Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Begriffsdefinitionen
BCI/BCM
Invasiv I Non-lnvasiv BCI
Dependent I Independent BCI
Anwendungsgebiete
Funktionsweise
Grundlegende Funktionsweise
Signal acquisition
Feature extraction
Feature translation
Device output
Messverfahren
EEG
ECoG und iEEG
Weitere Messverfahren
Signalarten &Anwendung
Visual Evoked Potentials
P300
Slow Cortical Potentials
Limitationen
Stand, Ausblick und Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
Das menschliche Gehirn ubertrifft die Komplexitatjeden Computers bei weitem, dennoch ist es in den letzten 20 Jahren gelungen immer bessere Schnittstellen zwischen dem menschlichen Gehirn und Computern herzustellen.1
Diese Brain Computer Interfaces (BCIs) ermoglichen es dem „Trager“, uber seine Gehirnstrome, also das bloBe „Denken“ Oder „Vorstellen“ von ihm getrennte Oder mit ihm verbundene Gerate zu steuern und zu kontrollieren. Des weiteren konnen die Schnittstellen dazu dienen nicht funktionierende Sinne des Anwenders zu ersetzten bzw. teilweise wieder zu reparieren.
Dies eroffnet insbesondere im medizinischen Bereich eine Fulle von Anwendungsmoglichkeiten. Vor allem bei korperlich beeintrachtigten Personen mit Bewegungseinschrankungen sogar bei locked-in Patienten.2
Von der Kontrolle mechanischer GliedmaBen3, uber die digitaler Erzeugung von Stimmen bis hin zur Steuerung von digitalen Computersystem, sind unzahlige Applikationen denkbar und viele werden auch schon unter realen Bedingungen erprobt.
Diese Arbeit soil einen Uberblick uber die technische Arbeitsweise solcher BCI geben, sowie verschieden Typen analysieren und deren Vor- sowie Nachteile aufzeigen.
Des weiteren sollen aktuelle Anwendungen aufgezeigt und analysiertwerden und ein Ausblick auf zukunftige Anwendungsmoglichkeiten gegeben werden.
Begriffsdefinitionen
BCI I BCM
Brain Computer Interfaces auch genannt Brain Machine Interfaces (BMI) beschreiben Systeme zur Echtzeitkommunikation zwischen dem Gehirn und externen Geraten.4
Invasiv I Non-lnvasiv BCI
Man unterscheidetzwischen invasiven und nicht-invasiven BCI.
Invasive BCI mussen, urn ihre Messungen vornehmen zu konnen, in das Gehirn Oder den Schadel des Nutzers implantiertwerden - da dies unweigerlich mit einem chirurgischen Eingriffverbunden ist, besteht durch diese Art der BCIs ein groBeres Risiko fur den Nutzer.
Nicht invasive BCIs hingegen konnen diese Messungen direkt auf der Kopfhaut vornehmen.5
Dependent I Independent BCI
BCIs konnen weiterhin zwei Kategorien zugeordnetwerden, dependent und independent. Dependent bezeichnet dabei Systeme, deren Funktionsweise eine zumindest rudimentare Kontrolle bestimmter Muskeln voraus setzen. Dabei kann es sich beispielsweise urn die Augenmuskulatur handeln, die es einem ermoglicht, Objekte mit dem Auge zu fokussieren. Doch auch einfache, willentlich ausgefuhrte Muskelzuckungen konnen als Signalgeberfurein dependent BCI dienen.6
Ein prominentes Beispiel dafurwardas Kommunikations-BCI von Stephen Hawkins, welches von ihm mittels gezielten Zuckens des Wangenmuskels gesteuert werden konnte.7
Independent BCIs benotigen zur Funktion hingegen keinerlei Muskelkontrolle des Nutzers, was diese Art der BCIs (vor allem aber nicht nur) fur Personen mit schweren neuromuskularen Einschrankungen interessant macht.8
Anwendungsgebiete
Brain Computer Interfaces konnen in der Medizin den groBten Nutzen fur Patienten mit keiner Oder sehr eingeschrankter Muskelkontrolle entfalten. Dies Umfasst unter anderem Patienten mit ALS (Amyotrophe Lateralsklerose), die einen Schlaganfall erlitten, mit Muskeldystophie sowie Patienten mit Ruckenmarkserkrankungen wie zum Beispiel Querschnittslahmungen.
Dabei dienen BCIs hauptsachlich zurWiederherstellung der Umweltinteraktion in vier Bereiche:
- Der Kommunikation, z.B. uber die Bereitstellung von Bildschirmtastaturen
- Der Motorik, z.B. via Prothesensteuerung
- Der Mobilitat, z.B. durch die Steuerung eines Rollstuhls
- Umgebungskontrolle, z.B. Licht und Temperatursteuerung
Je nach schwere und Art der Einschrankung der Patienten sind unterschiedliche Anwendungsgebiete fur BCIs sinnvoll.9
Funktionsweise
Grundlegende Funktionsweise
Allen Arten von Brain Computer Interfaces liegt die selbe abstrakte Funktionsweise zu Grunde, die sich in vier Schritte aufteilen lasst:
Signal acquisition
Signal acquisition beschreibt den Schritt der Messung der neutralen Aktivitaten des Nutzers. Dabei werden in unterschiedlichen Messverfahren Gehirnaktivitaten aufgezeichnet, verstarkt und digitalisiert.10
Feature extraction
In diesem, auch als signal processing bezeichneten Schritt, werden aus den Messungen der vorhergehenden signal acquisition die gewunschten Parameter, z.B. Amplitude, Potential und/oder Phase bestimmter Frequenzbereiche extrahiert und von Messartefakten sowie Storsignalen gereinigt.11
Feature translation
Dieser Schritt umfasst die Analyse der extrahierten Parameter und deren Umwandlung in konkrete Anweisungen fur die angesteuerten Systeme. Darunter fallen Anweisungen wie die Festlegung der Cursor Position, eine Buchstabenauswahl Oder Steuerung weiterer verbundener Gerate. Hierbei ist es wichtig, dass die komplette Signalverarbeitung sich dynamisch an sich verandernde Signale anpassen kann.12
Device output
Im letzten Schritt, dem device output, werden nun die ausgewahlten Anweisungen von den angeschlossenen Systemen ausgefuhrt
Messverfahren
EEG
EEG Oder Elektroenzephalogramme werden mithilfe von Elektroden aufgezeichnet, die auf der Schadeldecke des Patienten Oder Nutzers angebracht werden. Mit ihrer Hilfe werden die elektrischen Aktivitaten des Gehirns aufgezeichnet, insbesondere Spannungs- und Potentialveranderungen.
Durch die Messung auf der Kopfhaut handelt es sich dabei urn ein nicht invasives Verfahren, weswegen es auch das am haufigsten angewandte Messverfahren in Zusammenhang mit BCIs ist.13
Durch die groBe Entfernung zwischen Signalursprung und Elektrode gibt es viele Storsignale, die in der Weiterverarbeitung wieder ausgeglichen bzw. entfernt werden mussen.14 Auch betragt die Ortsauflosung, also die Identifizierbarkeit des Herkunftsortes eines Signals mehrere Zentimeter.
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1 2013 John R.Giudicessi, BA.Michael J.Ackerman., “Clinical Applications of Brain-Computer Interfaces: Current state and Future Prospects,” Sone 23, no. 1 (2008): 1, https://doi.org/10.1038/jid.2014.371.
2 Zachary V. Freudenburg et al., “Sensorimotor ECoG Signal Features for BCI Control: A Comparison Between People With Locked-ln Syndrome and Able-Bodied Controls,” Frontiers in Neuroscience 13, no. October(2019): 2, https://doi.org/10.3389/fnins.2019.01058.
3 Alexander Remsik et al., “A Review ofthe Progression and Future Implications of Brain-Computer Interface Therapies for Restoration of Distal Upper Extremity Motor Function after Stroke,” Expert Review ofMedicalDevices 13, no. 5 (2016): 8, https://doi.org/10.1080/17434440.2016.1174572.
4 2013 John R.Giudicessi, BA.Michael J.Ackerman., “Clinical Applications of Brain-Computer Interfaces: Current State and Future Prospects,” Bone 23, no. 1 (2008): 2, https://doi.org/10.1038/jid.2014.371.
5 Eric C. Leuthardt et al., “Evolution of Brain-Computer Interfaces: Going beyond Classic Motor Physiology,” Neurosurgical Focus 27, no. 1 (2009): 3, https://doi.Org/10.3171/2009.4.FOCUS0979.
6 Dennis J. McFarland and Jonathan R. Wolpaw, “Brain-Computer Interfaces for Communication and Control,” Communications oftheACM 54, no. 5 (2011): 769, https://doi.org/10.1145/1941487.1941506.
7 Sarah Rowley and the SwiftKey Team, “Stephen Hawking’s New Communication System Revealed,” 2014, https://blog.swiftkey.com/swiftkey-reveals-role-professor-stephen-hawkings-communication- system/.
8 McFarland and Wolpaw, “Brain-Computer Interfaces for Communication and Control,” 769.
9 2013 John R.Giudicessi, BA.Michael J.Ackerman., “Clinical Applications of Brain-Computer Interfaces: Current State and Future Prospects,” Bone 23, no. 1 (2008): 7-10, https://doi.org/10.1038/jid.2014.371.
10 Eric C. Leuthardt et al., “Evolution of Brain-Computer Interfaces: Going beyond Classic Motor Physiology,” Neurosurgical Focus 27, no. 1 (2009): 3, https://doi.Org/10.3171/2009.4.FOCUS0979.
11 2013 John R.Giudicessi, BA.Michael J.Ackerman., “Clinical Applications of Brain-Computer Interfaces: Current State and Future Prospects,” Bone 23, no. 1 (2008): 5, https://doi.org/10.1038/jid.2014.371.
12 Leuthardt et al., “Evolution of Brain-Computer Interfaces: Going beyond Classic Motor Physiology,” 3.
13 Eric C. Leuthardt et al., “Evolution of Brain-Computer Interfaces: Going beyond Classic Motor Physiology,” Neurosurgical Focus 27, no. 1 (2009): 3, https://doi.Org/10.3171/2009.4.FOCUS0979; Dennis J. McFarland and Jonathan R. Wolpaw, “Brain-Computer Interfaces for Communication and Control,” Communications oftheACM 54, no. 5 (2011): 770, https://doi.org/10.1145/1941487.1941506.
14 Dennis J. McFarland and Jonathan R. Wolpaw, “Brain-Computer Interfaces for Communication and Control,” Communications oftheACM 54, no. 5 (2011): 60, https://doi.org/10.1145/1941487.1941506.