Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) in den Jahren 1952 und 1957 begannen die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg den europäischen Einigungsprozeß nach dem Zweiten Weltkrieg voranzutreiben.
Doch nach der erfolgreichen Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaft sollten die Nationalstaaten immer mehr Entscheidungen an die supranationalen Organe der Europäischen Gemeinschaften abgegeben. Entscheidungen im Ministerrat sollten daher ab dem 1. Januar 1966 nicht mehr einstimmig, sondern per Mehrheitsbeschluß gefällt werden. Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle wendete jedoch diese in den Römischen Verträgen1 festgehaltene Regelung im Jahr 1965 durch den Rückzug seiner Minister aus dem Ministerrat ab. Dieser als „Politik des leeren Stuhles“ bezeichnete Boykott wirkt sich bis heute auf den europäischen Einigungsprozeß aus. Doch wie ist er in den politischen Kontext einzuordnen? Was war die Ausgangslage, aus der die „Politik des leeren Stuhles“ resultierte? Wie lief die Genese des Boykottes ab und was waren seine Auswirkungen? Welche Rolle spielte Charles de Gaulle für die „Politik des leeren Stuhles“ und welche Alternativen hätte es im Frankreich der 1960er Jahre zur Politik de Gaulles gegeben? Mit der Beantwortung dieser Leitfragen soll im Folgenden die „Politik des leeren Stuhles“ näher beleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Die Rahmenbedingungen der „Politik des leeren Stuhles“.
- Die ,,Politik des leeren Stuhles“
- Festhalten am Bewährten
- Die Entwicklung bis zur Gemeinschaftskrise
- Die gescheiterte Agrarfinanzierung als Scheingrund
- Die Entwicklung der Gemeinschaftskrise bis zum Luxemburger Kompromiẞ
- Die Auswirkungen der Gemeinschaftskrise
- Der Faktor de Gaulle
- Resümee und Ausblick.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der "Politik des leeren Stuhles", einer Phase des Boykotts des Ministerrats der Europäischen Gemeinschaften durch Frankreich im Jahr 1965. Die Arbeit analysiert die politischen Hintergründe und Ursachen des Boykotts und beleuchtet die Entwicklung der Gemeinschaftskrise bis zum Luxemburger Kompromiss. Dabei werden die verschiedenen Standpunkte der beteiligten Mitgliedsstaaten und die Rolle von Charles de Gaulle im Detail betrachtet.
- Die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften im Kontext der "Politik des leeren Stuhles".
- Die Rolle von Charles de Gaulle und seine Positionen zum europäischen Einigungsprozeß.
- Die Auswirkungen der Gemeinschaftskrise auf die weitere Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften.
- Die Auseinandersetzung um die Einstimmigkeitsregel und die Einführung von Mehrheitsentscheidungen im Ministerrat.
- Die Bedeutung des Luxemburger Kompromisses und seine Folgen für die weitere Integration Europas.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel analysiert die Rahmenbedingungen der „Politik des leeren Stuhles“ und betrachtet die historische Entwicklung der Europäischen Gemeinschaften nach dem Zweiten Weltkrieg. Das zweite Kapitel beleuchtet die Genese des Boykotts, beginnend mit der Argumentation von Maurice Couve de Murville, dem französischen Außenminister, und der politischen Divergenzen zwischen den sechs Mitgliedsstaaten.
Dieses Kapitel untersucht zudem die gescheiterte Agrarfinanzierung als Scheingrund für den Boykott und die Rolle von Charles de Gaulle in diesem Prozess. Das zweite Kapitel betrachtet außerdem die Auswirkungen der Gemeinschaftskrise und die Bedeutung des Luxemburger Kompromisses.
Schlüsselwörter
Europäische Union, Gemeinschaftskrise, Politik des leeren Stuhles, Charles de Gaulle, Mehrheitsentscheidung, Einstimmigkeitsprinzip, Luxemburger Kompromiss, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, Europäische Atomgemeinschaft, Europäische Gemeinschaften.
- Arbeit zitieren
- Dirk Wippert (Autor:in), 1999, Die Politik des leeren Stuhles, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59310