In unserer Kultur wird Geschlecht als naturhaft, unveränderbar und eindeutig angesehen1. Dabei besteht eine genaue Vorstellung von den jeweiligen Eigenschaften und Fähigkeiten beider Geschlechter. Was aber ist typisch weiblich und typisch männlich? Und ist das unterschiedliche Verhalten, Denken und Fühlen von Frauen und Männern von Geburt an vorhanden? Männer gelten in unserer Gesellschaft als stark, aggressiv und mächtig. Frauen dagegen werden als schwach, sozial und hilfsbereit beschrieben. Weibliche Eigenschaften befähigen in erster Linie zum Sorgen und Dienen, wodurch die weibliche Rolle die des unterdrückten Geschlechts einnimmt. Lange wurde davon ausgegangen, dass typisch weibliche bzw. männliche Verhaltensmuster angeboren sind. Heute jedoch zeigen Untersuchungen der Sozialisationsforschung, dass sie das Ergebnis sozialer und kultureller Einflüsse und geschlechtsspezifischer Erziehung sind. Dabei werden die sozialen Bedingungen untersucht, die auf die Persönlichkeitsentwicklung des Individuums Einfluss nehmen. Thema dieser Arbeit ist die weibliche Sozialisation in den ersten Lebensjahren und deren Folgen. Auf das geschlechtsspezifische Verhalten im Umgang mit Jungen wird dabei nur gelegentlich, zur Verdeutlichung, eingegangen. Fälschlicherweise beginnen viele Untersuchungen zu geschlechtsspezifischem Verhalten erst ab dem vierten bzw. fünften Lebensmonat. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch deutlich, dass schon in den ersten Lebensmonaten geschlechtsspezifisches Verhalten der Erziehungspersonen auf die Entwicklung des Kindes Einfluss nimmt. Aus diesem Grund werde ich mit meiner Betrachtung bei der Geburt beginnen, um zu verdeutlichen, wie Kinder bereits in den ersten Lebensmonaten in eine bestimmte Geschlechterrolle gedrängt werden. Auch wenn dies von den Eltern unbewusst geschieht, hat es doch erhebliche Auswirkungen auf die jeweilige individuelle Entwicklung des Kindes.
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1 HAGEMANN-WHITE, Carol: Sozialisation-männlich-weiblich. Wir werden nicht zweigeschlechtlich geboren…In: M.S. Rerrich (Hg.). FrauenMännerBilder. Männer und Männlichkeit in der feministischen Diskussion. Bielefeld 1988. S. 224-235. S. 228.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Sozialisation
- Geschlechtsspezifische Sozialisation
- Weibliche Sozialisation und ihre Folgen
- Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Familie
- Im Säuglings- und Kleinkindalter
- Unterschiede beim Stillen
- Unterschiede im taktilen, optischen und akustischen Bereich
- Unterschiede im Bereich Sauberkeit
- Sprachliche Unterschiede
- Im Vorschulalter
- Unterschiedliche Spielsituationen
- Im Grundschulalter
- Im Säuglings- und Kleinkindalter
- Außerfamiliäre geschlechtsspezifische Einflüsse
- Spielsachen
- Im Kindergarten
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die weibliche Sozialisation in den ersten Lebensjahren und deren Folgen. Der Schwerpunkt liegt auf den Einflüssen, die Kinder in den ersten Monaten ihres Lebens erfahren, da bereits in diesem frühen Stadium geschlechtsspezifische Verhaltensmuster und Erwartungen vermittelt werden. Die Arbeit beleuchtet die Unterschiede in der Behandlung von Mädchen und Jungen innerhalb der Familie, in spielerischen Situationen und im Kindergarten.
- Einfluss von geschlechtsspezifischen Erwartungen auf die Entwicklung von Mädchen
- Unterschiedliche Sozialisationsprozesse von Jungen und Mädchen
- Rolle der Familie bei der Vermittlung von Geschlechterrollen
- Beeinflussung der Persönlichkeitsentwicklung durch gesellschaftliche Normen
- Kritik an der Annahme angeborener Geschlechterunterschiede
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Problematik der geschlechtsspezifischen Sozialisation in unserer Gesellschaft dar. Sie beleuchtet die stereotypen Vorstellungen von männlichen und weiblichen Eigenschaften und stellt die Frage nach deren biologischer oder sozialer Bedingtheit.
- Sozialisation: Dieses Kapitel erläutert den Begriff der Sozialisation als Prozess der Persönlichkeitsentwicklung durch Interaktion mit der Umwelt. Es werden verschiedene Formen und Ebenen der Sozialisation beschrieben, unter anderem die bewusste Erziehung und die unbewusste Einwirkung gesellschaftlicher Normen.
- Geschlechtsspezifische Sozialisation: Hier wird der Einfluss von geschlechtsspezifischen Erwartungen und Normen auf die Entwicklung von Mädchen und Jungen näher betrachtet. Es wird deutlich, dass bereits in den ersten Lebensmonaten ein ungleiches Verhalten gegenüber Mädchen und Jungen durch die Eltern und die Gesellschaft vermittelt wird.
- Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Familie: Dieses Kapitel untersucht die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Behandlung von Kindern innerhalb der Familie, beginnend mit dem Säuglings- und Kleinkindalter. Es werden Unterschiede im Stillen, der taktilen, optischen und akustischen Stimulation sowie im Bereich der Sauberkeitserziehung und der sprachlichen Entwicklung beleuchtet.
- Außerfamiliäre geschlechtsspezifische Einflüsse: Hier werden die Einflüsse des Spielzeugs und des Kindergartens auf die geschlechtsspezifische Sozialisation beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen Sozialisation, weibliche Sozialisation, Geschlechtsspezifische Sozialisation, geschlechtsspezifische Unterschiede, Erziehung, Familienleben, Spielverhalten, Kindergarten, Stereotype, Geschlechterrollen, Persönlichkeitsentwicklung.
- Arbeit zitieren
- Claudia Faller (Autor:in), 2006, Weibliche Sozialisation in den ersten Kindheitsjahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60083