Theorie der sozialen Identität


Hausarbeit, 1993

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


I N H A L T

Teil 1

Die Theorie der sozialen Identität(Darstellung)

Einleitende Bemerkungen

Traditionelle Ansätze

Handeln und soziale Situation

Soziale vergleiche und Selbstkonzept

Kognitive Grundlagen

Motivationale Grundlagen

Aufwertung des Selbstkonzeptes

Teil 2

Accentuation of information in real competing groups

Children’s early Preferences for other Nations and their subsequent Acquisition of Knowledge about those Nations

Persönliche Anmerkungen

Literatur

TEIL 1

Die Theorie der sozialen Identität (Darstellung)

Einleitende Bemerkungen. Jeder Mensch ist von seiner Ein­zigartigkeit überzeugt und versucht dies durch Abgrenzung von anderen Personen zu bewahren. Zwar existieren durch Statisti­ken entwickelte Sollwerte, die vorschreiben, wann und wie man zu funktionieren habe, um im Bereich des "Normalen" zu liegen. Manche Eltern stellen sich deshalb die bange Frage, ob sich ihr Nachwuchs richtig entwickelt, wenn das hypothetische Alter mit dem ein Baby eben sprechen oder laufen lernt, ohne Erfolg überschritten wird. Dennoch besteht eine enorme Varia­tionsbreite im Verhalten unterschiedlicher Individuen in ihrer Reaktion in offensichtlich gleichen Situationen. Auf der anderen Seite agieren Menschen, die sich in Gruppen zusammen­schließen mit ganz anderen Verhaltensweisen, die sie als Ein­zelperson nie an den Tag legen würden. Zum Verständnis genügt ein Blick auf ein Fußballspiel. Hier kann es im Laufe des Wettkampfes zu einer recht hitzigen Atmosphäre zwischen den Fans der rivalisierenden Vereine kommen. In dieser Lage han­deln die Individuen nicht mehr als Einzelne sondern als Gruppenangehörige. Zu beobachten sind Ausschreitungen, die schlimmste Ausmaße annehmen, ja sogar Menschenleben kosten können. Da nicht persönliche Feindschaft der Auslöser von solcher Aggressivität sein kann, muß die Beziehung zwischen den Gruppen die soziale Interaktion beeinflussen. Man spricht von einer Deindividuation. In diesem Zustand werden soziale Regeln vergessen. Selbst das sonst so wichtige gute Ansehen in den Augen anderer gerät in Vergessenheit - um die Kon_ sequenz, die auf das Handeln folgt, wird sich nicht gekümmert. Hemmungen werden reduziert und impulsives Verhalten, wie dies alles anscheinend durch die Anonymität, die durch die Gruppe gewährleistet wird.

Traditionelle Ansätze. Im Laufe der Zeit sind viele Theorien entstanden, die das Verhalten von Menschenmassen mit den gleichen Konzepten wie das individuelle erklären wollten. Sigmund Freud und Konrad Lorenz, beides Vertreter der In­stinkt-Theorie, beschreiben Aggression als unvermeidliche Verhaltensweise.

Nach Ansicht Freuds existieren im Menschen zwei konkur­rierende Triebe: der Lebenstrieb (Eros) und der Todestrieb (Thanatos). Während Eros der Fortpflanzung dient und somit das überleben sichert, zielt Thanatos auf Selbstzerstörung hin. Um dies zu verhindern, muß die im Körper erzeugte destruktive Energie nach außen gerichtet werden. Die sich so entladenen aggressiven Handlungen dienen zur Spannungsreduzierung. Der Aufbau der Spannungen beginnt nach der Entladung von neuem. Der Energieabbau muß jedoch nicht zwangsläufig in destruktiver Weise erfolgen. Er geschieht ebenso beispielsweise durch bissigen Humor oder in der Phantasie.

Lorenz postuliert ebenfalls Aggression als angeboren. über­tragen aus der Ethologie besteht sie aus einer spontanen Kampfbereitschaft, die das überleben des Organismus sichert. Jedem Individuum ist ein aggressionsspezifisches Potential eigen, das sich stetig aufläd, wozu er die Metapher des Dampfkessels wählt. Das unumgängliche Auftreten von Gewalt, wie die Entladung dieses Dampfkessels, ist nicht zu verhin­dern. Um aber unkontrollierte Ausbrüche von Aggression zu vermeiden, empfiehlt er die kontinuierliche Abfuhr kleinerer Energiemengen durch sozial akzeptable Formen. Als Beispiel wäre die Teilnahme an Sportwettbewerben zu nennen.

Als Nachteil dieser beiden vorgestellten Theorien ist das Problem der empirischen Überprüfbarkeit zu nennen. Es lassen Handlung unterbrochen wird. Die Frustrations-Aggressions-Hy- pothese beinhaltet das Konzept der Aggressionsverschiebung, d. h. die Aggression muß sich nicht gegen den Urheber der Frustration richten. In späteren Versionen der Annahme wurde die Frustration nur noch als Anreiz zur Aggression aufgefaßt. Zum wirklichen Ablauf dieser Reaktion bedarf es noch weiterer Voraussetzungen. Berkowitz (1965) nannte diese Bedingung in seinem Ansatz aggressiver Hinweisreiz, die innere Bereit­schaft für aggressives Verhalten nach einem Zustand emotiona­ler Erregung, sprich Ärger.

Um das Gruppenverhalten beschreiben zu können und den vorgestellten Theorien gerecht zu werden, müßten sich viele Individuen zur gleichen Zeit im gleichen erregten Span­nungszustand befinden und eine gemeinsame Situation gleich wahrnehmen und beurteilen. Die Tatsache, daß sich menschli­ches Verhalten individuell qualitativ unterschiedlich zeigt, in Gruppensituationen unter denselben Bedingungen jedoch uniformer, veranlaßten Forscher Gruppenvorgänge isoliert und die Übertragung der persönlichkeitspsychologischen Konstrukte zu unterlassen.

Handeln und soziale Situation. Hiervon inspiriert, entwickelte Henri Tajfei seine Theorie der sozialen Identität (SIT). In diesem Ansatz steht nicht das Individuum als Akteur im Vordergrund, sondern der Einfluß des sozialen Kontextes auf das soziale Verhalten. Sozialer Kontext beschreibt die Existenz von vielen unterscheidbaren Gruppen (Kategorien) und deren Beziehung zueinander. Indem er ihn als Determinante des Verhaltens einrührt, überwindet er die gerade erwähnte Pro­blematik. Von nun an ist individuelles Verhalten eindeutig durch den sozialen Kontext bestimmt. Um aber tautologische Aussagen zu vermeiden, muß Tajfel neben der sozialen Situation auch das Verhaltensspektrum präzisieren. Erst dann sind praktisch bedeutsame Aussagen der Form möglich. Tajfel löst den soeben geforderten Anspruch durch Postulierung eines Kon­tinuums, auf dem menschliches Verhalten zwischen den Polen "rein personelles-" und "rein gruppales Verhalten" variiert, ein. Um nun ein bestimmtes Handeln darauf lokalisieren zu können, nennt Tajtel vier Faktoren:

1. Eindeutigkeit des Verhaltens: Gruppenverhalten wird ge­zeigt bei eindeutig abgegrenzter Kategorisierung in Eigen-und Fremdgruppe, z. B. Neger und Weiße, Mann und Frau. Ka­tegorisieren bedeutet seine Umwelt zu strukturieren und zu systematisieren, um sich so eine soziale Realität zu schaffen. Je unwichtiger oder undeutlicher die Unterschiede zwischen den Kategorien sind, desto mehr tendiert das Verhalten in Richtung interpersonal, wie die Unterhaltung zweier Freunde.

2. Variables oder uniformes Verhalten: Treten Menschen als Individuen auf, so zeigt sich diverses Verhalten infolge der individuellen Unterschiede. Das Verhalten in Gruppen kann als uniform, d. h. gleichförmiger bezeichnet werden.

3. Vorhersagbarkeit des Verhaltens: Die Verhaltensweisen va­riieren wenn wir als Individuen mit uns bekannten Personen umgehen. Im Gegensatz dazu erscheint der Umgang mit anderen Gruppenmitgliedern als stereotypisiert. Die Mitglieder der Fremdgruppe werden undifferenziert wahrgenommen, deren indi­viduelle Eigenschatten werden übersehen (abnehmende Urteils­und Verhaltensvariablen).

4. Soziale Mobilität versus soziale Veränderung: Unter so­zialer Mobilität versteht man das Vermögen leicht zwischen Gruppen wechseln zu können. Soziale Veränderung bezeichnet die Schwierigkeit seine eigene Gruppe verlassen zu können. Manchmal läßt sich die Zuordnung zum einen oder anderen Extrem nicht eindeutig durchführen. Das Kontinuum bietet aber in jedem Falle eine Erleichterung im Aufstellen von Theorien des Intergruppenverhaltens. Hier ist das Augenmerk auf die Variablen zu richten, die mit sozialen Beziehungen von Menschen als Gruppenmitglieder und nicht als Individuen einhergehen. Wie kommt es nun zur Unterscheidung zwischen Ei­gen- und Fremdgruppe? Zur Darstellung der dazu notwendigen Merkmalen wurden zahlreiche Ansätze entwickelt. Die wohl am bekanntesten ist die Theorie des sozialen Gruppenkonfliktes von Muzafer Sherif (1956). Er führte eine Reihe Feldexperimente mit Jungen von Ferienlagern durch, die er in der ersten Phase in zwei Gruppen einteilte. Nach kurzer Zeit entwickelte sich innerhalb beider Gruppen eine stabile Struktur. Phase 2 bestand darin, die Kinder der Gruppen bei Wettspielen zu beobachten. Interessant ist die Zunahme von Feindseligkeiten im Intergruppenverhalten. In der dritten Phase wurden die Jungen vor eine Aufgabe gestellt, die sie nur gemeinsam, d. h. beide Gruppen zusammen, bewältigen konnten. Durch dieses übergeordnete Ziel reduzierte sich die wechselseitige Diskri­minierung. Sherif schloß aus diesen Tatsachen, daß Gruppen in Bezug eines zu erreichenden Ziels wechselseitig in Abhängigkeit geraten. Kann eine Aufgabe nur gemeinsam bewältigt wer-den, führt dies zu positiver Abhängigkeit, eine Wettbewerbssituation zu negativer Abhängigkeit. Während es bei ersteren zu kooperativem Interaktionen und zu freundlichen, zusammenführenden Einstellungen zwischen den Gruppen kommt, veranlaßt die negativer Interdependenz konkurrierendes, feindseliges Verhalten.

Leider fehlte bei den Experimenten die Kontrollgruppe, und so mußte sich Sherif die Anzweiflung seiner Annahme gefallen lassen, daß durch die Bedingung eines Interessenkonfliktes eine Outgroup-Diskriminierung entsteht. Bei späteren Untersu­chungen stieß unter anderen Tajfel auf die sogenannte minimal hinreichenden Bedingungen für die Ingroup-Favourisierung und Outgroup-Diskriminierung. Das "minimal group paradigm” beruht einzig und allein auf eine reine Kategorisierung in zwei so­ziale Gruppen. Konflikte und Wettbewerbsituation verstärken lediglich diese Kategorisierung und somit die Gruppenunter­schiede. Dieses Orientierungssystem, durch das sich der Mensch seinen Platz in der Gesellschaft abgrenzt, spielt in der sozialen Identitäts-Theorie eine zentrale Rolle.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Theorie der sozialen Identität
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Psychologisches Institut )
Veranstaltung
Seminararbeit zum Seminar "Vorurteile und Stereotypen"
Note
2,0
Autor
Jahr
1993
Seiten
18
Katalognummer
V59511
ISBN (eBook)
9783638534260
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Theorie, Identität, Seminararbeit, Seminar, Vorurteile, Stereotypen
Arbeit zitieren
Werner Müller (Autor:in), 1993, Theorie der sozialen Identität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59511

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