Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den Beiträgen der freien Gewerkschaft ‚Reichssektion Gesundheitswesen im Verband- der Gemeinde- und Staatsarbeiter’ zur Verberuflichung und beginnenden Professionalisierung der Pflege in Deutschland im Zeitraum der Weimarer Republik zwischen 1918 und 1933. Die Beurteilung der Gewerkschaftsarbeit und der Entwicklung der Pflege geschieht unter Rückgriff auf die gesellschaftlichen und politischen Umwälzungsprozesse der historischen Epoche sowie auf die gesetzliche und gesellschaftliche Ausgangslage zum Ende des Kaiserreiches im Jahr 1918.
Die Reichssektion entwickelte sich nach 1918 zur mitgliederstärksten Organisation im Gesundheitswesen, in der männliche Pflegekräfte überproportional vertreten waren. Die Erfolge der Gewerkschaftsarbeit lagen insbesondere im Bereich der Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Erwerbs- und Versorgungschancen, was ein wichtiger Indikator für eine Verberuflichung der Pflege ist. Eine Verwissenschaftlichung und Akademisierung der Pflege konnte und wollte die Gewerkschaft nicht verwirklichen. Die bestehenden Ansätze einer beruflichen Selbstverwaltung durch die Oberinnen wurden vehement abgelehnt und bekämpft, was eine Tendenz zur Deprofessionalisierung darstellt. Insgesamt sind gegenläufige Tendenzen der Professionalisierung und der Deprofessionalisierung feststellbar. Die Gewerkschaft sah sich nicht als Berufsorganisation der Pflege, sondern als Betriebsorganisation für alle im Gesundheitswesen beschäftigten Arbeitnehmer. Auch aus diesem Grund konnte sie eine Professionalisierung der Pflege trotz belegbarer Ansätze nicht vollenden.
Das hauptsächliche Hemmnis einer Professionalisierung der Pflege zwischen 1918 und 1933 war die Zersplitterung der Pflege und die Uneinigkeit ihrer Interessensvertreter. Die Ursachen für diese Unvereinbarkeit der Positionen zwischen der Ordenspflege, den freien bürgerlichen Schwestern und den gewerkschaftlich organisierten Pflegenden liegen in den gesellschaftlichen Traditionen des 19. Jahrhunderts begründet. Die junge Weimarer Republik vermochte die Abgrenzung zwischen den gesellschaftlichen Klassen des Kaiserreiches nicht aufzulösen. In der Pflege entstand eine Mischung aus Klassen- und Geschlechterkampf. Die Berufsethik und die berufliche Anerkennung standen im Spannungsverhältnis zwischen christlich geprägter Aufopferungsbereitschaft und einer professionellen am Gemeinwohl orientierten Berufsethik.
Inhaltsverzeichnis
- ABSTRACT
- EINLEITUNG
- RELEVANZ DES THEMAS FÜR DIE AUSBILDUNG VON PFLEGEKRÄFTEN IN DER HEUTIGEN ZEIT
- METHODISCHES VORGEHEN
- BEGRÜNDUNGSZUSAMMENHANG VON PROFESSIONALISIERUNG UND VERBERUFLICHUNG
- PROFESSIONALISIERUNG
- VERBERUFLICHUNG
- BEURTEILUNGSKRITERIEN FÜR VerberUFLICHUNG UND PROFESSIONALISIERUNG DER PFLEGE ZWISCHEN 1918 UND 1933
- ZEITHISTORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN
- DER VERBAND DER GEMEINDE- UND STAATSARBEITER (VGS)
- ENTWICKLUNG DER, REICHSSEKTION GESUNDHEITSWESEN' VOR 1918
- Entwicklung der Mitgliederzahl
- Geschlechterverteilung und verschiedene Berufe
- RECHTLICHE ASPEKTE ZUM ENDE DES KAISERREICHES 1918
- Gesinde-Ordnung
- Sozialversicherungsgesetze
- Regelung der Pflegeausbildung
- RELEVANTE GESCHICHTSASPEKTE 1918 – 1933
- Revolution und Ausrufung der Republik
- Die Phase der inneren Unruhen 1918-1920
- Die Phase der Konsolidierung 1920 – 1930
- Das Ende der Weimarer Republik
- Föderalismus
- Das Verhältnis der freien Gewerkschaften zur Republik
- Wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die Pflegenden
- ENTWICKLUNG DER REICHSSEKTION ZWISCHEN 1918 UND 1933
- MITGLIEDERZAHL
- UMBENENNUNG UND ORGANISATIONSENTWICKLUNG
- ZUSAMMENSETZUNG NACH BERUFSGRUPPEN
- GESCHLECHTERVERTEILUNG
- ARBEITSSCHWERPUNKTE DER REICHSSEKTION GESUNDHEITSWESEN ZUR VERBERUFLICHUNG UND PROFESSIONALISIERUNG DER PFLEGE
- AUS-FORT- UND WEITERBILDUNG
- Forderungen nach einer einheitlichen und obligatorischen Berufsausbildung
- Unterstützung der Fort- und Weiterbildung
- Verhalten angesichts der zunehmenden Spezialisierung der Gesundheitsberufe
- VERSORGUNGS- UND ERWERBSCHANCEN
- Abschluss von Tarifverträgen
- Forderungen nach einer gesetzlich geregelten Arbeitszeit
- Soziale Absicherung der Pflegenden
- SPEZIELLE FÄHIGKEITEN, FERTIGKEITEN UND BERUFLICHES FACHWISSEN
- BERUFLICHE IDENTITÄT
- GESETZLICHE ZERTIFIZIERUNG
- PFLEGEETHISCHE SICHTWEISE UND SOZIALE DIENSTORIENTIERUNG
- BERUFSPOLITISCHE VERTRETUNG
- BERUFSPRESTIGE
- VORLÄUFIGES FAZIT
- KONKURRIERENDE VERBÄNDE
- DIE BERUFSORGANISATION DER KRANKENPFLEGERINNEN DEUTSCHLANDS (BOKD)
- DER DEUTSCHE VERBAND FÜR DIE BERUFLICHE KRANKEN- UND WOHLFAHRTSPFLEGE (DVBKW)
- KONFESSIONELLE SCHWESTERNVERBÄNDE
- AUSBLICK AUF EINE PFLEGEDIDAKTISCHE UMSETZUNG
- LITERATURVERZEICHNIS
- ANHANG
- ANHANG 1 - PROGRAMM DER SEKTION VON 1904
- ANHANG 2- ÜBERSICHTSKARTE DER LÄNDER DES DEUTSCHEN REICHES IM JAHR 1925
- ANHANG 3 - GRÖßE UND EINWOHNERZAHL DER LÄNDER IM DEUTSCHEN REICH 1933
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Geschichte der Reichssektion Gesundheitswesen im Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter und deren Beitrag zur Professionalisierung der Pflege zwischen 1918 und 1933. Die Arbeit analysiert die Entwicklung der Sektion im Kontext der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen der Weimarer Republik, untersucht die Bemühungen der Reichssektion zur Verberuflichung und Professionalisierung der Pflege und beleuchtet die Rolle der Sektion in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften sowie in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen und des Berufsprestiges der Pflege.
- Die Entwicklung der Reichssektion Gesundheitswesen im Kontext der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen der Weimarer Republik
- Die Bemühungen der Reichssektion zur Verberuflichung und Professionalisierung der Pflege
- Die Rolle der Sektion in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften
- Die Gestaltung der Arbeitsbedingungen und des Berufsprestiges der Pflege durch die Reichssektion
- Der Vergleich der Arbeit der Reichssektion mit konkurrierenden Verbänden
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Das Kapitel stellt die Relevanz des Themas für die Ausbildung von Pflegekräften in der heutigen Zeit dar und erläutert das methodische Vorgehen der Arbeit.
- Kapitel 2: Begründungszusammenhang von Professionalisierung und Verberuflichung: Dieses Kapitel definiert die Begriffe „Professionalisierung“ und „Verberuflichung“ und erläutert die Kriterien, die für die Beurteilung der Verberuflichung und Professionalisierung der Pflege zwischen 1918 und 1933 relevant sind.
- Kapitel 3: Zeithistorische Rahmenbedingungen: Das Kapitel beleuchtet den historischen Kontext der Weimarer Republik und beschreibt die Entwicklung des Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter (VGS) sowie die Entwicklung der Reichssektion Gesundheitswesen vor 1918. Außerdem werden die rechtlichen Rahmenbedingungen und die relevanten geschichtlichen Aspekte zwischen 1918 und 1933 beleuchtet.
- Kapitel 4: Entwicklung der Reichssektion zwischen 1918 und 1933: Das Kapitel analysiert die Entwicklung der Mitgliederzahl, die Umbenennung und Organisationsentwicklung der Reichssektion sowie die Zusammensetzung nach Berufsgruppen und die Geschlechterverteilung.
- Kapitel 5: Arbeitsschwerpunkte der Reichssektion Gesundheitswesen zur Verberuflichung und Professionalisierung der Pflege: Dieses Kapitel betrachtet die Arbeitsschwerpunkte der Reichssektion in den Bereichen Aus-, Fort- und Weiterbildung, Versorgungs- und Erwerbschancen, spezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten, berufliche Identität, gesetzliche Zertifizierung, plegeethische Sichtweise, berufspolitsche Vertretung und Berufsprestige.
- Kapitel 6: Konkurrierende Verbände: Das Kapitel stellt die wichtigsten konkurrierenden Verbände der Reichssektion Gesundheitswesen vor, darunter die Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands (BOKD), der Deutsche Verband für die berufliche Kranken- und Wohlfahrtspflege (DVBKW) und konfessionelle Schwesternverbände.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Professionalisierung und Verberuflichung der Pflege in Deutschland zwischen 1918 und 1933, wobei die Reichssektion Gesundheitswesen im Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter im Mittelpunkt steht. Schlüsselbegriffe sind dabei: Berufsausbildung, Fort- und Weiterbildung, Arbeitsbedingungen, Tarifverträge, Sozialversicherung, Berufsprestige, Berufspolitsche Vertretung und die Entwicklung der Pflege im Kontext der Weimarer Republik.
- Arbeit zitieren
- Dipl. Berufspädagoge (FH) Christian Ley (Autor:in), 2006, Beiträge der Reichssektion Gesundheitswesen im Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter zur Professionalisierung der Pflege zwischen 1918 und 1933, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59402