“Mehmet“ heißt die Polizeiakte des jungen Türken Muhlis A., der es bis zu seinem 14. Lebensjahr bereits auf 62 Straftaten brachte. Als Zehnjähriger begann er seine kriminelle Karriere mit Diebstahl und Körperverletzung.“ Solche oder ähnliche plakativen Meldungen in den Medien stärken in der Bevölkerung die Meinung, dass eine „Radikalisierung“ der Jugend stattfindet. Meist werden hierbei weder Ursachen, Motive, noch die Folgen differenziert betrachtet. Außerdem führt dies zu Pauschaldenken, zu Stigmatisierungen und zu Unwahrheiten in der Öffentlichkeit. All das ist kein Beitrag zu einer Problemlösung. Um aber Motive krimineller Handlungen verstehen zu können, bedarf es einer komplexen Betrachtung. Zusammenhänge aufzudecken und Ursachen zu klären ist Ziel und Aufgabe der Kriminalsoziologie, die in den letzten Jahren zunehmend Beachtung findet. Die vorliegende Diplomarbeit „Jugenddelinquenz im Zusammenhang mit Gruppenzugehörigkeit“ untersucht, ob und inwieweit die Gruppe ihre Mitglieder in ihrem Verhalten so beeinflusst, dass diese von der strafrechtlichen Norm abweichen. Am konkreten Beispiel des Ladendiebstahls, einem typischen Jugenddelikt, wird dies hier aufgezeigt.
Ziel der Arbeit ist, mögliche Einflussfaktoren, die delinquentes Verhalten von Jugendlichen begünstigen, zu untersuchen. Im Besonderen wird die peer-group der Befragten betrachtet. Es wird jedoch berücksichtigt, dass der Einfluss einer Gleichaltrigengruppe alleine nicht ausreicht, um eine umfassende Erklärung von delinquentem Verhalten zu erhalten. Infolgedessen werden weitere beeinflussende Faktoren wie z.B. subjektive Zufriedenheit mit den verfügbaren finanziellen Ressourcen herangezogen, um eine umfangreiche Untersuchung zu gewährleisten. Ist delinquentes Verhaltenes erlernt? Ist es eine Disposition? Oder ist es mit einem individuellen Nutzen für den Jugendlichen verknüpft? Weiterhin stellt sich die Frage, wie Gruppennormen bestimmt werden, und ob eine Gruppe als solche existiert oder nur einen Konstruktbegriff darstellt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsdefinitionen
- Normbegriffe soziale und strafrechtliche Norm
- Normbegriff allgemein
- Soziale Norm
- Strafrechtliche Normen
- Problematik der Normdurchsetzung
- Devianz, Delinquenz und Kriminalität - Kernbereiche und Schnittmengen
- Kernbereiche
- Schwierigkeit der Abgrenzung
- Einführung in die Kriminalsoziologie
- Theoretische Grundlagen
- Kriminalsoziologische Theorien
- Soziale Lerntheorien
- Kontrolltheorien
- Gruppentheoretische Grundlagen
- Einführung in die Gruppensoziologie
- Gruppe und Identität
- Gleichaltrigengruppe
- Gruppennormen
- Gruppendruck
- Jugenddelinquenz als Sonderform abweichenden Verhaltens
- Wesensmerkmale von Jugenddelinquenz
- Normalität und Ubiquität
- Episodenhaftigkeit
- Geschlechtsspezifische Unterschiede
- Gruppendelinquenz
- Jugendtypische Delinquenz
- Benennung wichtiger Hypothesen
- Empirische Untersuchung
- Konzeption und Forschungsziele
- Demographische Daten aller befragten Jugendlichen
- Freizeitverhalten aller befragten Jugendlichen
- Ladendiebstahl
- Demographische Daten der delinquenten Jugendlichen
- Einstellung zum Ladendiebstahl
- Sanktionserfahrungen der delinquenten Jugendlichen
- Mögliche Motive für eine Normbefolgung
- Einflussfaktoren bei delinquentem Verhalten von Jugendlichen
- Finanzielle Lage der Jugendlichen
- Zufriedenheit mit der finanziellen Lage
- Abnehmende Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Gemeinschaften
- Zunehmend freie Zeit
- Bedeutung der peer-group
- Jugenddelinquenz: Gruppendelinquenz
- Zusammenfassung und Interpretation der wichtigsten Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Jugenddelinquenz und Gruppenzugehörigkeit. Ziel ist es, das Verhalten jugendlicher Delinquenten zu analysieren und die Rolle von Gruppenprozessen und Gruppendruck in Bezug auf deliktisches Handeln zu beleuchten. Die Arbeit beleuchtet sowohl theoretische Ansätze der Kriminalsoziologie und Gruppensoziologie als auch empirische Erkenntnisse.
- Einfluss von Gruppendynamik und sozialen Normen auf Jugenddelinquenz
- Zusammenhang zwischen Gruppenzugehörigkeit und delinquentem Verhalten
- Analyse von Motivations- und Einflussfaktoren bei jugendlichem Ladendiebstahl
- Bedeutung von Sanktionserfahrungen und -erwartungen für die Normbefolgung
- Relevanz von Peer-Group und sozialer Integration im Kontext von Jugenddelinquenz
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema Jugenddelinquenz im Zusammenhang mit Gruppenzugehörigkeit ein und skizziert die Relevanz des Themas.
- Begriffsdefinitionen: In diesem Kapitel werden wichtige Begrifflichkeiten wie Norm, soziale Norm, strafrechtliche Normen und Devianz, Delinquenz und Kriminalität definiert und abgegrenzt.
- Einführung in die Kriminalsoziologie: Das Kapitel befasst sich mit theoretischen Grundlagen der Kriminalsoziologie, insbesondere mit sozialen Lerntheorien und Kontrolltheorien, die das Entstehen von delinquentem Verhalten erklären.
- Gruppentheoretische Grundlagen: Hier werden grundlegende Konzepte der Gruppensoziologie behandelt, wie beispielsweise die Bedeutung von Gruppen für die Entwicklung der Identität und das Entstehen von Gruppennormen und Gruppendruck.
- Jugenddelinquenz als Sonderform abweichenden Verhaltens: Dieses Kapitel beleuchtet spezifische Merkmale von Jugenddelinquenz, wie beispielsweise die Normalität, Episodenhaftigkeit und geschlechtsspezifische Unterschiede.
- Benennung wichtiger Hypothesen: Die Arbeit stellt die wichtigsten Hypothesen vor, die in der empirischen Untersuchung geprüft werden sollen.
- Empirische Untersuchung: Dieses Kapitel beschreibt die Methodik und Ergebnisse der empirischen Untersuchung. Es werden demographische Daten der befragten Jugendlichen, deren Freizeitverhalten und die Ergebnisse zur delinquenten Handlung, dem Ladendiebstahl, analysiert. Die Untersuchung beleuchtet auch Einflussfaktoren, wie die finanzielle Situation, die Zufriedenheit mit der finanziellen Lage und die Bedeutung der Peer-Group.
Schlüsselwörter
Jugenddelinquenz, Gruppenzugehörigkeit, Gruppendruck, soziale Normen, Kriminalsoziologie, Gruppensoziologie, Ladendiebstahl, Sanktionserfahrungen, Peer-Group, empirische Untersuchung.
- Quote paper
- Katrin Breinl (Author), 2006, Jugenddelinquenz im Zusammenhang mit Gruppenzugehörigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59364