Der Atomstreit mit dem Iran - Die EU3-Verhandlungen im Kontext der Transatlantischen Beziehungen


Seminararbeit, 2006

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Geographische Einordnung des Iran

3. Das iranische Atomprogramm
3.1 Zeitliche Einordnung
3.2 Irans Raketenprogramm
3.3 Iranische Motive

4. Die EU3-Verhandlungen

5. Die USA und der Iran

6. Transatlantische Lösungsansätze
6.1 Der Fall Iran vor dem UN-Sicherheitsrat
6.2 Sanktionen
6.2.1 Wirtschaftssanktionen
6.2.2 Finanzsanktionen und „smart sanctions“
6.3 Militärische Intervention

7. Schluss

8. Literatur

9. Zusammenfassung/Abstract

1. Einleitung

„Das iranische Atomprogramm ist für Europa wie für Amerika, ja für die gesamte internationale Staatengemeinschaft eine zentrale Herausforderung. Ein abermaliger Streit bis hin zu einer Spaltung im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wie im Falle Iraks würde diese Organisation erneut in eine tiefe Krise stürzen.“ (Thränert 2005: S. 10)

Ist der Iran bestrebt eine Atommacht im Nahen Osten zu werden? Zwar hat die iranische Führung wiederholt bekräftigt der Ausbau der Atomanlagen erfolge ausschließlich zur zivilen Nutzung, allerdings hegt die internationale Staatengemeinschaft große Zweifel bezüglich dieser Behauptung. Zu offensichtlich hat Präsident Mahmoud Ahmedinedschad angebliche friedliche Absichten durch seine antisemitischen Tiraden und Hetzreden gegen Israel konterkariert. Aussagen wie, der israelische Staat müsse von der Landkarte getilgt werden und die Juden sollten zurück nach Österreich oder Deutschland gehen, bergen ein Maß an Aggressivität, dass es schwer fallen lässt an die Friedfertigkeit Irans zu glauben. Für die USA, die den Iran schon lange auf ihrer Liste der Schurkenstaaten führen, besteht kaum ein Zweifel daran das die Führung die Bombe will. Auch in Europa ist man skeptisch. Das Beharren der iranischen Führung auf einen vollständigen Brennstoffzyklus gekoppelt mit dem Ausbau seiner Atomanlagen und dem wiederholten Katz und Maus-Spiel mit der Atomenergiebehörde IAEO erschweren den Dialog und lassen an der Glaubwürdigkeit des Regimes zweifeln. Im Jahr 2003 unternahmen die EU-Staaten England, Frankreich und Deutschland (EU3) einen diplomatischen Vorstoß und reisten nach Teheran um die dortige Führung zum Einlenken zu bewegen. Wirtschaftliche Anreize und institutionelle Einbindung wurden dem Iran in Aussicht gestellt. Von den USA wurden diese Bestrebungen toleriert, aber nicht bis ins letzte unterstützt. „Alle Optionen bleiben auf dem Tisch“ ließ es sich von Georg W. Bush immer wieder vernehmen und damit sind auch militärische Optionen gemeint. Die EU3-Verhandlungen konnten aufgrund der mangelnden amerikanischen Bereitschaft ebenfalls eine Politik der Anreize zu verfolgen keine Einigung mit dem Iran erzielen. Auch eine Befassung des UN-Sicherheitsrates mit dem Thema wird durch die widerstreitenden Interessen der Vetomächte China und Russland Schwierigkeiten bergen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich nun mit folgender Frage:

Wie kann der Atomstreit mit dem Iran geschlichtet werden und welche Rolle spielen dabei die transatlantischen Beziehungen?

Um sich dieser Fragestellung anzunähern, werde ich den Iran zuerst in seinen geographischen Kontext stellen und im Anschluss die Geschichte seines Atomprogramms darlegen, da diese für den aktuellen Konflikt eine große Rolle spielt. Im nächsten Schritt werden die EU3-Verhandlungen und die US-Positionen im einzelnen beleuchtet. Abschließend werden Lösungsansätze für das Problem erörtert. Es wird sich zeigen, das nur gemeinsam unternommene Schritte zu einem Erfolg in dieser Sache führen können.

Für diese Arbeit greife ich zum größten Teil auf Literatur von Wissenschaftlern der Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin zurück, darunter Oliver Thränert, Volker Perthes und Johannes Reissner.

2. Geographische Einordnung

Die islamische Republik Iran nimmt in der Region des Nahen Ostens eine Schlüsselposition ein (siehe Abb.1). Grenznachbarn sind der Irak, die Türkei, Aserbaidschan, Turkmenistan, Afghanistan und Pakistan. Auch die arabische Halbinsel befindet sich im Südwesten gelegen in unmittelbarer Nähe, räumlich aber durch den persischen Golf getrennt. Ein weiterer Blick auf die Karte macht deutlich, dass auch der Staat Israel nicht allzu weit entfernt liegt. Auf diese Tatsache wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch eingegangen werden.

Der Iran ist ein Schwellenland mit 68 Millionen Einwohnern und gemessen an anderen Ländern der Region eine weitgehend pluralistische Gesellschaft. Er verfügt über 10% der Welterdölreserven und 15% der Welterdgasreserven. (Perthes 2006: S. 8)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Die Lage des Iran im Nahen Osten[1]

3. Das iranische Atomprogramm

3.1 Zeitliche Einordnung

Das iranische Atomprogramm ist alles andere als neu. Es geht zurück auf Schah Reza Palevider der als ehrgeiziger Alleinherrscher sein Land zu einer Vormachtstellung am persischen Golf bringen wollte. Dazu suchte er die Hilfe des Westens, explizit den Schulterschluss mit den USA, denen er aber nie gänzlich traute. (Müller 2003: S. 5) 1970 trat das Land auf Wunsch der USA dem Atomwaffensperrvertrag bei und hat damit völkerrechtlich auf den Besitz von Nuklearwaffen verzichtet. Aber auch weil der Beitritt die Legitimation für ein weitreichendes ziviles Atomprogramm abgab war er lukrativ. Besonders die Bundesrepublik Deutschland galt als Irans Wunschpartner. Der deutsch-iranische Kooperationsvertrag sah die Lieferung von bis zu acht Kernkraftwerken vor, von denen aber bis zum Ende der Schah-Regierung nur jenes in Buschehr ein fortgeschrittenes Baustadium erreichte. (Müller 2003: S. 5) Klar ist: Das Programm zielte schon damals auf eine militärische Nutzung ab (Thränert 2005: S. 10-12) Nach der islamischen Revolution von 1979 wurde das Nuklearprogramm unter der neuen Führung von Ayatollah Khomeyni aber zunächst nicht fortgesetzt. Die Kernenergie galt unter den Geistlichen offenbar als „unislamische“ Technologie, deren Nutzung die Abhängigkeit Irans vom Westen manifestiert hätte. Viele Ingenieure und Wissenschaftler die der alten Elite zugerechnet wurden emigrierten und zurück blieb nur ein Torso. Erst im Zuge des iranisch-irakischen Krieges (1980-1988) änderte sich die Haltung der Führung allmählich. Man sah sich mit der Aggression Saddam Husseins alleingelassen, wiederholte Giftgasangriffe auf den Iran führten nicht zu einem weltweiten Aufschrei. Im Gegenteil: Ost und West belieferten den Irak weiterhin mit Material für sein Massenvernichtungsprogramm. (Müller 2003: S. 6) Außerdem erfuhr der Iran in Verbindung mit der „Operation Desert Storm“ der Amerikaner 1991 vom damaligen irakischen Atomprogramm. (Thränert 2005: S. 12) Daraus folgte der Kurswechsel der iranischen Führung. Es schien nun in vielerlei Hinsicht unumgänglich eine nukleare Abschreckung anzustreben, also das Atomprogramm wieder aufzunehmen. Es wurde von außen beobachtet, wie die iranische Führung Versuche unternahm, emigrierte Eliten zur Rückkehr zu bewegen. Man kehrte zur Strategie des Schahs zurück und etablierte ein breitgefächertes Forschungs- und Entwicklungsprogramm das augenscheinlich einen zivilen Anstrich hatte, jedoch übertragbare Ergebnisse für ein Waffenprogramm ergeben würde, wie das bei umfangreichen kerntechnischen Programmen unvermeidlich ist. Mit Deutschland wurden aktive Verhandlungen aufgenommen Buschehr fertigzustellen, allerdings war die Bundesrepublik nicht dazu bereit. Anfang der neunziger Jahre sondierte man die Möglichkeit die Wiederaufnahme mit strikten Auflagen zu verbinden, die teilweise noch über die Anforderungen des Zusatzprotokolls[2] hinausgingen. Allerdings stieß der Vorschlag in den USA auf Ablehnung – wäre man ihm gefolgt gäbe es heute im Iran weit mehr Transparenz bezüglich seines Nuklearprogrammes als heute. (Müller 2003: S. 6-7) Schlussendlich ging die Fertigstellung von Buschehr und auch seine Belieferung mit Brennstoff an Russland, das heute Irans wichtigster Partner in Sachen Nukleartechnologie und Rüstung ist. Noch im Jahr 2006 soll der Leichtwasserreaktor ans Netz gehen. Solange dieser Reaktor wie im Atomwaffensperrvertrag vorgesehen unter der Kontrolle der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) bliebe, wäre ein Missbrauch für die militärische Nutzung kaum möglich. (Thränert 2005 S. 10)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Die iranischen Atomanlagen[3]

Im Jahr 2002 gab eine Oppositionsgruppe Informationen über iranische Nuklearaktivitäten an die USA weiter, deren Kernstück eine Anreicherungsanlage in Natanz, sowie eine Schwerwasserproduktionsanlage war. Das warf verschiedene Fragen auf: Welchen Sinn machte eine Anreicherungsanlage für ein Land, das in absehbarer Zeit gerade einmal über ein einziges Kernkraftwerk verfügen würde für das darüberhinaus die Brennstoffbelieferung schon durch Russland garantiert war? Was wollte der Iran mit einer Schwerwasserproduktionsanlage, die kommerziell nur in Verbindung mit Natururan-Leistungsreaktoren nutzbar war und von denen der Iran keinen besaß und auch über die Planung eines solchen nichts bekannt war? Anreicherung ist nützlich für die Herstellung von waffenfähigem Uran und Schwerwasser für zur Produktion von Plutonium in Forschungsreaktoren. Bei Arak befindet sich ein relativ großer Forschungsreaktor (40 MW) im Bau. (Müller 2003: S. 7) Die Informationen wurden an die IAEO übergeben und es folgte ein regelrechtes Katz und Maus Spiel mit der Behörde. Der Iran gestand zwar den Ausbau der beschriebenen Anlagen, betonte aber strikt deren zivile Zielsetzung und erklärte diese seien noch nicht meldepflichtig gewesen, weil noch kein spaltbares Material zugeführt worden war und dies auch nicht unmittelbar bevorstand. Auch den Import von Natururan aus China räumte der Iran ein und begründete die unterlassene Meldung an die IAEO mit der sehr geringfügigen Menge. Aber auch kleine Mengen lassen Experimente zu, die man scheinbar gern vor der IAEO verheimlichen wollte. Die Behörde gab sich mit den Auskünften nicht zufrieden und verlangte Zutritt zu weiteren Anlagen. Unter anderem zu einer als „Kalaye Electronic“ bekannten Einrichtung, einer angeblichen Fabrik für Armbanduhren, die aber schon seit 2000 im Verdacht westlicher Geheimdienste und der IAEO stand in Wirklichkeit Urananreicherungsexperimente zu beherbergen. Zunächst lehnte Iran eine Inspektion ab, ließ sie jedoch im März 2003 doch zu. Allerdings erhielten die Inspektoren nur zu einigen Gebäuden Zutritt und durften keine Umweltproben nehmen. Satellitenfotos zeigten kurz danach Lastwagen, die Material von der Anlage abtransportierten. Im August 2003 wurde den IAEO-Inspektoren schließlich doch unbeschränkter Zugang gewährt, allerdings waren in einem Gebäude umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt worden. Dennoch konnten Spuren hochangereicherten Urans nachgewiesen werden. (Thränert 2005: S. 10) Teheran erklärte, es sei der Lieferant gewesen, der die Kontamination mit hochangereichertem Uran zu verantworten habe. Das warf allerdings einen neu brisante Frage auf: Zunächst hatte Iran nämlich behauptet, alle Anlagen mit Ausnahme von Buschehr selbst entwickelt zu haben. Der plötzliche Hinweis auf einen externen Lieferanten bedeutete das Eingeständnis einer Unwahrheit und stellte die Glaubwürdigkeit der iranischen Offiziellen in Frage. Außerdem förderte der Hinweis zutage, dass ein anderes Land keine Hemmungen hat sensitivste Technik an nuklear ambitionierte Empfänger zu liefern (Müller 2003: S. 8) Es stellte sich heraus, dass die Uranfunde mit Lieferungen von Bauteilen über das Netzwerk des Pakistaners A.Q. Khan zusammenhingen. Aber Iran hatte offenbar auch selbst eine kleine Menge Uran mittels einer experimentellen Zentrifugenkaskade angereichert, was der IAEO nicht gemeldet worden war. (Thränert 2005: S. 11

[...]


[1] Die Islamische Republik Iran ist rot markiert. Aus: http://www.mideasti.org/

[2] Das Zusatzprotokoll erlegt seinen Unterzeichnern erweiterte Informationspflichten gegenüber der IAEO auf und gewährt der Organisation drastisch erweiterte Zugangsmöglichkeiten. Über die gemeldeten nuklearen Anlagen hinaus dürfen die Inspektoren auch Zugang zu Anlagen verlangen die in deren Peripherie liegen und auch Fabriken besichten, die sich im weiteren Umkreis der Kernindustrie befinden. In Verdachtsfällen sind kurzfristige Inspektionen auch ohne räumliche Beschränkung möglich.

[3] Aus: Carnegie Endowment for International Peace, Deadly Arsenals (2005), http://www.ProliferationNews.org

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Atomstreit mit dem Iran - Die EU3-Verhandlungen im Kontext der Transatlantischen Beziehungen
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar: Krise des Westens? Eine Einführung in Institutionen, Politikfelder und Theorien der transatlantischen Beziehungen
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V58674
ISBN (eBook)
9783638528078
ISBN (Buch)
9783656801344
Dateigröße
767 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Atomstreit, Iran, EU3-Verhandlungen, Kontext, Transatlantischen, Beziehungen, Proseminar, Krise, Westens, Eine, Einführung, Institutionen, Politikfelder, Theorien, Beziehungen
Arbeit zitieren
Alexander Köcher (Autor:in), 2006, Der Atomstreit mit dem Iran - Die EU3-Verhandlungen im Kontext der Transatlantischen Beziehungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/58674

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