Hacker, Hacktivismus und Anonymous. Asymmetrien und Verzerrungen der medialen Darstellung von Hackern


Hausarbeit, 2018

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhalt

1. Die Entwicklung des Hackerbegriffs

2. Begriffe in Zusammenhang mit Hacking
2.2 Wichtige Definitionen
2.3 Hacktivismus
2.4 Cybercrime
2.5 Cyberterrorismus

3. Hackerdarstellungen in den Medien
3.1 Der Hacker als Charakter im Film
3.2 Anonymous in der Medienberichterstattung
3.2.1 Die Studie
3.2.2 Frames und Tendenzen der Berichterstattung
3.2.3 Genauere Betrachtungen einzelner Hackangriffe
3.3 Das Hackerbild in den Medien nach 9/11

4. Zusammenfassung

5. Fazit

6. Literatur

1. Die Entwicklung des Hackerbegriffs

Der Begriff ,,Hacker“ kam erstmals in den fünfziger Jahren auf. Zu dieser Zeit bedeutete er aber noch etwas ganz anderes und lässt sich wohl kaum mit dem heutigen Verständnis vergleichen. Es Begann mit dem Tech Model Railroad Club (TMRC) um die Modelleisenbahn am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Als ,,Hack“ galt dabei eine kreative, innovative Lösung für hauptsächlich technische Probleme, in diesem Kontext ging es um die Steuerung der Modelleisenbahn. (Levy, 1984, S. 18-19). Die TMRC Mitglieder, die sich selbst Hacker nannten, begannen mit dem Programmieren, als 1959 erstmalig ein Computerkurs am MIT angeboten wurde. Mit dem technischen Fortschritt stiegen im Folgenden auch die Nutzerzahlen. Damit einher gingen diverse neue Sicherheitsmaßnahmen und Regelungen, um unerwünschten Zugriff auf die Computerprogramme zu unterbinden. Dies stand allerdings entgegen der Ansichten der Hacker, die uneingeschränkten Zugang zu den Computern und Informationen forderten. Als Gegenreaktion arbeiteten sie also an ihren technischen Fertigkeiten um die Sicherheitseinschränkungen zu umgehen. Bald schon entwickelte sich eine spielerische Subkultur von Hackern, die nun nicht mehr zielorientiert programmierten und hackten, sondern am bloßen Regelbruch interessiert waren (Koubek, 2006, o.S.). ,, Hacker ist bis heute ein schillernder Begriff, für Figuren am Rande der Legalität und bezeichnet in den Medien die gesamte Szene.“ (Koubek, 2006, o.S., Hervorheb. i.O.). Das Bild eines Hackers wandelte sich über die Jahre aber stark. Ein schönes Beispiel für die Entwicklung sind die Bücher Hackers, 1984 von Steven Levy und Hackers, 1999 von Paul Taylor veröffentlicht. Gleicher Titel, nur der Untertitel wandelt sich von Heroes of the Computer Revolution zu Crime in the digital sublime ….“ (Koubek, 2006, o.S., Hervorheb. i.O.). Die Hackerkultur entwickelte sich über die Jahre und eine neue Gruppierung kam auf, die heute wohl präsent ist wie nie zuvor - die Hacktivisten. In den letzten Jahren machten Hackergruppen wie Anonymous immer wieder von sich reden und erlangten große Medienaufmerksamkeit. Unter die gleiche Kategorie lassen sich wohl auch die Whistleblower von Wikileaks fassen, die mit ihren Veröffentlichungen von vertraulichen Dokumenten und Daten ebenso in die Schlagzeilen gerieten. Auch wenn Hacktivisten zum Teil als Helden und Verteidiger der Meinungsfreiheit gefeiert werden mögen, in der Öffentlichkeit löst das hacken und veröffentlichen von Daten vermehrte Diskussionen um die Sicherheit im Cyberspace aus. Die vorliegende Arbeit beschreibt die mediale Darstellung von Hackern bzw. des Hackerbegriffs. Vorrangig wird dies über eine Studie über das Framing der Medienberichterstattung von Anonymous Hacktivisten beschrieben. Im Zuge dessen wird auf eventuelle Asymmetrien und Verzerrungen der Darstellungen von Hackern eingegangen.

2. Begriffe in Zusammenhang mit Hacking

2.1 Wichtige Definitionen

Um Bewertungen und Aussagen über Mediendarstellungen von Hackern geben zu können, ist ein grundlegendes Verständnis für die verschiedenen Hackertypen und Hackerbegriffe notwendig. Im Folgenden werden zentrale Begriffe, die mit der Hackerkultur in Verbindung gebracht werden und von den Medien gerne im Hacker Kontext genutzt werden, stichhaltig definiert. Dabei wird klar, dass eine gänzliche Trennschärfe aufgrund diverser Überschneidungen nicht gegeben ist.

2.2 Hacktivismus

Hacktivismus setzt sich aus den Begriffen Hacking und Aktivismus zusammen und stellt eine Form der Internet Aktivismus dar. Abgrenzen kann man die Hacktivisten gegenüber anderen Hackern nach ihren Motiven und Ideologien. Auch wenn sich die Methoden teilweise überschneiden, so zum Beispiel das Stehlen und Veröffentlichen vertraulicher Informationen, handeln Hacktivisten nämlich, anders als Cyberkriminelle oder Cyberterroristen, nicht profitorientiert. Hacktivismus bezeichnet somit die Nutzung digitaler Mittel und Plattformen für die Durchsetzung politischer oder sozialer Ziele, beispielsweise durch Protestaktionen und Propaganda. Zentral beim Hacktivismus ist das Prinzip des gewaltfreien Aktivismus (Bundeskriminalamt, 2016, S. 18-19).

2.3 Cybercrime

Unter Cybercrime sind Verbrechen zu verstehen, die digital über das Internet begangen werden, oder ,,sich gegen das Internet, Datennetze, informationstechnische Systeme oder deren Daten richten…“ (Bundeskriminalamt, 2017, S. 2). So fallen illegale Taten wie beispielsweise Computerbetrug (z.B. Überweisungsbetrug), das Ausspähen und Abfangen von Daten, Datenveränderung und die missbräuchliche Nutzung von Telekommunikationsdiensten unter den Begriff Cyberkiminalität. Die Ziele der Cyberkriminellen sind meist finanziellen Ursprungs (Bundeskriminalamt, 2017, S. 4-5).

2.4 Cyberterrorismus

Als Cyberterrorismus können illegale Taten bezeichnet werden, deren Konsequenzen sich nicht nur auf finanzielles beschränken. Ebenso werden diverse Radikalisierungsakte und Propagandaaktionen, die über das Internet vollzogen werden, unter diesen Begriff gefasst. ,,Angriffsziele von Cyberterroristen können kritische Infrastrukturen sein, wie beispielsweise Energie- und Wasserversorgung, Telekommunikation oder Verkehrs- und Transportsysteme, die bei Ausfällen zu erheblichen Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit oder zu Versorgungsengpässen oder anderen dramatischen Konsequenzen führen können.“ (Bundeskriminalamt, 2016, S. 20). Ein Ziel von Cyberterroristen ist es unter anderem, ,,Gewalt auszuüben, um einzuschüchtern und Schrecken und Leid zu verbreiten (Denning, 2001, o.S., zit nach Bundeskriminalamt, 2016, S.20).

3. Hackerdarstellungen in den Medien

3.1 Der Hacker als Charakter im Film

Die Hackerszene wuchs und wurde über die Jahre immer mehr von den Medien aufgegriffen, mit der Hackerkultur blühte auch der Hacker Mythos in Film und Literatur auf. Die Faszination für die Computergenies spiegelte sich zunehmend in den Unterhaltungsmedien wieder. Ab den siebziger Jahren fanden zahlreiche Science Fiction Produktionen ihren Weg auf die Leinwand, neben Weltraumabenteuern und dystopischen Cyberpunkgeschichten prägten Erzählungen um Computergenies das Kino. Diese waren zwar öfters in der Rolle des Antihelden zu sehen, doch waren sie irgendwann nicht mehr wegzudenken und der Technik Freak vervollständigte die Charaktere in praktisch jedem Science Fiction oder technikzentrierten Film. Der Hacker wurde meist mit einem zurückhaltenden Nerd gleichgesetzt, die Darstellung des Computerspezialisten variierte wenig um einen zwar sehr intelligenten, aber meist körperlich unvorteilhaft dargestellten Nebencharakter. Anders war es zum Beispiel im Film War Games aus dem Jahr 1983. Dieser handelt von einem Jugendlichen, der sein technisches Geschick nutzt um illegal an neue Computerspiele zu kommen, er hackt zu bloßen Unterhaltungszwecken. Hier ist der Hacker zwar der Protagonist, doch auch wenn hier nicht das Außenseiter bzw. Nerd Klischee bedient wird, beschreibt War Games den anderen typischen Hacker Stereotyp, das Script Kiddie, das aus Spaß und Leichtsinnigkeit Regeln bricht und damit möglicherweise Schaden anrichtet. Geschichten wie diese prägten wohl ungemein schon damals die Vorstellung, was einen echten Hacker ausmacht (Koubek, 2006, o.S.)

3.2. Anonymous in der Medienberichterstattung

3.2.1 Die Studie

In den letzten Jahren geriet eine Hacker Gruppe vermehrt ins Visier der Medien. Anonymous erregte mit Aktionen wie Operation Sony oder Operation Payback immer wieder Aufmerksamkeit. Die umstrittene Cyber Aktivisten Gruppe überschreitet Grenzen, ihre Ziele sind dabei oft die Regierung oder große Unternehmen. Sie legen Websites lahm, verändern sie oder stehlen Daten und erfreuen sich dabei wachsender Bekanntheit. Es scheint ein regelrechter Hype um die Gruppe entstanden zu sein, die die Guy Fawkes Maske nun fast schon zu einem Symbol der Popkultur gemacht hat. Sie werden zum Teil als Helden und Freiheitskämpfer gefeiert, belächelt und als Witzbolde abgetan oder aber als Bedrohung gesehen. Das Phänomen Anonymous will sich nicht wirklich in eine Schublade stecken lassen und lässt viel Freiraum für Interpretationen, was sich in den Medien wiederspiegelt. In einer Studie von Klein (2015, S. 379-401) wurde die Medienberichterstattung über Anonymous in zehn verschiedenen Ländern verglichen. Mittels Frame- und Inhaltsanalyse wurden dabei 200 Zeitungsartikel mit Erscheinungsdatum zwischen Juni 2012 und Juni 2013 begutachtet. Mit den erfassten Artikeln innerhalb dieses Zeitraums konnte die Mediendarstellung von 56 Hacker Operationen des Hackerkollektivs untersucht werden. Sowohl das Dargestellte Bild von Anonymous durch die internationale Presse, als auch die Selbstwahrnehmung des Aktivistenkollektivs wurden dabei analysiert und verglichen, um eine Annäherung an das von den Medien vermittelte Bild von Hacktivisten zu geben. Um genauere Aussagen über Muster der Berichterstattung treffen zu können, entschied man sich für vier Anonymous Aktionen, deren Pressereaktionen man verglich. Dabei handelt es sich um die Operationen gegen PayPaypal, die US Sentencing Comission, die Federal Reserve und die Los Angeles Times, also Ziele aus verschiedenen Bereichen (globales Unternehmen, Gesetz, Regierung und Medien). Im Folgenden wird ein Überblick über die Studie und ihre Ergebnisse gegeben.

3.2.2 Frames und Tendenzen der Berichterstattung

Insgesamt konnten vier dominante Frames festgestellt werden: ,,… legitimate activists, vigilante heroes, global threats and malicious pranksters.“ (Klein, 2015, S. 388, Hervorheb. i.O.). Dabei zeigte sich ein Trend der negativen Darstellung, so fanden sich die Frames ,,malicious pranksters“ und ,,global threats“ in 58% der analysierten Zeitungsartikel. An erster Stelle stand dabei ,,malicious pranksters“ mit einem Anteil von einem Drittel des gesamten untersuchten Materials. Innerhalb dieses Frames wurden die Aktivisten wenig differenziert beschrieben, im Sinne von jungen Witzbolden und ihre Aktionen häufig als Vandalismus abgetan. In diesem Kontext fiel das Wort ,,Hacktivismus“ selten, die Perspektive der Hacker und ihre Motive wurden damit eher in den Hintergrund gerückt. ,,Instead, the most direct form of reference came in the form of ,,the so-called hacktivists“, inserting an Element of doubt about the title.“ (Klein, 2015, S. 389).

In anderen Fällen wurde wiederum von Selbstjustiz gesprochen, die Hacker als ,,vigilantes“ wurden metaphorisch beispielsweise mit Helden wie Robin Hood verglichen. Die ,,vigilante“ Darstellung machte dabei 22% der vorliegenden Artikel aus. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es wiederum über dasselbe Ereignis komplett konträre journalistische Darstellungen, so wurde zum Teil von ,,extremism“ und ,,warfare“ geschrieben. Die Minderheit der Artikel, rund ein Fünftel des analysierten Materials, machten diese mit dem ,legitimate activists“ – Frame aus. Hier wurde der Begriff ,,Hacktivists“ häufig verwendet, generell wurden positive Ausdrücke in Zusammenhang mit Anonymous verwendet, die den Fokus auf das zielgerichtete Handeln der Gruppe legten, so zum Beispiel ,,protesters“ und ,,advocates“ (Klein, 2015, S. 390).

In 82% der untersuchten Berichterstattung wurden politische Zwecke, bzw. der Schutz der Meinungsfreiheit als zentrale Motive für das Handeln von den Hacktivisten dargestellt. Seltener wurde ,,antisurveillance“ als Motiv angeführt, es fand sich in 13% der Zeitungsartikel wieder. In sehr wenigen Artikeln ließ sich kein konkretes Motiv der Gruppe herauslesen. Bei drei von den 56 erfassten Anonymous Operationen war das der Fall, diese machten nur 5% des Materials aus (Klein, 2005, S. 390).

Es ergibt sich nun eine gewisse Unstimmigkeit zwischen den beiden beschriebenen Positionen – zum einen werden die Anonymous Aktivisten in den meisten Fällen als ,,malicious pranksters“, also praktisch als bösartige Witzbolde abgetan, zum anderen wird aber auch zumeist von sozialen Rebellen mit klaren Absichten geschrieben (Klein, 2015, S. 389-391). Anonymous nutzt bekanntlich selbst die Medien, um neue Aktionen anzukündigen und auch dazu Stellung zu nehmen. Sowohl über die eigene Website, als auch über Twitter, Facebook und YouTube verbreitet die Gruppe ihre Neuigkeiten, Statements und Videos. Mit verzerrter Stimme liest ein vermeintliches Mitglied die Nachrichten in den Videobotschaften vor, natürlich mit schwarzem Hoodie und Guy Fawkes Maske, wie man es von den Hacktivisten kennt. Allein die Tatsache, dass die Gruppe öffentlich und eindeutig Stellung zu ihren Plänen und Hackangriffen nimmt, steht im Grunde schon konträr zur verbreiteten journalistischen Darstellung bzw. Behauptung, es handle sich um ein Kollektiv aus ,,malicious pranksters“, die mit bloßen Unterhaltungsabsichten handeln (Klein, 2015, S. 391).

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Hacker, Hacktivismus und Anonymous. Asymmetrien und Verzerrungen der medialen Darstellung von Hackern
Hochschule
Universität Augsburg  (IMWK)
Note
2,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
13
Katalognummer
V595972
ISBN (eBook)
9783346213662
ISBN (Buch)
9783346213679
Sprache
Deutsch
Schlagworte
hacktivismus, cybercrime, anonymous, hacking, cyber, crime, hacker, digital, aktivismus, activism, ziviler, ungehorsam, netz, framing, berichterstattung, studie, medien, 9/11, cyberterror, frame
Arbeit zitieren
Nina Schoger (Autor:in), 2018, Hacker, Hacktivismus und Anonymous. Asymmetrien und Verzerrungen der medialen Darstellung von Hackern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/595972

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