„[...] die Geschichte ist ein wenig fürchterlich. Sie heißt „Verwandlung“. Sie würde dir tüchtig Angst machen [...]”
Franz Kafka an Felice Bauer am 23.11.1912 1
Diese Zeilen schrieb Franz Kafka seiner späteren Verlobten Felice Bauer in einem Brief, kurz nach der Vollendung der „Verwandlung“ im November 1912.2 Die bekannte Erzählung erfüllt nicht nur Kafkas Vorliebe nach tierischen Protagonisten, sondern ist auch eines der meistgedeuteten Werke des Autors. Dies liegt wohl auch an den grotesken Zügen der Erzählung, welche schon die tierische Hauptfigur Gregor Samsa aufweist. Diese Groteske und ihre Darstellung werden Thema dieser Arbeit sein.
Es soll dargestellt werden, dass sich der Titel „Die Verwandlung“ nicht nur auf Gregor Samsa bezieht, sondern dass innerhalb der Erzählung noch eine andere Verwandlung stattfindet. Denn nach der sichtbaren Verwandlung der Hauptfigur in ein „Ungeziefer“ geschieht eine langsame, äußerlich schwerer sichtbare Verwandlung der übrigen Familienmitglieder. Diese Metamorphose geschieht auf eine unheimliche Art und Weise und stellt sich dadurch innerhalb der Erzählung als grotesk dar3. In der hier vorliegenden Arbeit soll diese groteske Verwandlung der Familie analysiert, dargestellt und anhand der Theorien der Groteske nach Michail Bachtin belegt werden.
Ich werde daher zunächst den Begriff der Groteske und die Theorien des Michail Bachtin darlegen, und versuchen, die hier relevanten und benötigten Thesen aufzulisten.
Diese sollen dann, nach einer kurzen Einführung in den Primärtext „Die Verwandlung“, auf die drei übrigen Mitglieder der Familie Samsa angewandt werden. Dabei werde ich Vater, Mutter und die Schwester Grete jeweils getrennt behandeln und eventuelle gemeinsame Aspekte der Familie in gesonderten Abschnitten aufführen.
Ziel dieser Arbeit soll es sein, zu belegen, dass sich auch innerhalb der Familie Samsa eine groteske Verwandlung abspielt. Diese zeigt zwar andere Eigenschaften und Auswirkungen, im Gegensatz zur Verwandlung Gregors, ist aber meiner Meinung nach ebenfalls grotesk, auch wenn sie sich nicht sofort als solche zu erkennen gibt.
1 Vgl.: Kafka, Franz: Die Verwandlung. Nachwort von Egon Schwarz. Stuttgart: Philipp Reclam jun., 2001. S. 65f.
2 Vgl.: Ebd.
3 Vgl.: Falk, Walter: Leid und Verwandlung: Rilke, Kafka, Trakl und der Epochenstil des Impressionismus und Expressionismus. Salzburg: Otto Müller Verlag, 1961. S. 101f.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Konzept der Groteske
- Der Begriff
- Definitionen
- Die Theorien der Groteske nach Michail Bachtin
- Die groteske Gestalt des Leibes
- Karneval und Karnevalisierung in der Literatur
- Die Situation der Familie in der „Verwandlung“
- Übersicht
- Die bisherige Situation der Familie Samsa
- Das Groteske in der Verwandlung der Familie Samsa
- Die Familie als Ganzes
- Der Vater
- Die Mutter
- Die Schwester Grete
- Die Situation der Familie nach Gregors Tod
- „Die Verwandlung“ als Darstellung der Groteske nach Bachtin
- Darstellung der Theorie des grotesken Leibes
- Darstellung der Karnevalisierung in der Literatur
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die groteske Verwandlung der Familie Samsa in Franz Kafkas "Die Verwandlung" anhand der Theorien von Michail Bachtin. Sie untersucht, wie sich die Familie, insbesondere Vater, Mutter und Schwester Grete, nach der Verwandlung Gregors in ein "Ungeziefer" in ihrem Verhalten und Auftreten grotesk verwandeln. Dabei steht nicht die Metamorphose Gregors im Vordergrund, sondern die innere Verwandlung der Familienmitglieder.
- Der Begriff der Groteske und seine Anwendung auf innerliche Veränderungen
- Die Theorien der Groteske nach Michail Bachtin, insbesondere die groteske Gestalt des Leibes und die Karnevalisierung in der Literatur
- Die Analyse der grotesken Verwandlung der Familie Samsa, getrennt betrachtet für Vater, Mutter und Schwester Grete
- Die Darstellung der Familie als Ganzes und deren Wandel nach Gregors Tod
- Die Beweise dafür, dass auch innerliche Verwandlungen grotesk sein können, obwohl sie nicht sofort als solche erkennbar sind
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die These auf, dass die Verwandlung in Kafkas "Die Verwandlung" nicht nur Gregor betrifft, sondern auch die Familie Samsa, die sich in ihrem Verhalten und Auftreten auf eine groteske Weise verändert. Sie beschreibt den Fokus der Arbeit auf die Verwandlung der Familie und die Analyse anhand der Theorien von Michail Bachtin.
- Das Konzept der Groteske: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Groteske und erklärt, warum seine Anwendung auf die Familie Samsa notwendig ist, da deren Verwandlung innerlich stattfindet und durch Verhaltensänderungen deutlich wird. Es wird zwischen dem alltäglichen Sprachgebrauch und der literaturwissenschaftlichen Definition des Begriffs unterschieden.
- Die Theorien der Groteske nach Michail Bachtin: Dieses Kapitel präsentiert die Theorien von Michail Bachtin zur Groteske, insbesondere die groteske Gestalt des Leibes und die Karnevalisierung in der Literatur. Diese Theorien dienen als Grundlage für die Analyse der grotesken Verwandlung der Familie Samsa.
- Die Situation der Familie in der „Verwandlung“: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Situation der Familie Samsa vor der Verwandlung Gregors. Es beschreibt die Beziehungen innerhalb der Familie und deren Lebensverhältnisse.
- Das Groteske in der Verwandlung der Familie Samsa: Dieses Kapitel analysiert die groteske Verwandlung der Familie Samsa, indem es Vater, Mutter und Schwester Grete getrennt betrachtet. Es untersucht die Veränderung ihres Verhaltens und Auftretens im Kontext der Theorien von Michail Bachtin.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Groteske, Verwandlung, Familie, Michail Bachtin, Franz Kafka, "Die Verwandlung", groteske Gestalt des Leibes, Karnevalisierung, Verhalten, Auftreten, innerliche Verwandlung.
- Quote paper
- Florian Huber (Author), 2006, Die groteske Verwandlung der Familie Samsa in Franz Kafkas "Die Verwandlung", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/60302