Die Verbindung zur Theorie der delinquenten Subkultur (vgl. Abschnitt 3.4.) ist offensichtlich. Differenzierte soziale Dynamiken begünstigen das Lernen delinquenter Muster, da sie aus einer anomischen Kontaktaufnahme entstehen. Die Verhaltensmuster abweichender Gruppen erscheinen in diesem Zusammenhang als schneller zugänglich und eher plausibel für die betreffende Person als es Verhaltensmuster anderer Gruppen oder Kontakte tun. Unter diesem Blickwinkel hat die Aufnahme auch entscheidend mit der Stärke des Selbstwerts zu tun, der die Identifikation mit einer Situation mitbestimmt (vgl. Böhnisch 2001, S. 60).

Forschungen zeigen, dass gerade die Erfahrung mit Bagatelldelikten die Bereitschaft zu Delikten, die einer stärkeren Tabuisierung unterliegen, steigert. Je mehr Erfahrungen mit verschiedenen Deliktformen gemacht wurden und je mehr Rationalisierungstechniken und andere „nützliche“ Kenntnisse dadurch erworben wurden, um so eher ist man auch zu weiterer sozialer Devianz bereit (vgl. Lamnek u.a. 2000, S. 334f.). Auch von der Reihenfolge, in der bestimmte mehr oder weniger stark illegitime Delikte begangen werden, kann auf eine stärkere oder geringer ausgeprägte Devianzbereitschaft geschlussfolgert werden. „Dabei wirken Bagatelldelikte wie ein Einstieg. Werden dann auch besonders illegitime Delikte verübt und die entsprechenden Rationalisierungstechniken und sonstigen Kenntnisse und Überzeugungen erworben, steigert dies die Bereitschaft zu weniger illegitimen Devianzformen ganz besonders stark.“ (Lamnek u.a. 2000, S. 335)

Bezüglich des Problems der Bearbeitung erlernter Delinquenz lassen sich lerntheoretische Möglichkeiten finden, die zum (Wieder)Erlernen konformer Verhaltensweisen führen können. Zu denken ist hier an die Mittel, auf legale Weise seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, sei es durch die Beantragung staatlicher Leistungen oder durch Arbeit, Lob im Sinne positiver Verstärkung und dem selbst erlebten Erfolg bei der Bewältigung einer Aufgabe. Zum anderen kann man auch davon ausgehen, dass eine Stärkung des Selbstwerts einer Person durch kognitive Methoden ebenfalls günstige Wirkungen hat.

GLASER (1956) (vgl. Schwind 2001, S. 114) hat dem Konzept der differentiellen Assoziation den Aspekt der Identifikation beigefügt und nimmt an, dass es innerhalb der Personengruppen, aus denen Verhalten erlernt wird, wiederum ganz bestimmte Personen sind, die Vorbild für Motive und Verhaltensweisen werden. In dieser Hinsicht sollte auch gefragt werden, mit welchen Personen sich delinquente Jugendliche genau identifizieren und welche Bedeutung diese im Leben haben, um Möglichkeiten zur Änderung auszuloten und den Einfluss, den die Identifikationspersonen ausüben, bewusst zu machen.

b) Theorie der misslungenen Konditionierung nach EYSENCK

Eine Verknüpfung lerntheoretischer Gedanken und der Persönlichkeitstheorie erfolgt bei Hans J. EYSENCK (1977). Er folgt dem Gedanken der erlernten Delinquenz insoweit, dass er positive Konditionierung innerhalb der Gesellschaft als Voraussetzung konformen Verhaltens sieht und im Umkehrschluss misslungene Konditionierung als Ursache delinquenten Verhaltens postuliert. So erfährt man durch Erfolg einer delinquenten Handlung eine Verstärkung und damit an dieser Erfahrung orientiert auch den positiven Effekt einer Wiederholung dieses Verhaltens (vgl. Schwind 2001, S. 114).

EYSENCK geht dabei von extrovertierten und introvertierten Persönlichkeitstypen aus, wobei extrovertierte Personen weniger leicht konditionierte Reaktionen herausbilden (vgl. www.journascience.org). Kriminelle und antisoziale Personen haben seinen Forschungen zufolge besonders auffällig hohe Werte in den Dimensionen Neurotizismus und Extraversion und „…zeigen ein mangelhaftes Erlernen von gesellschaftlichen Normen.“ (Pervin 1993, S. 315). Auch die psychotizistischen Werte dieser Personen, welche die Dimensionen der Einsamkeit und Empfindungslosigkeit beziehungsweise Sorglosigkeit um andere Menschen, aber auch die Opposition zu akzeptierten sozialen Gebräuchen darstellen, sind stark erhöht (vgl. Pervin 1993, S. 310).

Das Ge- oder Misslingen der Konditionierung ist von dieser genetisch konstituierten Erregbarkeit abhängig. Extrovertierte Personen haben ein geringeres Ausmaß dieser Erregung als Introvertierte, was sie durch reizsuchendes Verhalten („sensation seek“) auszugleichen versuchen, jedoch sind sie auf Grund der geringeren Erregbarkeit selbst insgesamt weniger lernfähig (vgl. www.ub.uni-konstanz.de). EYSENCK benennt demzufolge für Menschen mit hoher Extraversion eine geringere Hemmung kriminellen Verhaltens im Vergleich zu introvertierten Menschen (vgl. www.journascience.org), also weitaus schlechtere Ausgangschancen, konform zu leben.

Trotz der starken genetischen Orientierung in EYSENCK’s Ausführungen zur Stabilität krimineller Komponenten, gibt er dennoch auch optimistische Bezüge zu lerntheoretischen Möglichkeiten: „Was genetisch festgelegt ist, sind die Geneigtheiten einer Person, auf eine bestimmte Art und Weise zu handeln und sich zu verhalten, wenn sie in bestimmten Situationen steckt.“ (Pervin 1993, 315) Allerdings ist es einer Person auch möglich, bestimmte traumatische Situationen zu vermeiden, bestimmte erlernte Angstreaktionen wieder zu verlernen oder soziale Verhaltensweisen zu erwerben. Unter der Sichtweise der Kriminalität als misslungener Konditionierung bleibt also im Umkehrschluss zu der genetischen Disposition besserer Lernvoraussetzungen für bestimmte Menschen trotzdem die Möglichkeit für alle Menschen offen, eine Konditionierung zu straffreiem Verhalten zu erreichen.

Es ist dementsprechend von Bedeutung, im Zusammenhang mit delinquentem Verhalten nach den erfahrenen Verstärkungen zu fragen, die als Erfolg gewertet wurden und dadurch zur Wiederholung und Ritualisierung delinquenter beziehungsweise abweichender Verhaltensweisen geführt haben. Innerhalb eines Trainings ist es wiederum von Nützlichkeit, diesen Verhaltensweisen durch positive Rückmeldungen auf konformes Verhalten und Erfolgserlebnisse im Zusammenhang mit konformen Handlungen allgemein entgegenzutreten und einer Umkonditionierung Vorschub zu leisten.

In diesem Zusammenhang muss auch das Phänomen der erlernten Hilflosigkeit (u.a. SELIGMANN, 1975) Erwähnung finden, welches eine besondere Art misslungener Konditionierung darstellt. Zwar geht es hierbei nicht um eine Konditionierung strafbarer Verhaltensweisen, aber dennoch um einen Lernmechanismus, bei dem Menschen die Vermeidung einer aktiven Änderung ihrer Lebenslagen internalisieren, nämlich wenn sie die Erfahrung machen, dass Ereignisse nicht durch eigene Verhaltensweisen beeinflussbar sind, sondern dass sie „… unabhängig von den Reaktionen des Organismus auftreten.“ (Pervin 1993, S.57) Diese Erfahrungen haben auf motivationaler, kognitiver und emotionaler Ebene Konsequenzen. Gerade bei der anvisierten Zielgruppe des Trainingskonzeptes konnten Mechanismen beobachtet werden, die zwangsläufig den Prozess des justiziellen Strafkreislaufes mit beeinflusst und begünstigt haben, da die Jugendlichen nach ersten eigenen Versuchen, ihre Lebensschwierigkeiten zu regulieren, oftmals nicht den Erfolg herbeiführten, der den Prozess zum Stoppen brachte. Vielmehr kam es dazu, dass sie schnell von anhängigen Verfahren, die nicht in die Erstverurteilung einbezogen waren, überrollt wurden, worauf das Gericht die Sanktionsstärke erhöhte. Innerhalb des Konzeptes muss dementsprechend versucht werden, selbstkontrollüberzeugende Erfolge für die Teilnehmer zu sichern, welche der Tendenz, Ereignisse einer externen Kontrolle oder nicht beeinflussbaren Größen zuzuschreiben, entgegenwirken.

3.5.4. Entwicklungspsychologie / Sozialisationstheorien

a) Entwicklungsaufgaben

Bezogen auf die Zielgruppe der Jugendlichen existiert eine ambivalente Struktur und Entwicklungsdynamik im Jugendalter, die sich durch die Balance zwischen Triebstruktur des Selbst und sozialer Umwelt ausdrückt und welche auch aggressive Selbsterhaltungstendenzen enthält (vgl. Böhnisch 1999, S. 128).

Die heute allerdings vorhandene relative Selbständigkeit Jugendlicher auf alltagskulturellem oder konsumtivem Bereich widerspricht den ihnen trotzdem verwehrten Zugangsmöglichkeiten in zentralen gesellschaftlichen Bereichen (zum Beispiel der Politik) und sozialen Bewältigungsmöglichkeiten. (vgl. Böhnisch 1999, S. 128). Das besonders hohe gesellschaftliche Kontrollrisiko, dem Jugendliche ausgesetzt sind, findet sich in der Kriminalisierungstendenz abweichenden Verhaltens wieder. Jugendliche machen geschlechtstypische Erfahrungen im Sozialraum, die sich in der Entwicklung des Selbst widerspiegeln (vgl. Böhnisch 1999, S. 126) und Einfluss auf den Umgang mit den verschiedensten Entwicklungsaufgaben haben. Anforderungen, die Jugendliche häufig nicht problemlos bewältigen können, die Havighurst aber als zu bewältigende Entwicklungsaufgaben für moderne Industriegesellschaften definiert, sind zum Beispiel (vgl. Olbrich / Todt in Petermann / Petermann 1993, S. 11f. und Hurrelmann 1995, S. 164):

- von der eigenen Familie loslösen und einen eigenen Verantwortungsbereich wahrnehmen
- Entscheidungen für Ausbildung / Schule / Beruf treffen
- die Geschlechtsrolle übernehmen
- soziale und emotionale Beziehungen außerhalb der Familie aufbauen
- das eigene Äußere / den eigenen Körper akzeptieren
- Werte / Normen aufbauen und festigen, an denen sich Verhalten ausrichten kann
- sozial verantwortliches Verhalten anstreben und einüben
- Handlungsmuster zur Nutzung des Konsumwarenmarktes und kulturellen Freizeitmarktes
- sich von der Gleichaltrigengruppe lösen und stabile Partnerschaften aufbauen

Diese Aufgaben sind in hohem Maße Voraussetzung dafür, die eigene ökonomische und materielle Basis für eine selbständige Existenz als Erwachsener und für die eigene familiäre Entwicklung zu sichern, langfristig ein verantwortliches Handeln anzuregen und innerhalb eines autonomen und bedürfnisorientierten Lebensstils mit den entsprechenden gesellschaftlichen Angeboten umzugehen (vgl. Hurrelmann 1995, S. 164).

Die Bewältigung dieser vielfältigen Anforderungen, die im Jugendalter anstehen, hängt entscheidend von der erfahrenen Selbstwirksamkeit und wiederum vom Erwerb kompetenter, zielorientierter Handlungsfähigkeiten ab. Wenn Jugendliche kreative Problembewältigung betreiben können und auch verschiedenste Bewältigungsmechanismen aufbauen können, entwickelt sich zunehmend mehr Selbstvertrauen und Selbstsicherheit (vgl. Petermann / Petermann 1993, S. 13). Das große Ziel der Eigenständigkeit, Unabhängigkeit und Identität muss in vielen Vorstufen erreichbar gemacht werden. „Aufrechterhaltung einer Kontinuität des Selbsterlebens ist zu jedem einzelnen Zeitpunkt der Lebensgeschichte prekär und muss in jeder konkreten Situation immer wieder neu hergestellt werden.“ (Hurrelmann 1995, S. 178)

b) Krise – Stress - Bewältigung – Coping

Die Bewältigung der Entwicklungsaufgaben ist demnach auch den damit verbundenen Risiken ausgesetzt, die sich in der speziellen Entwicklungsphase ergeben. (ERIKSON 1902-1994) formulierte für die Zeit des Jugendalters die Krise der Identitätsentwicklung zwischen Identität als erfolgreiches Resultat der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben und Identitätsdiffusion als Gefahr der Nichtbewältigung.

ENKE nutzt hier den Begriff der „jugendlichen Entwicklungskrise“ als eine Form der psychosozialen Krise. Der Krisenbegriff als solcher meint jedoch nicht endgültig einen negativen Zustand. Vielmehr beinhaltet er (auch dem Inhalt des Krisensymbols der chinesischen Bildsprache entsprechend) sowohl „Chance“ als auch „Gefahr“ (vgl. Enke 2003, S.17ff.). Jeder Mensch durchlebt im Laufe seiner Entwicklung kritische Situationen oder auch Phasen, die sich zuspitzen, wenn die Person auf Grund ihrer individuellen Ressourcen gegenüber den aktuellen Belastungen besonders verletzlich oder überfordert ist (vgl. Enke 2003, S.19). Die Tendenz, das seelische Gleichgewicht zu erhalten, ist in jedem Fall vorhanden, auch wenn es zu einer solchen Krise kommt, in der die Person den ihr gestellten Entwicklungsaufgaben überfordert gegenübersteht. „Oft geht dieser Zustand mit abweichendem Verhalten einher, so dass die anderen Personen diesen zumindest erkennen und helfend oder grenzsetzend darauf reagieren können.“ (vgl. Enke 2003, S. 19) Hier wird die Funktionalität deutlich, welche eine Krise für Jugendliche besitzt. Krisen fordern die Reaktion der Umwelt, weil diese zur Bewältigung benötigt wird (vgl. Enke 2003, S.20). Sie sollten auch in diesem sinnhaften und der Sozialpädagogik zugleich Interventionslegitimation liefernden Zusammenhang interpretiert werden.

Die Episodenhaftigkeit jugendlicher Verfehlungen ist somit auch Ausdruck einer vorübergehenden Entwicklungskrise, die zwar von der großen Mehrheit der Jugendlichen konstruktiv bewältigt wird, jedoch kommen destruktive Bewältigungsversuche nicht zuletzt durch die immer anspruchsvolleren Entwicklungsaufgaben gesellschaftlicher Individualisierung häufiger als einst vor (vgl. Enke 2003, S.20).

Jugendlichen stehen zu Bewältigung der Krise lediglich die bisher erworbenen und erprobten Ressourcen zur Verfügung. Zum einen können dies funktionale COPING- oder auch stressvermeidende DEFENDING – Strategien sein. Um die, in der Jugendzeit immer größer werdende Belastung und den damit verbundenen Stress auszugleichen, reichen die vorhandenen Strategien allerdings oft nicht aus (vgl. Enke 2003, S.21). BÖHNISCH bezeichnet das Jugendalter auf Grund der, in ihm verborgenen Gefährdungen als eine Phase „potentieller Devianz“ (vgl. Böhnisch 1999, S.127). Auch Delinquenz und abweichendes Verhalten können oder müssen gerade deshalb als Bewältigungsversuche und Bewältigungsverhalten definiert werden.

Die von ERIKSON definierten Krisen der einzelnen Lebensphasen, die chronologisch vor dem Jugendalter stehen, können entweder zufrieden stellend oder unzureichend bewältigt worden sein. Im Stadium der Identitätsentwicklung wirken auch Resultate früherer Entwicklungskrisen fort (nach ERIKSON in Enke 2003, S.148).

Im Ergebnis seiner Studie über Jugenddelinquenz in Lebensverläufen stellt ENKE fest, dass Jugendliche bis zur Sinnkrise der Adoleszenz schon bemerkenswert klare Vorstellungen hatten, die sich in ihrem Selbstkonzept als eigene Rollenerwartungen widerspiegelten. Als sich aber „die unüberwindlichen Spannungen zwischen den eigenen Erwartungen und der sozialen Wirklichkeit entwickelten, kam es zur Identitätskrise. Die Jugendlichen konnten und wollten sich sozusagen keine beliebige Identität aufzwingen lassen.“ (Enke 2003, S.149)

Das vorliegende Konzept stellt im Bezug auf die Entwicklungskrise Mittel bereit, die die Nutzung der Chance, welche die Krise in sich trägt ermöglichen sollen. Sie sollen zu Erweiterung interner Ressourcen und damit auch der Bewältigungskompetenzen führen.

c) Deprivation und Sozialisation

Jugendliche Entwicklung ist ein dynamischer Prozess mit (insbesondere die Konformität und Nonkonformität) positiv und negativ beeinflussenden Variablen. WINNICOTT (1983 und 1988) hat die Austauschbeziehungen von Selbst und sozialer Umwelt zum Thema gemacht, welche in ihren Polen ausbalanciert werden müssen. „Kinder und Jugendliche brauchen eine ‚fördernde Umwelt’, die es ihnen ermöglicht, sich von bisherigen Entwicklungsstufen abzulösen und neu zu binden, ohne dass diese Ablösungen destruktive Verluste beinhalten, die neue Bindungen verhindern.“ (Böhnisch 1999, S. 49) Zu dieser „fördernden Umwelt“ gehört neben Erziehung ebenso die Gleichaltrigen- und Konsumkultur, also der Kontext der immer wieder neu erzeugten Spannung zwischen Bindung und Ablösung (vgl. Böhnisch 1999, S. 49). Wenn diese Balance gestört ist, so werden antisoziale Tendenzen ausgelöst. WINNICOT benennt dies als Deprivation, die in der bewussten Abhängigkeit von der sozialen Umwelt von Verlusten innerhalb der Umwelt begleitet wird. (vgl. Böhnisch 1999, S.49).

WINNICOT geht dabei davon aus, dass antisoziale Tendenzen schon frühzeitig innerhalb der Familie entwickelt werden können, wenn zum Beispiel „…die Anpassung der Mutter an Ich-Bedürfnisse in einer Phase relativer Abhängigkeit einschneidend verloren geht.“ (WINNICOT in Böhnisch 1999, S. 50) Später können Verluste auftreten, wenn das Ich überfordert ist, weil Familien zerbrechen oder Familienkonflikte an das Kind delegiert werden (vgl. Böhnisch 1999, S.50). Im Jugendalter bricht nach WINNICOT die Balance von triebdynamischem Selbst und der sozialen Umwelt auf einer höher entwickelten Stufe neu auf. Das, durch kindliche Erfahrungen vorgeprägte Selbst wird in einer doppelt pubertären Freisetzung des körperlich und sozial Neuen auf die Probe gestellt. Rasante körperliche Veränderungen gehen hier mit der Ungewissheit bisher familiärer Rollenzuweisung und immer aggressiverer Selbstthematisierung einher und erschweren die Ausbalancierung. Jugendliche müssen sich aus ihrem Selbst heraus ihre Wirklichkeit schaffen. (vgl. Böhnisch 1999, S. 50)

Besonders die in der Jugendphase auftretenden Inbalancen drängen nach einer Stabilisierung. Vorstellbar wäre in diesem Blickwinkel auch, ganz elementare Bedürfnisse der Jugendlichen nach Aufklärung über „soziale Zusammenhänge“ zu erfüllen, die Analysierung ihrer Lebensziele zu begleiten und die damit verbundene Rollenfindung zu unterstützen. Deprivierende Lebensumstände sollten thematisiert und die erlittenen Unausgeglichenheiten zugunsten zukünftiger Perspektiven diskutiert werden.

Jugendliche reagieren auf Verletzungen mit verschiedenen Reaktionen. ENKE (2003, S.116) betont als Risiko für den Einstieg in die Delinquenz die „…Verletzung bzw. Behinderung der typischen Lebensvorstellungen.“ Er geht dabei von typischen in den Selbstkonzepten angelegten jugendlichen Handlungstypen aus, die den vorangegangenen Störungen und Verletzungen ihrer Lebensvorstellung jeweils spezifische Bewältigungsmuster entgegensetzen (vgl. Enke 2003, S. 116).

ENKE unterscheidet 4 Handlungstypen, die unterschiedlich auf bestimmte Anforderungen reagieren, die Ereignissen je nach Handlungstyp unterschiedliche Bedeutung zumessen und innerhalb ihrer typischen Handlungsmuster auch den Ausstieg aus delinquenten Strukturen schaffen können (vgl. Enke 2003, S. 113f.):

1. Maskulin – orientierter Typ

- „Versichern“ – fürchtet Verlust von Lebenssicherheit, Umwelt ist generell bedrohlich, Versagensangst in Bezug auf intellektuelle Anforderungen, suchen Halt und Anerkennung in Peers

2. Hedonistisch - orientierter Typ

- „Vergnügen“ – Angst vor Trübsal, Begrenztheit, Unfreiheit, Unterversorgtheit, Furcht vor Verlust des lustbetonten Lebensstils, Beziehungsstress ist Hauptfeind, wollen keine Schuld haben am Leid anderer

3. Familienorientierter Typ

- „Verbinden“ – Angst vor Bindungsverlusten und fehlender Geborgenheit, Furcht vor Abweisung, Angst, Fehler zu begehen, Angst über eigenen Kontrollverlust, teilweise Depression, Zwanghaftigkeit

4. Subjektorientierter Typ

- Verwirklichen“ – Angst vor Unterdrückung und Abwertung einer sinnerfüllten Selbstverwirklichung, Selbstkonzept zwischen Innovation und Autonomie

ENKE hebt dabei auch die Tatsache hervor, dass Abweichungen von den, innerhalb der Handlungstypen angelegten, Grundtendenzen kaum möglich sind. Jugendliches Handeln ist somit in gewisser Weise vorprogrammiert und die Handlungstypen auch jeweils besonders verletzlich und ängstlich. Die Handlungstypen verändern sich während delinquenter Episoden und auch danach nicht. „Die Entwicklung und Überwindung von Delinquenz muss daher als ein normaler sozialer Vorgang betrachtet werden.“ (Enke 2003, S. 145) Die subjektive Bedeutung, die Jugendliche bestimmten Situationen beimessen, erscheint für die einen als Bedrohung, ist für die anderen aber einfach zu bewältigen. Das delinquente Verhalten ist dabei Teil des Versuchs, Anforderungen zu bewältigen. Aber Delinquenz wirkt dabei auch dysfunktional, nämlich gleichgewichtshemmend, sie ist eine Flucht aus einem bestimmten Handlungsfeld. ENKE bekräftigt ebenfalls die dafür notwendige Unterstützung externer Ressourcen als Gegenkraft zu den Stressoren und dysfunktionalen Verhaltensweisen (vgl. Enke 2003, S. 156).

Je nach ihrem spezifischen Handlungstyp sind Jugendliche also in der Umsetzung ihrer Ziele eingeschränkt. Die mit diesen Handlungstypen verbundenen Ängste und Bedeutungen müssen innerhalb des Trainings Beachtung finden. Wenn angemessen darauf eingegangen werden kann und stressreduzierende Ressourcen geschaffen werden können ist es denkbar, dass auch Angst- und Vermeidungsreaktionen besser abgefangen werden können.

d) Lebenslauftheorien und Life – Event – Forschung

Interaktionistisch orientierte Sozialisationstheorien, die eng mit den Modellen der kriminellen Karriere (QUENSEL - vgl. Abschnitt 3.6.) verwandt ist, sind die Lebenslauftheorien („Life Course Theories“ – z.B. SCHUMANN, REIN, SEUS 1999). Sie fragen danach, wie Menschen mit Delinquenz beginnen (Anfang), warum sie mit Delikten fortfahren (Fortdauer, Beharrlichkeit), warum ihre Straftaten immer häufiger und schwerer werden (Steigerung) und warum sie schließlich mit Rechtsbrüchen aufhören (Abstandnehmen, Absehen) (vgl. Schwind 2001, S.145). Hier gewinnen die, in den verschiedenen Lebensphasen durchlebten unterschiedlichen Kontexte eine besondere Bedeutung. Forschungen ergaben, dass sich besonders Institutionen der Bildung und Ausbildung, aber auch Partnerschaften und Peer-Groups prägend auswirken (vgl. Schwind 2001, S.145).

Die Life – Event – Forschung geht davon aus, dass abweichendes Verhalten als Folge negativer Entwicklungen oder Ereignisse stehen kann. „Grundhypothese dieser theoretischen Richtung ist, dass mit stärkerer Belastung der Lebensumstände des Individuums die Wahrscheinlichkeit von Verhaltensauffälligkeiten wächst.“ (Krämer 1992, S. 54). Die negativen Ereignisse, auch „Troublesome Events“ genannt, können in unterschiedlichen Lebensbereichen auftreten. Zudem ist es möglich, dass positive Ereignisse der Wirkung negativer Ereignisse kompensierend entgegenwirken (vgl. Krämer 1992, S. 57).

Nicht zu Vernachlässigen ist, dass abweichendes Verhalten selbst auch einen Life – Event darstellt und eine Wechselwirkung zwischen abweichendem Verhalten und Life – Events nicht auszuschließen sind (vgl. Krämer 1992, S.58). Dabei kann sich die Belastung durch den Life – Event in der Stärke und Intensität bei den einzelnen Personen unterscheiden. Innerhalb der Masse an verschiedenen Events ist es möglich, bedeutende Einschnitte, wie zum Beispiel, der Tod eines Geschwisterkindes, von alltäglichen lästigen und frustrierenden Begebenheiten, wie zum Beispiel ständigen familiären Streitigkeiten, zu unterscheiden. „Troublesome Events“ stellen also Risiken für die Entstehung abweichenden Verhaltens dar. Im Zusammenhang mit den theoretischen Annahmen der Coping – Forschung (vgl. Abschnitt 3.5.4.b) stehen die Risiken gleichzeitig auch als Chancen, welche die Problemverarbeitungsstile der Menschen anfordern und im Zusammenhang mit den Life – Events die Entstehung und Ausprägung delinquenten Verhaltens hemmen oder auch begünstigen können (vgl. Krämer 1992, S. 60).

Das vorliegende Konzept nutzt also die Life – Events: „Straffälligkeit“ und „Bewährungsunterstellung“ als Anlass, Lebensläufe zu verändern. Durch die Prüfung der, bei den Teilnehmern vorhandenen Bedeutungszuschreibung dieser „Life – Events“ kann gegebenenfalls die Motivation zur Änderung ergründet und erhöht werden.

e) Risiken und Social Support

So wie bestimmte Ereignisse nachweislich prägend auf die Lebensgestaltung Einfluss nehmen, benötigen sie auch eine Unterstützung, wenn sich damit negative Auswirkungen verbinden. Sie stellen dementsprechend Risiken dar. Aber auch andere Rahmenbedingungen haben Einfluss auf die menschliche Entwicklung.

Wie Risiken für delinquentes Verhalten abgeschwächt werden können, hängt zum einen von internen Coping – Strategien der individuellen Person ab, andererseits gab die Social – Support – Forschung auch den Blick auf die externen Einflüsse sozialer Unterstützung in Krisenzeiten frei. Diese können intervenierende und moderierende Wirkung haben. SCHRÖDER / SCHMITT (in Krämer 1992, S. 65) sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Puffermodell“ der sozialen Unterstützung. „Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person sich abweichend verhält, nimmt ab, wenn sie bei der Bewältigung von Unzulänglichkeiten, Krisen oder Konflikten auf ein starkes „social support system“ zurückgreifen kann.“ (Krämer 1992, S. 65) Dabei ist allein schon das Wissen, dass Unterstützungsmöglichkeiten vorhanden wären, das Gefühl von Geborgenheit und „Abgesichertsein“, und nicht die tatsächliche Inanspruchnahme ausschlaggebend. Hier wird die Verknüpfung zum individuellen Coping – Verhalten der Person sichtbar, die das „social support system“ natürlich auch anfordern muss, was eine kommunikative Bereitschaft voraussetzt (vgl. Krämer 1992, S.66). Der theoretische Kreis schließt sich, wenn man bedenkt, dass der Kommunikationsbereitschaft gegenüber Unterstützungssystemen, wie zum Beispiel der Familie, „Life – Events“ vorangegangen sein können, die negative Beziehungen hervorgebracht haben, so dass das „social support system“ vielleicht nur einseitig oder gar nicht vorhanden ist.

Ein System sozialer Unterstützung ist für die Entwicklung allgemein, aber auch zur Bewältigung von Krisen notwendig.

Als klassisch kennzeichnende Auffälligkeiten und Korrelationen im Vergleich zu Nicht–Delinquenten stellt KERNER (in Nicolai / Reindl 1993, S. 40) unter anderem folgende fest:

- sozial – ökonomische Belastung in der Familie
- funktional gestörte Erziehungsverhältnisse
- Schulstörungen
- Lehrabbruch
- unregelmäßige Berufstätigkeit

Die Risiken sind demnach unterschiedlichen Lebensbereichen zuordenbar.

Risiken in der Familie / Elternhaus

Das Nicht – Vorhandensein sozialer Integration in einen Schutzraum der Familie nimmt für die Entstehung abweichenden Verhaltens eine bedeutende Rolle ein. Aufwachsen in Desintegrationslagen, verbunden mit negativen Lebensereignissen, wie Tod eines Elternteils, Fremdunterbringung, Scheidungsgeschichten sind lebensgeschichtliche Teilaspekte, die straffällig gewordene Jugendliche vielfach benennen (vgl. Peterich in BAG 2000, S. 125). HANAK / STEHR / STEINERT bezeichnen diese Tatsache als Lebenskatastrophen, bei der es zu einer Nichtintegration in die neue Situation kommt (vgl. Hanak / Stehr / Steinert 1989, S. 9). Diese Desintegrationen bestärken prozesshaft die Desorientierung und die Tendenz zu abweichenden Verhaltensweisen. Auch GOTTFREDSON und HIRSCHI weisen der Familie wesentliche Bedeutung bei der Entstehung von Delinquenz zu, da Eltern dann mangelnde Selbstkontrolle erzeugen, wenn sie nicht in genügendem Maße durch das Aufzeigen von Spätfolgen des Handelns die Unterdrückung spontaner Reaktionen bei Kindern schulen (vgl. Lamnek 1997, S.151).

Statusvorstellungen und Möglichkeiten innerhalb der Familie, aber auch Toleranz (gegenüber ungewöhnlichem Verhalten der Jugendlichen) beeinflussen schon allein die Tatsache, ob ungewöhnliches Verhalten in der Familie als normal oder abweichend definiert wird. Besonders fremduntergebrachte Jugendliche „…begreifen sich oftmals als desintegriert gegenüber einer ‚Normalbiografie’. Diese Selbstdefinition kann die Gefahr, dass strafbare Handlungen begangen werden, erheblich verstärken.“ (Peterich in BAG 2000, S. 122)

Dem Lebenslagenansatz folgend ist subjektive Einschätzung der eigenen Lebenslage, also der Spielraum, den der Einzelne für sich sieht und den er eventuell aktivieren kann (vgl. Nickolai u.a. 1996 ,S. 18) auch dafür verantwortlich, welche Art von Handlungsstrukturen sich für ihn ergeben. Persönlichkeitsbeengend eingeschätzte Sozialisationsbedingungen bestärken zum Beispiel die Außenorientierung der Jugendlichen und den Aufenthalt in unreglementierten Räumen (vgl. Peterich in BAG 2000, S.123).

Nicht nur Rahmenbedingungen der Sozialisation, sondern auch die emotionale Begleitung der Kinder und die emotionale Bindung innerhalb der Familie, also die Summe der negativen und positiven Einzelerfahrungen in der frühen Sozialisation wirken in späteren Entwicklungsetappen im Verhalten weiter (vgl. Rössner / Kuhn / Will 1993, S. 37). Eine wenig ausgeprägte Fähigkeit, soziale Beziehungen und Bindungen zu anderen Personen zu entwickeln, ist Resultat defekter Sozialisation und „… der Mangel an einer solchen emotionalen Bindung ist, wenn wir von seltenen schweren Affekttaten und häufigen pubertären Grenzüberschreitungen absehen, der wichtigste Faktor bei der Entstehung von Jugendkriminalität. “ (Rössner / Kuhn / Will 1993, S.36) Auch die Lernerfahrungen, die die Familie bietet, können auf die Entwicklung abweichenden Verhaltens einwirken. „Kinder lernen, wer sich in der Familie mit welchen Mitteln durchsetzt. Gewalt wird in der Familie ‚gelernt’, wenn sie als Mittel der Problembewältigung erfahren wird (…) und kommunikative Verständigungsversuche desavouiert werden.“ (Böhnisch 1999, 62)

Elterliche, aber auch institutionelle Erziehungsstile spielen demnach eine nicht untergeordnete Rolle im sozialisatorischen Prozess. Gleichgültige Erziehungsstile lassen eine emotionale Unterversorgung zu und Kinder sind folglich „…mangels Leitung und Orientierung durch die Eltern jeder Form der Meinungsmanipulation ausgesetzt.“ (Schwind 2001, S. 194). Die mangelnde Erfahrung von Grenzen hat ihr Resultat in mangelnder Rücksichtnahme und dem Ausleben spontaner Einfälle (vgl. Schwind 2001, S. 195). In autoritären Erziehungsstilen wirken emotionale Zurückweisung und starke Lenkung zusammen auf die kindliche Entwicklung ein. Einseitigkeit und Ungerechtigkeit, zusammen mit harten Strafen für kleine Vergehen lassen Kinder lebensunsicher werden. Gewalt wird als Mittel zur Durchsetzung von Macht und Interessen wahrgenommen und internalisiert. Inkonsistente Erziehungsstile, denen ein Wechselbad konträrer Erziehungsstile innewohnt, bewirken, dass Strafandrohungen wenig Einfluss zeigen, da sie von den Kindern nicht mehr ernst genommen werden. Resultat ist eine Normenunsicherheit, die sich in unzureichender Lebensbewährung äußert (vgl. Schwind 2001, S. 196f.).

[...]

Excerpt out of 455 pages

Details

Title
Die Ausbildung von Bewältigungsmechanismen bei jungen Menschen in komplexen Anforderungssituationen zur Förderung sozialer Kompetenzen im Alltag
College
University of Applied Sciences Jena
Grade
1,0
Author
Year
2006
Pages
455
Catalog Number
V58385
ISBN (eBook)
9783638525954
ISBN (Book)
9783638693950
File size
4151 KB
Language
German
Keywords
Ausbildung, Bewältigungsmechanismen, Menschen, Anforderungssituationen, Förderung, Kompetenzen, Alltag
Quote paper
Anja Hartmann (Author), 2006, Die Ausbildung von Bewältigungsmechanismen bei jungen Menschen in komplexen Anforderungssituationen zur Förderung sozialer Kompetenzen im Alltag, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58385

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