In der Literaturgeschichte sind die Trobairitz eine Ausnahmeerscheinung. Zwischen 1180 und 1230 schrieben die weiblichen Troubadoure ihre Werke. Man bezeichnet diese Dichterinnen als Trobairitz in Anlehnung an die Troubadoure, die im Okzitanischen "trobadors" genannt werden. Unter den mittelalterlichen weiblichen Dichtern traten sie nur in einem Zeitfenster von ca. 50 Jahren auf. Im gesamten Mittelalter gab es sonst vereinzelte Dichterinnen, die sich meist mit christlichen Themen befassten. In dem säkularen Themenkreis des Minnesangs sind die Trobairitz einzigartig. Die Einordnung der Trobairitz in das gesellschaftliche und höfische Umfeld des 12. und 13. Jahrhunderts bildet den Ausgangspunkt der Arbeit.
Die Blüte der okzitanischen Kultur dauerte insgesamt von 1100 bis 1270 und umfasste vier Generationen. Beschränkte sich die Sangeskunst zunächst auf barsche Gesänge umherziehender und kämpfender Ritter, so entwickelten sich ihre Lieder im Laufe der Zeit zu einer subtilen und ausgefeilten Kunst, an der ab ca. 1180 auch die Frauen teilnahmen. Die Einordnung der Trobairitz in das gesellschaftliche und höfische Umfeld des 12. und 13. Jahrhunderts bildet den Ausgangspunkt der Arbeit. Die politischen Gedichte der Trobairitz, die sirventes, geben dabei einen Einblick in die Zeit der Albigenserkreuzzüge. Die Frage, wie das Auftreten und Verschwinden der Trobairitz zu deuten ist, wird anhand von Rechtsakten zu klären versucht.
Um den vermuteten Zusammenhang zwischen der kurzen Aktivität der Dichterinnen und der Autonomie der adligen Frau in Okzitanien zu untersuchen, dient die rechtliche Stellung der Frauen in Okzitanien des Hochmittelalters als Ausgangspunkt der weiteren Untersuchung. Dabei rückt der Status der Frau in Hinblick auf das Erb-, Heirats- und Lehnsrecht in den Fokus der Analyse.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Literatur- und Forschungsüberblick
- Okzitanien: Region und Sprache
- Auf den Spuren der Dichterinnen
- Textkorpus
- Vidas und Razos
- Trobairitz
- Comtessa de Dia
- Azalaїs de Porcairagues
- Maria de Ventadorn
- Miniaturen
- Zusammenfassung
- Die Welt der Troubadoure
- Cortezia – die höfische Lebensart
- Amors als Ausgangspunkt der höfischen Gesellschaft
- Fin‘amors und fals‘amors
- Gesellschaft und höfisches Benehmen
- Feudalrelation in der Liebe aus der Sicht einer Trobairitz
- Ein Gesellschaftsspiel - das joc d’amor
- Das Frauenbild der Troubadourkultur
- Exkurs: Anonymes sirventes gegen die misogynen Troubadoure
- Joglar(essa) oder Troubadour bzw. Trobairitz?
- Trobairitz: Autorin und domna
- Zusammenfassung
- Cortezia – die höfische Lebensart
- Die Stellung der adligen Frau
- Heiratsrecht: Brautpreis, Morgengabe und Mitgift
- Eheschließung in Okzitanien
- Ehebruch
- Entwicklung des Erbrechts
- Frauen als rechtsfähige Personen
- Entwicklung des Lehnsrechts in Okzitanien
- Lehen und Frauen
- Frauen und Macht: Herrscherinnen in Okzitanien
- Exkurs: Vizegräfin Ermengarde von Narbonne
- Zusammenfassung
- Heiratsrecht: Brautpreis, Morgengabe und Mitgift
- Alltagsleben und Religion
- Familie und Haushalt
- Exkurs: Anonymes sirventes gegen die Luxusgesetze
- Bildung
- Frauen und Glaube
- Exkurs: Gormonda von Montpelliers Sirventes gegen die Häretiker
- Die Albigenserkreuzzüge
- Inhalt und Motive
- Zusammenfassung
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Rolle der weiblichen Troubadoure im Okzitanien des 12. und 13. Jahrhunderts. Sie untersucht den Beitrag dieser Dichterinnen zum geistigen Leben in der Region und setzt ihre Werke in den gesellschaftlichen Kontext ihrer Zeit. Dabei werden die Lebensumstände, die politische und ökonomische Situation sowie die rechtliche Stellung der Frauen in Okzitanien beleuchtet.
- Die Lebenswelt der weiblichen Troubadoure und ihr Beitrag zur Troubadourkultur
- Die Rolle der Frau in der höfischen Gesellschaft und ihre Beziehungen zu den Männern
- Die rechtliche Stellung der Frau in Okzitanien und ihre ökonomische Macht
- Die Bedeutung des katharischen Glaubens für die Frauen in Okzitanien
- Die Auswirkungen der Albigenserkreuzzüge auf die Frauen und die Troubadourkultur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Kontext der weiblichen Troubadoure vor und erläutert die Bedeutung ihrer Werke im Rahmen der literaturgeschichtlichen Entwicklung. Das zweite Kapitel befasst sich mit dem bisherigen Forschungsstand und stellt die wichtigsten Publikationen zu den weiblichen Troubadouren vor.
Im dritten Kapitel wird die geografische, sprachliche und kulturelle Verortung Okzitaniens dargestellt. Das vierte Kapitel untersucht die Werke der Trobairitz selbst, ihre Biographien und Kommentare zu ihren Liedern. Kapitel fünf befasst sich mit der Welt der Troubadoure und den Regeln der höfischen Lebensart. Es beleuchtet den Unterschied zwischen fin’amors und fals‘amors und die Rolle der Frauen in der höfischen Liebe. Kapitel sechs analysiert die rechtliche Stellung der adligen Frau in Okzitanien mit den Schwerpunkten Heiratsrecht, Erbrecht und Lehnsrecht. Im siebten Kapitel wird das Alltagsleben der Frauen in Okzitanien und ihr Verhältnis zur Religion beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die weiblichen Troubadoure im Okzitanien des 12. und 13. Jahrhunderts, wobei ihre Lyrik, Lebensumstände und die rechtliche Stellung der Frau in der Region im Vordergrund stehen. Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Trobairitz, Troubadour, Okzitanien, höfische Liebe, fin’amors, fals‘amors, domna, Heiratsrecht, Erbrecht, Lehnsrecht, Katharer, Albigenserkreuzzüge, joglaressa, féminité textuelle, féminité génétique, cortezia, solatz, joc d’amor, ensenhamens, lois somptuaires.
- Quote paper
- Annette Kristina Görgen (Author), 2010, Auf den Spuren der Dichterinnen. Weibliche Troubadoure im Okzitanien des 12. und 13. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/590477