Diokletian und die Tetrarchie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2019

18 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung
1.1 Begriffe
1.2 Methode
1.3 Forschungsstand

2 Diokletian und die Tetrarchie
2.1 Das Herrschaftssystem der Tetrarchie
2.2 Tetrarchie am Beispiel der venezianischen Tetrarchengruppe
2.3 Diokletians Tetrarchie – Neuerung oder Assimilation?

3 Fazit

4 Bibliografie
4.1 Quellen
4.2 Forschungsliteratur und Internetseiten

1 Einleitung

Im 3. Jh. herrschte eine charakteristische Instabilität bei der kaiserlichen Herrschaft. Es galt, den ununterbrochenen Usurpationen beizukommen und das Römische Reich wieder zu stabilisieren. Alexander Demandt brachte diese Krise mit einem Satz auf einen Nenner: „Die äußere Bedrängnis des Reiches war zum geringen Teil eine Folge der inneren Krise, zum größten Teil hingegen deren Ursache“.

Niemand wusste, ob der Herrschaftsantritt von Diokletian 284 ein weiteres Kapitel in der langen Geschichte von Usurpationen und Thronwechsel werden würde oder aus der Instabilität führen konnte.1 Diokletian stand vor zwei Aufgaben, er musste versuchen die außenpolitische Lage unter Kontrolle zu bringen und die innere Stabilität zu sichern. Er versuchte es mit Hilfe eines neuen Herrschaftssystems – der Tetrarchie. Dabei stellt sich aber die Frage, ob er dieses Konzept zuvor genau durchdacht hatte, oder ob ihn der Zwang der Ereignisse zur Aufteilung der Macht auf vier Kaiser dazu veranlasst hatte.

Der spätantike heidnische Historiker Aurelius Victor betont, dass die concordia (Eintracht) der Tetrarchen, verbunden mit der Anerkennung Diokletians, bemerkenswerte Phänomene in der Geschichte Roms waren. „Am meisten bewies der Zusammenhalt dieser Männer, daß Tüchtigkeit Begabung und Erfahrung in gediegenem Militärdienst […] nahezu genügt.“2 Aurelius Victor, berichtet beeinflusst von seiner eigenen Zeit und in der Rückschau eher sachlich anerkennend über Diokletian. Es muss aber erwähnt werden, dass diese Quelle erst lange nach Diokletians Tod verfasst wurde.

Mit Laktanz, einer ganz anderen Quelle, besitzen wir den Bericht eines unmittelbaren Zeitzeugens über wichtige Elemente der tetrarchischen Regierungspraxis. Diese Quelle ist allerdings auch mit Vorsicht zu handhaben, da Laktanz nicht nur ein wohlinformierter Zeitgenosse von Diokletian war, sondern als Christ auch einer seiner schärfsten Kritiker.3

1.1 Begriffe

Die Arbeit wird unter anderem Begriffe wie Augustus, Caesar, Höchstpreisedikt, Tetrarchie, Usurpation und Zäsur aufweisen.

Augustus: In der gesamten Kaiserzeit (27 v. Chr. bis 284 n. Chr.) wird der Monarch, mit dem von einem Namen zu einem Titel gewordenen Begriff, als Augustus bezeichnet.4

Caesar: Der Begriff bezeichnete in der diokletianischen Tetrarchie den unter dem Augustus rangierenden Mitkaiser, und in dem Sinn von „Unterkaiser“ begegnet er noch im Verlauf des 4. Jhs.5

Höchstpreisedikt: Ein inschriftlich überliefertes Gesetz aus dem Jahr 301, das vereinzelt auch als Maximaltarif bezeichnet wird. Ein wichtiges Zeugnis für die zivile, innenpolitische Reformtätigkeit.6

Tetrarchie: Eine auf gegenseitige Duldung beruhende Gemeinschaft vieler Herrscher, die durch große Eintracht und gemeinsame Machtausübung gekennzeichnet war.7

Usurpation: Eine Form des Herrscherwechsels, indem ein Prätendent den amtierenden Herrscher offen herausfordert und der lebende Herrscher meist durch einen Anschlag beseitigt wird.8

Zäsur: Ein Einschnitt, besonders in einer geschichtlichen Entwicklung.9

1.2 Methode

Die Erkenntnisse der Arbeit beruhen auf einer theoretischen Methode in Form von Literaturstudien. Die Thesen entstanden auf Basis vorhandener Literatur. In Folge wurde auf zum Thema relevante Monografien, Sammelbände, Zeitschriften, Interneteinträge und Datenbanken zugegriffen, um die genannten Aspekte zu belegen.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt bei der Auseinandersetzung mit der Tetrarchie von Diokletian.

Für diese Arbeit wurden sowohl Literatur- als auch Quellenstudien betrieben.

1.3 Forschungsstand

Die literarische Überlieferung zur Epoche der Tetrarchie ist nicht so reichhaltig, wie man es aufgrund ihrer rund dreißig Jahre vermuten könnte.

Laktanz überliefert um 320 in „De mortibus persecutorum“ keine Geschichtsdarstellung, sondern eher ein Werk gegen den Staatskult und seine Hauptvertreter Diokletian und Galerius.10 Laktanz, als Christ, ist naturgemäß ausgeprägt subjektiv eingestellt und antidiokletianisch. Literarische Quellen vermitteln allerdings nur die Meinungen ihrer einzelnen Verfasser.

Auch Aurelius Victor hinterlässt uns eine wertvolle Quelle dieser Zeit. Mit „De Caesaribus“ übermittelt er eine integrierte Kaisergeschichte von 30 v. Chr. bis 360 n. Chr., in der die Kaiser von Augustus bis Constantinus II. den Leitfaden für die Darstellung bilden. Aurelius Victor verfasste sein Werk zwischen 358 und 360, stützte sich seinerseits auf gute Quellen und verfügte auch über ein gesundes Urteilsvermögen.11 Es muss aber in den Blick genommen werden, dass Aurelius Victor Diokletians Erfolg und die Stabilität, die er brachte, bewusst waren und er generell die Tetrarchie positiv bewertet hat.

Die Dissertation „Der Politiker Diokletian und die letzte große Christenverfolgung“ von Klaus Stade aus dem Jahr 1926 ist zwar schon etwas veraltet, bietet aber doch einen guten Überblick. Sie stellt jedoch eher die Religionspolitik in den Vordergrund.

Das Werk, „Diocletian und die erste Tetrarchie“ von Frank Kolb hingegen von 1987 liefert einen guten Einblick in die tetrarchische Staatsordnung.

Modernere Autoren wie Wolfgang Kuhoff schreiben in seinem umfassenden Werk „Diokletian und die Epoche der Tetrarchie, Das römische Reich zwischen Krisenbewältigung und Neuaufbau“ Sichtweisen zur Frühzeit von Diokletian. Hartwig Brandt „Geschichte der römischen Kaiserzeit, von Diokletian und Konstantin bis zum Ende der konstantinischen Dynastie (284-363)“ und Alexander Demandt „Diokletian und die Tetrarchie, Aspekte einer Zeitwende“ gehen an das Thema erst ab dem Zeitpunkt der Kaisererhebung heran.

2 Diokletian und die Tetrarchie

Im Folgenden wird die diokletianische Tetrarchie beleuchtet. Mit besonderem Augenmerk darauf, ob das politische System der Tetrarchie von Diokletian als Neuerung oder nur als Anpassung an die bestehenden Verhältnisse betrachtet wurde und ob sie generell zu einer Wende in der römischen Geschichte geführt hat. Die forschungsleitende Fragestellung lautet:

Stellte Diokletians System der Tetrarchie eine durchdachte Neuerung oder eine notwendige Assimilation an die vorherrschenden Verhältnisse dar?

Zuvor wird, erklärend für diese Regierungsform, noch das Herrschaftssystem der Tetrarchie kurz erläutert, beispielhaft auch anhand der venezianischen Tetrarchengruppe.

2.1 Das Herrschaftssystem der Tetrarchie

Die Tetrarchie ist eine Herrschaftsform, welche unter Kaiser Diokletian 292 n. Chr. eingeführt worden ist und von ihr wurde das Prinzipat abgelöst. Aus dem Grund wird wohl auch oft von einer Zäsur im Römischen Reich gesprochen. Der Begriff leitet sich vom Griechischen tetrarchía ab und bedeutet „Vierherrschaft“.12 Die vier Herrscher teilten sich die Macht im römischen Reich unter sich auf, zwei davon waren Augusti, also Seniorkaiser und die anderen beiden Caesaren, Juniorkaiser. Die Augusti, Diokletian und Maximian, waren den Caesaren, Galerius und Constantin übergeordnet, und diese stellten die Nachfolger der Augusti dar.13 „Die vier Kaiser bildeten theoretisch ein Kollegium: Die Gesetze wurden in aller vier Namen erlassen. In der Praxis hatten die Herrscher jeweils die Verantwortung für einen Herrschaftsbereich.“14 Diese Form des Kaisertums wurde zusätzlich durch eine sakrale Komponente erhöht, indem sich Diokletian als Iovius, Abkömmling des Jupiter und Maximian als Herculius, also als Abkömmling von Hercules präsentierten. Diokletian sah sich zeitlebens als Schützling Jupiters.15 Jedoch wurde die Vorrangstellung von Diokletian nie in Frage gestellt, auch wenn die beiden Augusti, Diokletian und Maximian verfassungsrechtlich gleichgestellt waren.16

Die beiden Caesaren wurden von den Augusti adoptiert und zu ihren Thronfolgern: „Ein stillschweigender Rückgriff auf die Zeit des „Adoptivkaisertums […]“. 17 So konnte die Gefahr der Usurpation abgewendet werden, welche die Krise des 3. Jh. stark geprägt hatte. Durch diese Form der Regierung erhoffte man sich wieder Beständigkeit und Stabilität.

Hatte Diokletian erwartet, dass sein tetrarchisches System relativ lange Zeit funktionieren würde? Auch heutige Politiker versuchen ihre Ideen und Ideale den Menschen zu vermitteln, ebenso wird es Diokletian versucht haben. Gerade Neuerungen müssen den Bürgern und Bürgerinnen mit Nachdruck vermittelt werden. Auf jeden Fall stand ein relativ breites Instrumentarium antiker Medien zur Vermittlung zur Verfügung: Münzen, Inschriften, Siegel, Monumente. Und all diese trugen zur Idealisierung der Tetrarchie bei und auch das Vierkaiserrelief von Venedig hat wohl diese Funktion erfüllt.

2.2 Tetrarchie am Beispiel der venezianischen Tetrarchengruppe

Um die Charakteristika der Tetrarchie besser zu verstehen, lässt sich auch ein Denkmal heranziehen. Das heißt, das Konzept hinter der Idee der Tetrarchie kann man ebenfalls deutlich anhand der venezianischen Tetrarchengruppe erkennen. Charakterisierungen wie die Eintracht und die Harmonie der Tetrarchen rufen unvermeidlich die Statuen der Tetrarchen von San Marco in Venedig in Erinnerung, welche die vier Herrscher jeglicher Individualität entkleidet, in einer Harmonie kaiserlicher Herrschaft darstellen und so die unübertreffliche concordia symbolisieren.18 Eine Gruppe von vier Herrscherpersönlichkeiten an der Südfassade der Markuskirche, welche 1204 in der Folge der Eroberung Konstantinopels in die Lagunenstadt gebracht wurde. Es handelt sich um zwei Porphyrplatten mit vier Reliefdarstellungen, in denen die vier kaiserlichen Personen gesehen werden.19 Die Viereinigkeit der Kaiser in einer Figurengruppe könnte ein Symbol für Stärke, Zusammenhalt und Macht bedeuten und auf diesem Weg ausgedrückt werden. Das Konzept der Tetrarchie kann gut erkannt werden: Eintracht der Herrscher, ihre Ähnlichkeit und die Überhöhung der Machthaber. Es kann davon ausgegangen werden, dass durch eine Vielzahl von antiken Medien wie Münzen, Inschriften oder eben Denkmäler zur Vermittlung der Idee hinter der Tetrarchie beigetragen wurde.

[...]


1 Vgl. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. 19.

2 Aurelius Victor, Die römischen Kaiser. 119.

3 Vgl. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. 86.

4 Vgl. Kuhoff, Diokletian und die Epoche der Tetrarchie. 6.

5 Vgl. Brandt, Geschichte der römischen Kaiserzeit. 202.

6 Vgl. Kuhoff, Diokletian und die Epoche der Tetrarchie. 14.

7 Vgl. Kolb, Diocletian und die erste Tetrarchie. 1.

8 Vgl. Der Neue Pauly, Usurpation, online unter: <https://referenceworks.brillonline.com/browse/der-neue-pauly/alphaRange/Uo%20-%20Uu/U?s.start=40> (19.11.2019).

9 Vgl. Duden, Zäsur, online unter: <https://www.duden.de/rechtschreibung/Zaesur> (19.11.2019).

10 Vgl. Kuhoff, Diokletian und die Epoche der Tetrarchie. 9.

11 Vgl. Bellen, Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian. 296-297.

12 Vgl. Duden, Tetrarchie, online unter: <https://www.duden.de/rechtschreibung/Tetrarchie> (26.10.2019).

13 Vgl. Bringmann, Römische Geschichte. 96.

14 Krause, Die Spätantike (284-565 n. Chr.). In: Gehrke, Schneider (Hg.), Geschichte der Antike. 429-500, hier 431.

15 Vgl. Pfister, Der Untergang der antiken Welt. 211.

16 Vgl. Krause, Die Spätantike (284-565 n. Chr.). In: Gehrke, Schneider (Hg.), Geschichte der Antike. 429-500, hier 431.

17 Kuhoff, Diokletian und die Epoche der Tetrarchie. 128.

18 Vgl. Kolb, Diocletian und die erste Tetrarchie. 1.

19 Vgl. Die Tetrarchengruppe, L´Enigma dei Tetrarchie – Das Rätsel der Tetrarchen, 28.10.2010 Venedig. In: H-Soz-Kult, 10.10.2010, online unter: <https://www.hsozkult.de/event/id/termine-14832> (26.10.2019).

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Diokletian und die Tetrarchie
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Geschichte)
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2019
Seiten
18
Katalognummer
V593991
ISBN (eBook)
9783346195340
ISBN (Buch)
9783346195357
Sprache
Deutsch
Schlagworte
diokletian, tetrarchie
Arbeit zitieren
Verena Schneider (Autor:in), 2019, Diokletian und die Tetrarchie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/593991

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