Mit der Diskussion um eine europäische Verfassung, dem Betritt von zehn neuen Mitgliedern zur EU und der Tatsache, dass sich immer weniger Menschen für Europa begeistern können, wird die Frage nach einer Europäischen Öffentlichkeit immer dringender. Die Europäische Union ist zu einem eigenständigen politischen System geworden, dessen Entscheidungen immer deutlicher die Innenpolitik der Nationalstaaten beeinflußt. Mit dieser Entwicklung rücken zunehmend auch Fragen nach Demokratie, Identität und Kontrolle dieses politischen Systems in den Vordergrund. Die Wissenschaft hat dazu verschiedene normative Modelle europäischer Öffentlichkeit formuliert, mit unterschiedlichen Implikationen. Diese übergreifende Diskussion verdeutlicht den Stand der Entwicklung, die Hindernisse, die es zu überwinden gilt, aber auch Grenzen die kurz- und mittelfristig nicht veränderbar sein werden. Von wachsendem Interesse ist auch der Beitrag, den Akteure, nicht nur auf politischer Seite, sondern auch auf Seiten der Medien für eine europäische Diskussion leisten. Im Puzzlespiel der vielen verschiedenen Akteure, die an der Konstitution einer europäischen Öffentlichkeit beteiligt sind, spielen die Journalisten in Brüssel sicher eine herausragende Rolle. Die allgemeine Debatte um eine europäische Öffentlichkeit ist Voraussetzung, um in die tiefergehende Problematik des Brüsseler Pressecorps einzusteigen. Die besondere Position der Brüsseler Journalisten resultiert aus ihrer Vermittlungsleistung zwischen Nationalstaat und Europäischen Institutionen. Doch angesichts des vielbeklagten Öffentlichkeitsdefizits und empirischen Hinweisen auf eine magere Berichterstattung über Europa ist fraglich, ob sie ihrer Aufgabe gewachsen sind. Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, die normativen Grundlagen journalistischer Arbeit in Brüssel herauszuarbeiten, sie in Beziehung zu den empirischen Gegebenheiten zu setzen und eine mögliche Ursache des Öffentlichkeitsdefizits zu bestimmen. Dazu werden folgende Fragen zu beantworten sein: Wie sind die Arbeitsbedingungen der Brüsseler Journalisten, welches Selbstverständnis haben sie, welche Quellen nutzen sie? Wie sieht die Berichterstattung über europäische Themen aus und lässt sich ein Zusammenhang zu der journalistischen Arbeitweise herstellen? Und welche Schlußfolgerungen lassen sich daraus für die Entstehung einer Europäischen Öffentlichkeit ziehen?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Europäische Öffentlichkeit
- 2.1. Modelle Europäischer Öffentlichkeit
- 2.1.1. Gesamteuropäische Öffentlichkeit
- 2.1.2. Segmentierte Themenöffentlichkeiten
- 2.1.3. Europäisierung nationaler Öffentlichkeiten
- 2.2. Gesamteuropäische Öffentlichkeit
- 2.2.1. Segmentierte Themenöffentlichkeiten
- 2.2.2. Europäisierung nationaler Öffentlichkeiten
- 2.2.3. Diskurstheoretische Öffentlichkeit
- 2.3. Demokratie, Identität und Kontrolle.....
- 3. Das Brüsseler Pressecorps
- 3.1. Die Entwicklung
- 3.2. Die Arbeitsbedingungen.
- 3.3. Der Mikrokosmos
- 3.4. Informationsquellen .....
- 3.4.1. Kommission
- 3.4.2. Ministerrat
- 3.5. Europa als Thema
- 3.6. Journalismuskulturen
- 3.6.1. Ein einheitlicher europäischer Journalismus?
- 3.6.2. Journalismuskulturen in Brüssel
- 3.7. Berichterstattung über Europa
- 4. Empirischer Teil
- 4.1. Fragebogen und Durchführung
- 4.2. Ergebnisse
- 4.2.1. Demographische und Berufsbezogene Merkmale
- 4.2.2. Einstellungen zu Europa
- 4.2.3. Informationsquellen
- 4.2.4. Ziel der täglichen Arbeit
- 4.2.5. Verhältnis zu den Heimatredaktionen
- 5. Schlußfolgerungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle des Brüsseler Pressecorps im Kontext der Europäischen Öffentlichkeit. Sie analysiert die Arbeitsbedingungen und das Selbstverständnis der Journalisten in Brüssel sowie deren Informationsquellen und Berichterstattung über europäische Themen. Ziel ist es, die normativen Grundlagen journalistischer Arbeit in Brüssel herauszuarbeiten und sie in Beziehung zu den empirischen Gegebenheiten zu setzen. Dabei werden auch die möglichen Ursachen des Öffentlichkeitsdefizits in Bezug auf Europa erforscht.
- Die Entwicklung einer Europäischen Öffentlichkeit und ihre unterschiedlichen Modelle
- Die Rolle und Bedeutung des Brüsseler Pressecorps als Vermittler zwischen Nationalstaaten und Europäischen Institutionen
- Die Arbeitsbedingungen, Informationsquellen und Berichterstattungspraktiken der Brüsseler Journalisten
- Die Herausforderungen und Hindernisse für die Entstehung einer Europäischen Öffentlichkeit
- Die möglichen Ursachen des Öffentlichkeitsdefizits in Bezug auf Europa
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Relevanz des Themas im Kontext der europäischen Integration und des Öffentlichkeitsdefizits hervorhebt. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Modelle Europäischer Öffentlichkeit vorgestellt, die unterschiedliche normative und institutionelle Voraussetzungen haben. Das dritte Kapitel widmet sich dem Brüsseler Pressecorps, seinen Arbeitsbedingungen, Informationsquellen und Berichterstattungsformen.
Im empirischen Teil der Arbeit werden die Ergebnisse einer Befragung von Brüsseler Journalisten analysiert, um einen Einblick in ihre Einstellungen zu Europa, Informationsquellen und Arbeitsweisen zu gewinnen. Abschließend werden die Ergebnisse der Analyse in Bezug auf die Entstehung einer Europäischen Öffentlichkeit diskutiert und Schlussfolgerungen gezogen.
Schlüsselwörter
Europäische Öffentlichkeit, Brüsseler Pressecorps, Journalismuskulturen, Informationsquellen, Berichterstattung über Europa, Öffentlichkeitsdefizit, Europäische Integration, Demokratie, Identität, Kontrolle.
- Quote paper
- Annette Schramm (Author), 2004, Das Brüsseler Pressecorps und europäische Öffentlichkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60075