Die Geistlichenkritik in "Reinhart Fuchs"


Seminararbeit, 2004

17 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis :

1. Einleitung

2. Über Heinrich (den Glîchezaren ?)

3. Die Wölfe stehlen den Wein (V. 504-536)

4. Die Bruderschaft (V.635-775)

5. Die Brunnenepisode (V. 823-1023)

6. Der Marnerspruch ( nach Vers 562) und Brun rät zum Schwur auf des Rüden Zahn (V.1121- 1150)

7. Der ameiz im Ohr Vrewels (V. 1306-1320)

8. Das heilige Hühnchen (V. 1458-1510)

9. Pfaffe oder Bauer? (V. 1661-1732)

10. Reinhart bittet um die Unterstützung Gottes (V. 1831-1834)

11. Ist den Leuten Geld wichtiger als Gott ?(V. 2067-2074)

12. Das Kamel von Thuschalan (V.2120-2156)

13. Der Gifttod Vrewels (V. 2165-2248)

14. Brun der Bär als Kaplan

15. Schlußfolgerung

16. Literaturverzeichni

1. Einleitung

In dieser Hausarbeit will ich untersuchen, wie die Geistlichkeit im “Reinhart Fuchs“ kritisiert wird. Dabei will ich mich aber nicht darauf beschränken zu analysieren, wie die Geistlichen beschrieben werden, sondern interessiere mich auch dafür, wie Heinrich das Verhältnis der Menschen zu Religion und Glauben sieht, d.h. es gilt auch herauszufinden, wie er die Einstellung seiner Mitmenschen zu religiösen Fragen einschätzt und herabsetzt.

Interessant ist auch die Frage, wie sich die einzelnen Textzeugen in den Passagen in denen die Geistlichkeit herabgesetzt wird, verhalten, ob die verschiedenen Bearbeiter die Kritik z.B. mildern oder sie nicht verstehen. Deshalb werde ich an entscheidenden Stellen die verschiedenen Handschriften vergleichen. Dies ist notwendig da der Originaltext des „Reinhart Fuchs“ nicht vorliegt. Da es in der Forschung eine allgemein anerkannte Tatsache ist, daß Heinrich in mehreren Textabschnitten eine antigeistliche Haltung verrät, daß er die Mönche sowie den Heiligsprechungenkult kritisiert, will ich in der Hausarbeit die einzelnen Stellen im „Reinhart Fuchs“, in denen man eine Kritik an den Geistlichen vermuten kann nochmals untersuchen, und versuchen die Kritikpunkte aufzudecken. Hierbei werde ich, soweit es möglich ist, chronologisch vorgehen.

2. Über Heinrich (den Glîchezaren ?)

Zuerst bietet es sich an, zu rekapitulieren, was die Forschung über Heinrich in Bezug auf seine geistliche (oder anti-geistliche) Haltung herausgefunden hat. So sind sich die Forscher mehr oder wenig einig, daß Heinrich im „Reinhart Fuchs“ die Politik der Staufer, gesellschaftliche Strukturen, aber auch mehr als einmal die Kirche, kritisiert. Und doch geht man davon aus, daß Heinrich ein Kleriker war, der vielleicht dem niederen Adel zuzurechnen war. Er hat sehr gute Kenntnisse der Bibel und kennt sich in der Welt der Geistlichen gut aus. Die Frage, warum ein Geistlicher die Kirche so offensichtlich kritisiert, und ob diese Kritik vielleicht auf persönliche Enttäuschung zurückzuführen ist, bleibt offen. Man kann aber mit Sicherheit sagen, daß Heinrich sehr gebildet war und gut über aktuelle Begebenheiten und Mißstände seiner Zeit Bescheid wußte. So kann er verschlüsselt auf gesellschaftliche Mißstände hinweisen (vgl. Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. (1936), S.273-274).

3. Die Wölfe stehlen den Wein der Mönche (V. 504-536)

Das erste Mal, daß uns im „Reinhart Fuchs“ Mönche begegnen, ist, als Isengrin und seine Familie auf den Mönchshof einbrechen und dort den Wein der Mönche trinken. Reinhart hat die Wölfe zu den Mönchen gelockt, in der Hoffnung, daß diese sie verprügeln, da er wütend ist, von den Wölfen keinen Schinken übrig gelassen bekommen zu haben. Als die Wolfsfamilie nun betrunken ist und laut singt, kommen sechs Mönche mit ihren Knüppeln in den Keller und prügeln brutal auf die Wölfe ein. Bei dieser ersten Begegnung mit den Mönchen werden diese gleich so dargestellt wie die Menschen im allgemeinen im „Reinhart Fuchs“: skrupellos und brutal. Heinrich zeichnet bereits hier ein nicht sehr schmeichelhaftes Bild der Mönche.

4. Die Bruderschaft zwischen Reinhart und Isengrin (V.635-775)

Das zweite Mal, daß die Geistlichkeit ganz offensichtlich im „Reinhart Fuchs“ kritisiert wird, ist, als Reinhart die Rache Isengrins fürchtet, weil er diesen verstümmelt hat (Isengrin beklagt später den Verlust seines zagels) und seine Frau verführt hat. Daraufhin zieht er sich in seinen Bau zurück und gibt sich als Mönch aus. Bald kommt Isengrin, vom Duft gebratener Aale angelockt, vorbei und bittet, vom Hunger geplagt, um Aufnahme in die Bruderschaft. Reinhart verspricht ihm, daß er Küchenchef wird. Zuvor muß er aber seinen Kopf durch die Tür stecken. Der listige Reinhart will seinen neuen Bruder gleich wieder bestrafen und schüttet ihm glühendes Wasser über den Kopf. So trägt Isengrin die Zeichen des Mönchtums: er hat durch die Verbrühung seiner Kopfhaut eine Tonsur erhalten und ist beschnitten (zagel verlust).

Heinrich prangert dank dieser Episode die Mißstände in den Zisterzienserorden an. Er läßt an der Zielscheibe seiner Kritik keinen Zweifel und nennt in den Versen 706 und 716 den Gründungsorden der Zisterzienser in Cîteaux. Eine Erklärung für diese Kritik kann sein, daß die Staufer diesen Orden unterstützt haben, und da der „Reinhart Fuchs“ allgemein als antistaufisches Werk bezeichnet wird, ist es einleuchtend, daß die Zisterzienser nicht gut darin wegkommen. Um die Kritikpunkte Heinrichs aufzudecken, ist es nützlich, kurz zu beschreiben, wie Zisterziensermönche zu leben hatten. Die Zisterzienserorden gehen Ende des elften Jahrhunderts aus der Reformbewegung der katholischen Kirche hervor. Die Mönche sollen die Benediktusregel, „ora et labora“, welche 540 n. Chr. von Benedikt von Nursia verfaßt wurde, strikt befolgen.

So mußten die Mönche z.B. eine Schweigepflicht einhalten, sie mußten in echter Armut leben, enthaltsam und gehorsam sein, durften nicht jagen, und sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, ihren Mitmenschen zu helfen. Jegliche Art von Besitz war verpönt. Durch Askese, harte Arbeit und Chorgebete wollten die Mönche sich den Himmel verdienen. Die Mönche betrieben Handarbeit und mußten ganz einfache Kleidung tragen, Pelz zu tragen war nicht erlaubt. Die Zisterzienser lebten fast komplett von der Außenwelt abgeschirmt, einzig der Pförtner, meist ein erfahrener älterer Mönch, kümmerte sich um die vorbeiziehenden Bettler und versorgte sie mit Nahrung. Diese strenge Regelung wurde aber bald gelockert. So wurde die Nahrung der Mönche über die Jahre hin üppiger, die Mönche akzeptierten Spenden, und sie produzierten zunehmend marktorientiert und ließen Bauern für sich arbeiten (vgl. Dinzelbacher/Roth (1997). S. 349-379 und Schneider, Reinhard (1980). S. 43-71).

Man kann davon ausgehen, daß ein Jahrhundert nach der Gründung des Ordens, d.h. zur Entstehungszeit des „Reinhart Fuchs“, sich diese Lockerung der Regeln bereits bemerkbar macht, und daß Heinrich diese Umstände ins Lächerliche ziehen will. So entspricht die Bruderschaft zwischen Fuchs und Wolf auch überhaupt nicht den Idealen der Zisterzienser zu der Gründerzeit. Es fällt gleich auf, daß die Beweggründe, die Reinhart und Isengrin dazu brachten, Mönche zu werden, nichts mit Frömmigkeit und Glauben zu tun haben: Reinhart wurde Mönch, weil er um sein Leben fürchtet und sich im Orden vor der Rache Isengrins zu schützen sucht, und Isengrin wurde von noch primitiveren Gelüsten getrieben, nämlich seinem Hunger. Auch ist es ziemlich verwunderlich, daß sich zwei Todfeinde- Isengrin wollte Reinhart umbringen, bevor er die Aale gerochen hat, und Reinhart hat einen grozin haz (V.733) auf seinen Mitbruder- plötzlich dazu entschließen, in eine gemeinsame Bruderschaft zu treten. Von Nächstenliebe kann bei den beiden also keine Rede sein. Heinrich parodiert hier die Idee, daß die Mönche in den Orden traten, weil sie besorgt um ihre Versorgung waren und sich materiell absichern wollten. An die Schweigepflicht hält sich Reinhart ebenfalls nicht: Als Isengrin bei Reinhart an die Tür klopft, macht dieser ihn zwar auf seine Schweigepflicht aufmerksam:

„war tuont ir muodinc uwern sin?

Wan bern ir vil schone?

Iz it talnc affter none,

Wir munche sprechen niht ein wort

Umbe der nybelunge hort.“

(>Reinhart Fuchs<, V. 658-662)

und bricht sie aber später. So verrät Reinhart nicht nur, daß er die Regeln der Zisterzienser nicht kennt, in Wirklichkeit wird erst abends geschwiegen und nicht schon zur Non, sondern er läßt anhand des Verweises auf den Nibelungenschatz auch den Verdacht aufkommen, daß die Mönche bestechlich sind. Auch scheint Reinhart nicht besitzlos zu leben; immerhin hat er Aale, und unter dem Vorwand, weitere zu beschaffen, läßt er die anderen für sich arbeiten. Nach der Non nehmen die Mönche ihre Mahlzeit ein, in diesem einen Punkt widerspricht das Verhalten Reinharts und Isengrins also nicht den Regeln der Mönche, da der Wolf ja jetzt die Aale frißt. Auffällig ist außerdem, daß fromme Mönche (Reinhart) hilfsbedürftige Menschen (Isengrin) gleich beschimpfen. So nennt der Fuchs den Wolf einen muodinc also einen unglücklichen, elenden Menschen, einen Schurken oder einen Tropf (Lexer (1986), S.144b).

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Geistlichenkritik in "Reinhart Fuchs"
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Proseminar: Reinhart Fuchs
Note
1,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V59567
ISBN (eBook)
9783638534727
ISBN (Buch)
9783638792639
Dateigröße
486 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geistlichenkritik, Reinhart, Fuchs, Proseminar, Reinhart, Fuchs
Arbeit zitieren
Nora Bohler (Autor:in), 2004, Die Geistlichenkritik in "Reinhart Fuchs", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59567

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