Zum Thema "Führung" ist in vielfältiger Weise Literatur vorhanden, die von zum Teil widersprüchlichen Aussagen und Empfehlungen geprägt ist. Legt die eine Studie einen eher charismatisch orientierten Führungsstil nahe, so tendiert die andere Studie zu einem eher zurückhaltendem Führungsstil, bei dem sich der Führende als Coach seiner MitarbeiterInnen betrachtet. Neben dem persönlichen und stets individuellen Führungsstil des Leitenden ist ein nicht zu unterschätzender Anteil an gelingender (Team-)Arbeit die Motivation der Beschäftigten. Finanzielle Anreize, Unternehmensleitbilder und flache Hierachien sind hier mögliche Strategien der Mitarbeitergewinnung, die auch der langfristigen Motivation dienlich sein sollen.
Für einen erfolgreichen Führungsstil gibt es jedoch keine Patentrezepte. Daher wird in dieser Arbeit ein kritischer Blick auf die Person des Führenden, die Situation, in denen Führung stattfindet sowie die Wechselwirkung dieser auf die Mitarbeitenden geworfen. Neben der Einführung zentraler Begriffe geht es auch um die Themen Macht des Führenden, aktuelle Problemstellungen in der Führung (Globalisierung) und Erschwernisse in Führungssituationen (Mobbing). Anhand zahlreicher Abbildungen werden die Inhalte verdeutlicht.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begrifflichkeiten und thematischer Zugang
2.1 Was ist Führung – ein Definitionsversuch
2.2 Zum Begriff der Macht
2.3 Motivationale Wirkungen der Führung
2.4 Menschenbild und Führungsstil
2.5 Aktuelle Problemstellungen in Organisationen – Anforderungen an Führungskräfte
2.6 Führungsstil und Führungsverhalten – Auswirkungen auf die Mitarbeiterleistung
3 Führungsstil und Führungsverhalten – Auswirkungen auf die Mitarbeiterleistung
3.1 Das Reifegrad-Modell der Führung (Hersey/Blanchard)
3.2 Der Ansatz des Supportive Leadership
3.3 Negative Folgen von Arbeitsbelastung und Führungsverhalten – Stress, Burn-out und Mobbing
4 Schlussbemerkung
5 Anhang
6 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Bild 1: Ein Modell der Führung (entnommen aus Nerdinger, 2000, S. 9)
Bild 2 Grundmodell der Motivation (entnommen aus Weibler, 2004, S. 207)
Bild 3: Bedürfnishierarchie nach Maslow (1954) (entnommen aus Jung, 2001, S. 375)
Bild 4: Zukunftswichtige Managerqualifikationen (entnommen aus Jung, 2001, S. 861)
Bild 5: Das Reifegradmodell der Führung nach Hersey/Blanchard (entnommen aus
Weibler, 2001, S. 325)
Bild 6: Durch Arbeitslast induzierter Stress (entnommen aus Weinert, 2004, S.283)
Bild 7: Führungsprozess (entnommen aus Weinert, 2004, S. 460)
1 Einleitung
Die (populär-)wissenschaftliche Literatur zum Thema „Führung“ ist vielfältig und geprägt von widersprüchlichen Aussagen und Empfehlungen (z.B. Kirchler u.a., 2005). Legt die eine empirische Studie einen eher charismatisch orientierten Führungsstil nahe, tendiert die nächste Studie zu der Aussage, eine Führungskraft solle sich eher als Coach ihres Teams betrachten und zurückhaltend führen.[1] Um die Mitarbeitenden einer Organisation zur best möglichen Arbeitsleistung zu motivieren, wird dies an einem Ort durch die Umsetzung einer starken Unternehmenskultur, Leitlinien, Karriereleitern, finanzielle Anreizsysteme und ISO-Normen zu erreichen versucht. Anderenorts geht man davon aus, dass diese Faktoren die intrinsische Motivation hemmen und eine besonders hohe Arbeitsleistung durch offene und flache Hierarchien, Mitbestimmung und Eigenverantwortung erzielt werden kann. An diesen Beispielen wird deutlich, dass den unterschiedlichen Führungsstilen ebenso verschiedene Menschenbilder unterliegen, die sich im Verlauf des letzten Jahrhunderts zunehmend verändert haben.
Die hier vorliegende Ausarbeitung erhebt nicht den Anspruch, abschließende Empfehlungen zum möglichst besten und wirksamsten Führungsstil anzubieten - denn die unterschiedlichen Ansätze und Ergebnisse in der Führungsforschung zeigen zumindest eines: es gibt keine Patentrezepte für den erfolgreichsten Führungsstil (vgl. auch Sprenger, 2000, S.18).
Es soll jedoch ein kritischer Blick auf die Person des Führenden mit seinen vielseitigen Persönlichkeitsfaktoren und Verhaltensmöglichkeiten geworfen werden, die wiederum in Wechselwirkung zu denen der Mitarbeitenden und der Situation, in der Führung stattfindet, stehen. Zunächst werden zentrale Begriffe eingeführt und der Versuch unternommen, diese aus unterschiedlichen Sichtweisen zu definieren: Was ist Führung? Wie zeigt sich die Macht des Führenden? Was macht die Motivation auf Seiten der Mitarbeitenden aus? Welches Menschenbild liegt welchem Führungsstil zugrunde? Welches sind die aktuellen Problemstellungen, die Führung beeinflussen? Anschließend werden ausgewählte Führungsmodelle und Erschwernisse in Führungssituationen, wie beispielsweise Stress und Mobbing, vorgestellt. Eine kurze Auswertung und Schlussbemerkung ist unter Punkt 4 nachzulesen.
2 Begrifflichkeiten und thematischer Zugang
„Der Begriff Führung lässt sich auf vielfältige Weise verstehen. Der Prozess der Führung ist komplex, die Definition schwierig“ (Weinert, 2004, S.458). Dies mag nicht nur für den Begriff „Führung“ von Gültigkeit sein, sondern bezieht sich auf alle hier beschriebenen Begrifflichkeiten. Aus der Spannbreite der Literatur sind sie als Arbeitshilfen zusammengefasst und auf das Wesentliche reduziert worden.
2.1 Was ist Führung – ein Definitionsversuch
„Unter Führung wird die bewusste und zielbezogene Einflussnahme auf Menschen verstanden. Die Ziele der Einflussnahme folgen gewöhnlich aus den Zwecken der Organisation, in der geführt wird.“ (Nerdinger, 2000, S. 7) Des Weiteren sollen nach Nerdinger nicht nur die Unternehmensziele von der Führung verfolgt werden, sondern ebenfalls Verantwortung für die unterstellten MitarbeiterInnen übernommen werden. Ein Unternehmen verfolge daher wirtschaftliche und humane Ziele. Zweitere lassen sich an der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter messen (vgl. a.a.O., S. 8). Darüber hinaus verfolgen Mitarbeiter in einem Unternehmen ebenfalls ihre eigenen Ziele und versuchen, die Führungsperson entsprechend zu beeinflussen, was als so genannte „Führung von unten“ bezeichnet wird (vgl. a.a.O., S.51). Den Gesamtprozess der Führung, die mit bestimmten Menschen in einer gegebenen Situation stattfindet, verdeutlicht das folgende Schaubild:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bild 1: Ein Modell der Führung
Eine sehr anschauliche Definition von Führung findet sich bei Weinert: „Führung. Darunter ist der Versuch zu verstehen, Einfluss zu nehmen, um Gruppenmitglieder zu einer Leistung und damit zum Erreichen von Gruppen- und Organisationszielen zu motivieren. (…) Der Praktiker würde sagen: Führung heißt, Arbeitsziele durch Menschen zu erreichen, oder auch: Menschen auf ein gemeinsames Ziel hin auszurichten und ihnen „Empowerment“ zu verleihen, damit sie das Notwendige tun können, um diese Ziele zu erreichen“ (Weinert, 2004, S. 458). Zahlreiche Beispiele, die den Führungsbegriff ebenfalls beschreiben, finden sich auch bei Kirchler (2005, S. 411 f). Insgesamt sind die Grundaussagen ähnlich und schließen die oben beschriebenen Phänomene ein. Ein übersichtliches Bild zu Führung, Führungseigenschaften und Führungssituation vermittelt das „Rahmenmodell der Führung“, im Anhang abgebildet.
2.2 Zum Begriff der Macht
Es ist unbestritten, dass die Führungsperson über unterschiedliche Machtquellen verfügt, die ihr die Erreichung der Ziele in der Mitarbeiterführung erleichtern. Zur Begriffsklärung soll folgende Definitionen dienen: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht“ (Weber, 1947, S. 28). Die Macht, die eine Führungsperson besitzt, hängt von ihrer Position ab und wird von ihr durch verschiedene Einflussmöglichkeiten legitimiert[2]. Die Führungskraft kann beispielsweise Einfluss nehmen durch
- Belohnungsmacht (z.B. Beförderungen, Ersparen unangenehmer Konsequenzen)
- Bestrafungsmacht (darunter fällt ebenfalls, eine Belohnung abzulehnen)
- Identifikationsmacht (jemanden als Person bestätigen)
- Expertenmacht (aufgrund von wichtigen Informationen/Wissen anderen überlegen sein, Macht über die Verteilung der Informationen besitzen) (vgl. Nerdinger, 2000, S. 31 f)
- Legitime Macht (Rechte und Befugnisse durch die Führungsposition, z.B. Anweisungen)
- Vorbild-Macht und Beliebtheit (durch besondere Persönlichkeit und/oder Charisma wirkende Macht)
- Evozierungs-Macht (Fähigkeit, bei anderen bestimmte Verhaltensweisen hervorzurufen) (vgl. Neubauer,1999, S.82).
Darüber hinaus wird Macht in Organisationen häufig über Strukturen geregelt, die von der Person des Führenden selbst zunächst unabhängig sind: „Über die Strukturgebung wird das Verhalten der Abhängigen gesteuert und gelenkt, ohne dass die Person oder die Personen, die solche Festlegungen treffen, in Erscheinung treten (strukturelle Macht). Die Setzung von Strukturbedingungen kann gezielt als Kontrollfunktion geplant sein (…) oder weniger offenkundig durch die Standardisierung und Normierung von Prozeduren (…)“ (Neubauer, 2006, S.43). Der Machtinhaber entscheidet außerdem situativ, inwiefern er die ihm verliehene Macht einsetzt oder dies (zunächst) unterlässt. Man unterscheidet hier zwischen potentieller und realisierter Macht (vgl. a.a.O., S. 44). Vom sensiblen Umgang mit Macht hängt nicht zuletzt die Motivation der Mitarbeiter ab, auf die im nächsten Abschnitt eingegangen wird.
[...]
[1] „Ein Führer ist dann am besten, wenn die Leute kaum merken, dass es ihn gibt. Er ist nicht so gut, wenn die Leute ihm gehorchen und ihm Beifall geben. Er ist am schlechtesten, wenn sie ihn verachten: „Wenn Du es unterlässt, Menschen Achtung und Ehre zu geben, dann werden sie auch dir keine Achtung und Ehre geben.“ Von einem guten Führer jedoch, der wenig spricht, werden alle Leute sagen, wenn die Arbeit getan ist und wenn das Ziel erreicht ist: „Wir haben das alles selbst getan.“ Der chinesische Gelehrte Laotze (zitiert nach Weinert, 2004, S.457)
[2] Luhmann versteht unter Legitimation „… die rein faktisch verbreitete Überzeugung von der Gültigkeit des Rechts, von der Verbindlichkeit bestimmter Normen oder Entscheidungen oder dem Wert der Prinzipien, an denen sie sich rechtfertigen… gerade diese Unbestimmtheit, diese Generalisierung der Legitimität zu einem fast motivlosen Akzeptieren, ähnlich wie im Falle von Wahrheiten, ist soziologisch ein Problem. Man kann Legitimität auffassen als eine generalisierte Bereitschaft inhaltlich noch unbestimmte Entscheidungen innerhalb gewisser Toleranzgrenzen hinzunehmen“ (Luhmann, 1983, S. 27 f).
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Soz.Päd. Verena Sprenger (Autor:in), 2006, Führungsverhalten, Führungsstil und mögliche Auswirkungen auf die Mitarbeitenden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59569