Prävention gegen sexualisierte Gewalt im Grundschulalter. Was kann Schule als Teil der Lebenswelt von Kindern dafür leisten?


Hausarbeit, 2016

20 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Sexualisierte Gewalt
1.1 Sexualisierte Gewalt an Kindern
1.2 Folgen

2. Lebenswelt Schule
2.1 Anwendungsbereich Grundschule
2.2 Erste Schritte
2.2.1 Wahrnehmen, Erkennen, Handeln
2.2.2 Wie man mit Kindern darüber sprechen kann

3. Prävention
3.1 Präventionsformen
3.2 Präventionsprojekt
3.2.1. Koblenzer Präventionsprojekt

4. Kritische Reflexion

5. Fazit 15 Literaturverzeichnis

Einleitung

Sexualisierte Gewalt an Kindern wurde in der Vergangenheit als „Tabuthema“ angesehen. Demnach war es bislang ein sehr verschwiegenes Thema. In den vergangenen Jahren hat sich diese Ansicht sehr gewandelt und eine positive Veränderung ist klar erkennbar. Gerade die Institution Schule, die einen wichtigen Bestandteil der Lebenswelt von Kindern ausmacht, wird sich ihrer Verantwortung bewusster.

Doch inwieweit kann Schule überhaupt Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Mädchen und Jungen im Grundschulalter leisten?

Dieser Frage soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden. Beginnend mit Definitionsversuchen von sexualisierter Gewalt und dem Unterschied zu sexualisierter Gewalt an Kindern, folgend mit demselben für den Bereich der Lebenswelt Schule. Was macht Schule zu einer Lebenswelt und kommt ihr tatsächlich eine so enorme Verantwortung zuteil? Anschließend wird der Anwendungsbereich Grundschule näher erläutert, woraufhin erste Schritte für den Kontakt mit dem Kind, die aus der Wahrnehmung, dem Erkennen und dem Handeln bestehen, dargelegt werden. Aber auch der Frage, wie die Lehrperson ein konkretes Gespräch mit Kindern führen kann, wird nachgegangen. Daraufhin folgt die Prävention an sich. Diese beinhaltet primäre, sekundäre und tertiäre Präventionsformen. Ein Beispiel, für ein präventiv wirkendes Vorhaben, soll das Koblenzer Pr ä ventionsprojekt bieten. Der Schluss beinhaltet eine kritische Reflexion sowie ein Fazit.

Aufgrund des gegebenen Rahmens dieser Hausarbeit wird von dem Standpunkt einer Lehrkraft ausgegangen und sich auf den Blickwinkel der Institution Schule beschränkt. Die Materie bietet ein weites Spektrum an Themen, mit denen sich auseinandergesetzt werden könnte. Auch wenn die Folgen einer sexualisierten Gewalttat aufgeführt werden, wird in dieser Arbeit nicht im Detail beschrieben, welche psychischen Ausmaße sexualisierte Gewalt haben kann. Auch die Schulsozialarbeit, die einen großen Teil an der Arbeit des Themas beiträgt, wird bewusst nicht erwähnt, da dies sonst den Rahmen der Ausarbeitung überschreiten würde.

1. Sexualisierte Gewalt

Sexualisierte Gewalt ist dem Überbegriff der Gewalt zugehörig und „tritt als soziale Wirklichkeitskonstruktion im Kontext eines gesellschaftlichen Konflikts (…) auf“1. Um den Begriff der sexualisierten Gewalt angemessen definieren zu können, bedarf es einer detaillierten Zuwendung des Themas, denn weder in der Literatur noch in der öffentlichen Diskussion besteht ein Konsens über die Definitionskriterien und diese variieren demnach stark.

Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Definitionsfrage ist folglich für die öffentliche Diskussion als auch für wissenschaftliche Untersuchungen von besonderer Bedeutung. Zum einen, weil nur so die verschiedenen Untersuchungsergebnisse eingeordnet und verglichen werden können, was zu mehr Sachlichkeit in der öffentlichen Kontroverse führen könnte, zum anderen, weil dadurch die Voraussetzungen der Untersuchungen transparenter werden.2

Mit welcher Handlung fängt eine sexualisierte Gewalttat an? Sind diesem Begriff bereits abfällige Bemerkungen, Blickkontakt oder ähnliche Taten, die ohne Körperkontakt geschehen, zuzuordnen oder handelt es sich erst dann um eine sexualisierte Gewalt, wenn zwischen Täter und Opfer erzwungener Körperkontakt besteht?

Eine mögliche Definition nach Elmer und Maurer lautet:

Sexuelle Gewalt beinhaltet die Schädigung und Verletzung einer anderen Person durch erzwungenen intimen Körperkontakt oder andere sexuelle Handlungen, die dem Täter eine Befriedigung eigener Bedürfnisse ermöglichen.3

Infolgedessen beginnt sexualisierte Gewalt, sobald Körperkontakt vorhanden ist. Dieser beruht ausdrücklich auf keiner freiwilligen Basis, sondern wird ausgehend von dem Täter erzwungen. Zudem stehen die Bedürfnisse des Täters und die Befriedigung dieser im Vordergrund. Wie eine solche erzielt werden kann, beruht meist auf einem lang ausgearbeiteten Plan.

1.1 Sexualisierte Gewalt an Kindern

So wie bei der sexualisierten Gewalt an sich, definiert sich die sexualisierte Gewalt an Kindern ebenfalls durch die Befriedigung der Bedürfnisse des Täters.

Diese spezifische Art der Gewalt definiert sich allerdings mehr im Detail.

Sexueller Mißbrauch an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind entweder gegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind aufgrund körperlicher, psychischer, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Der Täter nutzt seine Macht- und Autoritätsposition aus, umsehen eigenen Bedürfnisse auf Kosten des Kindes zu befriedigen.4

Demnach kommt die Hilflosigkeit der Kinder aufgrund von Unterlegenheit hinsichtlich der Kognition und des Wissensstandes als Definitionskriterien hinzu. Außerdem besteht meist eine Abhängigkeit zu dem Täter, welche das Kind nicht durchbrechen kann. Grundlegend kennzeichnet zudem der bestehende Altersunterschied zwischen Täter und Opfer eine sexualisierte Gewalt an Kindern. Kinder, denen ein solches Leid widerfährt, befinden sich im Durchschnitt in einem Alter zwischen zehn und elf Jahren, wobei die Altersgrenze bei 16 Jahren liegt.5

Sexualisierte Gewalt an Kindern kann als Einzeltat vorkommen. Meist geschieht es allerdings über einen längeren zeitlichen Rahmen und in dem unmittelbaren sozialen Umfeld des Kindes. Festzuhalten ist, dass Mädchen zu 50 % von Bekannten und zu 30 % von Verwandten sexuell missbraucht werden. Jungen zu 15 % von Verwandten und ebenfalls zu 50 % von Bekannten.6 Diese Zahlen dienen lediglich der groben Orientierung.

Das Paradoxon an sexualisierter Gewalt an Kindern besteht darin, dass Kinder sich nicht selbst erklären können, was mit ihnen passiert und aus diesem Grund die Verantwortung dessen auf sich nehmen, sowie sich für das Geschehene schuldig machen.7

1.2 Folgen

Die erkennbaren Folgen einer sexualisierten Gewalttat und somit mögliche Signale für eine Institution wie die Schule sind von Kind zu Kind sehr variabel. Auffälligkeiten könnte man dennoch beispielsweise an einer drastischen Verschlechterung der schulischen Leistungen, einer extremen Gewichtsab- oder zunahme, einem auffälligen Sexualverhalten, Einnässen, Angststörungen oder auch Aggressionen erkennen.8 Diese Folgen treten nicht isoliert und ausschließlich aufgrund des sexuellen Missbrauchs auf, sondern auch durch die Verschwiegenheit des Kindes, zu welcher es durch den Täter genötigt wird. Bei Verrat wird ihnen oft mit Gewalt gedroht, was eine ungemeine zusätzliche Belastung darstellt.

Als Lehrer/-in heißt es demnach achtsam zu sein. Es gilt eine Balance zwischen dem Übersehen der Signale und einer zu schnellen Unterstellung zu finden, da beide Blickwinkel schwerwiegende Konsequenzen mit sich ziehen können.

2. Lebenswelt Schule

Die Schule ist längst keine Institution mehr, an der ausschließlich Wissen vermittelt wird. Ihr Aufgabenbereich hat sich um einiges erweitert und sie trägt eine erhebliche Verantwortung den Kindern gegenüber.9 Alleinig durch die bestehende Schulpflicht in Deutschland, verbringen Kinder einen Großteil ihrer Zeit an diesem Ort. Diesen Aspekt können Lehrer/-innen sich zunutze machen und den Kindern Zeit und Raum geben, sich nicht ausschließlich auf das Lernen der Unterrichtsinhalte zu konzentrieren und zu beschränken, sondern auch um ihnen einen Rückzugsort zu bieten, an dem ihre Grenzen respektiert werden und sie Schutzerfahrungen sammeln können. Dies ist besonders für sexuell misshandelte Kinder wichtig, damit sie das Vertrauen in ihre Umwelt nicht restlos verlieren.

2.1 Anwendungsbereich Grundschule

Wir gehen von dem oben genannten Durchschnittsalter einer sexualisierten Gewalttat an Kindern von zehn bis elf Jahren aus. Da sich Kinder in diesem Alter meist bereits am Ende der Grundschulzeit befinden, ist es wichtig, frühzeitig mit Präventionsarbeit zu beginnen, welche nicht als lästige Zusatzarbeit angesehen werden sollte, sondern als ein simultan zum Unterricht verlaufender Prozess, bei dem die Lehrperson über die gesamte Schulzeit als Vertrauensperson zur Verfügung steht. Zudem herrscht in der Grundschule meist eine vertraute Atmosphäre, in der die Kinder sich enthemmt und spielerisch dem Thema öffnen können.10 Durch den bestehenden täglichen Kontakt kann insbesondere eine Lehrkraft Veränderungen im Verhalten eines Kindes feststellen und diese als mögliche Signale registrieren.11 Somit gehört Prävention obligatorisch zu der Erziehungsaufgabe und „(…) muß als Teil der Persönlichkeitsentwicklung in den Rahmen des Gesamterziehungsauftrags der Grundschule gestellt bleiben“12.

Leider fühlt sich jedoch nicht jede Lehrperson genügend auf diese Aufgabe vorbereitet, da dies in der Berufsausbildung nicht ausreichend thematisiert wird. Um eine solche Aufgabe bewältigen zu können und sich nicht überfordert oder unsicher zu fühlen, müssen verschiedene Konzepte, Theorien und Handlungsstrategien seitens der Lehrperson erlernt werden. Dies könnte in Form einer Fortbildung geschehen, was im weiteren Verlauf dieser Hausarbeit noch genauer betrachtet wird.

[...]


1 Zit.n Honig 1992, S. 47/48

2 Zit.n. Bange/Deegener 1996, S. 96

3 Zit.n. Bründel/Hurrelmann 1994, S.24

4 Zit.n. Bange/Deegener 1996, S.105

5 Vgl. Bange 1995, S. 33

6 Vgl. ebd., S. 35

7 Vgl. Marquardt-Mau 1995, S. 21

8 Vgl. Deegener 1998, S.90 - 104

9 Vgl. § 1 Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule

10 Vgl. Derrick/Gilbert 1995, S.76

11 Vgl. Kirchhofer/Johns 1995, S.226

12 Hopf 1995, S. 25

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Prävention gegen sexualisierte Gewalt im Grundschulalter. Was kann Schule als Teil der Lebenswelt von Kindern dafür leisten?
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Autor
Jahr
2016
Seiten
20
Katalognummer
V590687
ISBN (eBook)
9783346194848
ISBN (Buch)
9783346194855
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Prävention, sexualisierte Gewalt, Schule als Teil der Lebenswelt, Grundschule
Arbeit zitieren
Annalena Zimmer (Autor:in), 2016, Prävention gegen sexualisierte Gewalt im Grundschulalter. Was kann Schule als Teil der Lebenswelt von Kindern dafür leisten?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/590687

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