Hochbegabte Kinder in Deutschland - - Werden sie entsprechend ihrer Fähigkeiten genügend gefördert?


Hausarbeit, 2004

28 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Geschichte der Hochbegabung

3 Erkennung von Hochbegabung
3.1 Tests
3.1.1 Vorteile von Tests
3.1.2 Nachteile von Tests
3.2 Subjektive Verfahren

4 Definition von Hochbegabung unter Berücksichtigung des „Drei- Ringe- Modells“ von Renzulli

5 Die Persönlichkeit des Hochbegabten
5.1 Denkstrukturen
5.2 Lernverhalten
5.3 Verhaltensmerkmale

6 Hochbegabte in ihrer Umwelt
6.1 Vorteile in der Schule
6.2 Probleme in der Schule
6.3 Vorteile in der Gesellschaft
6.4 Probleme in der Gesellschaft

7 Förderung von hochbegabten Kindern
7.1 Bedürfnisse und Wünsche bei der Förderung
7.2 Förderung in der Schule
7.2.1 Modelle der Förderung
7.2.1.1 Vorzeitige Einschulung
7.2.1.2 Überspringen einer Klasse
7.2.1.3 Jahrgangsübergreifende Klassen
7.2.1.4 Lernwerkstätten und Arbeitsgemeinschaften
7.2.1.5 Hochbegabten- Zweige
7.2.2 Maßnahmen im Unterricht
7.2.3 Alternativen zum normalen Schulunterricht
7.3 Förderung außerhalb der Schule
7.3.1 Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V
7.3.2 Hochbegabtenförderung e.V
7.3.3 Verein Bildung und Begabung e.V
7.3.4 William- Stern- Gesellschaft

8 Pro und Kontra Hochbegabtenförderung
8.1 Pro
8.2 Kontra

9 Schlussteil

10 Literatur

1 Einleitung

Laut Statistik leben in einer 100.000 Einwohner- Stadt 2.000 Hochbegabte. Hochbegabt gilt man in der Wissenschaft, wenn man einen Intelligenzquotienten hat, der höher als bei 98 % der Gesamtbevölkerung ist. Das entspräche einer unter 50 Personen (vgl. Fleiß, Ida: Hochbegabung und Hochbegabte. Marburg: Tectum Verlag, 2003, S. 12). Im Schuljahr 1995/96 wurde statistisch mit 188.243 hochbegabten Schülern in ganz Deutschland gerechnet, verteilt auf alle Schulformen (vgl. Fels, Christian: Identifizierung und Förderung Hochbegabter in den Schulen der Bundesrepublik Deutschland. Bern: Haupt Verlag, 1999, S.54- 55).

In meiner Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema: Intellektuell hochbegabte Kinder in Deutschland und gehe dabei der Fragestellung nach: Werden sie entsprechend ihren Fähigkeiten genügend gefördert?

Zunächst werde ich einen Blick in die Geschichte der Beschäftigung mit Hochbegabung geben. Dabei werde ich mich nur auf die wichtigsten Entwicklungen beschränken, da es ansonsten den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen würde. Auch werde ich mich im Wesentlichen nur auf die Bundesrepublik Deutschland beziehen und Entwicklungen in anderen Ländern nur berücksichtigen, wenn sie historisch aufschlussreich sind.

Im nächsten Punkt werde ich die Verfahren zur Feststellung von Hochbegabung nennen und kurz deren Genauigkeit diskutieren.

Ich gebe dann die Definitionen von Hochbegabung wieder und im Anschluss daran die Vielfalt von Hochbegabung.

Im nächsten Punkt führe ich die Persönlichkeitsmerkmale, die die Denkstrukturen, das Lernverhalten und die Verhaltensmerkmale von Hochbegabten beinhaltet, an.

Diese werde ich im nächsten Punkt mit den Vorteilen und Problemen in der Schule und in der Gesellschaft vergleichen.

Daran anschließend, stelle ich die vorhandenen Fördermaßnahmen inner- und außerhalb der Schule in Deutschland dar.

Den Abschluss bildet die Diskussion, ob Hochbegabung überhaupt gefördert werden muss oder nicht.

Am Ende werde ich noch ein Fazit über diese Arbeit ziehen und meinen Standpunkt deutlich machen.

2 Geschichte der Hochbegabung

Die erste Erwähnung über Hochbegabung findet man bereits 2200 v. Chr.. Damals wurden Hochbegabte in China für staatliche Positionen ausgewählt.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren die Auffassungen der Gesellschaft über eine Förderung von Hochbegabten sehr unterschiedlich. Mal wurden sie gefördert, da man annahm, nur so können sie ihr volles geistiges Potenzial entwickeln und mal nicht, da sie als schlau genug galten, sich alles selber beizubringen (17.-19. Jahrhundert). Mal war man der Überzeugung, dass eine Einzelförderung das Beste sei (im Humanismus), mal der Überzeugung einer Gruppenförderung (z.B. unter Karl dem Großen (768- 814 n. Chr.)). Oft wurde ihr Wissen auch nur zu Staats- (u. a. China) oder religiösen Zwecken (u. a. Christentum) missbraucht, d.h. man versprach sich von ihnen eine Sicherung des Wohlstandes und des Reichtums oder eine Festigung des Kirchenstatus (vgl. Fels 1999, S. 57).

Francis Galton (1822- 1911) befasste sich wieder intensiver mit dem Thema und erforschte, woher Hochbegabung kommt. Er fand heraus, dass es nur sehr wenige höher intelligente Menschen gibt und isolierte diese nicht von der übrigen Bevölkerung. Er nahm an, dass Intelligenz vererbbar ist. Die Auffassung der Vererbung von Intelligenz und Begabung und der Vernachlässigung der Umwelteinflüsse (endogenistische und organismische Theorien, statischer Begabungsbegriff) hat sich lange gehalten und erst allmählich (ab ca. 1970) sind Theorien hinzugekommen, die eine Entwicklung von Intelligenz nachweisen (vgl. Schulte zu Berge, Sabine: Hochbegabte Kinder in der Grundschule. Münster: Lit Verlag, 2001, S. 11).

1890 stellte die Reformpädagogik ein neues Schulkonzept vor, dass auf einen neuen, freieren und auf die Fähigkeiten aller Kinder einstellenden Unterricht zielte. Den Fähigkeiten der Hochbegabten wurde u. a. durch die nun eingeführte Montessori- Pädagogik entsprochen (vgl. Fels, 1999, S. 59- 60).

Erst im 20. Jahrhundert änderte sich das Interesse an Hochbegabung bei den Wissenschaftlern wieder. So entwickelten die französischen Psychologen Binet (1857- 1911) und Simon, 1905, auf der Grundlage von Galtons Forschungen den ersten Intelligenztest, um geistige Behinderungen bei Kindern besser feststellen zu können und diese entsprechend zu behandeln (vgl. Mehlhorn, Hans- Georg: Persönlichkeitsentwicklung Hochbegabter. Berlin: Volk und Wissen Volkseigener Verlag, 1988, S. 29; vgl. Schulte zu Berge, 2001, S. 5).

Mit Beginn des 1. Weltkrieges wurde dann auch der Ruf nach einer besonderen Förderung für Hochbegabte laut. Der deutsche Psychologe William Stern (1871- 1938), der die Ermittlung eines Intelligenzquotienten anstatt des Intelligenzalters vorschlug, da sonst mit zunehmendem Alter der IQ sinken würde, schrieb 1916:“ […] [von dem] Schatz an geistigen Rohstoffen- das sind die Begabten- wissen wir noch beschämend wenig; […]“(zit. nach Mehlhorn, 1988, S. 29; vgl. Fels, 1999, S. 61). Somit entwickelten Moede und Piorkowski 1917 einen Test, der es hochbegabten Schülern ermöglichte, auf spezielle Begabtenschulen u.a. in Berlin zu wechseln (ebd. S. 61; vgl. Feger& Prado, 1998, S. 19- 20). In Hamburg wurden ab 1918 hochbegabte Kinder gefördert, indem sie ein Jahr länger zur Schule gingen und dann direkt einen höheren Bildungsabschluss erzielen konnten. Weitere solche Projekte gab es u. a. in Göttingen (vgl. Schulte zu Berge, 2001, S. 11).

1921 begann Lewis Terman eine Längsschnittstudie an 1528 hochbegabten Kindern (vgl. Feger, Barbara& Prado, Tania: Hochbegabung. Die normalste Sache der Welt. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1998, S. 19), in der er feststellte, dass Hochbegabte gesünder, ausgeglichener und psychisch stabiler sind als Durchschnittsintelligente (vgl. Ey- Ehlers, Carina: Hochbegabte Kinder in der Grundschule. Eine Herausforderung für die pädagogische Arbeit unter besonderer Berücksichtigung von Identifikation und Förderung. Stuttgart: ibidem Verlag, 2001, S. 20; vgl. Fleiß, 2003, S. 38). Trotz verschiedener Kritikpunkte, u. a. das die meisten Probanden aus einer höher gestellten Familie kamen und somit einen höheren Lebens- und Bildungsstandart hatten, ist dies die längste (1996 die letzte Befragung) und prägenste Forschungsarbeit (vgl. Ey- Ehlers, 2001, S. 21). Zunächst ging Terman auch von einer Vererbung der Intelligenz aus, jedoch hat er dies 1959 korrigiert und auch Umweltfaktoren für Hochbegabung mitverantwortlicht gemacht (vgl. Feger& Prado, S. 61). Außerdem passte er den Test von Binet und Simon (nun: „Stanford- Binet- Test“) an und führte eine Berechnung von IQ- Werten, angeregt durch W. Sterns Vorschlag, ein. Angeregt durch Galtons Forschungen entwickelte er außerdem eine Klassifizierung der Intelligenzen von schwachsinnig (IQ unter 70) bis genial (IQ über 140) (vgl. Mehlhorn, 1988, S.22-30).

Mit dem Aufkommen der Herrschaft der Nationalsozialisten (1933- 1945) wurde die vorherrschende Begabtenförderung in Deutschland unterbrochen und unter einem ganz anderen Begabtenkonzept gefördert: nicht nur der Intellekt sondern auch körperliche und charakteristische Merkmale sowie Rassenzugehörigkeit waren entscheidend (vgl. Fels, 1999, S. 20, S. 62). In zwei Spezialschulen wurden ausschließlich Jungen mit dem Prinzip des Sozialdarwinismus zu einer Auslese der Besten gemacht. Sie sollten ausschließlich dem Nutzen der Nation (Partei- und Führertreu) dienen. Persönliche Entfaltung wurde außen vor gelassen (ebd. S. 62- 63; vgl. Feger& Prado, 1998, S. 20- 21).

Überlegungen zur schulischen Förderung kamen in Deutschland erst in den 60er Jahren wieder auf und fanden ihr Ende auch schon wieder in der aufkommenden Diskussion in den 70er Jahren über Chancengleichheit und das Anlage- Umwelt- Modell (vgl. Fels, 1999, S. 20, S. 63). Es wurde erkannt, dass man jeden Menschen durch Maßnahmen in der Schule, Familie und in seinem Umfeld verändern könne und das das auch die Intelligenz beeinflusse (exogenistische Theorien oder Milieutheorien, dynamischer Begabungsbegriff). Der Höhepunkt dieser Annahme spiegelt sich im Behaviorismus wieder, dessen Begründer Watson den Menschen nur durch die Umwelt formbar machend sah (vgl. Schulte zu Berge, 2001, S. 11). Heute hat sich durch vielfache Forschungsergebnisse bestätigt, dass Intelligenz und Begabung sowohl durch Vererbung (Anlage) als auch durch Umweltfaktoren bedingt sind (vgl. Schulte zu Berge, 2001, S. 12). Deren Weiterentwicklung hängt dabei vom materiellen, kulturellen, gesellschaftlichen und sozialen Milieu des Kindes ab (ebd. S. 13).

Erst 1963 wurde der Begriff „Hochbegabung“ von Mönks geprägt, als Wissenschaftler zunehmend die Einflussfaktoren für eine Hochbegabung analysierten und Erklärungsmodelle entwarfen. Zuvor sprach man von „Begabung“ (vgl. Fels, 1999, S. 53).

Beim 1. Weltkongress über hochbegabte Kinder 1975 in London wurde festgestellt, dass höchstens 20 % der hochbegabten Kinder erkannt sind und somit gefördert werden können (vgl. Meissner, 1991, S. 26). Somit wurde auch armen Kindern im Zuge der Chancengleichheit die Möglichkeit zu höheren Bildungseinrichtungen freigegeben (vgl. Schulte zu Berge, 2001, S. 12). Auch andere Fördermöglichkeiten wurden ausprobiert aber nur wenige hielten lange durch (vgl. Fels, 1999, S. 66- 67). So stand um 1980 die Hochbegabtenforschung fast still. Hochbegabtenförderungswerke an Schulen einzuführen, wie das bei den Studenten gemacht wurde, wurde abgelehnt (vgl. Feger& Prado, 1998, S. 3).

1984 wurde die 1. Beratungsstelle für Hochbegabte in Hamburg eröffnet. Durch den enormen Zulauf von Hilfesuchenden Eltern mit ihren hochbegabten Kindern und deren Schwierigkeiten wurde das Thema - wenn auch zunächst negativ behaftet - in den Medien präsent. Nun galt es auf einmal, u.a. bedingt durch den Regierungswechsel (vgl. Ey- Ehlers, 2001, S. 26), dass Hochbegabung doch gefördert werden müsse. Obwohl noch 1985 kaum Stellungsnahmen aus der Bildungspolitik zur Hochbegabtenförderung vorlagen und u.a. der damalige Schulsenator von Hamburg eine Förderung kritisierte, entstanden die ersten Modellversuche an Schulen und Gründungen von Vereinen und Initiativen.

Heute gibt es viele Fördermöglichkeiten und Beratungsstellen für hochbegabte Kinder (vgl. Feger& Prado, 1998, S. 4- 9).

Die Geschichte der Hochbegabung zeigt, dass die Beschäftigung damit einer wellenartigen Bewegung unterlag, die von den jeweiligen politischen, gesellschaftlichen und bildungspolitischen Auffassungen der jeweiligen Zeit abhängig waren.

3 Erkennung von Hochbegabung

Es gibt formelle und informelle Verfahren um Hochbegabung zu erkennen. Meiner Meinung nach stellt nur eine Kombination beider, eine zuverlässige Identifikation von Hochbegabung dar, da nicht jedes Verfahren alle Bereiche der Hochbegabung erfasst.

3.1 Tests

Tests sind die wohl am häufigsten angewandte Methode der Intelligenzfeststellung. Es gibt Intelligenz-, Kreativitäts-, Leistungs- und Eignungstests, die als Gruppen- oder Einzeltests durchgeführt werden (vgl. Fels, 1999, S. 126; Feger& Prado, 1998, S.241). Mittlerweile gibt es mehr als 74 deutschsprachige Tests. Der am meisten eingesetzte IQ- Test bei Kindern ist der „Hamburg- Wechsler- Intelligenztest“ (vgl. Funke& Vaterrodt- Plünne>Ein IQ- Test wird am häufigsten und als erster Schritt zur Intelligenzfeststellung durchgeführt. Dieser misst die Denkgeschwindigkeit und Denkmöglichkeit (vgl. Billhardt, Jutta: Hochbegabte.; Die verkannte Minderheit. München: Lexika Verlag, 1996, S. 238) und setzt sie in Beziehung zu den Fähigkeiten anderer Kinder in der gleichen Altersgruppe (ebd. S. 241). Unterschiedliche Aufgaben im Test testen die vier verschiedenen Intelligenzteilbereiche (vgl. Feger& Prado, 1998, S. 241). Dabei kann man herausfinden, in welchen Bereichen die Fähigkeiten des Kindes besonders stark entwickelt sind (vgl. Billhardt, 1996, S. 241). Die Kinder müssen z.B. Bilder ergänzen oder Muster nachlegen. Außerdem wird z.B. das Allgemeinwissen, Rechnen und der Wortschatz abgefragt (vgl. Funke& Vaterrodt- Plünnecke, 1998, S. 28). Es muss in einer bestimmten Weise und in einer bestimmten Zeitvorgabe ‚richtig’ auf die Fragen reagiert werden (vgl. Feger& Prado, 1998, S. 49). Die erreichte und zusammengezogene Punktzahl in den Untertests gibt dann Auskunft über den IQ- Wert. „Dieser ergibt sich aus der Abweichung des einzelnen Versuchsergebnisses vom Mittelwert der Ergebnisse einer Eichstichprobe, die ein verkleinertes Abbild der Grundgesamtheit, also der Gesamtbevölkerung oder der Gesamtzahl der Gleichaltrigen ist„ (Schulte zu Berge, 2001, S. 6).

[...]

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Hochbegabte Kinder in Deutschland - - Werden sie entsprechend ihrer Fähigkeiten genügend gefördert?
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
28
Katalognummer
V59805
ISBN (eBook)
9783638536424
ISBN (Buch)
9783656798446
Dateigröße
581 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hochbegabte, Kinder, Deutschland, Werden, Fähigkeiten
Arbeit zitieren
Kathrin Rühling (Autor:in), 2004, Hochbegabte Kinder in Deutschland - - Werden sie entsprechend ihrer Fähigkeiten genügend gefördert?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/59805

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