Das Ost-West Fördergefälle in Deutschland - Beurteilung aus regionalwissenschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht


Seminararbeit, 2005

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Ost-West-Fördergefälle in Deutschland
2.1. Förderung nach der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW)
2.2. Förderung nach den EU-Strukturfonds
2.3. Förderung nach dem Solidarpakt II
2.4. Förderung nach dem Länderfinanzausgleich

3. Beurteilung einer verstärkten „Ost-Förderung“
3.1. Konzentration der Förderpolitik: Clusterförderung
3.2. „Sonderwirtschaftszone Ost“
3.3. Verstärkte Förderung gewerblicher Investitionen

4. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Auch fast 15 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die Bundesrepublik Deutschland ein „Staat mit zwei Teilgesellschaften“[1] und das obwohl in der gesamten Zeit enorme Transferzahlungen von West- nach Ostdeutschland stattgefunden haben. 2003 hat das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) eine Berechnung der Transferleistungen für die neuen Länder durchgeführt. Für den Zeitraum 1991 bis 2003 schätzt das IWH hiernach die Höhe des Bruttotransfers auf ca. 1,25 Billionen Euro, die Höhe des Nettotransfers auf etwa 900 Mrd. Euro. Dabei betragen die Zahlungen nur für das Jahr 2003 116 Mrd. brutto und 83 Mrd. netto.[2]

Nachdem der Solidarpakt I Ende 2004 ausgelaufen ist, haben sich Bundesregierung und die Bundesländer am 23. Juni 2001 auf den Solidarpakt II geeinigt, der von 2005 bis 2019 gelten soll. Diese Einigung zeigt, dass das Projekt „Aufbau Ost“ keineswegs erfolgreich abgeschlossen ist und somit weiterhin ein wichtiges politisches Thema bleibt. Darüber hinaus gibt es Forderungen, die eine „Sonderwirtschaftszone Ost“ fordern. Andere dagegen lehnen diese strikte Abgrenzung ab und fordern vielmehr verstärkt auf investive statt soziale Förderung zu achten, um endlich einen Wirtschaftsimpuls in den neuen Bundesländern zu setzen. Angesichts dieser unterschiedlichen Meinungen sowie der schlechten wirtschaftlichen Lage, in der sich Deutschland zur Zeit befindet, ist das Ost-West-Fördergefälle zweifelsohne ein sehr wichtiges Thema der aktuellen Tagespolitik.

Die Seminararbeit soll zunächst in Kapitel 2 verdeutlichen, wie das Ost-West-Fördergefälle anhand einzelner Förderprogramme zu kennzeichnen ist. Hierbei wird auch kurz auf die Ausgangslage in der Bundesrepublik zur Zeit der Wiedervereinigung eingegangen.

Im Kapitel 3 findet eine Beurteilung der verstärkten „Ost-Förderung“ statt. Dabei werden Ansätze zu einer Änderung der gegenwärtigen Mittelverwendung aus volkswirtschaftlicher und regionalpolitischer Sicht aufgezeigt. Ein Fazit über die geforderten und zukünftig tatsächlich geplanten Förderungen für Ostdeutschland verbleibt zum Schluss.

2. Das Ost-West-Fördergefälle in Deutschland

In den fast 40 Jahren der deutschen Teilung[3] entwickelte sich die Wirtschaft in beiden Teilen Deutschlands sehr unterschiedlich. Die soziale Marktwirtschaft der Bundesrepublik ermöglichte eine weitaus bessere wirtschaftliche Entwicklung als es die sozialistische Zentralverwaltungswirtschaft der DDR zuließ. Zur Zeit der Wiedervereinigung am 03. Oktober 1990 erinnerte die DDR-Gesellschaft in vielen Bereichen an bundesdeutsche Verhältnisse 20 bis 25 Jahre zuvor.[4]

Nach der Deutschen Einheit finden das Grundgesetz sowie die übrigen Gesetze und Verordnungen auch in den neuen Bundesländern Anwendung. Seit 1994 fordert Artikel 72 GG dazu die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet“.[5] Es kann damit als verfassungsrechtliche Begründung einer Strukturpolitik für die neuen Bundesländer herangezogen werden.

Dass diese notwendig war (und heute noch ist) zeigt folgendes Beispiel: 1990 betrug das Pro-Kopf-Einkommen in Ostdeutschland nur knapp 38 % des westdeutschen Wertes.[6]

Die wirtschaftliche Situation in den neuen Bundesländern musste erheblich verbessert werden. Das verfassungsrechtliche Gebot, das gesamte Wirtschafts- und Sozialsystem Ostdeutschlands dem Westniveau anzugleichen, bediente sich dazu verschiedener regionalpolitischer Maßnahmen.

Dazu gehören u.a.

1. die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW),
2. die EU-Strukturfonds,
3. der Solidarpakt II sowie
4. der Länderfinanzausgleich.[7]

Die Förderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe (GA) ist im Hinblick auf das Ost-West-Fördergefälle von zentraler Bedeutung, da die Durchführung durch die Bundesländer eigenverantwortlich vorgenommen wird und daher den größten Gestaltungsspielraum aufweist. Daher wird zunächst diese dargestellt. Anschließend werden die drei weiteren Förderprogramme beschrieben.

2.1. Förderung nach der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW)

1969 wurden im Zuge einer Finanzreform in Artikel 91a GG Bestimmungen über die gemeinschaftlichen Zuständigkeiten von Bund und Ländern in bestimmten Aufgabenbereichen geregelt. Die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ist u.a. einer dieser Bereiche. Am 6. Oktober 1969 trat das Gesetz zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) in Kraft und wurde seitdem vielfältig weiterentwickelt.

Der Planungsausschuss für regionale Wirtschaftsstruktur in seiner jetzigen Form, bestehend aus dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit als Vorsitzenden sowie dem Bundesminister der Finanzen und den Wirtschaftsministern der 16 Ländern, beschließt jährlich die Umsetzung der GA anhand eines Rahmenplans (aktuell: 34. Rahmenplan).[8]

Die Durchführung der Fördermaßnahmen ist die alleinige Aufgabe der Länder. Sie können gezielt die Fördermittel auf bestimmte Projekte, Branchen oder Regionen konzentrieren und kontrollieren die Einhaltung der Förderbestimmungen. Die Kosten der Förderung werden von Bund und den Ländern jeweils zur Hälfte getragen.[9]

Die regionale Wirtschaftsförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ gehört zum Bereich der Wirtschaftspolitik mit dem Ziel, einen Beitrag zur Gleichwertigkeit der Lebens- und Arbeitsverhältnisse im Bundesgebiet zu leisten. In diesem Zusammenhang ist es die vorrangige Aufgabe, standortbenachteiligten Unternehmen in strukturschwachen Regionen einmalige Investitionszuschüsse zu gewähren und damit wirtschaftliche Impulse zu setzen. Diese sollen das Einkommen und die Beschäftigung in der Region erhöhen und den Wettbewerb stärken. Die GA unterstützt somit „die Förderung von Investitionen der gewerblichen Wirtschaft zur Schaffung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen“[10] und damit verbunden die „Sicherung und Entwicklung einer Exportbasis in benachteiligten Region“[11].

Voraussetzungen für eine Förderung ist, dass das Unternehmen tatsächlich überwiegend überregional absetzt bzw. aufgrund einer begründeten Prognose des Antragstellers damit zu rechnen ist, dass das betreffende Unternehmen zukünftig überregional absetzen wird. Hinzu kommen weitere Regelungen hinsichtlich der Schaffung von qualifizierten Arbeits- bzw. Ausbildungsplätzen. Durch den überregionalen Absatz kann Einkommen einer anderen Region abgeschöpft werden und neues Einkommen für die Region gebildet werden (sogenannter Primäreffekt). Aufgrund des Einkommenstransfers steigt die allgemeine Nachfrage in der Region und auch die nicht überregional absetzenden Unternehmen profitieren indirekt von der GA-Förderung (sogenannter Sekundäreffekt).

Die gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Ausgangsbedingungen sind in Ost- und Westdeutschland grundlegend verschieden, so dass in den neuen Bundesländern eine andere Herausforderung an die Förderung besteht.[12] Die gesamte Region Ostdeutschland ist als wirtschaftliche Problemregion zu beurteilen. Die GA erhält damit in den neuen Bundesländern den Charakter einer allgemeinen Grundförderung, bzw. genauer gesagt einer „Aufbauförderung“.[13]

Um eine zielgerichtete Regionalförderung zu gewährleisten, wird das gesamte Bundesgebiet (vor dem Jahr 1990 nur der westdeutsche Teil) in kleine Regionen, den sogenannten Arbeitsmarktregionen, eingeteilt. Anhand verschiedener Indikatoren (z.B. Arbeitsmarkt- oder Einkommensindikatoren[14] ) wird deutlich, in welchen Regionen die „Wirtschaftskraft erheblich unter Bundesdurchschnitt“ liegt oder welche „Regionen erhebliche Strukturprobleme“ aufweisen.[15]

Auf Basis dieser Daten werden alle drei Jahre die Fördergebiete festgelegt, wobei die entsprechenden Regionen fünf Fördergebietskategorien zugeordnet werden. Die Einteilung erfolgt von Fördergebiet A, mit den höchsten Zuschüssen, bis zum Fördergebiet E mit den geringsten Zuschüssen.[16]

Im einzelnen gelten die folgenden (Brutto-)Förderhöchstsätze für anfallende Investitionskosten:

A-Fördergebiete: 50 % für KMU

35 % für sonstige Betriebsstätten

B-Fördergebiete: 43 % für KMU

28 % für sonstige Betriebsstätten

C-Fördergebiete: 28 % für KMU

18 % für sonstige Betriebsstätten

D- und E-Fördergebiete: 15 % für Betriebsstätten von kleinen Unternehmen,

7,5 % für Betriebsstätten von mittleren Unternehmen,

sonstige Betriebsstätten maximal 100 000 Euro Gesamtbetrag[17]

Die GA zeigt ein Gefälle in der Ost-West-Förderung, da ausschließlich die neuen Bundesländer den beiden höchstgeförderten Kategorien (A und B) zugeteilt werden. Beim Betrachten der Karte der Fördergebiete fällt zudem auf, dass eindeutig die meisten dieser Regionen dem Fördergebiet A zugeordnet werden. Werden dabei jedoch die ostdeutschen Bevölkerungszahlen herangezogen, so verteilen sie sich in etwa gleich auf beide Kategorien, da die ostdeutschen Ballungszentren überwiegend nach Kategorie B gefördert werden.

Eine weitere Bedeutung erhält die GA, indem sie als Instrument zur Umsetzung der Zuschüsse aus dem europäischen Regionalfonds herangezogen wird. Dieses wird im nächsten Kapitel dargestellt.

[...]


[1] Vgl. Schröder, Klaus (2004) S. 627.

[2] Vgl. Schröder, Klaus (2004) S. 630. Ebenso Eickhof (2005), Norbert S. 6.

[3] bezogen auf die Zeit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik 1949 bis zum Mauerfall 1989.

[4] Vgl. Schröder, Klaus (2004), S. 628.

[5] Vgl. Eickhof, Norbert (2005), S. 2.

[6] Ebd.

[7] Vgl. Eickhof, Norbert (2005), S. 4. Ebenso Lammers, Konrad (2004) S.624.

[8] Vgl. Deutscher Bundestag Drucksache 15/2961, S. 7.

[9] Deutscher Bundestag Drucksache 15/2961 S. 7f

[10] Ebd. S. 10.

[11] DIW (2003) Stellungnahme, Ausschussdrucksache 15(9)804 S. 28.

[12] Vgl. Lammers, Konrad, HWWA-Hamburg, Stellungnahme, Ausschussdrucksache 15(9)809 S. 64. Siehe dazu auch Unterlagen des Statistisches Bundesamt.

[13] Vgl. Tetsch et al (1996) S.7.

[14] Vgl. Crome/Schwengler (2000) S. 73 ff.

[15] Vgl. Deutscher Bundestag Drucksache 15/2961, S. 9.

[16] Zur genauen Einteilung der Fördergebiete siehe Anhang.

[17] Vgl. Deutscher Bundestag (2003), S. 21.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das Ost-West Fördergefälle in Deutschland - Beurteilung aus regionalwissenschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Veranstaltung
Seminar zur Raumwirtschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V58568
ISBN (eBook)
9783638527248
ISBN (Buch)
9783638798785
Dateigröße
807 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ost-West, Fördergefälle, Deutschland, Beurteilung, Sicht, Seminar, Raumwirtschaft
Arbeit zitieren
Stefanie Kunat (Autor:in), 2005, Das Ost-West Fördergefälle in Deutschland - Beurteilung aus regionalwissenschaftlicher und volkswirtschaftlicher Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58568

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